Die Grünen und der „Danni“: Sieg – bis auf Weiteres
Die Schlacht um den Dannenröder Forst ist geschlagen, das schwarz-grüne Projekt geht gestärkt daraus hervor – Narben aber bleiben.
D as war Timing! Am vergangenen Dienstag fielen die letzten Baumhäuser im Dannenröder Forst. Zur selben Zeit lancierte der Hessische Rundfunk aktuelle Umfragedaten: Im Vergleich zur Landtagswahl 2018 konnten sowohl die CDU als auch die Grünen zulegen.
Die meisten HessInnen bewerten den Lückenschluss der A 49 zudem als sinnvoll und den Einsatz der Polizei als angemessen. Eine breite Mehrheit akzeptiert auch die Haltung des grünen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Der hält bekanntlich das Autobahnprojekt für falsch, mochte sich aber nicht dagegen stemmen – schließlich hätten politische Mehrheiten im Bund und im Land den Weg dafür freigemacht, die Planung sei höchstrichterlich bestätigt worden.
Mission accomplished also, ein Triumph grüner Realpolitik, mit bescheidenen Kollateralschäden?
Gemach! In den Köpfen werden die Bilder von den Baumriesen haften bleiben, die wie Streichhölzer umgenietet wurden. Es bleiben die Kamerafahrten durch eine trostlose Schneise des Kahlschlags, mit der ein lebendiges Waldgebiet auseinandergerissen wird, zugunsten einer Betonpiste, die vor allem den Lkw-Güterverkehr begünstigen wird.
Verzweiflung und Hilflosigkeit
Es bleiben auch die Bilder haften von der rührenden Hilflosigkeit und Verzweiflung, mit der sich Hunderte, ja Tausende UmweltschützerInnen und KlimaaktivistInnen der Rodungsmaschinerie in den Weg gestellt hatten.
Dieser Widerstand wurde zum eindrucksvollen Symbol für die Entfremdung der grünen Partei von der Basis, aus der sie hervorgegangen ist. Aus der HR-Umfrage geht auch hervor, dass jüngere Menschen und grünaffine WählerInnen das Autobahnprojekt deutlich kritischer sehen als die übrige Bevölkerung. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, in beiden Ländern regieren die Grünen mit, formieren sich UmweltschützerInnen auf „Klimalisten“ für die Landtagswahlen. Die Stimmen der Enttäuschten könnten entscheidend werden für künftige Regierungsmehrheiten.
Im Bund haben die Grünen die Weichen für eine schwarz-grüne Regierung längst gestellt. Spätestens wenn sie für den Bundesverkehrswegeplan Verantwortung übernehmen, werden sie Farbe bekennen müssen. Stehen sie wirklich ein für die Verkehrswende, mit Tempolimit und einem Aus für die Betonierung der Landschaft? Die einstweilig überstandene Auseinandersetzung um den Dannenröder Forst hat die grundsätzlichen Fragen nicht beantwortet, sondern nur aufgeschoben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag