Christian Lindners Steuerpläne: Sparen sollen die anderen
Der FDP-Finanzminister kündigt Steuergeschenke für die Klientel seiner Partei an. Hartz-IV-Empfänger und andere Arme gehen dafür wohl leer aus.
C hristian Lindner will die Fehler seines Vorgängers nicht wiederholen. 2009 hatte der damalige FDP-Parteivorsitzende Guido Westerwelle bei der letzten Regierungsbeteiligung der Freien Demokraten das Außenministerium übernommen und das wichtige Finanzministerium der CDU überlassen. Seine Partei konnte nur wenige Vorhaben durchsetzen. Lindner ist nun klug genug, die Fotoshootings vorm Eiffelturm beim Staatsbesuch in Paris Annalena Baerbock und den Grünen zu überlassen.
Stattdessen ist der FDP-Chef nun Herr über viele Geldtöpfe und kann die Fiskalpolitik nach eigenen Vorstellungen gestalten. Und das heißt Steuersenkungen. Um 30 Milliarden Euro will er Bürger und Unternehmen in der aktuellen Legislaturperiode entlasten, sagte Lindner der Bild am Sonntag. Beispielsweise werde man künftig die Beiträge zur Rentenversicherung voll von der Steuer absetzen können. Auch die EEG-Umlage auf den Strompreis werde abgeschafft.
Doch das ist nicht alles. 40 Milliarden Euro sparen Unternehmen nach Berechnungen des DIW-Wirtschaftsinstituts in den kommenden Jahren zusätzlich – mit der „Superabschreibung“ auf Klimaschutz- und Digitalisierungsinvestionen. Ein großzügiges Geldgeschenk für die eigene Unternehmer-Klientel.
Sparen sollen dagegen die anderen. Die Spielräume seien eng, die anderen Kabinettsmitglieder sollen „ihre Vorhaben priorisieren“. Das heißt vermutlich unter anderem: Höhere Hartz-IV-Sätze und eine auskömmliche Kindergrundsicherung könnten dem Rotstift zum Opfer fallen.
Klassische FDP-Klientelpolitik
Der Koalitionsvertrag enthält, wenig überraschend, bei beiden Projekten weder genaue Angaben zur Leistungshöhe noch zu den Kosten. So kann Lindner je nach Kassenlage mit Verweis auf die gute alte „Verantwortung gegenüber der jungen Generation“ alles abbügeln, was ihm fiskalisch nicht in den Kram passt.
Es ist genau die FDP-Klientelpolitik, für die die Partei seit jeher kritisiert wird. In Sachen Bürgerrechte knickt die vermeintliche Freiheitspartei dagegen ein. Er sei, so Lindner, nicht mehr prinzipiell gegen eine Impfpflicht.
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