AfD-Bundesparteitag in Riesa: Das Prinzip Höcke
Bei der AfD setzt sich der ehemalige „Flügel“ weitgehend durch und bringt die Partei auf Linie. Die ist auf dem Weg zur ostdeutschen Regionalpartei.
F ür die AfD ist der Parteitag in Riesa eine Zäsur. Erstmals wird es keine strömungsübergreifende Parteispitze mehr geben. Mit Tino Chrupalla und Alice Weidel hat die Partei zwei Vorsitzende aus dem Umfeld des Ex-„Flügels“ gewählt. Beide gehören zwar nicht zum Kern der Völkischen, haben sich aber längst auf deren Seite geschlagen. Chrupalla war von Beginn an der Kandidat des „Flügels“, Weidel hat sich mit einer gehörigen Portion Opportunismus die Zustimmung der besonders Radikalen in der AfD Schritt für Schritt erarbeitet.
Doch es sind nicht nur die beiden Parteichefs. Von Abstimmungen zu Verfahrens- und Sachfragen bis zu den Wahlen für das Schiedsgericht: Der ehemalige „Flügel“ setzte sich mehrheitlich durch. Ein regelrechter Durchmarsch war es dann bei der Wahl der Parteichefs und der drei Stellvertreter. „Wir brauchen einen homogenen Bundesvorstand“, so hat es der alte und neue Parteivize Stephan Brandner in seiner Bewerbungsrede ganz offen gesagt. Das ist das Prinzip, nachdem der Rechtsextremist Björn Höcke den Thüringer Landesverband führt: Erst die Spitze auf Linie bringen, dann den Rest der Partei.
Viel spricht dafür, dass sich diese Tendenz fortsetzen wird. Auch parteiintern ist niemand mehr in Sicht, der das „Flügel“-Lager noch aufhalten könnte. Die, die sich in der Partei für gemäßigt halten, scheinen sich mit ihrer Niederlage abgefunden zu haben. Bei der nächsten Wahl 2024 könnte die Partei dann so auf Linie sein, dass sich Höcke endlich traut, für den Parteivorsitz zu kandieren. Denn das wird er nur tun, wenn er sich sicher ist, auch gewinnen zu können.
Die Grundlage dafür hat der Parteitag auch formal gelegt. Die Einerspitze bei der nächsten Vorstandswahl in zwei Jahren ist nun möglich. Mit dieser Entwicklung könnten sich die steten internen Konflikte in der Partei dem Ende zuneigen. Doch auch ihr Niedergang im Westen wäre damit besiegelt. Eine Höcke-AfD ist dort nicht vermittelbar. Die Zukunft der AfD dürfte in einer ostdeutschen Regionalpartei liegen.
Bei der AfD galt bislang stets: Nach dem Rechtsruck ist vor dem Rechtsruck. Das scheint so weiterzugehen, bis die Partei bei der NPD angekommen ist. Bisher spricht alles dafür, dass die AfD auf ihrem Parteitag in Riesa einen großen weiteren Schritt in diese Richtung geht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Deutsche und das syrische Regime
In der Tiefe