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Demokratie und SprachePopulistisch? Aber gerne!

Darf man Neonazis „Pack“ nennen? Linksintellektuelle echauffieren sich gerne über Sigmar Gabriels Wortwahl. Dabei übersehen sie etwas.

Sigmar Gabriel nutzt sein berühmtes P-Wort kalkuliert, nicht im Affekt Foto: reuters

Das sich liberal, aufgeschlossen und weltoffen fühlende Bürgertum verachtet Populismus, egal ob er sich politisch links oder konservativ verortet. Es verachtet Populismus in etwa genauso sehr wie Weißwein aus dem Tetrapack, wie RTL-Dokusoaps oder schlecht sitzende Anzüge. Als der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel es wagte, die gewaltbereiten Neonazis in Heidenau als „Pack“ zu bezeichnen, bekam er den Ekel der Eliten zu spüren.

Ulf Poschardt schrieb in Springers Welt, mit dieser verbalen Entwürdigung rutsche „die Exekutive den braunen Ängstlingen zivilisatorisch entgegen“. Interessanter als der Widerwillen des konservativen Publizisten aber war der Abscheu, der viele Linksintellektuellen geradezu schüttelte.

Hat Gabriel nicht neulich Pegida besucht? Und jetzt nennt er Nazis „Pack“? Kann er sich nicht gewählter ausdrücken? Igitt, das ist ja mal wieder typischer SPD-Populismus. So in etwa lauten die Thesen im progressiven Freundeskreis.

Mal abgesehen davon, dass diese Analysen wenig originell, also populistisch sind – Sprache ist ja ein wichtiges Distinktionsmerkmal des Bürgertums –, sie gehen auch am wichtigsten Punkt vorbei. Linke dürfen vor Populismus keine Angst haben, sie brauchen ihn. Eine simple, zuspitzende Sprache ist gerade für die SPD und für die Linkspartei lebenswichtig.

Der Begriff des Populismus wabert und schillert, er wird in der Politologie seit Jahrzehnten diskutiert. Ende des 19. Jahrhunderts kam er auf, als Bezeichnung für soziale und politische Bewegungen, „die – oft stark personengebunden – auf die Mobilisierung breiter, vor allem unterprivilegierter sozialer Schichten zielen“, heißt es im Brockhaus. Historisch gesehen ist Populismus ein linkes Konzept, was man leicht vergisst angesichts einer CSU, die über Deutschland als das Weltsozialamt polemisiert.

Neonazis lieben es bekanntlich, Schwache und Verzweifelte anzupöbeln. Sie bewerfen sie mit Steinen, oft bringen sie sogar Menschen um. Warum sollte ein Spitzenpolitiker solche Leute nicht klar ausgrenzen? Weil Nazis zarte Seelen sind, die mit gütigen Worten durchaus vom Wert des Grundgesetzes zu überzeugen wären? Wer dies denkt, sollte sich mal bei der nächsten rechten Demo auf den Bürgersteig stellen. Weil der Wettlauf der Worte bei Politikern immer auch etwas Symbolisches hat? Natürlich, aber Symbole sind im Kampf gegen rechts entscheidend, sie bestimmen das gesellschaftliche Klima mit.

Vor allem aber nutzte Gabriel sein berühmtes P-Wort ja kalkuliert, nicht im Affekt. Es ist bekannt, dass Wahlen in Deutschland zu einer Exklusivveranstaltung für die Mittel- und Oberschicht geworden sind. Das untere Drittel der Gesellschaft verweigert sich. Die Nichtwähler sind unterprivilegiert, also arm, ungebildet und frustriert. Sie hegen Ressentiments gegen „die da oben“, und viele von ihnen sind anfällig für die einfache Erzählung, die Ausländer seien schuld.

Ressentiments mit Argumenten begegnen

Gabriels Populismus hat also ein Ziel. Er versucht, einfach denkenden Menschen klarzumachen, wo die Grenze nach rechts verläuft. Linke Kommentatoren werfen dem SPD-Chef nun vor, er habe mit seinem Besuch bei Pegida rechts geblinkt, jetzt blinke er halt mal links. Sie übersehen, dass beides Teil derselben Strategie ist.

Gabriel möchte ängstliche Pegida-Bürger nicht verloren geben, Leute also, die nicht mehr SPD oder CDU wählen, aber auch noch nicht NPD. Und er macht sich keine Illusionen darüber, dass Ängste vor angeblicher Überfremdung auch in Milieus der SPD oder der Linkspartei verbreitet sind. Was ist gegen einen verständlichen Dialog einzuwenden, solange man dem Ressentiment mit guten Argumenten begegnet?

Die große Aufgabe der SPD ist ja, eine narrative Klammer für das linksliberale Bürgertum und das Prekariat zu finden. Schafft sie das nicht, kann sie die Hegemonie von Merkels CDU niemals brechen. Statt Verachtung für die da unten wäre Solidarität im progressiv denkenden Bürgertum hilfreich. Oder, etwas populistischer formuliert: Es steckt ein Widerspruch darin, bei einem Glas Pinot Grigio über Rot-Rot-Grün nachzusinnen, aber gleichzeitig Gabriels Populismus und RTL-guckende Prolls zu verachten.

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44 Kommentare

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  • Ja, man darf sich gegen Angriffe von Rechtsradikalen, mit und ohne Uniform, verteidigen.

    • @nzuli sana:

      Unertraeglich, wie Sie die Leute, die jeden Tag ihren Kopf hinhalten, dafuer, dass Sie nicht von einem Fremden wegen einem schiefen Blick oder einem Laib Brot erschlagen werden, pauschal verunglimpfen!

      • @willanne:

        Wann wurde denn das letzte Mal jemand in D wegen eines Laibes Brot von einem Fremden erschlagen?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Wenn es kein staatliches Gewaltmonopol, ergo Plozei gäbe, dann wuerden Sie sich wundern, was manch einer in diesem Land nur wegen eines schiefen Blickes tun wuerde, nur soviel zur "Utopie" der Anarchie.

          • @willanne:

            Wer will denn die Polizei abschaffen? In Sachsen wäre es allerdings angebracht zu prüfen, ob wirklich alle Beamten auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Sächsische Beamte sind (nicht nur bei der Polizei) gern auf dem rechten Auge blind. Oder noch schlimmer. Sie fälschen z.B. Beweise, um Leute hinter Gitter zu bringen, die gegen Nazis demonstriert haben. Das Sachsen heute eine Hochburg rechtsradikaler Umtriebe ist liegt doch doch nicht daran, dass die Menschen im Freistaat besonders dumm sind. Ein wichtiger Grund ist das angestrengte Wegschauen der Landesregierung und der ihr unterstellten Behörden. Haben Sie die Artikel über den Hitlergruß an Schulen und ähnliche Dinge gelesen? Das ist alles strafbar. Unternommen hat Niemand etwas.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Zu Bader-Meinhofs-RAF-Zeiten gab es die sog. Sympathisantenszene . Heute gibt es ein neues Pack-im-Geiste .

          • @APOKALYPTIKER:

            Nur zur Klarstellung, mit einem "Fremden" meinte ich irgendwen, falls das Ihr Problem gewesen sein sollte.

          • @APOKALYPTIKER:

            Damit ich Sie richtig verstehe: Wenn man Anarchie für nicht so dolle und die Polizei für eine ganz sinnvolleEinrichtung hält, ist man für Sie ein Symathisant von den Assis aus Heidenau? Klingt sehr differenziert, wirklich!

            • 6G
              6474 (Profil gelöscht)
              @willanne:

              da hat sich aber jemand richtig lange mit anarchistischer theorie ausseinadergesetzt.anarchie bedeutet für dich also das es keine polizei mehr gibt?-das ist jetzt aber im gegenzug wahnsinnig differenziert,wirklich!

              • @6474 (Profil gelöscht):

                Hab ich nicht, ist richtig. Hab mich auch nie mit dem Katechismus, den Illuminaten, UFOs oder der Rassenlehre beschäftigt, schien mir alles irgendwie alles etwas abwegig. Was mir allerdings einen deutlichen Unterschied zu machen scheint ist, ob man jemanden, weil er es nicht so dolle findet, wenn alle Polizisten (ich bin nicht in dem Verein) als Nazis beschimpft werden, als Pegida-im-Geiste-Pack bezeichnet wird. Aber okay, wenn Sie meinen, dann ist das eben das selbe, schei* ich drauf!

  • Das Wort Pack kennen die Älteren aus dem Song "Leader of the Pack" von 1964. Das damit verbundene Lebensgefühl zeigte 1969 Easy Rider. Pack waren damals Nonkonformisten.

  • Ja richtig , Herr Schulte , ... wenn es um Wahrheit geht , sollte man auch Politikern zugestehen , bei Gelegenheit Zart- und Feinsinn beiseite zu lassen . Was stünde etwa dagegen , die "Elite" , die sich jahrelang mit nicht nachlassender Wut gegen einen gesetzlichen Mindestlohn gestemmt hat , als Pack zu benennen ? Oder die kultivierte bildungsbürgerliche Mittelschicht , die sich über Gabriels Wortwahl aufregt , als "rat pack" zu bezeichnen , das im "rat race" um die kleiner werdenden Fleischtöpfe real ebenfalls alle Hemmungen fallen läßt gegenüber der Unterschicht ?

     

    Nun ja -Wahrheit . Was ist Wahrheit ? Die Wahrheit hatten die Postmodernen durch das "Anything goes !" abgelöst , durch den allumfassenden "Diskurs" , also den absoluten Relativismus . Die "Realität" nach 2008/9 ist dabei , ihnen die Flausen auszutreiben .

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    "Die Nichtwähler sind unterprivilegiert, also arm, ungebildet und frustriert. Sie hegen Ressentiments gegen „die da oben“, und viele von ihnen sind anfällig für die einfache Erzählung, die Ausländer seien schuld."

     

    ^^und was machen "die da oben"? sie erzählen den unteren das sie bitte den blick noch weiter nach unten richten sollen,damit jeder einen findet wo er oder sie reintreten kann.

    weil,oben gibts nix zu holen für arbeitslose ostler.das weiß der intelektuelle feigling im westen eigentlich nur zu gut und argumentiert systemerhaltend.

    vielleicht solte man mal wieder über den kommunismus nachdenken.gerade jetzt!

  • "Eine simple, zuspitzende Sprache ist gerade für die SPD und für die Linkspartei lebenswichtig."

     

    Also gerade für die SPD wären entsprechende Taten wichtiger als irgendwelche Lippenbekenntnisse. Z.B. hätte man ganz zugespitzt Sarazin feuern können, der zur rechten Schlagseite unserer Gesellschaft - samt ihrer resultierenden gewaltätigen Auswüchse - in nicht geringem Maße beigetragen hat.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      ja, absolut, gehört Herr Sarazin eigentlich auch zu jenem "Pack", von dem Herr Gabriel sprach?!

  • Wer eine ganze Gruppe von Rechten pauschal als "Pack" bezeichnet, kommt ihr insoweit entgegen, dass er ihre grundsätzlichen Kategorien übernimmt, also Menschen unterschiedliche Wertigkeiten gibt. Wenn der Vizekanzler Jemanden offiziell als als "Pack" einordnet, braucht der keine Rechtfertigung mehr, um Andere noch tiefer herabzuwürdigen und sich dabei so richtig daneben zu benehmen.

     

    Davon abgesehen ist es immer hilfreich beim Radikalisieren von Randgruppen, wenn man ihnen Gelegenheit gibt, sich zum Opfer zu stilisieren - besonders wenn diese Gruppen noch ungenutzte Mobilisierungspotenziale in der weiblichen Bevölkerung haben.

     

    Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist es, der großen Mehrheit gegenüber die Legitimität zu kommunizieren, rechtem Gedankengut gegenüber nach Kräften und überdeutlich "klare Kante" zu zeigen. Unflätig zu werden, ist der einfachste Weg, das zu tun. Ob es auch der beste ist, darf bezweifet werden (s. o.).

     

    Und allgemein zu Thema Populismus: Populismus heißt, der Zielpgruppe aufs Maul zu schauen, zu eruieren, was sie sich wünscht, und ihr dann genau das zu versprechen, egal wie realistisch es ist oder welche Nebenwirkungen man dafür verschweigen muss. Er ist also ein Zeichen mangelnder Regierungsfähigkeit, eher geeignet um sich als ewige Opposition zu profilieren. Was Sie meinen, ist einfache Polemik.

    • @Normalo:

      Och. Haben diejenigen, die sich jetzt über das Pack so aufregen, genau so empfindsam reagiert, als es um Beledigungen gegenüber Flüchtlingen ging?

       

      Nein? warum nicht?

      • @Celsus:

        Ich fühle mich bei dem Wort "aufregen" nicht angesprochen, aber die Frage ist berechtigt. Meine persönliche Antwort wäre, dass jemand, der in meiner Gegenwart so über Flüchtlinge reden würde, wohl mit mir ein Problem bekäme.

         

        Abstrakt lassen mich rechte Sprüche eher kälter, und der ehrliche Grund dafür macht es schwer, Gabriel etwas vorzuwerfen, ohne auf seine Vorbildfunktion abstellen zu müssen (was ich ungern tue):

         

        Weil ich von dem Pack nichts anderes erwarte.

         

        Die haben nicht das Niveau, ihre Ängste und Aggressionen zivilisiert zu äußern, weil sie sich diese dafür erst einmal eingestehen müssten, wofür ihnen des Selbstbewusstsein fehlt. Ob man ihnen helfen kann, weiß ich nicht. Dass es hilft, sich als "schweigende Masse" möglichst unmissverständlich von ihnen zu distanzieren, habe ich schon geschrieben.

  • Das Problem an Sigmar Gabriel ist weniger sein Populismus als vielmehr seine Bigotterie. Die, allerdings, teilt er sich mit dem "sich liberal, aufgeschlossen und weltoffen fühlende[n] Bürgertum" - und mit dem Plebs.

     

    Sollte Gabriel nach seinem Auftritt in Heidenau tatsächlich "den Ekel der Eliten zu spüren bekommen" haben (er muss ja Springers Welt nicht lesen), dann sagt das jedenfalls nicht nur etwas über Gabriel, sondern vor allem etwas über diese angeblichen "Eliten".

     

    Wein aus Tetrapacks, RTL-Dokusoaps und schlecht sitzende Anzüge könnten den „Eliten“ eigentlich egal sein. Sie müssen sie dank ihrer privilegierten Stellung ja nicht selber trinken, anschauen oder tragen. Wenn sie trotzdem glauben, ihre Verachtung dafür ausdrücken zu müssen, dann nur, weil sie so viel besser, wie sie glauben, gar nicht sind. Sie brauchen die verbale Rückenstütze. So ähnlich ist das mit dem "Pack".

     

    Das Wort steht für "Gesindel" oder "Rudel" und soll die so Benannten abwerten. Die Nazis von Heidenau (wie alle Nazis) haben sich den Titel redlich verdient. Dadurch, dass sie auf "Schwache[n] und Verzweifelte[n]" ganz gerne mal herumtrampeln. Wortwörtlich wie im übertragenen Sinn. Wer solche Leute "klar ausgrenzen" will, der sollte allerdings nicht selbst in einem Glashaus sitzen.

     

    Die SPD-Führung von 2015 hat die Idee des Distinktionsgewinns (Sieg durch Ab- bzw. Ausgrenzung Schwächerer) so sehr verinnerlicht, dass die Partei schlicht keine Alternative mehr ist. Da hilft dann auch kein Populismus mehr. Wer das linksliberale Bürgertum mit dem Prekariat "narrativ[] [ver]klammer[]" will, der muss nicht nur aufhören zu poltern wie ein Proll (das vergrault die Bürger), er muss auch aufhören, sich auf Kosten Schwächerer zu profilieren (das vergrault das Prekariat). Gabriel tut weder das eine noch das andere. Kanzler will er trotzdem werden. Das nehme ich ihm schwer übel. Ich mag es einfach nicht, wenn meine Sprache missbraucht wird.

    • @mowgli:

      Obacht, ,"Rudel", das finden Nazis gar nicht so schlecht. U-Boote, Werwölfe usw

  • Was kein Politker zugeben mag (schon gar nicht der, der seinem Gegner den berühmten 'Populismus' vorwirft): Populismus ist DAS Handwerkszeug der Politik, dem direkten Wortsinne nach. Politik und Populismus sind nicht und waren nie komplett zu trennen, völlig egal, in welche politische Richtung es ging! Es ist das Wesen der Politik, 'populistisch zu sein. Da wird sich drumrumgewunden, wie irgend möglich, trotzdem bleibt's dabei und für alle sichtbar. ALLE machen und nutzen den Populismus, jeder von denen, egal welche Farbe. Sonst wäre er nicht da, wo er ist!

  • "Linke dürfen vor Populismus keine Angst haben, sie brauchen ihn. Eine simple, zuspitzende Sprache ist gerade für die SPD und für die Linkspartei lebenswichtig."

     

    Wenn man den Populismus brauchen dann wäre das für mich ein zentrales Warnsignal dass man die eigene Position gründlichst überdenken muss. Wer den Populismus braucht hat auf argumentativer Ebene den Anschluss verloren.

     

    Eine "simple, zuspitzende Sprache" ist das Werkzeug der Wahl wenn einem die Argumente ausgegangen sind. "Das Boot ist voll" ist "eine simple, zuspitzende Sprache". Populismus bietet den Menschen dumme Parolen, Klischees und Verallgemeinerungen die sie davor beschützen über Sachverhalte nachzudenken und ihnen stattdessen die Art von Sicherheit geben die noch nie zu etwas Gutem geführt hat.

     

    Ich sehe Gabriel grundsätzlich eher positiv, aber für den Populismus musste er zu recht Kritik kassieren.

  • Vermutlich treffen die Gründe für Gabriels Formulierung, die der Autor aufzählt, zu. Parteistrategien scheinen mir persönlich und gesamtgesellschaftlich jedoch etwas dürftig als Rechtfertigung für Beschimpfungen.

    Mir ist ebenso egal, ob Gabriel damit das 'Prekariat' erreicht, wenn Prekariat vorurteilsanfälliges Musikantenstadlpublikum meint.

     

    Nazis sollten eher als "Pack" bezeichnet werden, weil sie "Pack" sind, d.h. verachtenswert.

    Siehe 1933-45, siehe Heidenau.

     

    Viele, die soziologisch zum Prekariat zählen, wissen auch ohne Gabriel und diese Sprache, wann etwas strunzdumm und unentschuldbar scheiße ist. Einfach weil sie schon mal irgendwo irgendwas über die NS-Zeit gelesen haben und die Fähigkeit und den Willen besitzen, eigenständig vom linken zum rechten Ohrläppchen zu denken.

     

    PS: Dass sich PC-Apostel an Gabriels Worten stören, geschenkt, ist ja ne legale Meinung. Eine für Langweiler und Prinzipienreiter.

    • @the fall:

      "Einfach weil sie schon mal irgendwo irgendwas über die NS-Zeit gelesen haben..."

       

      Das ist das Problem. Sie haben "irgendwas" über die NS-Zeit gelesen. Leider darf in D so ziemlich jeder Mist über diese Zeit veröffentlicht werden. Und "Literatur" die die Deutschen zum "Opfervolk" stilisiert, gibt es genug. Sie ist die Vorzugslektüre in rechten Kreisen. Dazu kommt dann noch eine staatlich geförderte Propaganda, die die Verbrechen der Nazis auf den Holocaust reduziert und den Rest verharmlost.

  • Es ist Unfug, zu glauben und zu schreiben, der Populismus sei erst Ende des 19.Jahrhunderts aufgekommen.

    Niemand anderes als Julius Caesar war der Begründer des Populismus. Er versuchte, den Senat, also das antikrömische Parlament als Chef der Partei der "Popularen" (im Gegensatz zur Partei der "Optimaten", was auf lateinisch dasselbe bedeutete wie auf griechisch "Aristokraten") durch Volksabstimmungen als Volkstribun zu bedrängen. Genau deshalb wurde er ermordet, wie schon vor ihm die beiden Gracchus-Brüder Gaius und Tiberius.

    Populismus ist also zäsaristisch. Und die SPD ist bekanntlich DIE zäsaristische Partei schlechthin, strebt einen volksgewählten Kaiser an (einen "Volkskaiser" wie den US-Präsidenten oder auch Napoleon Bonaparte; mit Adolf Hitler hat es nicht so ganz geklappt, denn der wollte sich nicht regelmäßig volkswählen lassen; aber die Weimarer Verfassung, die niemand anders als die SPD verbrochen hatte, war schon so autoritär, bonapartistisch und eben zäsaristisch strukturiert, dass Hitler bekanntlich sogar ganz legal an die Macht kam !).

    Die SPD-Führung und freilich auch Sigmar Gabriel streben also einen Pakt (oder "Packt") von Pack und Elite an. Das ist keineswegs demokratisch im seit Polybios POSITIVEN Sinn (erst recht nicht "sozialdemokratisch"), sondern schlicht ochlokratisch.

  • Es geht dem Pack runter wie Oel. Sie schreiben sich das "Pack", "Wir sind das Volk" auf die Stirn und der Rest der Biodeutschen will nicht kapieren, was die Nazis eigentlich damit zum Ausdruck bringen wollen: Wir sind das Opfer, Opfer der Diffamierung und Opfer der Alimentierung von Flüchtlingen. Wir sind die Kinder und Mutti gibt fremden Kindern, die in den Sandkasten dazukommen, einfach ein paar unserer Sandförmchen, aber wartet nur, wenn unser Füh..,, äh Papa wiederkommt.

    In der Opferrolle ist man prädestiniert dazu, Nazi zu werden. Jammern und Gewaltbereitschaft ist das, was sie von ihren Eltern vor gelebt bekamen und das war auch ihre Mitgift.

    Also nennt sie doch, wie ihr wollt oder ignoriert sie. An ihrer Konditionierung ändert das nichts.

  • Wie war das doch noch? Ach ja: Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!

     

    Muß auch für Pack gelten.

  • Vielmehr übersieht der Autor etwas ganz wesentliches: Gabriel ist als Wirtschaftsminister für den Rekordwaffenhandel verantwortlich, mit einem weiteren Rekord in Krisengebiete, nämlich nach Saudi-Arabien, das auch mit deutschen und europäischen Waffen Krieg im Jemen führt.

     

    Auch übersieht er die Verstrickung der deutschen Regierung und der EU in die Krisen, die im Kosovo, in Syrien, in Afghanistan & Co. für die ganzen Flüchtlingsströme sorgen.

     

    Es wäre übrigens die Aufgabe einer Zeitung, kritisch auf solche Zusammenhänge hinzuweisen. Vielleicht kann sich Herr Schulte ja beim nächsten Artikel mit dem Gedanken an kritische Berichterstattung anfreunden.

     

    Hofberichterstattung benötigt man jedoch nirgends (ausser bei Hofe).

     

    Ach ja, noch eines zur SPD: deren Aufgabe wären nicht irgendwelche “Klammern”, sondern eine Alternative zur Alternativlosigkeit Merkelscher Prägung zu bilden. Ihre Wahlmisserfolge sind wohl viel eher darauf zurückzuführen, dass sie das Gegenteil macht.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Linke dürfen vor Populismus keine Angst haben, sie brauchen ihn. Eine simple, zuspitzende Sprache ist gerade für die SPD und für die Linkspartei lebenswichtig."

     

    OK. 10 € Mindestlohn, Wiedereinführung (oder eher Wiedererhebung) der Vermögensteuer, einkommenssteuergleiche Besteuerung der Kapitalerträge, 500 € HartzIV-Satz, Lastenausgleich zugunsten der Flüchtlingshilfe etc. etc.

    Bei Gabriel ist leider Populismus bloß versuchter Opportunismus. Und nicht mal das kann er richtig.

  • Ja, es ist ok, Nazis Pack zu nennen.

     

    Appeasement bringt nichts, das lehrt una die Geschichte.

  • bei sigmar gabriel ist das wort links wohl eher eine topografische verortung für seinen sitzplatz im parlament. mit politischer verortung hat das eher weniger zu tun.

     

    was gabriel macht, ist ein populismus der mitte. der holt die demokratie immer genau dann aus der mottenkiste der geschichte, wenn es gerade opportun eerscheint. die kanzlerin macht es ähnlich, wenn auch nicht so krass. derzeit scheint es opportun, gegen nazis zu sein, da erinnert sie sich plötzlich an demokratische werte, das gg und natürlich auch an christliche werte. so ist auch gabriel. nur ist der nicht linkspopulistisch, sondern "volksnäher". ich frage mich was geschehen wäre, wenn die afd es in den bundestag geschafft hätte? hätten diese beiden despoten der mitte dann auch noch klare worte gegen nazis gefunden? oder wäre es dann nicht "populistischer" sich etwas "gewählter" auszudrücken? wir erfahren es nach 2017...

  • Der Begriff "Pack" führt nur dazu, dass die Deppen jetzt auch noch stolz darauf sind.

    Klar ist Polemik im politischen Bereich auch notwendig. In dem Fall wäre es aber besser gewesen, wenn er ernsthaft argumentiert hätte.

    • @Martin74:

      Mal Videos aus Heidenau gesehen?Mit denen braucht man nimmer zu reden, "isch over". Die leben in einer anderen Welt.Klingt komisch, ist aber so.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Martin74:

      Mit Deppen ernsthaft argumentieren?

      Nur ein stolzer Depp ist ein guter Depp.

       

      2. Version der Antwort, die erste ist eventuell verschwunden.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Martin74:

      Hm, mit Deppen ernsthaft argumentieren? Ich hätte kein Problem, wenn sich Deppen stolz fühlen würden.

      • @65572 (Profil gelöscht):

        "...wenn sich Deppen stolz fühlen würden."

         

        Tun sie doch: "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein".

        • @Spitzbube:

          Jetzt schreien sie doch: "Wir sind das Pack!" und merken nicht einmal, dass sie Recht haben.

  • 2G
    23879 (Profil gelöscht)

    Zitat: "Die große Aufgabe der SPD ist ja, eine narrative Klammer für das linksliberale Bürgertum und das Prekariat zu finden."

     

    Danke für diesen Witz. Ich habe schallend gelacht. Wenn das die Aufgabe der SPD sein soll, dann erfüllt sie diese seit 1913 nicht mehr.

     

    Was mich sorgt: warum tummelt sich die Taz eigentlich nur auf solchen Nebenschauplätzen, anstatt mal die URSACHEN der Misere zu beleuchten? Die ZEIT ist heute mit dem Artikel "Wir schaffen uns unsere Armutsmigranten selbst" mit gutem Beispiel vorangegangen. Dem sollte die Taz doch folgen können, oder?

  • "Neonazis lieben es bekanntlich, Schwache und Verzweifelte anzupöbeln. Sie bewerfen sie mit Steinen, oft bringen sie sogar Menschen um. Warum sollte ein Spitzenpolitiker solche Leute nicht klar ausgrenzen?"

     

    Aus einem ganz einfachen Grund, den jeder mit ein bisschen sozialer Intelligenz auch einsehen kann: Es macht keinen Sinn, sozialer Ausgrenzung mit sozialer Ausgrenzung zu begegnen. Nicht nur, weil man es dann selbst nicht besser macht, sondern weil sich die Ausgegrenzten dann nur bestätigt fühlen und sich weiter radikalisieren.

  • Debatten um.der Debatte willen. Nennt sie halt Neonazis, Rassisten oder Xenophobe, das klingt besser, ist es aber nicht und trifft es ebenso. So, jetzt geh ich meinen englischen Maßanzug aus der Reinigung holen und dann goenne ich mir bei einer "interessanten" Arte-Dokumentation noch gepflegt einen Erdener Treppchen, Jahrgang 011, versteht sich.

  • Genau -

     

    " . ...Darf man Neonazis „Pack“ nennen? Linksintellektuelle echauffieren sich gerne über Sigmar Gabriels Wortwahl. Dabei übersehen sie etwas. . ." eben -> klar -> gebongt ->

     

    Wissen wir schon ->

    "Besser als sein Ruf" - Genau!

    Jau - Da sachste was - Alder!

     

    Danke - im ernst ->

    Welch fulminantes Ritardando.

     

    ps SiggiPlopps Sprache/Denke - reduziert sich genau darauf -

    "Ach - Sie haben also Unterschriften gesammelt und demonstriert gegen etwas - was Sie noch gar nicht kennen"

     

    pps - Bi lütten frag ich mich doch -

    Ob mir das mit dem -

    In die Jahre gekommenen

    Fähnleinführeraspiranten beerben -

    Nicht doch mehr als nur so en passant Im Scherz Rausgeseibert ist!

  • "Linksintellektuelle echauffieren sich gerne" - ich gehöre nicht dazu und habe mich trotzdem über die wortwahl geärgert. Sehr sogar!

  • zudem ein Engliziganismus (pder wie das unter Intelleen heißen tun soll ...): In den Fünfzigern sangen die Leute vom "Leader of the Pack" und wussten, was das bedeuten soll, aber heute geht das nur nach "Klang" und wenn es dann auch noch nicht vegan ist ...

     

    Überheblichkeit hat viele Gesichter, aber nur einen Zweck: Jemand anders ist Schuld

  • richtig.