Dienstwagen von Politiker*innen: Klimaschleudern bleiben im Trend
Viele Toppolitiker*innen fahren unnötig klimaschädliche Autos. Die Deutsche Umwelthilfe fordert deshalb einen verpflichtenden CO2-Grenzwert.
Lag der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Dienstwagen im Jahr 2023 bei 165 Gramm pro Kilometer, sank er dieses Jahr auf 158 Gramm. „Dieser Stillstand bei den Dienstwagen ist sinnbildlich für den gesamten Verkehrssektor, der beim Klimaschutz ebenfalls stagniert“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe.
In der Bundesregierung hat die Deutsche Umwelthilfe nur neun Politiker*innen untersucht. Die Details zu den Dienstwagen der vordersten Regierungsriege rund um Kanzler, Vizekanzler und Innenministerin sind besonders schützenswert und konnten deswegen nicht in die Befragung aufgenommen werden. So viel wird aber gesagt: Unter den untersuchten Dienstwagen der Bundesregierung bekommen nur jene von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) eine grüne Karte von der Umwelthilfe ausgestellt.
Die Deutsche Umwelthilfe stützt sich in der Beurteilung der Dienstwagen auf das Messverfahren zur Bestimmung von Abgasemissionen innerhalb der EU. Falls der CO2-Ausstoß eines Autos unter 95 Gramm pro Kilometer liegt, entspricht er dem CO2-Flottengrenzwert. Dann verteilt die Umwelthilfe die grüne Karte. Liegt der CO2-Ausstoß bei 20 Prozent über dem europäischen Flottengrenzwert, gibt es eine rote Karte für die Politiker:innen. Für Abgaswerte dazwischen folgt eine gelbe Karte.
Kaum Überraschungen bei Rankings
Wenig überraschend ist die Verteilung der klimaverträglichen Dienstwagen auf die Parteien. Im Durchschnitt fahren die Grünen „klimafreundliche“ Autos, CDU/CSU und die FDP hingegen klimaschädliche. Vier Politiker*innen der Grünen verzichten ganz auf einen Dienstwagen und satteln stattdessen auf ein Dienstfahrrad um.
Unter den Landeschefs sind es zwei CDU-Vertreter, die das Ranking der klimaschädlichen Dienstautos anführen. Sowohl Berlins Bürgermeister, Kai Wegner, als auch Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, stoßen mit ihrem Audi A8 viermal so viel CO2 aus wie vom europäischen Flottengrenzwert vorgesehen. Die Dienstwagen der Linken überraschen dann doch: Sie landen mit ihrem durchschnittlichen CO2-Ausstoß im Ranking der Landesregierungen knapp hinter jenen der FDP.
Was auf den ersten Blick auffällt: Viele Politiker*innen setzen auf die teuren Autos von Audi, BMW und Mercedes. Wer klimaschonend fahren will, muss aber nicht zwingend auf die Luxusfahrzeuge der deutschen Autobauer verzichten. Viele E-Auto-Modelle von Mercedes und BMW liegen unterhalb des EU-weit bindenden Flottengrenzwertes von 95 Gramm CO2 pro Kilometer.
Umwelthilfe fordert verpflichtende Grenzwerte
Was hält die Politiker*innen also davon ab, auf E-Autos umzusteigen? Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) verweist auf die Ladezeit von E-Autos. „Ich brauche nun mal ein Langstreckenfahrzeug, und wir können es uns nicht erlauben, wenn wir zwischendrin mal 30 Minuten laden müssen“, sagte er dem Hessischen Rundfunk.
Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe kann dieser Argumentation jedoch nichts abgewinnen. Unter den 34 Prozent der untersuchten Spitzenpolitiker*innen, welche bereits E-Autos fahren, befinden sich auch Minister*innen von großflächigen Ländern wie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. „Wir fordern einen verpflichtenden CO2-Grenzwert für die Dienstwagen von Spitzenpolitiker*innen in Deutschland, der unter 95 Gramm pro Kilometer liegt“, sagt Metz von der Deutschen Umwelthilfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“