Döpfner gegen Adidas: Springer-Chef in eigener Sache
Adidas wollte im Lockdown keine Miete mehr zahlen und kassierte negative „Bild“-Berichte. Nun wurde bekannt, dass Mathias Döpfner Vermieter war.
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, soll aus eigenem Interesse eine Kampagne gegen den Sportartikelhersteller Adidas angeregt haben. Darüber hat die Financial Times am Donnerstag berichtet. Die Bild-Zeitung veröffentlichte zwischen März und April 2020 mehr als zwanzig Artikel, in denen das Vorhaben des Sportartikelherstellers kritisiert wurde, für die Dauer des ersten Lockdowns keine Miete mehr zu zahlen. Nun hat die britische Zeitung bekannt gemacht, dass Döpfner selbst in Berlin Vermieter von Adidas war.
Das Unternehmen Adidas, das in der Pandemie finanzielle Verluste hinnehmen musste, wurde für dieses Vorhaben weit öfter kritisiert als andere Einzelhändler, die ähnliche Pläne geäußert hatten. Die Folge war eine erhebliche PR-Krise des Unternehmens, dem Kunden und Politiker mit Boykott drohten. Im Anschluss an die Berichterstattung sah sich Adidas gezwungen, sich auf Anzeigenseiten deutscher Zeitungen für das Vorhaben zu entschuldigen.
Döpfner, so konnte die Financial Times jetzt ermitteln, war Miteigentümer eines Neubaus in der Münzstraße in Berlin, in dem sich auch eine Adidas-Filiale auf zwei Stockwerken eingemietet hat, und wäre als Vermieter durch Geldeinbußen direkt von dem Vorhaben betroffen gewesen. Dank der Weitergabe dieser Information durch Döpfner konnte die Bild-Zeitung vom Vorhaben der Sportartikelmarke berichten und sorgte so, eignen Angaben zufolge, für einen Scoop, den zahlreiche internationale Journalisten aufgegriffen hätten.
Döpfners Betroffenheit wurde verschwiegen
Die Bild-Zeitung verzichtete bei ihrer Berichterstattung darauf, Döpfner als ihre Quelle zu benennen sowie dessen direkte Betroffenheit anzugeben. Laut der Financial Times verteidigte Springer in einer Stellungnahme diese Entscheidung und bestritt, dass es einen potenziellen Interessenkonflikt gegeben habe. Es habe sich um eine Angelegenheit von übergeordnetem öffentlichen Interesse gehandelt, die nicht nur eine Filiale in Berlin, sondern Adidas-Filialen weltweit betreffen würde.
Die Axel Springer SE hat erst im vergangenen Jahr ihren Verhaltenskodex aktualisiert, in dem es heißt, dass „redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter, durch außerhalb des journalistischen Geschäfts liegende werbliche Interessen des Unternehmens selbst oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Redakteure beeinflusst werden“.
Auch heißt es, Journalisten „nutzen ihre Berichterstattung nicht, um sich oder anderen Vorteile zu verschaffen“. Döpfner habe, so die Stellungnahme von Springer weiter, „völlig im Einklang mit unseren Richtlinien“ gehandelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland