Die letzte Bundestagsdebatte: Empörung reicht nicht
Die letzte Debatte im Bundestag war die Chance, Profil zu zeigen. Aber nur Robert Habeck hat sie genutzt, Olaf Scholz hat vor allem gewettert.
E s war für die beiden noch amtierenden Regierungsparteien SPD und Grüne die letzte Chance vor der Wahl, noch einmal eigene Akzente im Bundestag zu setzen, Werbung für sich selbst zu machen und ihre sympathischen Leitmotive „Respekt“ und „Zuversicht“ mit Leben zu füllen. Ja, klar, optimistisches Selbstvertrauen auszustrahlen ist angesichts der aktuellen Wirtschafts- und Umfragezahlen schwierig. Aber nicht unmöglich. Und teilweise ist es in der Abschlussdebatte des Parlaments sogar gelungen. Aber leider nur punktuell.
Grünen-Kandidat Robert Habeck hat immerhin versucht, das eigene Kernanliegen Klimaschutz in Erinnerung zu rufen und damit die Marktlücke zu füllen, die Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) in ihrem TV-Duell sperrangelweit offen ließen. Mit seiner engagierten Klimapredigt lieferte Habeck zumindest einen Grund und das wahrscheinlich immer noch wichtigste Argument für die Wahl der Grünen, weil es sie von den anderen Parteien abhebt. Für Habecks Traum vom Kanzleramt wird auch das nicht reichen, aber er zeigt wenigstens standhaft Profil im Gegenwind. Besser als nichts.
Scholz hingegen setzte auch seine mutmaßlich letzte Bundestagsrede als Kanzler in den Sand, weil er sich viel zu sehr und viel zu defensiv an Oppositionsführer Merz abarbeitete, statt eigene Pläne für die Zukunft in den Mittelpunkt zu rücken. Immer wieder über den skrupellosen Unionskandidaten zu schimpfen ist kein Alleinstellungsmerkmal und bringt die SPD nicht aus dem Beliebtheitskeller. Die Empörung über Merz’ gemeinsame Abstimmung mit der AfD ist zwar berechtigt, aber längst bekannt und hat nichts an den Umfragezahlen geändert. Wohl auch, weil eine Mehrheit leider Merz’ harten Migrationskurs unterstützt.
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Wer trotzdem noch eine kleine Chance haben will, muss im Endspurt auf eigene Stärken setzen, so wie Habeck. Für linke Parteien kann der wichtigste Hit nur Sozialpolitik sein. Die Linke Heidi Reichinnek hat das erkannt, Scholz nicht. Die Zeit läuft davon.
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