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Die Linke im BundestagswahlkampfKleine Partei, großer Anspruch

Die Linkspartei stellt ihre Kampagne für die vorgezogene Bundestagswahl vor. Sie setzt vor allem auf soziale Themen. Und auf die „Silberlocken“.

Die Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen Heidi Reichinnek und Jan van Aken stellen die Linksparteiplakate für den Bundestagswahlkampf vor Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Den Ort hat die Linke ganz passend gewählt. In ein am Landwehrkanal im Berliner Stadtteil Kreuzberg gelegenes ehemaliges Umspannwerk, das heute als „Raum für solidarisches Miteinander“ firmiert, hat die Partei am Donnerstag zur Präsentation ihrer Bundestagswahlkampagne geladen.

„Wir haben versucht, etwas anders zu machen“, sagt Parteichefin Ines Schwerdtner zur Begrüßung. An über 100.000 Haustüren hätten Linken-Mitglieder geklopft und mit vielen Tausend Menschen gesprochen. „Alle anderen Parteien reden über die Menschen, wir reden mit den Menschen“, so Schwerdtner selbstbewusst. Die Linke habe „die Anliegen der Menschen auch zu unserer Politik gemacht“.

Nun ja, eine hübsche Erzählung. Wobei bei dem Ergebnis, das sie zusammen mit den Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen Heidi Reichinnek und Jan van Aken, der zugleich Schwerdtners Co-Parteichef ist, dann präsentiert, schon etwas verwundert, dass eine linke Partei darauf nicht schon alleine gekommen sein will.

„Alle wollen regieren. Wir wollen verändern“, lautet das Motto, mit dem die Linke in den Wahlkampf zieht. Die dazugehörige Plakatkampagne ist in zweifacher Hinsicht eher schlicht gehalten. „Ist Dein Einkauf zu teuer, macht ein Konzern Kasse“, „Ist Deine Heizung zu teuer, macht jemand richtig Kohle“, „Ist Deine Miete zu hoch, freut sich der Vermieter“ oder „Ist Deine Rente zu niedrig, hat Scholz nicht geliefert“ sind zwar keine falschen Sprüche, aber auch nicht besonders originell, geschweige denn intellektuell herausfordernd.

„Frieden kostet Mut, Krieg kostet Leben“

Dazu passt die grafisch anspruchslose Gestaltung, die sich auf rote Schrift auf weißem Grund beschränkt – bis auf ein etwas merkwürdig aussehendes „deshalb“ vor „Die Linke“ in türkis und in einer anderen Schriftart als der Rest.

Damit die Linke nicht mit einem Sozialverband verwechselt wird, gibt es neben diesen vier Plakaten noch zwei weitere Motive. Zum Thema Klima zieht die Partei mit der Losung „Ist Dein Dorf unter Wasser, steigen Reiche auf die Yacht“ in den Wahlkampf.

Das obligatorische Friedensplakat ziert die zeitlos schöne Parole: „Frieden kostet Mut, Krieg kostet Leben“. Damit zieht sich die Linke wieder einmal mehr oder weniger geschickt aus der Bredouille. Sie benennt beispielsweise nicht, wer im Ukrainekrieg wen überfallen hat und sich nach wie vor jeglichen diplomatischen Initiativen verweigert, nämlich Putins Russland.

Ob dieses Lavieren der Linken helfen wird, an das BSW verloren gegangene Wäh­le­r:in­nen zurückzugewinnen? Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos würden 39 Prozent der Menschen, die 2021 noch die Linke wählten, sich jetzt für die Wagenknecht-Truppe entscheiden, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre.

Die Linke hat übrigens auch ein Köpfemotiv, Schwerdtner bezeichnet es als „Liebhaberplakat“. Es zeigt die drei Altvorderen Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch unter dem Slogan „Silberlocken rocken“. Das werden sie auch müssen. In den Umfragen steht die Partei derzeit zwischen 2,5 und 3 Prozent.

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7 Kommentare

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  • Reichinnek und Schwerdtner sind einfach stark! Finde die Entwürfe gelungen und auf den Punkt.

  • Mir ist klar, dass man Gesetzeslücken ausnutzen muss. Wenn die Linke damit erfolgreich ist, drei Direktmandate zu gewinnen, und dann mit 2,5 % im Bundestag landet, ist das ein offensichtliches Zeichen, dass die Klausel nicht sauber genug formuliert ist.

    Die 3 Mandatsklausel ist zu einem Zeitpunkt eingeführt worden, als es noch etwas bedeutete, die Nr. 1 in einem Wahlkreis zu sein. Wo man eben nicht mit 20,1% den nächsten auf 20% geschlagen hat, sondern man eher die 50% überschritten hatte.

  • Die neue Prognose

    nch der sie nur noch 3 Prozent erwarten kann und das BSW 5, hat man aber schon gesehen vor aluter Lust an der Selbstbestätigung einer guten Stimmung in der Partei?

  • Also, die Linke sollte erstmal einsehen, dass eine Partei, die bei kaum 5% der Wählerstimmen landet, irgendwas grundlegend falsch macht. Entweder sie vertritt nur einen winzigen Teil der Bevölkerung oder sie vertritt eine Mehrheit nur sehr unzulänglich.

    Diese Einsicht vermisse ich bei dieser Partei schmerzlich. Da wäre ein ganzer Batzen produktiver Selbstkritik mal dringend nötig. Und solange das nicht passiert, also solange die Linke sich nicht das Ziel setzt, tatsächlich von einer Mehrheit gewählt zu werden, ist das einfach nur ein Trauerspiel, das ich nur aus dem Augenwinkel anzuschauen bereit bin. Sorry, Leute.

  • Falsch im Artikel: Jan van Aken hat den Krieg in der Ukraine eindeutig als Angriffskrieg Russlands definiert, ebenso Waffenlieferungen nicht gänzlich als falsch dargestellt und hervorgehoben, dass noch mehr diplomatische Mittel eingesetzt und Wege hin zu einem Frieden versucht werden müssen. Ein doch recht inhaltsleerer Meinungsartikel?

    • @Meerstein:

      Vor allem hat er woanders bemängelt das Russland nicht viel schneller und härter sanktioniert wurde (und wird). Er hat kritisiert das die Waffenlieferungen so stark den Diskurs bestimmen und diplomatische Wege total unterbelichtet werden.



      Der Krieg in der Ukraine hat locker 140 Tsd. Menschen das Leben gekostet. Da könnte man schon einmal über andere Strategien nachdenken als nur weiter zu ballern bis beide Seiten ausgeblutet sind. Ich bin kein Pazifist.

    • Pascal Beucker , Autor des Artikels, Inlandsredakteur
      @Meerstein:

      Da ist nichts falsch im Artikel. Die Position von van Aken war schon öfters in der taz zu leben, z.B. hier: taz.de/Die-Linke-v...parteitag/!6039503. Aber ich beziehe mich auf die zeitlos schöne Plakatparole „Frieden kostet Mut, Krieg kostet Leben“, die nicht Roß und Reiter nennt - im Gegensatz zu den Plakatsprüchen bei den anderen Themen. Auf der heutigen Veranstaltung hat sich nur Ines Schwerdtner zum Ukraine-Krieg geäußert. Mehr als die generelle Ablehnung von Waffenlieferungen und allgemeines Gerede über Diplomatie hatte sie leider nicht zu bieten gehabt. Damit hat sie es verpasst, eine klare Differenz zum BSW zu markieren. Dass die Linke, wie Sie schreiben, den Krieg in der Ukraine "als Angriffkrieg Russlands definiert", stimmt zwar, ist aber nun wirklich nichts Besonderes, sondern sollte doch wohl eine Selbstverständlichkeit sein, oder? In ihrem Bundestagswahlrogrammentwurf verurteilt die Linkspartei den Überfall auf die Ukraine eindeutig und fordert "gezieltere Sanktionen, die direkt auf die Kriegskasse des Kremls zielen“. Nur Wahlkampf will sie damit eben - aus meines Erachtens falscher Rücksichtsnahme - nicht machen.