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CDU-Antrag für Windrad-Abstände in ThüringenWarnung vor Kooperation mit AfD

SPD und Grüne befürchten einen neuerlichen Tabubruch. Sie fordern CDU-Parteichef Friedrich Merz eindringlich zum Eingreifen auf.

Blick auf die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Werden die ParlamentarierInnen bald wieder für einen Skandal sorgen?

Berlin/Erfurt taz/afp/dpa | Die SPD warnt vor einem neuen politischen Tabubruch in Thüringen. Die CDU im Landesparlament überlegt, wie die taz bereits berichtete, kommende Woche mit Zustimmung der AfD einen Antrag für feste Windrad-Abstände durchzusetzen. „Was sich in Thüringen anbahnt, ist alarmierend“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Samstag. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte CDU-Chef Friedrich Merz zum Eingreifen auf.

Mast sagte: „Das ist keine Angelegenheit eines Bundeslandes. Kommt es so, wie es sich derzeit abzeichnet, wäre es erneut ein politischer Tabubruch.“ Die AfD wolle die Demokratie zersetzen – im Bundestag und in den Landtagen. Nicht umsonst werde die AfD in Thüringen vom Verfassungsschutz beobachtet.

Kühnert sagte dem Spiegel, ein Gesetz gegen die Stimmen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung sei „eine Gesetzesmehrheit von Höckes Gnaden“. Björn Höcke ist der rechtsextreme Landes- und Fraktionschef der AfD in Thüringen. Kühnert fügte hinzu: „So etwas gab es noch nie und darf es niemals geben.“ In der CDU sei jetzt Führung gefragt, „im Landtag in Erfurt wird auch die Autorität von Parteichef Friedrich Merz herausgefordert“, sagte Kühnert weiter.

Die Politische Geschäftsführerin der Bundes-Grünen, Emily Büning, erinnerte an eine Aussage von Merz im Dezember, wonach es mit ihm eine Brandmauer zur AfD geben werde. „Nun schweigt er, während die Thüringer CDU plant, zum ersten Mal zwei Gesetzesentwürfe mit den Stimmen der AfD gegen die Landesregierung durchzubringen“, sagte Büning dem Spiegel. Keine Partei dürfe sich von den Stimmen der Rechtsextremen abhängig machen. „Ich erwarte von der CDU als demokratischer Kraft, dass diese Brandmauer steht.“

Im Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden; es war das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Ministerpräsident mit den dafür nötigen Stimmen der rechtspopulistischen AfD gewählt wurde. Dies war als Tabubruch gewertet worden. Wenige Tage später trat Kemmerich zurück.

Mast sagte AFP, die SPD werde auch von Berlin aus sehr genau beobachten, was passiert. „Die SPD-Bundestagsfraktion ist, was die AfD anbelangt, klar sortiert: Wir werden unsere Werte immer und überall verteidigen. Es wird keine gemeinsame Sache geben.“

Aber auch die FDP, deren Thüringer Landtagsfraktion vor zwei Jahren an den Vorgängen um das eigene Parteimitglied Kemmerich wesentlich beteiligt war, gibt sich alarmiert. Vor dem Hintergrund eines drohenden neuerlichen Eklats in Erfurt hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Christdemokraten aufgefordert, die Situation aufzulösen. „Die CDU steht in der Verantwortung, die durch ihren Antrag entstehende Situation zu verhindern“, sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es erschließt sich nicht, warum sie jetzt diese landespolitische Lage provoziert.“ Jedoch hat die FDP-Fraktion im Landtag ihre Unterstützung des CDU-Antrags für feste Windrad-Abstände signalisiert.

Im Erfurter Parlament hat die Opposition aus CDU, AfD und FDP einen großen Einfluss, weil die rot-rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) keine eigene Mehrheit hat.

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13 Kommentare

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  • Soll man nur deshalb nie für etwas sein, weil die AfD auch dafür sein könnte?



    Nein, man soll so abstimmen, wie man das als Vollrepräsentant mit seinem Gewissen für richtig hält.



    Eine Regierung die keine Mehrheit hat macht keinen Sinn. Waren da nicht Neuwahlen versprochen worden?

  • Das Problem läßt sich doch ganz einfach lösen.



    SPS, Grüne und Linke stimmen dem CDU-Antrag zu den Abstandsregeln zu, und schon ist es vollkommen bedeutungslos, wie die AfD abstimmt.

  • RRG hat in Thüringen einfache keine Mehrheit. Punkt.

    Was ist denn aus den angekündigten Neuwahlen geworden, Herr Ramelow, Herr Maier, Frau Rothe-Beinlich ?

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Damit gibt man Herrn Hoecke ja einen prima Hebel, um Gesetze zu verhindern. Er muss vorher nur ankündigen, dafür zu stimmen.

    Es ist offensichtlich, dass in vielen Parlamenten Abgeordnete sitzen, die die Mehrheit der Bürger dort lieber nicht sähen. Trotzdem scheint es, Stand heute, mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Was das konkrete Gesetz anlangt, so stellt sich primär die Frage, ob es formell und materiell verfassungsgemäß ist. Ob irgendwelche Desperados von den Rändern dafür oder dagegen gestimmt haben, ist hierfür unerheblich. Den Vorgang sollte man erst dann dramatisieren, wenn im Vorfeld Absprachen getroffen werden.

    • @47351 (Profil gelöscht):

      Selbst die direkt gewählten Abgeordneten haben nur selten eine absolute Mehrheit im Wahlkreis. Man kann also durchaus sagen, daß nur Parteien und Abgeordnete im Parlament sitzen, die die Mehrheit dort nicht haben will.

  • RRG in Thüringen kündigt das gemeinsame Vorgehen gegen die AfD in Thüringen auf.

    RRG läßt sich von der CDU wählen gegen AfD Stimmen, gibt aber nichts zurück und steht nicht zu CDU Gesetzesvorlagen.

    Auf Bundesebene wiederum schafft Habeck es nicht, die Abstandsregeln aller Bundesländer zu kippen bzw. einheitlich zu regeln und Fahrtwind in den Bau von Windkraftanlagen zu bringen.

  • @JOCHEN LAUN, @BOLZKOPF

    Die Blaunen gehen mit den Schwarzen. Das ist natürlich widerlich, war aber (trotz Merz' hohlem Geschwätz von "Brandmauern" früher oder später zu erwarten.

    Dann ist es doch richtig, lautstark auf solche Missstände hinzuweisen, wie es die anderen Parteien gerade tun, oder?

    "Daswirdmanwohlnochsagendürfen" -- so oder ähnlich würden Sie es doch ausdrücken?

  • Merz ist doch nur ein Dampfplauderer und Opportunist. Die Union nimmt doch gern von Rechts die Stimmen mit. Gerade in Thüringen und Sachsen verschwimmen doch die Grenzen zwischen rechts und konservativ. Wenn ich da einen falschen Eindruck habe, bitte ich um Korrektur.

  • Das ist eine bodenlose Heuchelei. Man kann doch keine Minderheitsregierung bilden und zugleich erwarten, dass die CDU als Oppositionspartei auf Mehrheiten verzichtet. Die Koalition hat bewusst die Situation geschaffen, die sie jetzt beklagt. Kühnert sollte sich eher fragen, ob die Linke noch koalitionsfähig ist; spätestens seit Kriegsbeginn wird überdeutlich, dass es in dieser Partei ohne Konsequenzen möglich ist, Kriegsverbrechen zu rechtfertigen.

    • @Jochen Laun:

      "und zugleich erwarten, dass die CDU als Oppositionspartei auf Mehrheiten verzichtet."



      Erwartet ja auch niemand. Dass, sie keine gemeinsame Sache mit Faschisten macht und damit dazu beiträgt diese als 'normale' und akzeptierte Partei unter anderen zu etablieren allerdings schon.

      • @Ingo Bernable:

        Das Zitat gibt die (erfüllten) Erwartungen an die CDU nicht wider: Die Wahl eines Ministerpräsidenten der Linkspartei und eine RRG Minderheitsregierung zu ermöglichen.

        Das wurde erwartet von allen Antifaschisten in den demokratischen Parteien von der CDU bis zur Linkspartei erfolgreich durchgezogen.

        Was leider nicht funktioniert ist, dass auch etwas zurück gegeben wird und die CDU bei Abstimmungen von RRG im Regen stehen gelassen wird.

        • @Rudolf Fissner:

          "... dass auch etwas zurück gegeben wird..."

          Die CDU versucht in bewährter Manier uns kaputt zu machen in dem sie der Klimakatastrofe Vorschub leistet.

          Wir werden jeden Quaratmeter Solarfläche brauchen und jedes noch so kleine Plätzchen für die Windenergie.

          Und wem das nicht passt darf gerne schon mal auf dem Friedhof nach einem schönen Plätzchen Ausschau halten.

          Die Menschheit ist am Aussterben und die CDU macht weiterhin nur ihre Klientelpolitik.

  • Tja, liebe Spezialdemokraten, wenn ihr die Leute nicht immer an der Nase rumgeführt hättet gäbe es das A-Problem vermutlich gar nicht.

    Aber mal davon ab:



    Die C* stellt einen Antrag.



    Der findet eine Mehrheit. [vllt sogar in namentlicher Abstimmung]



    Fertig.

    Wer will der C* verbieten einen Antrag zu stellen ?



    Wer der A* verbieten dafür zu stimmen ?

    Was erwartet die S* [die jetzt lautstark nach Papa Merz ruft] von der C* ?



    Dass sie den Antrag nicht stellt ?



    Dass sie die A* um Ablehnung bittet ?

    Wissen sie woran mich das erinnert ?

    Tri tra trullerla - Kasperle ist wieder da ....