Diskriminierung bei Dating-Apps: Rassistischer Fetisch

Dating-Apps führen fragwürdige Kategorien, um den passenden Typ zu ermitteln. Besser wäre es, wenn Menschen ihr Begehren laufend hinterfragen.

Eine Person macht ein Selfie

Typ Mann mit großer Uhr Foto: Rohan Pandavadra/Unsplash

Eine Zeit lang dachte ich, ich stehe auf breit und bullig, dann war ich sicher, mein „Typ“ seien kleine Schmale, zwischendurch mussten sie ganz dolle männlich sein, dann ein bestimmtes Alter haben. Manche Freund*innen wünschen sich große Partner*innen, andere wollen auf keinen Fall jemand Blondes.

Alles nicht besonders erwachsen, finde ich. Es fühlt sich nach einem Behelf an, um das große unergründliche eigene Begehren klein und greifbar zu halten. Der „Typ“ ist ein Fetisch, aber keiner, durch den der Spaß größer wird. Im Gegenteil.

Solange man derlei für sich behält, schadet man aber wenigstens nur sich selbst. Fies wird es, wenn man seine Liebesbegrenzungen herumtrötet, sodass sich Leute abgewertet fühlen. Und noch schlimmer wird’s, wenn dieses Herumgetröte dann auch noch rein zufällig übereinstimmt mit gesellschaftlichen Abwertungsmustern. Und man trotzdem meint, erklären zu müssen: Man stehe nun mal nicht auf Dicke, nicht auf feminine respektive maskuline Typen oder nicht auf diese oder jene Hautfarbe. Hab ich übrigens auch alles schon gedacht – hat mir letztlich selbst geschadet.

Ein Klassiker sind Ausschlussklauseln, die gern auf Dating-Apps ins Profil geschrieben werden. „Keine Dicken, keine … [hier Rassismus einsetzen].“ Als ginge es nicht um einen Haufen Kontaktanzeigen voller mäßiger Spiegelselfies, sondern um die Vorauswahl eines Schönheitswettbewerbs der frühen Nachkriegszeit. Obendrein bieten viele Dating-Apps einen „Filter“ an: nicht nur nach Gewicht, Alter und (bisweilen) Schwanzgröße, sondern auch nach „Ethnie“.

Rassistischer Fetisch

Die Dating-App Grindr hat kürzlich angekündigt, Letzteres als Suchoption abzuschaffen. Andere wollen die „Ethnie“ behalten, zum Beispiel OKCupid und Planetromeo. Romeo begründet das zum einen damit, dass Nutzer*innen, wenn sie denn filtern, meist nach anderen „Ethnien“ suchten als der eigenen. Und man redet sich ein, das liege daran, dass Leute ihren Horizont erweitern wollten.

Die naheliegende Erklärung, rassistischer Fetisch, scheint niemandem eingefallen zu sein. Zum anderen argumentiert man, dass sexuelle Vorlieben nicht zu „verleugnen“ seien. Kluger Spin von der vorwiegend schwulen App: Wir wollen nun mal auch zum Schwulsein stehen dürfen. Und zur eigenen Dickenfeindlichkeit et cetera stehen zu dürfen ist schließlich genau dasselbe. Nicht wahr?

Ich persönlich wünsche mir ja, dass Menschen ihr Begehren laufend hinterfragen und updaten – jedenfalls da, wo es einem nicht wehtut. Ansonsten soll meinetwegen niemand gezwungen werden, mit einer Menschengruppe Sex zu haben, mit der er*sie partout nicht will. Aber man braucht dafür keine Ermunterung und schon gar keine Suchmaschine. Und ja, ich weiß: Man sieht am Ende auf dem Foto ohnehin, ob jemand dick, dünn, Schwarz oder weiß ist. Richtig. Aber dann sehe ich wenigstens, wen ich aussortiere – und kein Algorithmus befreit mich davon.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Schreibt über Kultur, Gesellschaft, queeres Leben, Wissenschaft.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.