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Deutsche Gelder in IsraelFörderstopp für zwei israelische NGOs

Die deutsche Bundesregierung stoppt die Finanzierung von Zochrot und New Profile. Dies gefährde die israelische Zivilgesellschaft, so Kritiker*innen.

Vertriebene Palästinenser im Jahr 1948 in der Nähe von Hebron Foto: CPA Media/dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung hat zwei regierungskritischen israelischen Nichtregierungsorganisationen die Förderung entzogen. Es handelt sich um die NGOs Zochrot und New Profile. Zochrot versucht seit 2002 unter jüdischen Israelis ein Bewusstsein für die Nakba zu schaffen, also für die Vertreibung und Flucht von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen rund um den Krieg im Jahr 1948. New Profile berät und unterstützt Kriegsdienstverweigerer juristisch.

Zochrot verliere einem Bericht der Deutschen Welle (DW) zufolge durch den Förderstopp etwa 100.000 Euro, rund ein Viertel ihres Budgets; New Profile sogar rund die Hälfte ihrer gesamten Finanzierung.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Christian Wagner, bestätigte, dass die zwei NGOs nicht weiter unterstützt werden. Ohne explizit auf die zwei Organisationen einzugehen, sagte er, dass das Auswärtige Amt vor Bewilligung der Projekte die außenpolitische Unbedenklichkeit immer wieder überprüfe. Bei einigen Organisationen sei diese Unbedenklichkeit nicht mehr ausgestellt worden.

Der Förderstopp bezieht sich allerdings nicht auf ein zukünftiges Projekt, sondern auf ein bereits bewilligtes, das noch bis Ende nächsten Jahres 2026 laufen sollte.

Petition gegen die Entscheidung

Die Gelder gelangten bisher über die deutsche Organisation Kurve Wustrow, die unter anderem von der deutschen Regierung finanziert wird, zu den zwei Partnerorganisationen in Israel. Die Entscheidung, diese zwei ihrer Partnerorganisationen nicht mehr finanzieren zu dürfen, hat Kurve Wustrow in den vergangenen Monaten versucht abzuwenden. Mitte Dezember kam jedoch die finale Absage.

Nun hat die Organisation eine Petition gestartet, um die Entscheidung kritisch zu hinterfragen. Die Maßnahme, so heißt es in der Petition, gefährde nicht nur die Existenz der NGOs, sondern auch die Zivilgesellschaft in Palästina und Israel insgesamt. Deutschland habe in der Geschichte des Holocaust begründet eine besondere Verantwortung, Menschenrechte wie das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und das Völkerrecht zu verteidigen.

Laut DW habe sich die Direktorin von Zochrot, Rachel Beitarie, mehrfach mit Ver­tre­te­r*in­nen der deutschen Regierung getroffen, bevor die Streichung der Mittel beschlossen wurde. Bei diesen Treffen sei es immer wieder um die deutsche Geschichte gegangen: Aufgrund der Nazi-Vergangenheit sei es wichtig für Deutschland, Israel zu unterstützen. Zochrot habe in einer Stellungnahme betont, dass es das „Existenzrecht Israels“ nicht in Frage stelle.

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18 Kommentare

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  • Wäre ja interessant zu erfahren, ob Deutschland auch regierungskritische Nichtregierungsorganisationen in anderen Ländern finanziert? Qatar, Saudi Arabien, China, Nord-Korea? Oder wird da nur ein wenig kulturelle Folklore gefördert und gut ist?

  • Anstatt Waffenlieferungen zu stoppen oder zumindest an Bedingungen zu knüpfen, werden nun regierungskritische Organstationen nicht mehr unterstützt! Deutschland hat wirklich nichts aus dem Holocaust gelernt.

    • @Brigitte Dost-Tauschl:

      Genau deshalb werden doch die Waffen geliefert.

      Weil man aus dem Holocaust gelernt hat.

      Sie können sagen, man hätte lieber etwas anderes lernen sollen.

      Aber zu behaupten, man habe nichts gelernt, trifft sachlich nicht zu.

      • @rero:

        „Genau deshalb werden doch die Waffen geliefert.“



        Hier geht es aber um den Entzug der finanziellen Unterstützung für zwei israelische NGO‘s - eine Begründung dafür ist nicht ersichtlich - bzw. um die Frage der Prioritätensetzung hinsichtlich der deutschen Staatsräson gegenüber Israel - da läuft nach meinem Eindruck doch so einiges in die falsche Richtung und darüber muss dringend gesprochen werden.

    • @Brigitte Dost-Tauschl:

      Alter, der Holocaust meint also schlechte NGOs zu fördern? Geht es noch eine Einheit weniger krass als die Shoa für so etwas zu instrumentalisieren? Brigitte Dost-Tauschl, das geht besser.

      • @ToSten23:

        Können Sie bitte 'schlechte NGOs' definieren?

  • Wenn die Zivilgesellschaften in Palästina wie in Israel davon abhängen, dass der deutsche Staat diese beiden Organisationen finanziert, sollte sofort alles gestoppt werden.

    Die Verantwortung kann Deutschland nicht tragen.

    Beide Zivilgesellschaften sind dann nicht lebensfähig.

    Bei Zachrot wird die Forderung nach Zahlungseinstellung nachvollziehbar, wenn man ihre Seite liest.

    • @rero:

      Ich kann auf der Seite nicht offensichtlich Empörendes finden. U nd Wenn es notwendig scheint solche NGOs von hier aus zu fördern, dann sagt das etwas über israelische Politik oder Zivilgesellschaft aus. Warum also die deutsche Zivilgesellschaft deshalb nicht "lebensfähig " sein soll, ist schleierhaft. Es kann nicht automatisch verkehrt sein, gegen die zionistische Kolonialisierung zu sein. Und welchen "Kontext" braucht es denn, die Nakba ins Bewusstsein der Israelis zu heben? Schlimm genug dass das nötig ist. Sie zu leugnen kann wohl kaum eine wahrhaftige israelische Geschichtsschreibung ergeben. Wer darüber in seinen Kaffee brechen muss, hat ein Problem....



      Die deutsche Regierung stellt die falsche Unterstützung ein: jede Hilfe für die Regierung Netanjahu müsste enden - das ist die Lehre aus dem Holocaust : nie wieder Faschismus. Dafür bräuchte es auch keine Staatsräson. Etwas Nachdenken reicht.



      Für diese deutschen Ministerien und diese Regierung kann man sich nur noch schämen. Und es dürfte kaum besser werden.

    • @rero:

      Sind Sie dann auch für einen Stopp der militärischen Unterstützung für Israel aus Deutschland?

      "Bei Zochrot wird die Forderung nach Einstellung der Unterstützung nachvollziehbar, wenn man ihre Seite liest."



      Ich empfehle allen Lesern, sich selbst die Seite von Zochrot anzuschauen, weil ich persönlich gehe da nicht mit.

      • @lelebb:

        Meines Wissens gibt es keine Unterstützungsgelder für das israelische Militär.

        Die Israelis zahlen selbst für die Rüstungsgüter, die sie kaufen.

        Wichtiger wäre es eher, dass Deutschland sich in Israel mit bestimmten Rüstungsgütern versorgt.

        Sich selbst die Seite von Zachrot anzuschauen, ist das, was ich meinte.



        Offenbar ist das nicht deutlich geworden.



        Der Artikel sagt dazu nichts.

        • @rero:

          Sollte der Entzug der finanziellen Unterstützung von Zochrot nicht in den politischen Kontext eingeordnet werden, in den er tatsächlich hingehört?



          Wer kann etwas dagegen haben, dass solche regierungskritischen NGO‘s in die israelische Zivilgesellschaft hineinwirken, indem sie dem offiziellen revisionistisch-zionistischen Staatsverständnis der israelischen Rechtsregierung widersprechen? Dem Auswärtigen Amt jedenfalls könnte es eigentlich herzlich egal sein, zumal es hier um eine lächerliche Fördersumme von 100.000 Euro geht und das AA bis dato schließlich auch keine Bedenken gegen diese Förderung äußerte. Warum dann jetzt?



          Ich tippe da mal schwer auf „vorauseilenden Gehorsam“ gegenüber Netanyahu im Zuge einer Neuformulierung deutscher Staatsräson.



          Wenn auch nur bedingt vergleichbar, kennen wir das vom willfährigen Umgang mit der Erdogan-Türkei, wenn hierzulande beispielsweise die faschistisch-terroristischen Grauen Wölfe nicht verboten werden, wohl aber die PKK weiter als terroristisch eingestuft bleibt.

        • @rero:

          Der Fehler besteht schon darin diesem Militär bzw dieser Regierung für diesen Krieg Waffen zu verkaufen.

  • Durch Streichen von Geldern für regierungskritische Organisationen positioniert sich Deutschland nicht als Beschützer Israels, sondern der israelischen Regierung - eine Regierung, die ihren politischen Mittelpunkt im rechten bis ultrarechten Lager hat. Dies kann nicht die deutsche Staatsräson sein. Dies können nicht die Konsequenzen aus dem Schuldbewusstsein zum Holocaust sein.

    • @lelebb:

      Naja. Dir einen nennen es „regierungskritisch“, die andere antizionistische Propaganda.

      Ich persönlich muss ein wenig in meinen Kaffee brechen, wenn der Begriff der Nakba ohne weitere Kontextualisierung aufgegriffen und verbreitet wird.



      Vieles was damit in Verbindung gebracht wird, ist historisch fragwürdig und insgesamt äußerst manipulativ.

      • @Daniel Wiesbaum:

        Nun ja, da kommt man halt nicht um eine Festlegung herum, was als „regierungskritisch“ und was als „antizionistische Propaganda“ einzuordnen ist. Genau DIESE Festlegung scheut das Auswärtige Amt jedoch, einem rigiden, einseitigen und verkürzten Verständnis von Staatsräson folgend.



        Ich jedenfalls wäre nicht darum verlegen, eine notwendige, sachliche und wissenschaftlich fundierte ideologiekritische Debatte zu führen, die eine Kritik am Zionismus und dessen verhängnisvoller politischen Entwicklung im heutigen Israel einschließt (wie selbstredend auch am Islamismus, arabischen Nationalismus und Antisemitismus).

      • @Daniel Wiesbaum:

        Welcher "Kontext" macht die Nakba denn besser? Für die Existenz Israels braucht es auch keine zionistische Expansion, Kolonialisierung und Besatzung.

      • @Daniel Wiesbaum:

        Wir sollen aber doch nicht kontextualisieren, sagt Robert.