piwik no script img

Bundesaußenministerin BaerbockZwischen allen Stühlen

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die neue Außenministerin muss gleich mehrere Hürden zum Amtsantritt nehmen. EU-interne und globale Konflikte warten auf Annalena Baerbock.

Baerbock an dritter Station ihrer Antrittsreise als Bundesaußenministerin: Warschau Foto: Kay Nietfeld/dpa

A nnalena Baerbock ist um ihr neues Amt nicht zu beneiden. Als grüne Außenministerin hat sie sich den Kampf gegen die Klimakrise auf die Fahnen geschrieben. Eine aktive Klimadiplomatie soll ihr Markenzeichen werden. Doch nun muss sie sich zuerst mit Krieg und Frieden beschäftigen. Die gefährlichen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben schon Baerbocks Antrittsbesuche in Paris, Brüssel und Warschau überschattet.

Sie stehen auch beim Treffen der EU-Außenminister am kommenden Montag auf der Tagesordnung. Auf Baerbock wartet ein Realitätsschock. Die Lage ist nämlich völlig anders als erwartet. Mit „Dialog und Härte“ wolle sie agieren, kündigte Baerbock im taz-Interview an. Das klang, als werde sie einen harten Kurs gegen Russland fahren – mit Wirtschafts-Sanktionen und einem Stopp der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Doch Sanktionen sind im Moment gar nicht das Thema.

Sie waren vor allem zur Abschreckung gedacht, um Russland von einem möglichen Einmarsch in die Ukraine abzuhalten. Aktuell spricht jedoch wenig dafür, dass Kremlchef Wladimir Putin tatsächlich eine Invasion plant. Nach neuen westlichen Geheimdienst-Erkenntnissen will Putin mit seinem Militäraufmarsch vor allem eine Drohkulisse aufbauen, um Zugeständnisse bei der Nato-Osterweiterung zu bewirken. Es geht nicht um Krieg in der Ukraine, sondern um eine neue Friedensordnung für Europa.

Die große Frage ist nun, ob diese Friedensordnung über die Köpfe der Europäer hinweg entwickelt wird – oder mit ihnen. US-Präsident Joe Biden will sich seine Partner offenbar selbst aussuchen. Über das Schicksal Europas soll ein „Nato-Quintett“ entscheiden, nicht die EU. Kleineren EU-Staaten wie Polen oder den baltischen Ländern kann dies nicht passen.

Denn sie wären in diesem neuen Quintett der Großmächte nicht vertreten – nur mit Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien will Biden zusammenarbeiten, der Rest soll draußen bleiben. Für Baerbock wird es nun ungemütlich. Im Wahlkampf hat sie sich als überzeugte Transatlantikerin präsentiert und die Nähe zu den USA und der Nato gesucht. Im Koalitionsvertrag hat sie sich zur „europäischen Souveränität“ und zur engen Abstimmung mit den EU-Partnern verpflichtet.

Nun sitzt sie zwischen allen Stühlen – den selbstherrlich agierenden Amerikanern, den bedrohlichen Russen und den frustrierten Europäern, die in der Ukraine-Krise an den Katzentisch verbannt worden sind. Und Kanzler Olaf Scholz macht ihr auch noch Konkurrenz in der Außenpolitik. Nein, um ihr neues Amt ist sie wahrlich nicht zu beneiden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • EU-interne und globale Konflikte warten auf Annalena Baerbock? Die Konflikte warten aber nicht. Und Baerbock sieht doch überall nur "grüne" Lösungen. Ob Europa und die Welt das auch wollen? Es wird nicht reichen nur mit dem grünen Wahlprogramm durch die Welt zu reisen!

  • RS
    Ria Sauter

    Mitleid mit Annalena? Wohl kaum. Sie wollte dieses Amt. Wenn sie jetzt auf ihre transatlantische Eingebung hört, dann oh oh oh!

  • Als Transatlantikerin wird A.B. ihrem Herrn gehorchen. Da spielen weder deutsche, noch europäische Interessen eine Rolle. Sie wird liefern. Zuerst NSt2 zugunsten Frackinggas aus USA, dann Konflikte mit China. Und weil Russland das eigene Militär im eigenen Land bewegt, wird sie sich am Ukrainekonflikt verheben.



    Außenpolitik aus der Ravensburger Spielekiste. Feministische Außenpolitik als überarbeitete Version von Monopoly. Gehe nicht über Frieden, gehe gleich auf Belehrung und Sanktionen, ziehe nicht hunderttausend Euro ein für ein Fotoshootings vor dem Eiffelturm ein. Und äußere Dich nicht über den Skandal mit Assange und den Tod eines unabhängigen Journalismus in der westlichen Wertegesellschaft.

    • RS
      Ria Sauter
      @Rolf B.:

      Beste Analyse!

    • @Rolf B.:

      Wie traurig. Wünsche mir - vergeblich - eine rationale Friedenspolitik. Als ob es nicht genügend andere Themen für eine Außenministerin zum Abarbeiten gäbe. Dazu würde auch gehören, die vielgepriesenen Werte von uns und unseren "Freunde" einfordern.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @resto:

        Und was ist "rationale Friedenspolitik"? Politik ist nichts objektives. Deutschland 1938 anzugreifen wäre Friedenspolitik gewesen, morgen Russland anzugreifen wäre es (vermutlich)nicht. Die Niederlande haben haben sich in den 1930er Jahren nicht wirklich auf Krieg vorbereitet Frieden hat es ihnen nicht gebracht. Manchmal muss man Abrüsten, manchmal aufrüsten um Frieden zu haben, manchmal Verhandeln, manchmal kämpfen. Darüber hinaus hat Frieden keinen Wert, der Wert von Frieden bemisst sich im Preis den man dafür zahlt, ist der Preis Unterdrückung und Tyrannei ist er zu groß.

        • @83379 (Profil gelöscht):

          Liggers - Junger Mann - wie der Jurist gern sagt: “.Es kommt drauf an!“



          Jedoch Jedoch - ehre letztes! Woll.



          Ich hoffentlich nicht so verstehen soll:



          “Es gibt wichtigeres hinieden - …als …



          Frieden.“



          de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Haig



          &



          www.emuseum.ch/obj...f07ed5886ea3&idx=6



          &



          Auch Bruder Johannes ähnlich kannes:



          “Es ist in Deutschland schon für Schlechteres demonstriert worden!“



          => ein Pfeifkonzert die Antwort im Westfalenstadion.



          Zu recht - du Scheinheiliger! KDV-er - aber son bodenlosen Scheiß reden! 🤮 -



          (Wer diese Flachpfeife als Schirmherr & Eröffningsrede bei der Friedensdemo:



          “Sportler für den Frieden“ in DO ausgesucht hatte - mir bis heute ein Rätsel • ;((

          Soweit mal

          ——-& yes - he is a clever man =>



          “Wer sehen will, ob ein Friede für die Dauer ist oder sicher, muß unter anderem untersuchen, wer damit unzufrieden ist und was aus dieser Unzufriedenheit entstehen könnte.“

          Niccoló Machiavelli (1469 - 1527), italienischer Staatsmann und Schriftsteller

          Quelle: Machiavelli, N., Briefe. An den florentinischen Gesandten in Rom, Francesco Vettori, am 10. August 1513

      • @resto:

        Dazu würde auch gehören, dass man von den propagierten Werten selbst überzeugt ist und darauf verzichtet, mit zweierlei Maß zu messen. Und wiederum dazu müssten auch die intellektuellen Fähigkeiten vorhanden sein.

    • @Rolf B.:

      Liggers - anschließe mich.

      “ Bundesaußenministerin Baerbock



      : Zwischen allen Stühlen“ Ach was! © Loriot & Paul A. Weber de Dörpsmaler;)



      encrypted-tbn0.gst...T1jZ3F-9w&usqp=CAU

      kurz “Mange la soup - Annalena“



      Selbstserviert - servíce -

      Na Mahlzeit

  • Das liest sich wie „arme kleine Annalena“. Da muss man dich jetzt kein Mitleid haben. Sie wollte den Job. Schauen wir wie sie ihn macht.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Die Grünen hätten bestimmt Verkehr, Umwelt und Klima haben können.

    Aber sie wollten lieber das Wirtschafts- und Außenministerium.

    Jetzt sollen sie bitte liefern. Und zwar gut!



    Wenigsten dafür wollen wir sie gewählten haben werden ...

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Wirtschaft macht ja Sinn, weil es zusammen mit Klima die EnergieWIRTSCHAFT hat, ebenso die Umstellung von Stahl z.B. auf Grünen Wasserstoff.



      Aber ALB musste halt Außenministerin werden, Verkehrsministerium fand sie wohl unter ihrer Würde.

      • @Kartöfellchen:

        Es meckern doch immer alle, der Verkehr in Deutschland könne das Klima nicht retten, weil hier zu wenig eingespart werden kann.



        Jetzt wollen die Grünen international agieren und es ist auch wieder nicht recht.