Kommentar Sexuelle Gewalt in GB: Machtmissbrauch des Altmännerklubs

Viel zu lange haben im britischen Parlament Männer ihre Macht missbraucht. Loyalität zwang Opfer und Kollegen zum Schweigen.

ein Mann, dessen Kopf halb von einem roten Kreis beleuchtet wird

Trat zurück: Michael Fallon Foto: ap

Im Englandurlaub letzte Woche machten wir jeden Tag herrliche Spaziergänge. Und jeden Abend verpuffte das Urlaubsgefühl wieder, wenn wir in der BBC von den neuesten Anschuldigungen gegen britische Parlamentarier wegen sexueller Übergriffe hörten. Die Weinstein-Affäre hat nach Jahrzehnten des Fehlverhaltens in Westminsters Korridoren der Macht den Damm gebrochen.

Verteidigungsminister Sir Michael Fallon trat zurück, nachdem ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen worden war, zwei andere Minister werden befragt. Auch die Opposition bleibt nicht verschont: Zwei Labour-Abgeordnete wurden nach Belästigungsvorwürfen suspendiert. Eine Aktivistin sagt, sie sei bei einem Labour-Event vergewaltigt worden. Und in dieser Woche nahm sich ein walisischer Labour-Politiker offenbar das Leben, nachdem er sexueller Übergriffe beschuldigt worden war.

Westminster war viel zu lange eine frauenfeindliche Arbeitsumgebung. Zu tief wurzelt die machtmissbrauchende Altmännerklub-Kultur der großen Egos und des Sexismus, angeheizt durch Drinks an der parlamentseigenen Bar. Eine stammesähnliche Loyalität unter den Abgeordneten zwang Opfer und aufmerksame Kollegen zum Schweigen. Dass die Parlamentarier selbst über ihr Personal entscheiden, machte Beschwerden nicht leichter.

War die Lage für Premierministerin May schon vor dem Skandal schwierig, wirkt sie nun beinahe aussichtslos. Dies hätte ihr Moment sein können – man erinnere nur die Bilder von May im T-Shirt mit der Aufschrift „This is what a feminist looks like“. Dass der Skandal ihre Bemühungen zerstörte, die Regierung zusammenzuhalten und auf den Brexit zu konzentrieren, während die sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes immer größer werden, offenbarte Mays Schwäche.

Und doch könnte er etwas Gutes haben. Denn der Mut der Frauen, an die Öffentlichkeit zu gehen, gibt womöglich den Anstoß für den Wandel Westminsters zu einem modernen, anständigen Parlament. Es wäre höchste Zeit.

Übersetzung: Johanna Roth

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

lebt in Berlin und arbeitet für Human Rights Watch. Er schreibt als freier Autor und twittert unter @hughawilliamson.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.