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Aufreger im britischen ParlamentTory schaut Pornos in der Sitzung

Bei der Beschwerdestelle des britischen Parlaments häufen sich Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen Abgeordnete und Regierungsmitglieder.

Sitzen eng beeinander: Abgeordnete im Unterhaus Foto: Jessica Taylor /HOC via reuers

London taz | Ein nicht genannter Unterhausabgeordneter der konservativen britischen Tories wurde am Dienstagabend von zwei Fraktionskolleginnen beschuldigt, mitten in der Sitzung des House of Commons Pornos auf seinem Handy geschaut zu haben. Das wurde bei einem Treffen von weiblichen Tory-Abgeordneten zu sexuellem Missbrauch am Dienstagabend bekannt.

Zu dem Treffen war es gekommen, nachdem die Sunday Times am Wochenende behauptet hatte, der unabhängigen parlamentarischen Beschwerdestelle (ICGS) würden Vorwürfe gegen insgesamt 54 Abgeordnete verschiedener Parteien wegen sexueller Übergriffe vorliegen, darunter auch drei Mitglieder des britischen Kabinetts.

Eine Pressesprecherin des britischen Parlaments erläuterte jedoch gegenüber der taz, dass die Beschwerdestelle weder Angaben über die Anzahl der an sie überwiesenen Fälle machen noch Informationen über deren Inhalte geben könne. Der Fraktionschef der Konservativen empfahl, dass sich auch jene, die den Pornovorfall beobachteten, an die Stelle wenden sollten.

Noch in der gleichen Woche kamen Bemerkungen eines konservativen Abgeordneten über die stellvertretende Parteichefin der Labour Party, Angela Rayner, ans Tageslicht. Er habe Rayner laut der Zeitung Mail on Sunday beschuldigt, gegenüber Premierminister Boris Johnson sitzend absichtlich „ihre Beine gekreuzt und wieder geöffnet zu haben, um den Premierminister auf diese Weise abzulenken“.

Die britische Staatsanwältin hält alles für Einzelfälle

Der Kommentar und auch die Veröffentlichung des Artikels durch die Mail on Sunday wurden von allen Seiten als frauenfeindlich und sexistisch kritisiert, darunter auch von Boris Johnson. Johnson erklärte, er wolle „den Terror der Welt auf den dafür verantwortlichen Abgeordneten loslassen“.

Die Vorwürfe führten zu schockierenden Offenbarungen anderer Parlamentarierinnen über ihre Erfahrungen in der britischen Politik. Vor allem häuften sich dabei Aussagen über ihnen gegenüber gemachte sexuelle und frauenfeindliche Anspielungen und Bemerkungen.

Die Generalstaatsanwältin der britischen Regierung, Suella Braverman, beschrieb die Vorfälle gegenüber der BBC als nur „Teil einer kleinen Minderheit von Männern, die schwarze Schafe unter den insgesamt 650 Abgeordneten“ seien und „sich wie Bestien benehmen“. Allgemeine Frauenfeindlichkeit im Parlament liege ihrer Meinung nach nicht vor. Falls sich das Pornoschauen während der Unterhaus­sitzung bewahrheiten sollte, sollte der ­Abgeordnete nach Prüfung des Falles zurücktreten.

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8 Kommentare

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  • Das Alter schützt nicht vor sexuellem Verlangen;



    ist zwar echt befremdlich, wenn der Videostream mehr aufmerksamkeit auf sich zieht, als der Parlamentarier beim Redner Pult.

    Da würde ich jedenfalls ein Misstrauensvotum stellen und hinterfragen - wer wo seine Hauptinterressen gelagert hat.

  • Im Unterhaus darf man also keine Pornos sehen. Vielleicht im Oberhaus ...?

  • Kirche, Sportvereine, sowie sonstige Organisationen und Einzelpersonen können sich beruhigt zurücklehnen. Sexismus gibt es in GB sogar im Parlament!

  • So what? Wer nimmt davon Schaden?Wir sollten uns echt Mal einen entkrampftere Haltung zu Sexualität, Erotik und Nacktheit zulegen. Dass sich da jemand Pornos anschaut ist ja nicht gegen andere gerichtet.

    • @Ruediger:

      kann er zuhause machen, nicht auf der arbeit.

      • @rughetta:

        Sein Smartphone und deren Inhalte sind jedermanns Privatsphäre. Solang er es für sich anschaut und nicht allen seinen Display präsentiert hat das mMn niemanden zu interessieren.

      • @rughetta:

        Vielleicht hilft es ihm ja, sich zu konzentrieren. Wenn er seine Arbeit an sich zur Zufriedenheit seiner Wähler macht (was wir nicht wissen), ist es doch egal.

  • Wir werden es nicht schaffen als Spezies oder? Unser Untergang ist nur noch eine Frage der Zeit...