Die Linke im Bundestagswahlkampf: Kleine Partei, großer Anspruch
Die Linkspartei stellt ihre Kampagne für die vorgezogene Bundestagswahl vor. Sie setzt vor allem auf soziale Themen. Und auf die „Silberlocken“.
„Wir haben versucht, etwas anders zu machen“, sagt Parteichefin Ines Schwerdtner zur Begrüßung. An über 100.000 Haustüren hätten Linken-Mitglieder geklopft und mit vielen Tausend Menschen gesprochen. „Alle anderen Parteien reden über die Menschen, wir reden mit den Menschen“, so Schwerdtner selbstbewusst. Die Linke habe „die Anliegen der Menschen auch zu unserer Politik gemacht“.
Nun ja, eine hübsche Erzählung. Wobei bei dem Ergebnis, das sie zusammen mit den Spitzenkandidat:innen Heidi Reichinnek und Jan van Aken, der zugleich Schwerdtners Co-Parteichef ist, dann präsentiert, schon etwas verwundert, dass eine linke Partei darauf nicht schon alleine gekommen sein will.
„Alle wollen regieren. Wir wollen verändern“, lautet das Motto, mit dem die Linke in den Wahlkampf zieht. Die dazugehörige Plakatkampagne ist in zweifacher Hinsicht eher schlicht gehalten. „Ist Dein Einkauf zu teuer, macht ein Konzern Kasse“, „Ist Deine Heizung zu teuer, macht jemand richtig Kohle“, „Ist Deine Miete zu hoch, freut sich der Vermieter“ oder „Ist Deine Rente zu niedrig, hat Scholz nicht geliefert“ sind zwar keine falschen Sprüche, aber auch nicht besonders originell, geschweige denn intellektuell herausfordernd.
„Frieden kostet Mut, Krieg kostet Leben“
Dazu passt die grafisch anspruchslose Gestaltung, die sich auf rote Schrift auf weißem Grund beschränkt – bis auf ein etwas merkwürdig aussehendes „deshalb“ vor „Die Linke“ in türkis und in einer anderen Schriftart als der Rest.
Damit die Linke nicht mit einem Sozialverband verwechselt wird, gibt es neben diesen vier Plakaten noch zwei weitere Motive. Zum Thema Klima zieht die Partei mit der Losung „Ist Dein Dorf unter Wasser, steigen Reiche auf die Yacht“ in den Wahlkampf.
Das obligatorische Friedensplakat ziert die zeitlos schöne Parole: „Frieden kostet Mut, Krieg kostet Leben“. Damit zieht sich die Linke wieder einmal mehr oder weniger geschickt aus der Bredouille. Sie benennt beispielsweise nicht, wer im Ukrainekrieg wen überfallen hat und sich nach wie vor jeglichen diplomatischen Initiativen verweigert, nämlich Putins Russland.
Ob dieses Lavieren der Linken helfen wird, an das BSW verloren gegangene Wähler:innen zurückzugewinnen? Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos würden 39 Prozent der Menschen, die 2021 noch die Linke wählten, sich jetzt für die Wagenknecht-Truppe entscheiden, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre.
Die Linke hat übrigens auch ein Köpfemotiv, Schwerdtner bezeichnet es als „Liebhaberplakat“. Es zeigt die drei Altvorderen Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch unter dem Slogan „Silberlocken rocken“. Das werden sie auch müssen. In den Umfragen steht die Partei derzeit zwischen 2,5 und 3 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren