BSW-Parteitag in Thüringen: Katja Wolf setzt sich wieder durch
Sahra Wagenknecht hat dem Landesverband in Thüringen einen neuen Vorstand empfohlen. Doch ihre Favoritin verliert deutlich.

„Ich freue mich, dass das Ergebnis so klar ist“, sagt die neue und alte Landesvorsitzende Wolf. Sie sei erleichtert: „Das war nicht vorhersehbar.“ Seit das BSW in Thüringen mit der CDU und der SPD eine Regierungskoalition eingegangen ist, kritisiert Wagenknecht, schwäche das die Position des BSW im Bund. Katja Wolf, die auch Thüringens Vize-Ministerpräsidentin und Finanzministerin ist, stand dabei besonders in der Kritik. Nun traten beim Landesparteitag in Gera erneut die Konfliktlinien innerhalb des jungen Bündnisses hervor – auch wenn sich der Bundesvorstand um eine harmonische Erzählung bemüht.
Wagenknecht selbst war dieses Mal nicht beim Landesparteitag in Thüringen vor Ort. Den Bundesvorstand vertrat Generalsekretär Christian Leye. Seine Ansprache am Morgen, Stunden vor der ersten Wahl, begann er scherzhaft: In keinem anderen Bundesland sei er vergangenes Jahr so oft gewesen wie in Thüringen, „aber zum Glück ist es sehr schön hier“.
Es gebe allerdings Wähler:innen, die durch die Regierungsbeteiligung in Thüringen ihr Vertrauen in die Partei verloren hätten. Die gelte es zurückzugewinnen, „und deswegen hat sich die Führung dafür ausgesprochen, Regierung und Partei nach Möglichkeit zu trennen“, erklärte Leye. Also: Ministerin Wolf solle nicht länger dem Landesverband vorsitzen. In Brandenburg will Vizeminister Robert Crumbach seinen BSW-Landesvorsitz bereits abgeben.
Kritik am BSW-Bundesvorstand
In diesem Zusammenhang sagte Leye, er wolle mit einer Legende aufräumen, die ihn ärgere. „Es gibt keinen Machtkampf in der Partei“, betonte er. Im Gegenteil, Leye danke dem ehemaligen Vorstand, „der heute abgewählt wird“.
Kurz darauf meldete sich Steffen Schütz zu Wort. Bislang war er neben Wolf Co-Vorsitzender des Landesverbands und ursprünglich wollte er an diesem Samstag erneut mit ihr antreten. Am Donnerstag kündigte er überraschend an, er ziehe seine Kandidatur zurück. Sahra Wagenknecht hatte zuvor öffentlich die Gegenkandidaturen zu Wolf und Schütz unterstützt. Gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Anke Wirsing kandidierte das eher unbekannte Mitglied Matthias Bickel für den Vorsitz.
Auch Schütz ist seit vergangenem Jahr Minister in der Thüringer Regierung. Das sei harte Arbeit und mit wenig Privatleben verbunden, führte er auf dem Parteitag aus. „Wenig Privatleben bedeutet aber nicht, dass man nicht genug Zeit für die Partei hat“, betonte er auf der Bühne.
Wenig später griff Schütz in seiner Rede den Bundesvorstand direkt an: „Es ist schön, wenn wir in Talkshows die Einschränkung des Meinungsprojekts bekämpfen.“ Wenn der Bundesvorstand diesen jedoch einenge, „dann konterkariert das unseren Anspruch“, so Schütz. Von einem Teil der rund 100 BSW-Mitglieder in Gera gab es für seine Kritik Beifall, ein Mitglied warf ihm hingegen in einem Zwischenruf vor, zu spalten.
Bis zur Wahl sprachen sich einzelne Mitglieder in kurzen Redebeiträgen entweder für Wirsing oder für Wolf aus. Um kurz nach 15 Uhr war dann das Ergebnis da: Sieg für Wolf. Danach zogen neben Matthias Bickel die Unterstützer:innen von Wirsing ihre Kandidaturen zurück. Zum Co-Vorsitzenden neben Wolf wurde der Weimarer Konzertmeister Gernot Süßmuth gewählt. Die Stimmung im Saal entspannte sich merklich.
Christian Leye zeigte sich danach gefasst. Der Bundesvorstand habe sich ein anderes Ergebnis gewünscht, erklärte er. „Regierungsamt und Parteiamt zu trennen, hätten wir schlauer gefunden.“ Nun müsse der neue Vorstand liefern. Leye sei aber sicher: „Wir werden nach wie vor gut miteinander arbeiten.“ Den Machtkampf hätten schließlich nur Medien herbeigeschrieben.
Auf taz-Anfrage wollte Katja Wolf dem nicht widersprechen. Lächelnd antwortete sie: „Ich freue mich, dass wir in Zukunft ganz sicher eine kommunikative Ebene finden, in die Medien keinen Machtkampf hineininterpretieren können.“
Für die Thüringer Regierung hat der Sieg von Wolf eine beruhigende Wirkung. CDU-Chef und Ministerpräsident Mario Voigt sowie SPD-Chef und Innenminister Georg Maier gratulierten direkt am Nachmittag. Von ihrer Parteichefin Sahra Wagenknecht hatte Wolf bis zum Redaktionsschluss hingegen noch nichts gehört.
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