Debatte nach Kabelbränden bei der Bahn: Die Bahn besser schützen – nur wie?
Nach den Brandanschlägen auf Kabel der Bahn in Hamburg verspricht Faeser einen besseren Schutz des Schienennetzes.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte „die Brandanschläge in Hamburg eine Form von Terrorismus“. Er erwarte ein „konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte an, die Bahninfrastruktur „noch besser schützen“ zu wollen. Dabei setze man vor allem auf Videoüberwachung: Bis nächstes Jahr werde die Zahl der Kameras an Bahnanlagen von 9.000 auf 11.000 erhöht.
Schnell tauchte auch ein Bekennerschreiben auf dem linken Onlineportal Indymedia auf. Man habe an drei Stellen „Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert“, heißt es darin. Die Brände hätten sich gegen den Güterverkehr gerichtet, denn in Hamburg würden jährlich Millionen von Tonnen an Waren umgeschlagen, die „den Reichtum der Ausbeuter_innen des globalen Nordens zuungunsten des sogenannten globalen Südens mehren“. Man wollte damit „eine reale Delle in diese Maschinerie setzen“. Allerdings trafen die Brände durchaus auch den Personenverkehr: Nach Bahnangaben fielen 27 Züge komplett und 65 Züge teilweise aus. 70 Züge mussten umgeleitet werden und verspäteten sich.
Laut der ermittelnden Polizei Hamburg wird das Bekennerschreiben in die Ermittlungen einbezogen. Man gehe von vorsätzlichen Brandlegungen und einem politischen Motiv aus. Neue Erkenntnisse kommunizierte die Behörde am Sonntag auf Nachfrage nicht. Die Polizei rief Zeug*innen auf, sich zu melden, die in der Nacht zu Freitag Verdächtiges an den Hamburger Bahnanlagen gesehen hätten.
Zerstörte Kabel schon im Oktober 2022
Die Debatte über die Sicherheit des deutschen Schienennetzes keimt damit wieder auf. Schon im Oktober 2022 war diese entbrannt, nachdem Unbekannte Kabel in Herne und Berlin-Karow durchtrennt hatten und damit den Bahnverkehr im Norden lahmgelegt hatten. Auch da versprach Faeser einen besseren Schutz der Bahninfrastruktur.
Eine Bahnsprecherin sagte am Sonntag der taz aber auch: Bei knapp 34.000 Kilometern Streckennetz sei „ein lückenloser Schutz der Infrastruktur nahezu unmöglich“. Seit dem vergangenen Jahr setze man aber zusätzliche Sicherheitskräfte ein, um die Anlagen besser zu schützen. Neben den 4.300 eigenen Sicherheitsleuten, die „Hand in Hand“ mit den 5.500 Beamten der Bundespolizei arbeiteten, würden weitere mobile Streifen eingesetzt, insbesondere rund um die Stellwerke. In Wattenscheid, Bochum-Ehrenfeld und Essen haben man zudem drei neue Video-Überwachungstürme im Einsatz, so die Sprecherin. Oder im Regionalbereich West ein neues Wärmebildkamera-System, das auf dem Dach eines Dienstfahrzeugs auch Strecken in bis zu fünf Kilometern Entfernung überwachen könne.
Ampel-Politiker fordern mehr als Videoüberwachung
Ampelpolitiker sprangen Faeser am Sonntag teilweise bei – forderten aber weitergehende Maßnahmen. „Die Anschläge führen nochmal vor Augen, wie drängend die Fragen beim Schutz der Kritischen Infrastruktur sind“, sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz der taz. „Hier müssen wir endlich aus dem Quark kommen.“ Videoüberwachung für Bahnstrecken könne dabei nur ein Baustein sein. Vielmehr brauche es zudem ausreichend Ersatzinfrastruktur für den Ernstfall und klare Zuständigkeiten, wer wie auf solche Vorfälle reagiert.
Von Notz appellierte auch, den von Faeser vorgelegten Entwurf zum Dachgesetz zur Kritischen Infrastruktur entsprechend nachzubessern. „Diese dringlichen Fragen werden genau dort verhandelt.“
Ähnlich äußerte sich der FDP-Innenexperte Manuel Höferlin gegenüber der taz. Es sei richtig, dass die Kritische Infrastruktur der Bahn besser geschützt werden müsse. „Es ist aber naiv zu glauben, dass eine Videoüberwachung das Problem lösen könne.“ Nicht jeder Meter Kabel des Schienennetzes lasse sich schützen. Vielmehr müssten „eine starke Resilienz sowie Back-up-Optionen für diese Infrastrukturen aufgebaut werden“, fordert Höferlin. „Es braucht mehr Rückfallebenen, so dass einzelne Störungen nicht direkt zum Totalausfall führen.“
Laut Faeser wird nun erst mal weiter „mit Hochdruck“ zu den Kabelbränden ermittelt. Den Fall der zerstörten Bahnkabel im Oktober 2022 hatte sogar die Bundesanwaltschaft zeitweise übernommen. Hinweise auf ein politisches Motiv erhärteten sich aber nicht: Inzwischen gehen die Ermittler von Kabeldieben aus.
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