Drohnenangriff auf Moskau: Ins Herz getroffen
Dass Russland nicht unverletzbar ist, sollte nach den jüngsten Angriffen allen klar sein. Die Drohne rüttelt an Putins Märchen von der Stabilität.

S eit Russland die Ukraine überfallen hat, verdreht der Staat die Nachrichten so, wie es ihm gerade passt. Russland hat sich längst vom Täter zum Opfer stilisiert, das Unmenschliche weist es stets weit von sich und unterstellt die Gräuel den Ukrainer*innen, den Europäer*innen, schlicht dem Westen. Die Verbrechen, die die russische Armee in der Ukraine verübt, gelten offiziell der Verteidigung Russlands.
Egal wie viele Menschen sterben und wie viele Häuser zerstört werden – die Terroristen sind für Moskau immer die anderen. Der „terroristische Angriff“ der Drohnen, so verlautete aus dem russischen Außenamt, passt in dieses Narrativ von Russland als Verteidiger des Guten und dem Westen als Saat des Bösen. Dass an dieser Geschichte etwas faul ist, merken inzwischen auch manche Menschen in Russland – wenn auch sehr langsam.
Es greift der Bumerangeffekt: Der Krieg, für den sie die Verantwortung weit von sich weisen, den sie rechtfertigen und nicht sehen wollen, kommt in Form von Drohnen in ihre Wohnhäuser zurück. Das verbreitet Schrecken. „Da drüben ist der Kindergarten meines Sohnes. Wie soll ich nun ruhig schlafen?“, fragt da so manche, die bislang offensichtlich gut schlafen konnte, auch wenn keine tausend Kilometer entfernt die Kindergärten anderer Söhne und Töchter zerbombt wurden – durch russische Hand.
Viele Moskauer*innen erfahren durch ein unbemanntes Flugobjekt, dass die von Präsident Wladimir Putin viel beschworene Stabilität längst dahin ist. Der russische Staat ist verletzlich, die Sicherheit seiner Bürger*innen kann er nicht garantieren. Deshalb wohl reagiert er zurückhaltend: so nach dem Drohnenangriff auf den Kreml vor vier Wochen, nach dem kürzlichen Überfall proukrainischer Gruppierungen in Belgorod und so nun auch nach der Attacke auf Moskauer Wohnhäuser.
Hetze und Drohungen erklingen aus den Ecken, aus denen all die Monate bereits Hetze und Drohungen erklungen waren. Mit aller Vehemenz hält der Kreml an der „Notwendigkeit der Spezialoperation“ fest. Weichen, geschweige denn nachgeben ist für Moskau keine Option.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart