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Bundespräsident will weitere AmtszeitZweite Runde für Steinmeier?

Der Bundespräsident will im Februar 2022 für eine weitere Amtszeit antreten. Ob er erneut eine Mehrheit findet, ist gegenwärtig aber mehr als offen.

Bereit für eine zweite Runde: Bundespräsident Steinmeier am Freitag im Berliner Schloss Bellevue Foto: Markus Schreiber/ap

Berlin taz/dpa | Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht für eine zweite Amtszeit bereit. Das teilte das 65-jährige Staatsoberhaupt am Freitag in Berlin mit. „Ich möchte mich für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident zur Wahl stellen“, erklärte Steinmeier im Schloss Bellevue. Er wolle das Land auf dem Weg in die Zukunft begleiten, eine Zukunft nach der Pandemie. Er wolle, dass die Pandemie die Gesellschaft nicht gespalten zurücklasse und Brücken bauen.

Deutschland stehe an einem Wendepunkt, sagte der Bundespräsident. „Auf der einen Seite befreien wir uns jeden Tag ein Stück mehr aus den Fängen der Pandemie, auf der anderen Seite treten ihre Folgen für die Gesellschaft jetzt umso schärfer hervor.“ Die Pandemie habe tiefe Wunden hinterlassen. „Sie hat Leid und Trauer gebracht, wirtschaftliche und seelische Not und viel, viel Frust und Bitterkeit. Wir haben uns wund gerieben im Streit um den richtigen Weg. Ich möchte helfen, diese Wunden zu heilen. Ich möchte, dass die Pandemie uns als Gesellschaft nicht gespalten zurücklässt, nicht misstrauisch oder ängstlich.“

Steinmeier sagte weiter: „Ich weiß, dass ich nicht von vornherein auf eine Mehrheit in der Bundesversammlung bauen kann. Aber ich trete nicht aus Bequemlichkeit an, sondern aus Überzeugung.“ Vor fünf Jahren habe es auch keine Gewissheiten gegeben.

Tatsächlich sind – Stand heute – die Mehrheiten in der Bundesversammlung, die im Februar 2022 planmäßig das nächste Mal zusammenkommt, mehr als offen. Vor allem, weil vor ihrem Zusammentritt sowohl der Bundestag als auch mehrere Landtage noch neu gewählt werden. Das Wahlgremium setzt sich zur einen Hälfte aus Vertretern der Länderparlamente, zur anderen aus der Sitzverteilung im Bundestag zusammen.

Vieles hängt an Union und Grünen

Klar ist aber heute schon, dass Steinmeier – 2017 vom damaligen SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel durchgesetzt und von CDU/CSU, SPD und Grünen unterstützt – es diesmal deutlich schwerer haben dürfte, eine Mehrheit hinter sich zu vereinen. So ist mehr als fraglich, ob die SPD (auf deren Ticket das ruhende Parteimitglied Steinmeier ja noch immer fährt) der nächsten Bundesregierung noch angehören wird – was die Unterstützung durch andere Parteien deutlich erschwert. Zumal auch die FDP – 2017 nicht im Bundestag vertreten – Mitsprache einfordern wird. Immerhin: Parteichef Christian Lindner hatte jüngst dem Spiegel gesagt, Steinmeier unterstützen zu wollen.

Vor allem aber werden Union und Grüne – in Umfragen im Bund momentan mit Abstand die beiden stärksten Kräfte – in der Causa noch ein gehöriges Wort mitzureden haben. Mindestens eine der Parteien wird ziemlich sicher der nächsten Bundesregierung angehören; auch in den Ländern sind CDU/CSU und Grüne stark vertreten.

Die Entscheidung und Festlegung steht erst nach der Bundestagswahl an

CSU-Chef Markus Söder

So wird immer auch immer wieder über Kandidaten jenseits von Steinmeier spekuliert. Besonders der Name Katrin Göring-Eckardt fällt seit Jahren immer wieder. Würden die Grünen sie aufstellen, wären sie aber auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen, vor allem auf die der Unionsparteien. Sollte ihr das gelingen und sie gewählt werden, wäre sie die erste Frau an der Spitze des Staates.

Mehrere Kandidaten in der Bundesversammlung sind aber auch die Regel. Unvergessen etwa die Wahl von Christian Wulff durch Union und FDP im Jahr 2010. Er konnte sich erst im dritten Wahlgang, in dem nur noch eine relative Mehrheit nötig war, gegen den damals unter anderem von SPD und Grünen aufgestellten Joachim Gauck durchsetzen.

Gemischte Reaktionen auf Steinmeiers Ankündigung

Gemischt fielen denn auch die ersten Reaktionen auf Steinmeiers Ankündigung aus. So sprachen die SPD-Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans erwartungsgemäß von „großer Freude“ darüber: „Gerade jetzt braucht unser Land einen Bundespräsidenten, der ein Gespür für die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger hat und Anstöße gibt, die Zukunft gemeinsam und zum Wohl aller zu gestalten“, erklärten sie.

Weniger euphorisch reagierte CSU-Chef Markus Söder. „Wir nehmen die Ankündigung des Bundespräsidenten mit Respekt zur Kenntnis. Die Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten ist sehr gut und vertrauensvoll. Aber die Entscheidung und Festlegung steht erst nach der Bundestagswahl an. Das werden CDU und CSU gemeinsam beraten“, sagte er. Der CDU-Parteichef und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet äußerte sich ähnlich.

Auch die Grünen betonten, dass diese Entscheidung erst nach der Wahl im Herbst anstehe. Die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck warnten sogar davor, „dass das Amt des Bundespräsidenten in den Wahlkampf gezogen wird“. Steinmeier fülle „sein Amt mit Weitsicht und Menschlichkeit aus“, erklärten sie. Wer aber in der nächsten Amtszeit dem Land als Staatsoberhaupt vorstehe, werde erst „nach der Bundestagswahl entschieden“.

Steinmeier wurde am 12. Februar 2017 zum Staatsoberhaupt gewählt, nachdem sein Vorgänger Joachim Gauck aus Altersgründen auf eine zweite Amtszeit verzichtet hatte. Steinmeiers fünfjährige erste Amtszeit läuft regulär am 18. März 2022 aus.

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22 Kommentare

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  • Katrin Göring-Eckardt wäre eine gute Wahl und würde die notwendigen Änderungen gut repräsentieren.

  • Wie würedelos mit einem Bundespräsidenten umgegangen werden kann, haben wir am Beispiel Wullf gesehen.



    Ich rechne es Herrn Steinmeier hoch an, dass er nach der letzten Wahl alle Parteien einbestellt hat und klarmachte, dass nicht so lange weitergewählt wird, bis ihnen das Ergebnis passt.

    • @Karlson vom Dach:

      Na ja - würdelos war es doch von Wulff, sich mithilfe der Bildzeitung ins Amt pushen zu lassen und als es dann zum Bruch kam, telefonisch mit Strafanzeigen zu drohen. Schon vergessen? Wer nach Höherem strebt, suche sich tunlichst keine zweifelhaften „Freunde“. Das wird nichts von Dauer.



      Was Steinmeiers Intervention nach der letzten Wahl angeht - die kann man genausogut auch als Sorge um den Verbleib der SPD in der Regierung einordnen. Alles eine Frage der Perspektive.

      • @Rainer B.:

        Ja, ist schon recht. Der neue moralische Rigorismus macht selbstverständlich nicht vor dem höchsten Amte halt. Wofür brauchen wir eine demokratisch verfasste Gesellschaft, wenn es mit Nihilismus doch auch ganz gut zu gehen scheint?

        • @Karlson vom Dach:

          Moral war nie mein Ding, Rigorismus auch nicht und mit Nihilismus kenn ich mich schon gar nicht aus.

  • Steinmeiers Parteimitgliedschaft in der SPD ruht nicht:



    taz.de/Steinmeier-...edschaft/!5470111/

  • Im Falle des Wahlerfolgs von Schwarz und Grün sind schon Kramp-Karrenbauer und Göring-Eckart im Gespräch. Zusammen mit Steinmeier sind das ja schöne Aussichten :-(

  • Die sedierende Wirkung seiner Rhabarberei wird mir nicht fehlen.



    Mich würde interessieren, ob dieser Laienprediger Angebote für Vorträge bekommt. Falls ja, wahrscheinlich keine lukrativen.

  • Die Art wie Steinmeier sich schon ins Amt gedrängt hat und jetzt wieder in eine zweite Amtszeit drängen will, ist fast schon nicht mehr peinlich, sondern einfach nur würdelos. Argumente hat Steinmeier nicht. Er findet sich gut, aber auch das ist eigentlich schon nicht vereinbar mit der Jobbeschreibung. Es wäre schön, wenn wir endlich mal wieder einen halbwegs inspirierenden Bundespräsidenten bekommen würden. Der letzte war Roman Herzog. Gerne eine Frau.

  • Nein!

    Schröder-Zögling und Agenda-Architekt

    www.spiegel.de/pol...ief-a-1121171.html

    ....nominierten die Genossen Steinmeier zum Kanzlerkandidaten.



    Bei der Bundestagswahl 2009 verlor die SPD 11,2 Prozentpunkte und holte mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1949.....

    So geht das!

  • Ja wie? Der Seminarjungspund? Geht’s noch!

    Es reicht wohl nicht - wa!



    Wenn sein Klempner! Der sauberbraune Hans-Georg Maaßen!



    Es aller Wahrscheinlichkeit nach in den Bundestag schafft! Gelle.

    unterm—— sag mal so —-



    Wer anlaß&rechtsgrundlos einen Menschen - Murat Kurnaz - !



    Für fünf lange Jahre in Guantanamo hat wegschließen lassen!



    Dafür im BT. nicht einmal Worte des Bedauerns fand!



    Hat sich selbst für jegliches Öffentliches Amt!



    Diskreditiert! Aber sowas von!

    kurz - Schon einmal - Ist einmal zu viel •

    Sodrum wird ein Schuh draus.

    • @Lowandorder:

      Schließe mich an. Das Gerede von dem Bundespräsidenten, der „ein Gespür für die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger hat“ grenzt an Zynismus, will man Steinmeiers Umgang seinerzeit mit dem Bürger Murat Kurnaz nicht unzulässig ausblenden. Sein einziger Trumpf sind die wohl noch gruseligeren Gegenkandidaten, die die erforderliche Mehrheit hinter sich bringen könnten. Ein Trumpf, der natürlich bei einer frühen Kandidatur umso mehr sticht.

  • Ganz ehrlich, für eine 2. Amtsperiode spricht NICHTS !



    Salbungesvoller Prediger gehören auf den Hochaltar in einer Kirche, nicht vor ein Präsidenten Mikro..



    Wenn jetzt der Vatikan den Kölner Kardinal Woelcki feuert....steht ein noch begabterer Nebelwerfer/Worthülsen Monster zur Verfügung.



    Nein Danke... Phrasendrescher gibt es genug,, auf dem Bundespräsidenten Posten wird kein weiterer benötigt

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Pace#:

      Ich bin schon froh, wenn kein Pfaffe wieder auf dem Posten landet.



      Phrasendrescher sind die alle!

    • @Pace#:

      Warum so negativ? Ich finde, dass Deutschland diesen König der Hohlschwätzer als Bundespräsidenten verdient hat. Steinmeier ist ein typischer und daher würdiger Repräsentant der Politik dieses Staates. Bei jeder seiner Ansprachen genügen drei Sätze, und jeder weiß, woran er ist. Der Reflex, zur Fernbedienung zu greifen, wenn er im Fernsehen spricht, stellt sich allerdings meist schon früher ein.

    • @Pace#:

      "Ganz ehrlich, für eine 2. Amtsperiode spricht NICHTS !"

      Was sprach noch mal für die Erste?

  • Eigentlich sollte ja die Partei das höchste Amt besetzen, der die meisten Wählerinnen und Wähler folgen. Das sind, mit steigender Tendenz, die Grünen, die dafür auch genügend erfahrene und angesehene Politikerinnen in ihren Reihen haben. Man denke etwa an Claudia Roth, Renate Künast oder Katrin Göring-Eckart.



    Gerade in diesen herausfordernden Zeiten würde unser Land eine Frau als Bundespräsidentin brauchen, die ein Gespür für die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger hat und Anstöße gibt, die Zukunft gemeinsam und zum Wohle aller zu gestalten.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @C.O.Zwei:

      Merkel?



      Hahahahahaha

    • @C.O.Zwei:

      Ich muss Dir als Satiriker(GM) ein Kompliment machen. Dein Beitrag fordert zum Widerspruch geradezu heraus.



      Ich habe gerade über Klick auf Dein Avatar alle Deine Kommentare gelesen und es war ein Genuss. Weiter so 😉

      • @RotEiche:

        Neugierig geworden, auch gelesen. Gegrämt, weil der klemmliberale Marktbürger den Witz auf seiner Seite hat, geschmunzelt weil lustig.

  • Ich finde es gut, wenn ich weiß, wer für welche Partei als Bundespräsident antritt, wenn ich meine Wahlentscheidung treffe. Irgendetwas aus dem Wahlkampf heraus halten wollen, bedeutet, die Wähler nicht an der Entscheidung beteiligen zu wollen. Der Wähler wird nicht wirklich ernst genommen.

    Es ist auffällig, wie gerade die Grünen mittlerweile Hinterzimmerentscheidungen irgendwelcher Machtzirkel bevorzugen, das war ja auch schon bei der Kanzlerkandidatur zu sehen.

    • @Ruediger:

      Sie wissen schon, dass so ein Bundespräsident nicht für eine Partei antritt? Dass ein Bundespräsident gar nicht vom Volk gewählt wird, Sie zum Beispiel also gar keine Wahlentscheidung haben und daher auch als Wähler diesbezüglich nicht ernst genommen werden müssen? Dass ein Bundedpräsident überhaupt keine Macht hat und es von daher sehr merkwürdig wäre, Wahlentscheidungen von einer solchen Personalie und nicht von Inhalten abhängig zu machen?