Bundesweites Infektionsschutzgesetz: Bremse für die Notbremse
Die Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zum Infektionsschutz. Ein beschleunigtes Verfahren scheitert aber am Widerstand der Opposition.
Die Bundesregierung hat an diesem Dienstag den Gesetzentwurf für eine Bundes-Notbremse beschlossen. Wegen des Widerstands von AfD, FDP und Linken kann sie aber noch nicht in dieser Woche in Kraft treten, sondern frühestens Ende nächster Woche.
Zentraler Inhalt des Gesetzentwurfs: Öffentliches Leben und private Kontakte sollen heruntergefahren werden, sobald in einem Landkreis der Inzidenzwert drei Tage lang über 100 (Neu-Ansteckungen pro 100.000 Einwohner/Woche) liegt.
Bisher galt die Notbremse nur als unverbindlicher Beschluss der Bund-Länder-Konferenz vom 3. März und wurde uneinheitlich oder gar nicht umgesetzt. Mit der geplanten Änderung gälte die Notbremse künftig automatisch. Es wären keine weiteren Beschlüsse von Bund, Ländern oder Kommunen erforderlich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die bundeseinheitliche Corona-Notbremse als „überfällig“. Die Lage sei ernst, sagte Merkel am Dienstag in Berlin.
Die wichtigsten Maßnahmen der Notbremse:
– Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr (Ausnahme: „gewichtige und unabweisbare Gründe“ wie medizinische Notfälle oder berufliche Tätigkeiten).
– Einzelhandel ist geschlossen (Ausnahmen unter anderem: Lebensmittel, Bücher, Gartenbedarf).
– Gastronomie ist geschlossen (Ausnahme: Takeaway und Kantinen).
– Kultur- und Freizeiteinrichtungen sind geschlossen.
– Sport ist untersagt (Ausnahmen: kontaktloser Individualsport allein oder zu zweit oder mit dem eigenen Haushalt sowie Profisport ohne Zuschauer).
– Busse und Züge fahren nur mit halber Passagierzahl.
– Private Treffen nur im eigenen Haushalt plus eine Person und deren Kinder (Ausnahme: Demonstrationen und Gottesdienste).
Nach derzeitigem Stand würde die Notbremse in rund 300 von 412 Landkreisen und kreisfreien Städten gelten. Die Maßnahmen treten automatisch außer Kraft, sobald der Inzidenzwert im jeweiligen Kreis fünf Tage hintereinander unter 100 liegt.
Schulen und Kitas müssen erst schließen, wenn der Inzidenzwert über 200 steigt. Bis dahin sind SchülerInnen und LehrerInnen zweimal wöchentlich zum Coronatests verpflichtet.
Zudem soll die Bundesregierung künftig für Landkreise mit Inzidenz über 100 auch Verordnungen beschließen können, mit denen die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen verschärft oder abgeschwächt werden können. Auf Druck der SPD soll nicht nur der Bundesrat, sondern auch der Bundestag solchen Verordnungen zustimmen müssen.
Ursprünglich strebte die Bundesregierung an, dieses Gesetz noch in dieser Woche durch Bundesrat und Bundestag zu bringen. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten erforderlich gewesen. Doch AfD, FDP und die Linke wollten dieses Eilverfahren nicht mittragen.
Nicht ohne den Bundesrat
Vorgesehen ist nun, dass am Freitag im Bundestag die erste Lesung stattfindet, außerdem könnte es zu einer ExpertInnenanhörung im Gesundheitsausschuss kommen. Der würde dann am Montag in einer Sondersitzung seine Beschlussempfehlung treffen, sodass der Bundestag das Gesetz am Mittwoch nächster Woche beschließen könnte.
Auch bei einem Einspruchsgesetz muss der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammenkommen, was die Bundesregierung allerdings verlangen kann. Vermutlich werden die Länder aber noch die Zustimmungsbedürftigkeit durchsetzen. Dann gelten Enthaltungen als faktische Ablehnung, was vor allem den Grünen, die in elf Ländern mitregieren, starkes Gewicht geben würde.
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