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Bewegungstermine in BerlinKeine Angst vorm Klassenkampf

Sozialer Klimaschutz bedeutet von den Reichen zu nehmen. Die Ablehnung des Klimavolksentscheids zeigt, dass noch viele diesen Konflikt scheuen.

Trotz aller Anstrengungen ist der Volksentscheid gescheitert Foto: dpa

D as Scheitern des Klima-Volksentscheids ist eine bittere Niederlage für die Klimagerechtigkeitsbewegung. Während das Nicht-Erreichen des nötigen Mindeststimmenanteils von über 600.000 Ja-Stimmen wenig überraschend war, verwunderte vor allem der hohe Anteil an Menschen, die mit Nein gegen den Volksentscheid gestimmt haben. Dabei gab es im Vorfeld keine nennenswerte Gegenkampagne von Parteien und Wirtschaftsverbänden, die den Volksentscheid ablehnten.

Dass sich trotzdem so viele Ber­li­ne­r:in­nen am Sonntag bewusst gegen stärkere Klimaschutzmaßnahmen gestimmt haben, verdeutlicht ein Problem der Bewegung, dass sich schon mit dem Wahlsieg der CDU einem Monat zuvor angedeutet hat: Nicht nur in Politik und Wirtschaft gibt es enorme Widerstände dagegen ernsthaften Klimaschutz zu betreiben, sondern auch in der Bevölkerung.

Die Ursachen in dieser Ablehnung allein in der Verteidigung des kleinbürgerlichen Lebensstils der Rand­be­zirk­le­r:in­nen zu sehen, greift zu kurz. Klar stünden die ölbeheizten Eigenheime, SUVs und beheizte Außen-Pools relativ weit oben auf der Liste der CO-2 Einsparpotenziale. Aber mit Nein gestimmt dürften auch viele weniger gut betuchte in den Plattenbauvierteln Lichtenbergs und Marzahn-Hellersdorfs.

Ein Grund dafür dürfte auch ein tiefgreifendes Misstrauen gegen die Politik sein, Klimaschutzmaßnahmen sozial verträglich zu gestalten. Denn die Ziele des Volksentscheids konsequent umzusetzen hätte auch die Verteilungskämpfe vorverlegt, die eine gewaltiger Umbruch wie die Dekarbonisierung Berlins zwangsläufig mit sich bringt.

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Enteignen ist der Weg

Am Ende des Tages steht die Frage im Raum, wer die hunderte milliardenschwere Rechnung zahlt. Die Befürchtung liegt nahe, dass die Parteien, die in den letzten Jahrzehnten den Schutz von Eigentum und Profiten privater Unternehmen über die Interessen der Stadtgesellschaft gestellt haben, ebendiese nun für den Klimaschutz antasten werden. Die Angst, am Ende als Ver­lie­re­r:in dazustehen, ist nicht ganz unbegründet.

Man nehme das Beispiel energetische Modernisierung, deren Geschwindigkeit sich allein schon für das weiter gültige Klimaziel 2045 vervielfachen müsste. Die Kosten für Dämmungen, Wärmepumpen, Umluftanlagen und weitere Modernisierungsmaßnahmen werden bislang zu großen Teilen auf die Mie­te­r:in­nen abgewälzt, während sich die Ei­gen­tü­me­r:in­nen über langfristige Mieterhöhungen über die Mietpreisbremse hinaus freuen dürfen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch bei einer Schwarz-Roten Koalition das Modell „Investitionskosten vergesellschaften, Dividenden privatisieren“ Schule machen wird.

Die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen in der Bevölkerung dürfte also deutlich steigen, wenn klar ist, dass alle Ber­li­ne­r:in­nen – und nicht nur wenige In­ves­to­r:in­nen – davon profitieren. Ein Anfang könnte dafür die Umsetzung des letzten Berliner Volksentscheids, DW Enteignen, sein. Ist die Wohnraumversorgung in öffentlicher Hand, wären die umfangreichen Umbaumaßnahmen viel einfacher sozialverträglich umzusetzen.

Angesichts der sich anbahnenden konservativen Regierung muss der Druck von der Bewegung dafür aber deutlich steigen. Passenderweise ruft das Bündnis Mietenwahnsinn am Samstag im Rahmen der jährlichen Housing Action Days zu einer Großdemo mit dem Titel „Widersetzen“ auf (Samstag, 1. April, 13.00 Uhr, Ernst Thälmann Denkmal Greifswalder Straße 52).

Nicht ohne die Gewerkschaften

Um sich auf die Demo einzustimmen, zeigt Mietenwahnsinn Nord am Donnerstag im Kiezhaus Agnes Reinhold die Dokumentation „Miete essen Seele auf“ über den nachbarschaftlichen Protest am Kottbusser Tor (Donnerstag, 30. März, 19 Uhr, Afrikanische Straße 74).

Am Abend nach der Demo lässt sich das Angenehme mit dem Solidarischen auf der DW Enteignen Soli-Party im Mensch Meier verbinden. „Love Enteignen, Hate Groko“, so der Titel der Veranstaltung auf der neben DJs auch etliche Live Bands vertreten sein werden. „Die CDU Regierung geht vorbei, wir bleiben bis es hell wird“, heißt es in dem Aufruf (Samstag, 1. April, 22 Uhr, Storkower Straße 121).

Entscheidend für die kommenden Auseinandersetzungen um Klimagerechtigkeit, die mit dem Scheitern des Volksentscheids nur vertagt wurden, wird sein, wie stark organisiert und kämpferisch die Gewerkschaften sein werden. Die Welle an Streiks und Arbeitskämpfen, die gerade das Land erfasst, stimmt hoffnungsvoll, dass die Gewerkschaften schon bald ihre Verantwortung in der sozial-ökologischen Transformation erkennen und wahrnehmen werden.

Die Berliner Krankenhausbewegung konnte in den vergangen Jahren bereits einige Erfolge erzielen. Noch umfassender sind die Streiks in Großbritannien, wo im Februar hundertausende für deutliche Lohnerhöhungen die Arbeit niederlegten. Organisiert von der Interventionistischen Linken diskutieren am Mittwoch Ver­tre­te­r:in­nen der britischen und Berliner Krankenhausbewegung im k-Fetisch über gemeinsame Strategien, und darüber welche Bedeutung die Streiks im Kontext multipler Krisenlagen haben (Mittwoch, 29. März, 19 Uhr, Wildenbruchstraße 86).

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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13 Kommentare

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  • Das stimmt, dass die Wohnungskonzerne die MieterInnen noch entschädigen müssen.

  • "Ist die Wohnraumversorgung in öffentlicher Hand, wären die umfangreichen Umbaumaßnahmen viel einfacher sozialverträglich umzusetzen." --> Eines der zentralen Versprechen von DW Enteignen ist doch, dass die Enteignung (angeblich) aus den Mieten heraus finanziert werden soll.

    Wie passt da das Bild der "sozialverträglichen" Finanzierung der Modernisierung herein. Für mich heißt "sozialverträglich", dass der einkommensschwache Mieter für die klimarettende Modernisierung nicht mit einer höheren Miete aufkommen muss.

    Irgendwer muss dann aber diese Modernisierung tragen. Die neue Wohnungs-AöR wird es nicht sein, die ist ja mit dem Abtragen der Enteignungskosten mehr als ausreichend belastet.

    Bleibt noch der Senatshaushalt. Damit würde die Initiative aber - wie eingangs erwähnt - ihr zentrales Versprechen ("keine Mehrkosten für den Haushalt") brechen. Sowohl für die Initiative als auch für die Demokratie keine besonders rosige Aussicht.

  • Zur Erinnerung



    In einer vorwiegend rot geführten Stadt sind die Mieten explodiert. Unter einer roten Regierung wurden die Mietwohnungen fahrlässig verkauft um Geld in die Kasse zu bekommen.



    Nun tut man so als ob die Eigentümer die Bösewichte sind. Ich frage, warum habt man überhaupt verkauft?



    Wenn ihr nun tatsächlich enteignet, dann macht Vonovia & Co. das Geschäft ihres Lebens. Die holen sich vor Gericht die Milliarden, und das zur Genüge.



    Wenn man die verordneten Renovierungskosten nicht auf die Miete umlegen kann, dann werden noch mehr kleine Immobilienbesitzer die Mietwohnungen als Eigentumwohnungen umwandeln und verlaufen. Wohnungen bauen macht eh einer mehr.



    Das Chaos ist Folge roter Politik. Die meisten Wähler wissen, und so haben sie auch gewählt.

  • Hm. Es existiert also eine kleinere Gruppe von Menschen, die ihre Ziele, die sie für unbedingt notwendig, moralisch unverzichtbar und äußerst eilig hält, gegen den Willen der breiten Mehrheit durchsetzen möchte.



    Dann würde ich vielleicht mal anfangen zu versuchen, Menschen zu überzeugen. Mit den bisherigen Methoden scheint das nicht so wirklich funktioniert zu haben.

  • 6G
    675430 (Profil gelöscht)

    Am Ende bedeutet das: Die, die können, werden ihr Geld ins Ausland transferieren und anschließend sich um eine neue Staatsbürgerschaft bemühen.

    • @675430 (Profil gelöscht):

      Lehre Drohung. In der Reichenforschung ist schon lange bekannt, dass der Abzug von großen Mengen an Geldern durch wegzug oder Aufgabe der Staatsangehörigkeit schlicht nicht passiert. Die Reichen Deutschen sind eins. Gewohnheitstiere und wenig international.

      • @Marc Hupertz:

        Und warum sind sie das?



        Weil man sie hier machen lässt mit ihren "Steueroptimierungen" und Cayman Anlagen.

  • Die "sozial-ökologische Transformation" ist halt kein Arbeitnehmerrechtethema und damit auch kein Thema für Gewerkschaften und vor allem kein Thema für den Arbeitskampf oder Streiks. Die Gewerkschaften sollten sich der Forerung des Autoren also nicht hingeben, sondern sich auf Arbeitsrechte konzentrieren.

  • Es ist Monatsende. Für viele Menschen geht es jetzt darum, die Zeit bis zum 31. dieses Monats irgendwie zu überbrücken, bis wieder Geld auf dem Konto ist. Wer sich da noch intensiv mit dem Thema Klima auseinandersetzen kann, ist für mich (möglicherweise auch andere) reich.

    • @Desti:

      "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" Bertolt Brecht

    • @Desti:

      Dem muss ich zustimmen.

  • Der Berliner stadteigene Wohnungsbestand wurde damals verscherbelt, weil man sich nicht in der Lage sah, aus dem Haushalt heraus den Sanierungsstau zu bezahlen.



    Jetzt, wo die Aufwendungen für die Klimasanierung anstehen und wahrscheinlich



    viel kostenintensiver sind als damals, sollen die Eigentümer durch die Enteignung



    entlastet werden und die Stadt soll bei den stark gestiegenen Refinanzierungskosten



    auch noch die Entschädigungsfinanzierung stemmen. Das kann keine gute Idee sein.

    • @Hubertus Behr:

      Aber es passt sehr gut in eine linke und grüne Ideologie ! Hauptsache für ein paar wenige günstige Mieten - denn darum geht es ja - wie sollen eigentlich die Wohnungen nach der Enteignung auf die Mieter verteilt werden? Darf dann der quasi reiche Beamte auch darin wohnen oder setzt man alle Mieter die in einer nicht gebunden Sozialwohung in dem Komplex wohnen auf die Strasse?