Debatte um Ehe für alle: „Das ist menschenverachtend“

Eine Anwältin zeigt Saarlands Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) wegen Volksverhetzung und Beleidigung an.

Annegret Kramp-Karrenbauer macht auf einem CDU-Parteitag eine beschwichtigende Handbewegung

Kramp-Karrenbauer versucht, die Empörungswelle zu stoppen. Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet würde, sei auch eine „Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen (...) nicht auszuschließen“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Montag in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung. Sie erntete Empörung. Und eine Anzeige wegen Volksverhetzung von der Berliner Rechtsanwältin Sissy Kraus.

„Mir ist es nach der langjährigen Arbeit in einem tollen CSD-Team über die Hutschnur gegangen, dass erneut eine hohe Politikerin Menschen wie Staatsbürger minderer Güte behandelt und ich im persönlichen Umkreis sehe, wie die Menschen leiden und verletzt werden“, sagte Kraus, Vorstand beim Berliner Christopher Street Day, der taz. „Irgendwann ist es genug!“, schrieb sie auf Facebook und postete ihre Klageschrift: Die Forderung nach einer Öffnung der Ehe in eine Reihe mit Inzucht und Vielehe zu stellen, sei „nicht mehr nur homophob, sondern menschenverachtend, und in ihrem Gehalt gleichzusetzen mit den ähnlich verachtenden Äußerungen 1933–1945“. Kramp-Karrenbauers Äußerungen dienten dazu „Hass auf diese Gruppe der Gesellschaft und die dazugehörigen Personen auszudrücken“.

Auch aus anderen Richtungen kam Kritik. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach von „einem neuen Tiefpunkt“ in der Debatte über die Öffnung der Ehe. Ein Facebook-User lästerte: „Ich fordere die Abschaffung des Saarlands, weil die Gefahr von Inzest und Polygamie in solch kleinen Einheiten mit so großer Abwanderung arbeitsfähiger Männer einfach zu groß ist.“

So groß war die Kritik, dass sich Annegret Kramp-Karrenbauer am Dienstagabend genötigt sah, eine Richtigstellung via Facebook zu verbreiten. Sie verweist darauf, dass sie in dem Zeitungsinterview auch einen Abbau der „bestehenden Diskriminierungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaften“ forderte. Den Vergleich der Homo-Ehe mit Inzucht und Polygamie weist sie zurück. Statt dessen bezeichnet sie die Homo-Ehe als „gesellschaftspolitisches Experiment“ - und handelte sich damit Kritik der Website queer.de ein, die ihr dafür den eigenen Negativ-Preis „Homo-Gurke“ verlieh - wegen „herablassender Ignoranz“.

Sissy Kraus hält ihre Anzeige aufrecht. Der taz erklärte sie: „Die Anzeige ist ein Symbol, und viele schreiben mir, dass ich ihnen aus der Seele gesprochen habe.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.