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Atheist über Freiheit von Religion„Ich rechne mit 500 Euro Bußgeld“

Am Todestag Jesu dürfen mancherorts nur bestimmte Filme vorgeführt werden. „Das Leben des Brian“ nicht. Martin Budich macht es trotzdem.

Szene aus dem Monty-Python-Film „Das Leben des Brian“ Foto: imago/United Archives
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

In Bochum wird am Karfreitag „Leben des Brian“, ein Monty-Python-Klassiker, öffentlich gezeigt. Aber: In Nordrhein-Westfalen ist „die Vorführung von Filmen, die nicht vom Kultusminister (…) als zur Aufführung am Karfreitag geeignet anerkannt sind“, verboten.

taz: Herr Budich, seit fünf Jahren kriegen Sie Ostern Ärger mit den Bochumer Behörden, weil Sie die Jesus-Satire zeigen. Blanke Provokation?

Martin Budich: Nicht nur blanke, sondern strategisch geplante Provokation. Ich nehme die Religionsfreiheit, also Freiheit von Religion, für mich als Atheist in Anspruch.

Warum lassen Sie die Christen zu Ostern nicht einfach diesem blutrünstigen Ritual huldigen und machen selbst etwas anderes?

Wenn mir Behörden vorschreiben, dass ich an den Ostertagen ebenso traurig zu sein habe wie Christen, dann ist das für mich eine unzulässige staatliche Bevormundung. Gegen die ich mit meiner Filmvorführung protestiere, bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehe – und auch gern Strafe zahle.

Martin Budich

Rentner, 66. Früher hat er in der politischen Weiterbildung für junge Erwachsene unter anderem antiklerikale Seminare gegeben

Wie teuer ist das?

Vor zwei Jahren musste ich 100 Euro zahlen. Für die diesjährige Vorführung rechne ich mit einem Bußgeld in Höhe von 500 Euro. Ungeachtet dessen nehmen die Behörden das Feierverbot selber nicht mehr so ernst. Einmal kamen Beamte in Zivil. Ich habe sie sofort erkannt, weil sie nach dem Eintritt fragten. Fans wissen, dass der Film kostenlos läuft.

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36 Kommentare

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  • We're all different!

     

    He's not...

     

    (Das Original halte ich für die beste aller Filmszenen ever)

     

    Was gilt eigentlich in Bayern...die Geschichte bringt mich auf eine Idee...

  • Ist doch ein komisches christliches Fest:

    erst mit trauriger Miene herumlaufen, weil der hängt.

    Am übernächsten Tag Hallejulia singen und alles ist wieder in Ordnung.

    Wie passt das mit einem Film zusammen?

  • 3G
    30014 (Profil gelöscht)

    Guter Mann der Herr Budich.

    Und wenn er zum Zuckerfest die South Park Folgen 200 und 201 zeigt, dann ziehe ich meinen Hut.

  • 8G
    82732 (Profil gelöscht)

    Es zeugt von grossem Mut, wie sich Herr Budich furchtlos übelster gewaltbereiter und religiös verbrämter Repression entgegenstellt und dabei kein persönliches Risiko scheut.

    Respekt!

     

    Und das trotz der Gefahr, dass sich jemand in irgendeiner fundamentalistischen Hinterhofkirche so radikalisiert haben könnte, dass es/sie mit Kalashnikow und lautem "Jesus loves you!" -Rufen in die Filmvorführung stürmt.

    • @82732 (Profil gelöscht):

      Flößt es Ihnen mehr Respekt ein, wenn jemand eine Kirche, Synagoge oder eine Moschee abfackelt?

       

      Btw:

      Haben Sie denn wenigstens gestern am Karfreitag schön laut mit einem Dieselrasenmäher das Grün bearbeitet?

      • 8G
        82732 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Nö und nö.

         

        Zu eins: ich finde es deutlich heldenhafter, sich Leuten entgegenzustellen, die Häuser o.ä. abfackeln oder Andersdenkenden/Andersgläubigen die Kehle durchschneiden wollen, als einen 40 Jahre alten Film zu zeigen der damals noch für etwas Aufregung haben mag.

         

        Aber selbst in erz-katholischen Regionen damals nicht als Anlass für brennende britische Fahnen oder Konsulate genommen wurde.

        • @82732 (Profil gelöscht):

          Wieso sollte man den Film auch mit GB assoziieren, wenn er in vielen englischen Gemeinden verboten war? Ebenso in ganz Irland und Italien. So kann man eben aufgebrachte Proteste vermeiden.

          Erst Jahrzehnte war auch in diesen Ländern die Ausstrahlung möglich.

           

          Richtig ist allerdings, dass der Film mittlerweile Patina angesetzt hat und sowas dann meistens nicht mehr zensiert wird. "Das Gespenst" von Achternbusch ist in Österreich bis heute verboten.

           

          Und leider gibt es in Deutschland noch weniger Menschen, die sich bislang gewalttätigen Ausschreitungen gegen Sakralbauten entgegenstellen. Die Anzahl von Anschlägen gegen Moscheen und Synagogen ist lt, Bundesinnenministerium 2016 um 30% gestiegen.

          • 8G
            82732 (Profil gelöscht)
            @Age Krüger:

            Noch etwas im Spiegel zu dem Thema: http://spon.de/aeXAi

  • Dieser Chelm, da hat er es den Katholiken aber richtig gezeigt. Ich habe den Film zum ersten mal bei einer KSJ-Freizeit gesehen. Das Video hatte ein Franziskaner-Padre mitgebracht.

  • Irgendwas macht er falsch: Pornokinos dürfen an Karfreitag -allerdings erst nachmittags- auch öffnen: oder ist dieser Konsum behördenrechtlich eher Passion?

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @Vidocq:

      Pornokinos? Sind -soweit zu hören - Stätten, an denen eine Form der Askese in Form einer Kasteiung betrieben, zur Beschränkung oder Abtötung der Triebhaftigkeit oder auch der Sinnlichkeit, also der „Abtötung des Fleisches“ :-)

  • Was der alte Zwingli wohl heute machen würde, wenn er wie damals zu Reformationszeiten das "Wurstessen" in der Fastenzeit einführte, wobei Protestanten 1522 extra mitten in der Fastenzeit deutlich zeigten, was sie von katholischen Riten hielten, die durch nix irgendwo in der Bibel gedeckt sind. Der würde wohl auch heute als Schaumschläger und Aufschneider bezeichnet.

    Und auch das war damals eine "Schaufensteraktion", die gegen die Macht der Katholiken protestierte.

     

    Insofern ist der Mensch mit seiner Filmvorführung wesentlich religiöser als er meint, denn letztendlich ist es ja eine protestantische Ethik, dass der Gläubige es nicht nötig hat, seine Gottesfurcht öffentlich darzustellen und stattdessen die katholischen Bräuche persifliert. In protestantisch reformierten Ländern wie in den NL ist Karfreitag kein offizieller Feiertag. Jedenfalls merkt man davon nix. Als ich vor einiger Zeit Karfreitag in Wien war, waren dort auch alle Geschäfte normal geöffnet. Und Österreich ist ja eigentlich nicht mal protestantisch dominiert.

    Dass bis heute dieser Staat sich offenbar kirchlichen Riten unterwirft und dabei sich noch herausnimmt, diese zugunsten einer ganz bestimmten Glaubensrichtung, auch innerhalb des Christentums, zu interpretieren und dass viele Kommentatoren hier gerade den Showeffekt verurteilen, zeigt, dass man in der BRD auch 500 Jahre nach der Reformation nix verstanden hat und man lieber eher ein Jahr für die Thesen von Erasmus von Rotterdam hätte berücksichtigen sollen.

    • @Age Krüger:

      wohl wahr. wir sind gerade ganz allgemein irgendwie in einer rueckschrittlichen phase.

      und uebrigens ist karfreitag noch nicht mal in italien ein feiertag

  • Was gibt es im Kino für ein Programm wenn Ramadan ist?

     

    "Das grosse Fressen"?

     

    mit Marcello Mastroianni Michel Piccoli u.a.

  • "Warum lassen Sie die Christen zu Ostern nicht einfach diesem blutrünstigen Ritual huldigen..."

     

    Blutrünstiges Ritual huldigen?

     

    Es geht doch dann wohl eher um die Hinrichtung eines Pazifisten und Revolutionärs.

  • Aufschneider, Dampfplauderer, Schaumschläger. Oho. Er hat den Mut diesen aufmüpfigen Film zu zeigen und sich und die Seinen in allerhöchste Gefahr zu bringen. Wie mutig. Welch` Held. Wir verneigen uns. Nein, mal im Ernst. So dämlich es von den Behörden ist, dieses überaus lustige Filmchen verbieten zu wollen, so dämlich ist es, dagegen zu opponieren, denn da könnte man wichtigers tun. Ein Sturm im Wasserglas, Schaufensteraktion.

    • @Thomas Schöffel:

      Hallodri, Tunichtgut, Tagdieb. Ganz schöner Aufreger über so einen "Sturm im Wasserglas"... Aber lustige Floskeln haben Sie auf Lager! Potzblitz!

    • @Thomas Schöffel:

      man koennte zum beispiel so bewegende dinge tun wie kommentare auf den tazseiten verfassen

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die Kinder freut diese schöne Zeit sicher am meisten, wenn ihnen nach dem Ostereiersuchen erklärt wird, dass sie persönlich mit schuld am brutalen Tod des kleinen niedlichen Jesuskindes tragen, welches noch vor vier Monaten unschuldig in der Krippe lag.

    Wegen ihrer ewigen Schuld müssen die Kinder auch auf ewig in der Hölle Todesfoltern ertragen, wenn sie diese Schuld nicht anerkennen und nicht genau das tun, was der Zeremonienmeister von ihnen verlangt.

     

    Klagen wegen Kindesmißhandlung und Folter werden von Gerichten abgewiesen. Doch ist die Androhung von Folter schon Folter, das ist die Rechtsprechung. Was würde ein Gericht wohl sagen, wenn jemand seinem Kind droht:

     

    "Wenn du jetzt nicht still sitzt und aufisst, dann hole ich den Nagel-Manni und seine Gang. Die verbrennen dich mit glühenden Eisen und gießen dir flüssiges Blei in den Hals, du Göre, und das nicht einmal, nicht zweimal, auch nicht nur eine Woche lang oder einen Monat, sondern auf immer und ewig, dass nicht einmal der Tod dir bleibt."

     

    Wenn sich Atheisten so etwas herausnehmen würden, das Kind würde sicherlich beim Jugenamt landen und die Eltern müßten sich auch verantworten.

    Selbst der Papst hat diese kirchliche Praxis schon abgelehnt und trotzdem gibt es immer noch Priester und Eltern, die das so handhaben und ihre Kinder schwer traumatisieren.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Dass Eltern Sadist*innen sein können und sich dabei auch noch auf den Glauben berufen wollen, hat aber nichts mit Karfreitag und Ostern zu tun, sondern allein mit dem Wunsch, die Kindesmisshandlung auch noch zu rechtfertigen!

  • Jetzt hat er es der Kirche aber tüchtig gegeben, der Pursche!

    ...

    • @Hartz:

      Artikel gelesen?

       

      Herr Budich setzt sich doch gar nicht mit der Kirche auseinander, sondern mit dem Staat.

      • @Kawabunga:

        Der aber für die Kirche eintritt. Insofern...

  • P.S. Schon vor dreißig Jahren wurde das Schauen des LdB schon nicht mehr ernst genommen. Zumindest in dem erzkatholischen Landkreis (70% CDU) aus dem ich komme.

  • "Wenn mir Behörden vorschreiben, dass ich an den Ostertagen ebenso traurig zu sein habe wie Christen"

     

    LOL. ... da hat wohl jemand die Gesetze nix gelesen und seine ganz persönliche (A)Religionsfreiheit völlig missverstanden. Nein Sie müssen am Festtag der Gläubigen des Spagettimonsters keine Spaghetti essen!

    • @Rudolf Fissner:

      Naja, zumindest sind die Behörden des Landes NRW der Meinung, dass er nicht das Tanzbein zu schwingen oder Filme seiner Wahl vorzuführen habe. Weil sie an jenem Tage offensichtlich ungeeignet sind... für die Menschen, die sie sich freiwillig gerne gemeinsam in einer öffentlichen Veranstaltung (in einem geschlossenen Raum wohlgemerkt, liebe Grüße an das SZ in Bochum, an dieser Stelle) anschauen wollen.

  • 2G
    21405 (Profil gelöscht)

    'DLdB' ist ein ausgesprochen homophober Film.

    Michael Palin gibt den Pontius Pilatus als affektierte Drama-Queen:

    "Werft den Purschen tzu Poden!"

    Unvergessen auch der Name

    seines Lovers, der legendäre

    "Chwanzus Longus".

    • @21405 (Profil gelöscht):

      Biggus Dickus im englischsprachigen Original.

       

      Dennoch bin ich für die deutsche Synchronisation dankbar, denn jedes mal, wenn ich ein Longus Fahrrad oder Longus Fahrradteile sehe, dann habe ich freilich ein wissendes Schmunzeln im Gesicht.

    • @21405 (Profil gelöscht):

      Beste Film wo gibt. Da meint man immer Filme gucken bildet, aber nein. Wie heisst noch mal das Sprichwort? Wo synchronisiert wird fallen Späne? What a dick!

    • @21405 (Profil gelöscht):

      Und das ist jetzt inwiefern homophob?

       

      Jedweden Humor verbieten führt zum Gegenteil von Gleichstellung...

  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Vielleicht kommt er ja auch mit einmal auf den Poden werfen davon! ;)

     

    So, und nun lese ich "Wenn er gut drauf ist, erlässt er alle Sünden.".

  • Ein Dampfplauderer. Wenn er es ernst meinen würde, hätte er bereits gegen das erste Bußgeld (nach Einspruch und Verurteilung durch das Amtsgericht) eine Verfassungsbeschwerde zum BVerfG erheben können.

     

    Warum Raum, und seien es drei Absätze, für einen Menschen, der sich derart als Aufschneider entblößt?

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @Hanksson:

      "Warum Raum, und seien es drei Absätze, für einen Menschen, der sich derart als Aufschneider entblößt?"

       

      Damit zum Beispiel Sie das dabei entstehende Prozessrisiko übernehmen können, und für die zusätzlich anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten geradestehen, die der "Dampfplauderer" und "Aufschneider", wie Sie ihn nennen, dann dafür zusätzlich im Portemonnaie haben muss.

      Denn wie Sie wissen dürften, besteht das Prozessrisiko immer, da bei einem Prozess nur eines sicher vorhersagbar ist: ein Urteil.

  • Jeder nur ein Kreuz!

    • @Spitzbube:

      Just remember that the last laugh is on you