Atom-Aus in Deutschland: Union will AKW-Ausstieg überprüfen
CDU und CSU setzen auf einen Untersuchungsausschuss. Die Grünen sehen darin ein „wahltaktisches Manöver“.
![Friedrich Merz und Alexander Dobrindt schauen sich an und lächeln. Friedrich Merz und Alexander Dobrindt schauen sich an und lächeln.](https://taz.de/picture/7041787/14/35491349-1.jpeg)
„Die uns vorliegenden Informationen drängen die Schlussfolgerung auf, dass die Bundesregierung in einer entscheidenden Frage unserer nationalen Energiesicherheit nicht zum Wohle Deutschlands, sondern ausschließlich nach der Logik grüner Parteipolitik entschieden hat“, heißt es in dem Brief von Merz und Dobrindt an die Fraktion. Der Untersuchungszeitraum soll am 24. Februar 2022 beginnen, die konstituierende Sitzung noch vor der Sommerpause stattfinden. Der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses muss ein Viertel der Bundestagsabgeordneten zustimmen, die Stimmen der Union reichen dafür. Nach dem gängigen Verteilungsverfahren würde der Union der Vorsitz zufallen.
Neben Habeck und der für nukelare Sicherheit zuständigen Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wäre auch das Bundeskanzleramt von der Untersuchung betroffen, betonte Merz. Man wolle klären, ob es wirklich eine vorurteilsfreie Prüfung oder zuvor eine parteipolitische Festlegung gegeben habe und ob die Öffentlichkeit darüber richtig informiert worden sei. „Es ist kein Untersuchungsausschuss gegen die politische Entscheidung der Bundesregierung aus der Kernenergie auszusteigen“, sagte Merz – auch wenn man diese für falsch halte. Ursprünglich geht der Atomausstieg auf die schwarz-gelbe Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück.
Aus den Ministerien habe man bisher nur unvollständige und geschwärzte Unterlagen erhalten. Hintergrund ist ein Bericht des Magazins Cicero,wonach sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium 2022 interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswechsel geplanten Atomausstieg unterdrückt worden sein sollen. Beide Ministerien bestreiten dies, auch unabhängige Expert*innen hatten den Bericht nach Erscheinen als aufgebauscht bezeichnet.
Grüne weisen Vorwürfe zurück
Lemke verteidigte die Entscheidungsfindung zur Abschaltung erneut. „Eine der transparentesten Entscheidungen, die im Jahr 22 getroffen worden ist, war die Frage: Lassen wir AKWs länger am Netz laufen?“, sagte sie im Deutschlandfunk. Alles sei öffentlich nachvollziehbar gewesen. „Das BMWK hat bereits während der Entscheidungsfindung in der Zeit der akuten Energiekrise als auch in den letzten Wochen umfassende Informationen zur Verfügung gestellt und die Entscheidung transparent gemacht“, hieß es auf Anfrage der taz aus Habecks Wirtschaftsministerium.
Auch die grüne Fraktionschefin im Bundestag, Katharina Dröge, wies die Vorwürfe der Union zurück. „Wir haben keine Frage schon 2022 so öffentlich und so intensiv diskutiert wie die Frage, ob ein kurzfristiger Weiterbetrieb von drei Atomkraftwerken notwendig ist“, sagte sie und verwies auf Stresstests, die Aussagen der AKW-Betreiber und Erklärungen der Bundesregierung über den Stand der internen Beratungen. „Alle Fragen sind aus meiner Sicht erklärt und beantwortet worden.“ Es sei fragwürdig, dass die CDU ganz normale ministerielle Beratungsprozesse – „wahrscheinlich aus wahlkampftaktischen Manövern“ – zu skandalisieren versuche. Am Ende sei es Aufgabe der Politik, Entscheidungen zu treffen.
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