Baden-Württembergs Beamte blocken: Landespolizei boykottiert Studie
Baden-Württembergs Beamte werden nicht an der bundesweiten Polizeistudie teilnehmen. Eine alternative Untersuchung soll Ergebnisse bringen.
„Leider ist es den Verantwortlichen der Studie nicht gelungen, die Vorbehalte unserer Personalvertretungen gegen den Frage-Katalog und die Auswertemethodik der Studie auszuräumen“, sagte Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz. Nach langen Gesprächen sei die Absage nun endgültig. Baden-Württemberg ist damit neben Hamburg das einzige Bundesland, das sich der Studie verweigert. Die Untersuchung läuft schon seit zwei Jahren, noch dieses Jahr sollen erste Ergebnisse veröffentlicht werden.
Initiiert worden war das Vorhaben vom früheren Innenminister Horst Seehofer, durchgeführt wird es von der Deutschen Hochschule der Polizei Münster. Mit der Studie soll die politische Einstellung und Motivation der Beamtinnen und Beamten untersucht werden, aber auch die berufliche Belastung. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Über die Studie hatte es eine lange Debatte gegeben. der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten sich mehrfach für die Teilnahme der Beamten ausgesprochen.
Über die Gründe für die Verweigerung hüllt sich der Personalrat der baden-württembergischen Polizei seit Monaten in schweigen. Die Ablehnung scheint aber Teil einer Blockadepolitik gegenüber Reformbestrebungen in der Landespolizei zu sein. Der Personalratsvorsitzende Ralf Kusterer übt sich seit langem in harscher Kritik am Innenminister Thomas Strobl. Küster forderte Strobl im Zusammenhang mit der Affäre um den Polizeiinspekteur Renner früh zum Rücktritt auf.
Zudem gilt Kusterer, der auch Landesvorsitzender von Reiner Wendts umstrittener Deutschen Polizeigewerkschaft ist, als Kritiker der Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamten, die die Regierung Kretschmann beschlossen hat. Auch machte er Front gegen den Aufbau einer Antidiskriminierungsstelle für Bürger gegenüber Behörden nach Berliner Vorbild.
Nach der Absage des Personalrats setzt das Innenministerium jetzt auf eine eigene Studie, die derzeit von der Landespolizeihochschule Villingen-Schwenningen in Form einer Langzeitbefragung von Auszubildenden der Polizei durchgeführt wird. Auch hier sollen Fragen zum Selbstverständnis und zur Belastung der Beamten untersucht werden. Jetzt will Polizeipräsidentin Hinz überprüfen ob die laufende Studie gegebenenfalls ergänzt und ausgeweitet werden kann, „um eine fundierte Alternative zur Megavo-Studie erhalten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen