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Debatte Kopftuch für MinderjährigeMit erhobenem Haupt

Edith Kresta
Kommentar von Edith Kresta

Die Organisation „Terre des Femmes“ fordert ein Verbot des Kinderkopftuchs. Diskriminierungskritische Pädagogen widersprechen.

Beim Public Viewing während der WM 2018 Foto: imago-images/Foto2press

D er ewige Streit über das Kopftuch, er schwelt weiter. Dabei scheint das Thema längst ausdiskutiert, scheinen die Positionen klar zu sein, ohne dass sich ein Kompromiss ab­zeichnet. Kulturelle und religiöse Selbstbestimmung gegen Diskriminierung und Sexualisierung der Frau. Jungfeministinnen gegen Altfeministinnen. Die Diskussion ein Grabenkampf, völlig angstbesetzt, weil Rassismusvorwürfe lauern, die jederzeit auch die kompetentesten und aufrichtigsten Kritikerinnen treffen können.

Vermutlich pflegen trotzdem viele hierzulande ihre mehr oder weniger starken Ressentiments gegen das Tuch. Und das liegt nicht gleich an einem antimuslimischen Rassismus oder der bösartigen Verstocktheit unserer weißen Gesellschaft, sondern auch daran, dass der politische Islam die weibliche Kopfbedeckung zu seinem politischen Symbol erkoren hat. Das Kopftuch ist eben kein cooles Modeaccessoire, es symbolisiert immer noch Zwang und geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen. Auch wenn es manche muslimische Frauen selbstbewusst, demonstrativ und elegant tragen.

Zuletzt im April flammte der Streit über das Kopftuch erneut auf. Diskriminierungskritische Pädagogen meldeten sich zu Wort mit einer Gegenpetition zur Petition der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes, „Den Kopf frei haben“. In der Petition von Terre des Femmes wird „ein gesetzliches Verbot des Kinderkopftuches im öffentlichen Raum, vor allem in Ausbildungssituationen für alle minderjährigen Mädchen bis zum 18. Lebensjahr“ gefordert.

Was ist eigentlich dramatisch?

Die vor akademischer Kompetenz strotzende Liste der diskriminierungskritischen Unterzeichner hält dagegen: „Die Forderung nach einem Kopftuchverbot für Minderjährige stellt einen starken Eingriff in die Selbstbestimmung junger Menschen dar, führt zu weiteren Eingriffen in ihre Lebensbedingungen und Teilhabechancen und legitimiert die schon bestehende Diskriminierung kopftuchtragender Musliminnen. Allein die Debatte führt dazu, dass die betroffenen Mädchen und jungen Frauen noch mehr auf diesen Teil ihres Lebens reduziert werden. Nicht zuletzt greift die Forderung nach einem Kopftuchverbot massiv in die menschenrechtlich und grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit ein. “ Ihre Argumente sind schlagkräftig und überzeugend. Vor allem plädieren sie für einen entdramatisierenden Zugang zu diesem vielschichtigen Thema.

Aber ist es tatsächlich dramatisch, das Kinderkopftuch in der Schule zu verbieten? Nein, denn bei aller pädagogischer Empathie: Solange es den Zwang zu islamischen Kleiderordnungen im größerem Maßstab gibt, wird die Diskussion über das Kopftuch das repressive Thema nicht los. „Es gibt zahlreiche Rückmeldungen aus LehrerInnen-Netzwerken und aus unserer noch laufenden Umfrage unter Lehrkräften, dass gerade an Schulen viele Mädchen einem enormen Druck ausgesetzt sind, ein Kopftuch tragen zu müssen“, schreibt Terre des Femmes. „Verweigern sie sich, werden sie psychisch unter Druck gesetzt und öffentlich beschimpft. Sie tragen das „Kinderkopftuch“ auch, um die Familie, die Community nicht zu enttäuschen.“

Das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam, aber auch ein Symbol für Rückwärtsgewandtheit und das Verwurzeltsein in alten patriarchalen Strukturen, die Mädchen weniger Freiheit und Selbstbestimmung zubilligen als Jungen. Mit der Migration der vergangenen Jahre sind viele traditionsbewusste Eltern nach Deutschland gekommen, die ihre Töchter früh an das Kopftuch gewöhnen wollen. Es ist auch in Deutschland, vor allem in Bezirken mit starker Zuwanderung, wieder präsenter geworden.

Ein Verbot des Kinderkopftuchs in Schulen ist machbar und überlegenswert. Der freie Kopf als schulischer Dresscode. Dagegen ist die Umsetzung eines allgemeinen Kopftuchverbots für minderjährige Mädchen im öffentlichen Raum, also auch auf der Straße, absurd. Soll etwa das Alter der Kopftuchtragenden überprüft werden? Wäre das überhaupt verfassungskonform? Die zu allgemeine Forderung nach einem Verbot des Kinderkopftuchs mag für viele die Unterzeichnung der Terre-des-Femmes-Petition erschweren.

Realität ist: Heftige Abwehr, Hass und andere Emotionen erzeugt der Schleier dort, wo er als real existierende Bedrohung besteht. In Tunis, Kairo, Teheran und anderswo in der muslimischen Welt geht es um die kulturelle Hegemonie von religiösen oder säkularen Kräften. Und Frauen sind die eindeutigen Verlierer, wenn sie unterm Kopftuch verschwinden, wenn sie als komplementär und nicht gleichberechtigt mit dem Mann definiert werden. Die Angst vor der kulturellen Hegemonie der fanatischen Religiösen ist dort begründet. Sie ist weder dort noch hier die Angst eines überholten Altfeminismus.

Ungewöhnliche Koalitionen

Für und gegen das Verbot ergeben sich ungewöhnliche Koalitionen. Liberale Muslime wie Ahmad Mansour oder Seyran Ateş, die ein konservatives Islamverständnis kritisieren, wie auch konservative deutsche Politiker, aber auch Lehrerverbände sehen das Kopftuch als Gefahr für die Selbstbestimmung der Mädchen und für ihre Integration. Das Integrationsministerium von NRW erwägt ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen unter 14 Jahren.

Ein Verbot von Kopftüchern an Schulen wäre eine klares Bekenntnis zur Gleichstellung von Mädchen

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour sagt: „Wir brauchen ein Verbot, um Kindern zu ermöglichen, ideologiefrei aufzuwachsen – ohne Geschlechtertrennung und Sexualisierung.“ Der deutschpalästinensische Psychologe bezeichnete den Kopftuchzwang für ein Kind als „eine Form von Missbrauch“. Er wird als Opportunist beschimpft.

Doch ein Kopftuchverbot an Schulen, damit Schülerinnen den Kopf frei haben, wäre eine klares Bekenntnis zur Gleichstellung von Mädchen, und würde klarstellen, welche reaktionären Praktiken wir als Gesellschaft ablehnen.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
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44 Kommentare

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  • Tja- entweder sind die Kinder in der Familie ausgegrenzt (die ja nicht gleichzeitig ein islamisches Bildungsangebot bekommt, bei dem erläutert wird daß das Kopftuch ab eintreten der Regel verwendet werden KANN) oder halt bei uns. einer Gesellschaft, die immer beansprucht sich jederzeit des Gastes entledigen zu können. Am Ende ist wieder mal ein entwurzeltes Kind, das sich selber seine Gesellschaft suchen muß. Wir leben in eier Zeit der Mobilität- da ist es das Beste, einfach seine TArditionen und werte mitzubringen, und am noch einfachsten ist es ,diese bewertungsfrei zu akzeptieren. Der Rest dieser Diskussion ist fast scientologische Menschheitsquälerei,.

  • 9G
    94797 (Profil gelöscht)

    Man kann mit erhobenen Kopf ein Kopftuch tragend einherschreiten und gebückt durch den Missionierungseifer religiöser oder antireligiöser Prediger ohne Kopftuch dahinschleichen

  • Apropos Bild

    Sollte man nicht eher die Deutschlandflagge und T-Shirts der Fußballnationalmannschaft im öffentlichen Raum verbieten, die bei Rechten ja das Symbole ihres Nationalismus sind?

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    Hut ab!



    Das Klima steht vor dem Kollaps; die Anzahl der Obdachlosen steigt; die Leute fühlen sich trotz sinkender Kriminalitätsraten unsicher; rechte Parteien und damit letztendlich der Faschismus, gewinnen an Zulauf; die öffentliche Debatte über FfF wird inzwischen sogar dem Welt-Chefredakteur zu beleidigend und worüber diskutiert die geneigte taz-Leserschaft heftig:



    Über Kopftücher!

    • @75064 (Profil gelöscht):

      Vorrausschauend. Wir diskutieren hier die gesellschaftliche Ordnung der postapokalyptischen Ära.

  • Wenn Sie die Argumente für schlagkräftig und überzeugend halten, führen Sie doch bitte einige dieser Argumente an. Es lohnt sich die gesamte Begründung der Stellungnahme zu lesen: www.rassismuskriti...de/?ddownload=1420

    Es geht den Autor*innen der Stellungnahme keinesweg darum, erzwungene Kopftücher zu verharmlosen oder zu legitimieren. Vielmehr machen sie sich dafür stark, Mädchen* zu einer selbstbestimmten Entscheidung pädagogisch zu begleiten: "Es kann hierbei per se weder ein pädagogisches Ziel sein, Jugendliche dazu zu bringen, auf be-



    stimmte (religiös) belegte Zeichen zu verzichten noch sie darin zu bestärken, diese zu verwenden".

    Sie betonen auch, dass es bei Kindeswohlgefährdung durch Eltern - also einem erzwungenen Kopftuch - bereits geeignete Maßnahmen gibt.

    Was freier Wille und Selbstbestimmung dann genau ist, ist eine ganz andere Frage.

  • Wirklich mal ein guter und ausgewogener Artikel, der beide Seiten zu Wort kommen lässt. Da es den Druck real gibt, bin ich aber auch der Meinung, dass man Kinder vor diesem Druck und das Kopftuch in Schulen -erst Recht in Grundschulen - verbieten sollte.

  • Dad islamische Kopftuch IST Diskrimierung, da Männer es nicht tragen müssen. Dass "diskriminierungskritische" weiße Beschützer*innen der von ihnen zur Beschützung auserkorenen edlen Wilden sich dafür stark machen, ist Realsatire.



    Dennoch: Wenn Frauen und Mädchen durch Zwang ihres Umfeldes nur mit Kopftuch in die Öffentlichkeit dürfen, hilft man ihnen mit Verboten nichr. Im Gegenteil.

    Diejenigen Frauen, die sich freiwillig füs Kopftuch entscheiden, sollten sich jedoch fragen, warum sie ihren Schwestern in den Rücken fallen, die (wie im Iran und anderswo) mit Misshandlung und Gefängnis rechnen müssen, wenn sie sich gegen das Koptich entscheiden.

    Wie übrigens auch die meisten muslimischen Frauen in Deutschland kein Kopftuch tragen. Liebe Diskriminierungskritische: Kriecht doch nicht immer den rückständisten Machos in den Allerwertesten, nur weil die so den Daumen auf den Frauen haben, wie ihr Euch das insgeheim wünscht.

    • @BUBU:

      Jupp, verbietet dann auch bitte Sari und Kippa. In beiden Religionen werden Frauen schlecht behandelt. Aber darüber redet man nicht. Weil: beides wird nicht als Konkurrenz gesehen also #versteckterRassismusvonlinks

      • @sachmah:

        "Die Diskussion ein Grabenkampf, völlig angstbesetzt, weil Rassismusvorwürfe lauern, die jederzeit auch die kompetentesten und aufrichtigsten Kritikerinnen treffen können."

        Ihr Kommentar bestätigt geradezu musterhaft die Beobachtung der Autorin bestätigen!

      • @sachmah:

        Sehen Sie, genau das macht den Unterschied.

        Ein Sari ist ein traditionelles Kleidungsstück, hat also so viel Symbolgehalt wie ein Kimono oder ein Dirndl. Außerdem wird er in Südasien religionsübergreifend getragen.

        Eine Kippa ist keine Pflicht - viele Orthodoxe tragen andere Kopfbedeckungen - und hat dahinter kein Moralkonzept für den Träger.

        Deshalb wäre es ein Ausdruck von Kulturrelativismus und damit Rassismus, hier keine Unterschiede zu sehen.

  • In der Schule ist es umsetzbar, weil die Schulpflicht, zumindest theoretisch, Ausschluss verhindert.



    Wenn es in der Öffentlichkeit verboten wird, verschwinden die Betroffenen und ihre Probleme aus der Öffentlichkeit.



    Debatten ersticken ist eigentlich nicht die klassisch-feministische Methode.

  • Stimmt so nicht. Man kann nicht definieren, was Freiheit und Feminismus für einen anderen Menschen bedeutet. Und manipuliert sind *alle* über ihren soziokulturellen Hintergrund, mit Ausnahme derer, die jedweder Art von Massenmeinung - ob religiös, ob politisch - skeptisch gegenüberstehen.



    Im Rahmen dessen hasse z.B. ich Machos, ich kann aber auch Alice Schwarzer überhaupt nicht ab, beide Seiten haben "faschistische" monokulturelle Ansichten. Gleichwohl habe ich gar kein Problem damit, mich gegen Unterdrückung einzusetzen. Ohne Zeigefinger, ohne Vorschriften zu machen. Ich würde mich als links einstufen, gleichzeitig sind mir viele linke Ansichten zuwider. Dort wo sich Gruppen bilden, jenseits eines kleinen Preises, steigt der Output an Ausgrenzung und schwarz-weiß-Malerei exponentiell an.

    • @sachmah:

      Was spricht dagegen sich mit Vorschriften gegen Unterdrückung einzusetzen?

      • @BluesBrothers:

        Dass Vorschriften immer selbst eine Form von Unterdrückung sind - was gerade beim Kampf nicht gegen Unterdrückung selbst sondern gegen deren Symbol eine etwas wiedersprüchliche eigene Symbolik entfaltet.

        • @Normalo:

          Naja,



          433 BGB Form der Unterdrückung?



          263 StGB Form der Unterdrückung?



          2 AGG Form der Unterdrückung?



          klar kann man so sehen, ist unterm Strich aber doch Blödsinn.

  • Die juristische Frage ist, ob so ein Eingriff in die Freiheit der Schülerinnen und ihrer Eltern zu rechtfertigen ist. Das geht allenfalls über den Zweck. Der soll sein, ihnen beizubringen, dass sie kein Kopftuch tragen müssen, um akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft zu sein, dass sie frei entscheiden können. Aber ist ein Verbot dazu die richtige Kommunikationsform? Ersetzt es nicht einfach nur den einen Fremdbestimmer durch einen anderen und vertieft damit die Lektion, dass es immer Jemanden gibt, dem ein Mädchen (im Gegensatz zu einem Jungen, der tragen kann, was er will) sich unterzuordnen hat?

    Es mag Mädchen geben, denen ein solches Verbot eine Befreiung wäre - ein schlagendes Argument gegen den Anspruch ihres privaten Umfelds, dass sie immer und überall außerhalb der eigenen vier Wände Kopftuch zu tragen habe. Aber wi viele sind das wirklich? Die meisten würden sich doch im Zweifel nur zwischen die Stühle gesetzt fühlen und den Gegenzwang vor allem als Zwang erleben, weil er ihnen Konflikte aufnötigt.

    • @Normalo:

      Die Kinder müssen in die Schule, das sehen auch die meisten Muslime so.

      Könnte man die Schule dann nicht auch als einen geschützter Raum verstehen, in dem die Mädchen sich einfach mal ohne Kopftuch und ohne moralischer Kontrolle der Familie ausprobieren können?

      Wollen Sie wirklich um der Konfliktfreiheit willen die Kinder im patriarchalischen Käfig belassen?

      • @rero:

        Sagen wir so: Ich will sie nicht um den Preis der Einsperrung in den nächsten Käfig da rausholen. Das empfände ich als übergriffig und einen Bärendienst.

        Die Frage ist halt, wie sinnvoll ein "Schutz vor Repression" ist, der nicht etwa die Repression mit Freiheit bekämpft, sondern seinerseits primär einschränkt und verbietet, aus dem Gebot ein Verbot macht. "Sei gefälligst frei und ungezwungen, oder es setzt was!" ist eine in sich widersprüchliche Botschaft, die viel von festen Vorstellungen und wenig von echter Freiheit handelt.

        Mir ist klar, dass die liberalere Variante - "Hier bist Du frei. Zieh das Tuch ruhig aus, wenn Du möchtest." nicht so effektiv gegen die Verhüllerei und die starke Position familiärer Tonangeber wirken dürfte, aber besser ein schwächeres Mittel als ein kontraproduktives. Das Kopftuch ist schließlich und endlich nur ein Symbol eines zugrundeliegenden Begriffs von der Frau als einem Wesen, das stets zu tun hat, was Andere wollen. Was hilft es, das Symbol zu unterdrücken, die Substanz aber - nur eben mit umgekehrten Vorzeichen - den Mädchen weiter vorzuleben?

  • Am Flughafen. Viele Kopftücher rundum. Meine Mitreisende guckt nicht in ihre Zeitung oder ihr tablet, sie guckt sich um. "Es werden immer mehr Kopftücher". "Hmmh." "Da muss man doch was machen können!" "Ähhhh..." (Ich habe gerade keine Lust auf Diskussionen). "Unsere Werte, auch wenn ich nicht in die Kirche gehe, ich bin doch christlich geprägt!" (Himmel, gib`mir Ruhe, ich bin im Urlaub und will man ganz kurz nicht diskutieren). Da kommt lautes Geplapper, aus vielen Mündern, indisch, englisch mit Akzent.... ein ganzer Trupp Nonnen weht vorbei, aufgeregt, fröhlich, schnell, die Schleiher wehen ihnen nach.



    - Ich danke in dem Moment allen Göttinnen und Göttern. Denn jetzt ist Ruhe.

    • @Maria Burger:

      Eine Gruppe 14 jähriger Nonnen? Mei klar das da dann Stille einkehrt.

  • Kein Drama aus dem Thema zu machen, finde ich eine gute Haltung (wer über solche Themen sich zu sehr emotionalisieren lässt, der macht sich selber nur unglücklich. Das gilt insb. auch für konservative Familienmütter und -väter, ja sogar Geschwister, die ein arges Problem damit haben, wenn die Tochter ihre Haare nicht verhüllen will – aber auch für alle, die krampfhaft das Gegenteil sehen). Sinnvollerweise empfehle ich eine enstspannte, aber klare Haltung (vor der ich dann die anderen auch nicht verschonen würde):



    1.Ist das Verhüllen der Haare eine Aussage über die Nichtverfügbarkeit der weiblichen Sexualität von fruchtbaren Frauen. Wer dieses also schon für seine noch nicht fruchtbaren Töchter fordert, sagt also selber aus, was er über Sexualität von (und mit?) Kindern denkt.



    2.Ist das Verhüllen der Haare bei erwachsenen (fruchtbaren) Frauen eine Aussage sowohl über erwachsene Frauen wie Männner. Zu den Männern: Du hast Deine Sexualität nicht im Griff (Du wildes Tier!), deswegen muss ich mich vor Dir schützen. Zu den Frauen: Wenn Du Deine Haare nicht verhüllst, bist Du Freiwild, Du bist also sozial gesehen nicht ernst zu nehmen.



    Soweit die Aussage, die die Kopftuchbefehler / -trägerinnen selber machen.



    -------



    Ich empfinde diese Aussage mir gegenüber als Beleidigung, so dass ich Menschen, die diese Aussage mir gegenüber machen, versuche, zu meiden. Und ich würde auch keinen in meine Nähe lassen, der meint, dass bei einer engeren Beziehung (z.B. Geschäftspartner, Freunde, …) mir Gegenüber diese Aussage aufrecht zu erhalten ist.



    -------



    Und ich empfehle, diese klare Haltung – sowohl die neutrale Haltung als auch mein persönliches Gefühl dazu – klar und deutlich nach außen zu kommunizieren.



    ------------------



    Wenn jemand darüber hinaus das Bedürfnis hat, andere Menschen in ihrer Haltung und ihrem daraus folgendem Verhalten zu beeinflussen (dieses Bedürfnis verspüre ich auch des öfteren ), dann hilft Gespräch und Aufklärung sicherlich mehr als Verbote.

  • Es wird schwierig bleiben. Der Rassismusvorwurf wird auch zur Kritikabwehr verwendet, nicht nur bei der Diskussion zum Kopftuch. Allerdings muss Kindeswohl auch immer jenseits von Kleidervorschriften im Blickpunkt bleiben. Es besteht die Gefahr, dass die wichtige Arbeit von Terre des Femmes gegen Sextourismus und Gewalt von der Kopftuchdebatte überlagert wird. Wer meint, Kinder verschleiern zu müssen, teilt dadurch mit, dass Kinder potenzielle Sexualobjekte seien bzw. macht Identitaetspolitik auf ihre Kosten. Wenn Jugendliche Kopftuch tragen, ist das eher als Selbstfindungsprozess zu sehen. Ein Verbot des Kopftuchs ist generell bei aller Kritik daran nicht zielfuehrend.

  • Da trifft sich rechts und links, zusammen mit dem deutschen Wesen, an dem die Welt genesen soll und das alles besser weiß. Das besondere an Deutschen ist immer wieder, dass sie über andere Bescheid wissen ohne mit ihnen Kontakt zu haben. Und daraus Vorschriften ableiten. Was ist verletzender, jemand zu sagen, wir wollen kein Kopftuch/Kreuz oder was auch immer weil wir es nicht wollen, oder abzuleiten, dass, was der andere machen würde, sei unterdrückend,retardiert und quasi verachtenswert? Aber das ist deutsch/weiss/europäisch. Mehr ist zu dem Thema nicht zu sagen.

  • Anstatt sich in leidigen Detaildiskussionen zu ergehen, müssen die Religionen endlich wieder auf ihre Rolle unterhalb des Grundgesetzes und jenseits des Staates zurückgedrängt werden.



    Selbstverständlich bedeuten religiös bedingte Kleidungsvorschriften oder gar Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit massive Einschränkungen der persönlichen Freiheit und der Legensgestaltung.



    Zu argumentieren, ein Mädchen Trägerin Kopftuch gerne wie andere eine Baseballkappe, ist absurd, denn Kinder sind viel anfälliger für Manipulationen als Erwachsene und unterliegen innerhalb der Familien viel stärkeren Abhängigkeiten.

    Die neueste Welle des Feminismus sorgt im Endresultat nicht für eine freie und vielfältige Gesellschaft, sondern ergeht sich in Umdeutungen wie von Huxley und Orwell beschrieben, blended wegen theoretischer Freiwilligkeit von Sexarbeit die Zwangsprostitution und die Gewalt, Ausbeutung und Freiheitsberaubung in der Rotlichtszene aus. Nicht weniger wird die unterschwellige Zwangssituation für Frauen in paternalischen Gesellschaftsstrukturen, die vom Islam geprägt sind, ausgeblendet und das Kopftuch als blumig-poetisches Kleidungsstück selbstbestimmter Frauen verklärt.

    Die Frauen, die in den islamischen Ländern mit hohem Einsatz für ihre Befreiung vom Joch religiös begründeter Freiheitsbeschränkung kämpfen, können doch eigentlich nur den Kopf schütteln über Probleme saturierter deutscher Großstadtbürger*innen, die ihnen mit ihrem umgedrehten Feminismusbegriff in den Rücken fallen.

    Am Ende sind solche Diskussionen nur weitere Nebelgranaten um die Menschen auf den Weg der neoliberalen Transformation zu bringen, indem emanzipatorische Wertbegriffe umgedreht werden.

    • @Khaled Chaabouté:

      Treffend beschrieben, volle Zustimmung!

  • Was mir Sorgen macht ist da mal wieder nur Mädchen betroffen sind, deren Kleidung der Regulierung unterliegt. Ganz egal wie man es regelt, es bürdet Mädchen im einen sehr empfindlichen Alter die Last auf. Es sendet immer die Botschaft, deine Kleidung ist nicht AUsdruck deiner selbst, sondern ideologisches Schlachtfeld.

  • 'Für kulturelle und religiöse Selbstbestimmung gegen Diskriminierung und Sexualisierung der Frau!

    Das Opium des religiösen Aberglaubens in migrantischen Familien und in der Gesellschaft überwinden.

    Für die geistige Bildung, Emanzipation und Gleichstellung der migrantischen Frau in der Gesellschaft kämpfen, so auch in Deutschland!

    Das Kopftuch ist ein sichtbarer Teil der religiös motivierten Gehirnwäsche und Unterwerfung des weiblichen Geschlechts durch das Patriarchat.

    Jede sexuelle, soziale, wirtschaftliche und politische Unterwerfung der Frau, auch durch das religiös motivierte Patriarchat, wie auch durch die traditionell und kulturell gehirngewaschenen Mütter und Großmütter, muss mittels weltlicher Aufklärung und nachhaltiger Persönlichkeitsbildung beendet werden.

  • Tja, das kommt davon wenn unter Religionsfreiheit die Freiheit der Religion verstanden wird. Irgendwann dreht sich der eigentliche Kern vor lauter interpretieren ins Gegenteil. Links wird rechts, rechts wird links, bunt wird braun. Die schweigende Mehrheit die sich nicht interessiert wird zur glorreichen Mitte. Toleranz wird zu Gleichgültigkeit. Intoleranz zu Toleranz. Terroristen zu Freiheitskämpfern. Demokratien zu Meinungsdiktaturen. Meinung zu Hassrede. Hassrede zu Meinung.



    Und zum Schluß die allgemeine Erklärung zur arabischen/Kairoer Erklärung der Menschenrechte (sehr schön zu beobachten bei der UN).



    Eines allerdings bleibt wie es ist: alle sind sterblich. ;-)

    • @Landlady:

      Ha, vortreffliche Formulierung, ausgezeichnet.

      "das kommt davon wenn unter Religionsfreiheit die Freiheit der Religion verstanden wird. "

  • Danke. Ein VERNÜNFTIGER Artikel.



    Für mich ersparren sich alle Pro- Kopftuchargumente sowieso.

    Leider stimmt es nicht nur bei diesem Thema:



    "völlig angstbesetzt, weil Rassismusvorwürfe lauern,"

    • @lulu schlawiner:

      Wenn Minderjährige ein Kopftuch oder Basecap tragen wollen ist ihnen dies ( Gemäß Deutsch. Verfassung , Grundgesetz & Bundesverfassungsgerichtsurteil ) ebenso zuzubilligen wie wenn sie dies nicht wollen .

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Danke für diesen sachlichen Kommentar.



    Frauen gehen in muslimischen Ländern auf die Straße um diesen Stofffetzen loszuwerden. Sie tun es unter enormer Gefahr.



    Machen wir es den hier lebenden jungen Frauen doch leichter. Sie können ohne Kopftuch lernen, wie schön es ist den Wind in den Haaren zu spüren.



    Sie können erleben, dass das Leben auch ohne Kopftuch lebenswert ist.

    Mich würde noch interessieren ob die "Diskriminierungskritische Pädagogen" hauptsächlich männlicher Natur sind :-)

    • @98589 (Profil gelöscht):

      Völliger Blödsinn. Es gibt nicht : die: muslimischen Länder. In vielen Ländern ist das Kopftuch aktuell wieder stark in Mode, in den 1970ern bis im die neunziger sah man es kaum in Städten. Dafür kurze Röcke. Beispiel ist Nordafrika Syrien Libanon. Rest kenne ich nicht so gut. Jetzt ist der Trend anders, ich persönlich hoffe es geht wieder zurück. An Ende geht es mich nur begrenzt was an.

      • @sachmah:

        "In vielen Ländern ist das Kopftuch aktuell wieder stark in Mode, in den 1970ern bis im die neunziger sah man es kaum in Städten."

        Ich stimme Ihrer Aussage zu. Allerdings glaube ich nicht, dass die Tatsache, dass das Kopftuch gerade auch in islamischen Ländern (z.b. Libanon) wieder verstärkt getragen wird, etwas mit Mode zu tun hat.

      • @sachmah:

        Was die Fraiem oin Syrien tragen, geht uns tatsächlich wenig bis nichts an. Was man Kindern in Deutschland aufzwingt, aber durchaus.

    • @98589 (Profil gelöscht):

      Muslimische Frauen die ausschließlich in der ÖFFENTLICHKEIT ein Kopftuch tragen wollen um sich u.a. vor ausschließlich Schrägen Deutschen Blicken zu schützen & Ihre Religion gem. Art 4 GG Frei auszuleben , lassen Ihre wundervollen Haare übrigens sehr gerne zuhause wehen wo sie nur Menschen sehen welche diese auch zu Schätzen wissen - Ätsch !

      Wenn meiner ( UrgesteinDeutschen ) Omma einer versucht hätte ihr Kopftuch zu verbieten oder gar wegzunehmen hätte *derdie* wohlverdienterweise eins mit dem Regenschirm oder der Handtasche übergezogen bekommen - Ha Zack !

      Als `Zwanghaft` mutet übrigens lediglich der Permanente ( & jedesmal wieder gegen den Beschluss des Bundesverfassungsgericht Rechtswidrigerweise verstoßende ) Versuch einiger Xenophober Deutscher an , jedesmal unter einem anderen Vorwand , anderen Menschen vorschreiben zu wollen was sie anzuziehen haben - Bah !

      & `Klar` - Sich permanent von irgendwelchen Leut*inn*en - die sich in Wirklichkeit gar nicht für die Kultur & Rechte Anderer sondern nur für die Kompensierung ihrer Eigenen Xenophoben Vorurteile & Komplexe interessieren - Permanent wegen Kopftuch , Hautfarbe , Sprache , oder Geschlecht Diskriminieren zu lassen kann ja `sooo toll` sein ... Typisch Deutsch ...

      Aber Keine Bange - Denken hilft da !

      Schlage vor als nächstes Allen Bayern , die definitiv noch nicht mal Richtig (Hoch)Deutsch sprechen können , ihren Gamsbarthut zu verbieten ! Könnten ja (Rechts)Radikale Terroristen sein ...

      Oder zu sagen Alle Frauen dürfen keine Hüte mehr tragen ...

      Wär genauso sinnvoll ...

  • "Kulturelle und religiöse Selbstbestimmung gegen Diskriminierung und Sexualisierung der Frau."

    So wird also die Unterdrückung der Frau umgedeutet und evtl. Stockholm-Syndrom-Erscheinungen als "Selbstbestimmung" verklärt...

  • Wie wäre es denn zur Abwechslung mal wenn wir Deutschen Selbst die hierzulande geltenden Fakten , Werte , Gesetze & Urteil/e des Bundesverfassungsgerichtes - dass ein Kopftuchverbot an Schulen de facto Verfassungswidrig ist - , ebenso wie die Menschen- & Grundrechte von Minderjährigen hinsichtl. Freiheitsgebot & Glaubensfreiheit nach Art. 2 & 4 GG , zu Respektieren & Realisieren Frau Kresta , anstatt sich permanent gegen jede/n Rechtsgrundlage , Sinn & Verstand - und das auch noch unter dem Deckmäntelchen der `Wahrheit & Kindsrechte`- über ebensolche hinwegsetzen zu wollen , gegen ebensolche zu verstoßen & die Betroffenen Kinder mit derartigen Forderungen zu Diskriminieren & Entrechten ?

    Wenn Minderjährige ein Kopftuch oder Basecap tragen wollen ist ihnen dies ebenso zuzubilligen wie wenn sie dies nicht wollen !

    Viel Wichtiger wäre es gegen latent Menschenrecht- , Grundgesetz- & Verfassungs-Widrige/n Intoleranz & verkappten Rassismus hierzulande vorzugegen und ebensolche/n endlich zu unterbinden , als derartige gegen jegliche Rechtliche , Ethische & Moralische Konvention eines Sozialgesellschaftlichen Zusammenlebens verstoßende Vorurteile noch zu fördern !

    Eine Schande - Selten einen so Schlechten Artikel in der Taz gelesen .

    www.bundesverfassu...015/bvg15-014.html

    • @Mr. Fawkes:

      Sie haben völlig Recht. Und was Schulen angeht: bei uns damals hatte einfach keiner was auf dem Kopf in Unterricht. So kann man dies auch regeln.

      • @sachmah:

        Danke für die Blumen , aber darum dass ich Recht habe gehts mir Primär gar nicht - Vielmehr um die Grund- & Menschenrechtsgemäßen Freiheitsrechte der Betroffenen Frauen & Kinder ( welche hier wie ich befürchte ausschließlic ) zur Politischen Selbstdarstellung mißbraucht werden sollen ) , wie sie das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat was da sagt : EIN GENERELLES KOPFTUCHVERBOT - u.a. auch in Schulen - IST VERFASSUNGSWIDRIG !!! Deswegen auch die Formulierung DEUTSCHE LERNT ZUERST MAL EURE EIGENEN WERTE & GESETZE ZU RESPEKTIEREN & REALISIEREN , BEVOR IHR DAS VON ANDEREN FORDERT (Punkt).

        • @Mr. Fawkes:

          Keine Sorge Sie haben nicht Recht und das Urteil offensichtlich nicht gelesen oder nicht verstanden "(Punkt)" ^^

        • @Mr. Fawkes:

          Sie müssen nicht "Schreien".(GROSSBUCHSTABEN KANN ICH AUCH)..zumal Sie Unrecht haben. An Schulen gilt eine Neutralitätsgebot, dass dort ein Kopftuchverbot unzulässig wäre, ist keineswegs sicher.

        • @Mr. Fawkes:

          Etwas weniger total kann und sollte man das schon sehen. Zum Einen betrifft das von Ihnen angeführte Urteil die Berechtigung erwachsener, religionsmündiger und voll rechtsfähiger Frauen, im Rahmen der Berufsausübung als Lehrerinnen Kopftuch zu tragen. Die Position der Schülerinnen würde Karlsruhe möglicherweise anders beurteilen, zumal das Urteil sachlich begründete Kopftuchverbote ja ausdrücklich erlaubt. Zum Zweiten ist ein Verfassunggerichtsurteil zwar rechtlich verbindlich, stellt aber kein Denkverbot dar und hat auch keinen Ewigkeitsanspruch (vgl. z. B. die Aufgabe der 50%-Regel bei der Besteuerung).

          Da ansetztend: Das Grundgesetz verpflichtet den Staat auch, die Würde des Menschen zu schützen - was im Konfliktfall auch der Religionsfreiheit vorgeht. Würden Sie sagen, dass der Umgang mit Frauenrechten in bestimmten Kulturkreisen, von denen einige diesen Umgang speziell in der Kopftuchpflicht ikonisch verkörpert sehen, wirklich unseren Vorstellungen von Menschenwürde entspricht?

          Die Frage, ob und inwieweit ein Kopftuchverbot diesen Verfassungsauftrag umsetzt, ist daher durchaus diskutabel. Wobei es vielleicht zum Diskutieren ausschließlich in Großbuchstaben auch produktivere Alternativen gäbe...