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Marode Brücken, Klimakrise und kein GeldWas die Ampel geerbt hat

Druckstopp bei der taz! Bloß der Bahn keine Vernunft unterstellen! Und das BSW? Ach: Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei rum!

Godfather of Fahrerflucht BuPrä Steinmeier (rechts) setzt auf Gemeinwohl und schwallt von „irregulärer Einwanderung“ Foto: Christophe Gateau/dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die taz will aufhören, eine Zeitung zu sein.

Und was wird besser in dieser?

Küppersbusch: Damit haben viele längst aufgehört, drucken aber weiter.

taz: Aktion Mensch diagnostiziert, dass die Behindertenfeindlichkeit in Deutschland vor allem im Netz zunimmt, insbesondere unter jungen Leuten. Ist Deutschland inklusionfeindlicher geworden?

Küppersbusch: In meiner Generation saß in gefühlt jeder Grundschulklasse ein „Contergan“-Opfer. Ich meine, wir haben eher gestaunt, als – Kindermund tut Mockridge kund – nach Herzenslust verletzt. Sichtbarkeit und Umgang heilen und helfen; „Ableismus“ klingt so abstrakt, wie er auch ist: Arschlochbenehmen für Leute, die nicht den Mut haben, es einem Betroffenen ins Gesicht zu sagen. Sozial behindert halt.

taz: Die Deutsche Bahn verkauft ihr Logistikunternehmen Schenker an das dänische Unternehmen DSV. Was könnte der DB-Strategie „Starke Schiene“ jetzt noch im Weg stehen?

Küppersbusch: Die Bahn. Die ursprüngliche Idee: Am Güterbahnhof wartet ein Schenker-Brummi, der die Fracht über die letzte Meile karrt, und – ätsch! – selbst dadran verdient die Bahn noch mit. Davon ist kaum was über, weil die Güter Autobahnen verstopfen, just in time, und die Bahn jedes Jahr fettes Geld von Schenker kassierte, um ihre eigene Beerdigung aufzuhübschen. Nun kann sie gut 14 Mrd. Erlös in ihre 33 Mrd. Schulden stecken und sieht sich dafür einem neuen, gigantischen Wettbewerber gegenüber: Schenker fusioniert mit dem Käufer DSV, auch ein Logistiker. Das Geld sollte also eher in einen wettbewerbsbrutalen Ausbau der Güterbahn gehen. Sollte. Das klingt so vernünftig, dass man’s dem aktuellen Management nicht unterstellen will.

taz: Robert Habeck und Steffi Lemke haben ihre Unterstützung für den Wiederaufbau der Dresdner Carolabrücke zugesagt: „Das Land darf nicht zerbröseln.“ Klappt das alles so gut wie bei der Wärmepumpe?

Küppersbusch: Na ja, hätten die grünen MinisterInnen es bei einem herzlichen „Geschieht euch recht, Ihr Klima­spacken“ belassen, wäre deutlich mehr Stimmung in der Bude. Kanzler Scholz hatte vorgeschlagen, für Klimaschäden noch ein „Sondervermögen“ herbeizutricksen, das ging nicht durch. Dass in Deutschland rund 4.000 Brücken ähnlich marode sind, hat die Ampel geerbt. Und das Klimaproblem. Und nicht genug Geld für wenigstens eins von beidem. Gerade die Grünen stehen im Verdacht, für spinnerten Ökokram der Zukunft die Gegenwart abrauchen zu lassen. Da mussten sie jetzt mal was sagen.

taz: Frank-Walter Steinmeier würdigt das Ehrenamt. Das seien Menschen, die „nicht meckern, sondern anpacken“. Kommt das vom Richtigen?

Küppersbusch: „Mutbürger“ ist schon ein schöner Konter Steinmeiers gegen das obwaltende Egofieber im Land. Die Auszeichnung von Ehrenamtlern ist präsidiales Grundrauschen, Bundespräsidenten wollen doch immer nur das eine. Schwer, da Akzente zu setzen. Steinmeier droht eher, als Godfather of Fahrerflucht in die Geschichte einzugehen; setzt auf Gemeinwohl und schwallt von „irregulärer Einwanderung“; sagt sich von seiner Ausgleichspolitik los und disst die „Kaliberexperten“ aus der Siegfrieden-Fraktion, war bei Corona auf Linie und streut nun gern Nebensätze voller Verständnis für Abweichler. So eine krisensatte Amtszeit hatte allerdings kaum ein BuPrä vor ihm; ist halt kein Ehrenamt.

taz: In Thüringen überlegt die CDU, mit dem BSW zusammenzugehen. Was haben wir zu erwarten?

Küppersbusch: Großes Mikado – und ein glattes Geständnis von der Linken. Wenn CDU, BSW und SPD sich zusammenraufen – und nach zusammen raufen klingt diese Dreierkiste eh schon –, fehlt ihnen noch eine Stimme zur Wahl eines Ministerpräsidenten. Im dritten Wahlgang – vorher holt sich Höcke zweimal ein Patt ab – muss also ein Linker bekennen. Sonst könnte die fehlende Stimme auch von der AfD gekommen sein und die Wahl damit für einen CDU-Kandidaten nicht annehmbar. Natürlich sollte die Linke versuchen, dafür offiziell Koalitionspartner zu werden und die Brandmauer zu schreddern, natürlich wird die CDU das ablehnen. Während Wahlsieger AfD gern die weltweite Migrationskrise verbieten würde, möchte BSW die CDU überreden, den Ukrainekrieg zu beenden. Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei rum. Doch: Die Wagenknechte leben – wie auch die AfD – üppig davon, auf der Reservebank die spielende Elf niederzudissen. Das BSW als Designerpartei – geboren, um Ärger zu machen – steht vor einem Risiko.

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: 307 Minuten kein Tor, das dritte Heimspiel hintereinander nicht gewonnen. Ich habe euch nie einen Rosengarten versprochen.

Fragen: Chantalle El Helou

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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16 Kommentare

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  • Die Deutsche Bahn verauft ihr einziges, gewinnbringendes Tochterunternehmen. Wird der Konzern noch von Beamten geleitet?

    • @Michael84:

      Indeed! Versauft oder Verkauft!



      Kommt auf‘s selbe raus!



      Aber dabei pünktlich!



      Friedrich Küppersbusch hat recht:



      Tafelsilber versilbern - um 🕳️ 🕳️🕳️🕳️



      Zu stopfen - ist nicht die intelligenteste



      Idee! 💡 - aber auch nicht erwartbar •



      “Nur ein Dummkopf schlachtet die 🐄



      Die ihm die 🥛 gibt!“ Gelle Volkers 👄

      Na Mahlzeit

      • @Lowandorder:

        Ob das in meinem Text jetzt Freud war oder Absicht, das überlasse Ihc Ihrer Einschätzung.

  • In den Jahren 1998 bis 2021 hatten wir



    - 19 Jahre SPD



    - 7 Jahre Grüne



    - 4 Jahre FDP



    - 16 Jahre CDU/CSU



    in der Regierung. Die letzten drei Jahre Ampel.

    Mehdorn war von 1999 bis 2009 bei der Bahn.

    Der lange Stillstand unter Merkel war nicht gut, aber das hat sie nicht alleine verbockt.

    Bitte bei den Fakten bleiben!

    • @Carsten S.:

      Geschickt zusammengeschnitten - wie heute üblich - um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, wie bei einer "Wahl", bei der das Ergebnis lange vorher bekannt ist. - you know -. Noch gilt in D das Kanzlerwort - siehe Taurus - und das hatte Merkel 16 Jahre, davor Kohl 16 Jahre. dazwischen die SPD 7 Jahre. Bitte bei den Fakten bleiben heißt, was Sie verschweigen, bekannt zu geben, wie die genaueren Zuständigkeiten waren, z.B. 16 Jahre CSU-Verkehrsminister, zuletzt der überaus erfolgreiche Scheuer. Und 8 Jahre Schäuble, der es nicht mal geschafft hat, das MehrwertsteuerDickicht (Weihnachtsbäume etc.) und vieles andere zu lösen, Cum-Ex

      • @Sarg Kuss Möder:

        Wollen Sie wirklich die Komplizen so einfach aus der Verantwortung entlassen?



        Deutschland ist eine ( parlamentarische) Kanzler Demokratie, aber zum Glück kein Führerstaat mehr.

        Warum soll ich mir bei der Auswahl meiner Beispiele dieselbe Freiheit nehmen wir der Autor?

        In einem gebe ich Ihnen recht: die CSU- Verkehrsminister haben ihren Job katastrophal schlecht erledigt.



        Trotzdem der Hinweis: die Union und schon gar nicht die CSU hatten zu diesen Zeiten eine absolute Mehrheit.

      • @Sarg Kuss Möder:

        Seh ich auch so.

        Vor allem weil das Neoliberale Credo 'weniger Steuern' mit der sogenannten Geistig-Moralischen Wende einhergeht.

        Was 20 Jahre auf Verschleiß gefahren wird, kann nicht in einer oder zwei Wahlperioden behoben werden.

        • @Anna Bell:

          wenn es wenigsten Steuersenkungen gegeben hätte...bei betrachtung der Steuerquote am BIP sind wir auf dem gleichen Niveau wie zu Zeite Kohls...allerdings gab es da einen Spitzensteursatz von 53% und USt von 14%...heute sind die Zahlen 44% (-9%) und 19% (+5%).



          Wir zahlen die gleichen Steuern aber nicht die gleichen Personengruppen...

  • Wollen wir nicht bei den Fakten bleiben? Der Finanzminister vor Scholz hat riesige Reserven aufgebaut. Versteckt in Schattenhaushalten. Wohl wissend, dass auch die fetten Jahre irgendwann vorbei sein werden.

    Dann kam Scholz und erst wurden die reserven Ben verbrannt und dann alles andere.

    It's the econemy, stupid.

    • @Dr. Idiotas:

      Gingen die Reserven nicht gegen Corona drauf, und was noch übrig war für günstig Gas und Strom für die Industrie nach RUS-UKR, samt Nordstream-Terroranschlag usw.?

  • "Dass in Deutschland rund 4.000 Brücken ähnlich marode sind, hat die Ampel geerbt. "



    Also eigentlich, wirklich eigentlich würde ich von einem solch scharfzüngigen und cleveren Kritiker wie Herrn Küppersbusch an dieser Stelle erwarten, dass er einmal mitteilt, wer 2023 im Stadtrat Dresden sich gegen schnelle Maßnahmen der Carolabrücke ausgesprochen hat.

    Stattdessen nun auch hier diesselbe Strategie, die er normalerweise bei anderen zurecht kritisiert - relativieren durch pauschalisieren (nein, es geht jetzt nicht um die anderen 3 999 maroden Brücken; sondern um die Carolabrücke und wieso trotz bekanntem Problem (dank der Freien Waehler) nichts rechtzeitig getan wurde.

  • "Nun kann sie gut 14 Mrd. Erlös in ihre 33 Mrd. Schulden stecken und sieht sich dafür einem neuen, gigantischen Wettbewerber gegenüber: Schenker fusioniert mit dem Käufer DSV"

    genau das ist der Punkt!

    • @nutzer:

      Tja schon wieder so eine Fehlleistung des Management. warum verkauft man seine Goldbarren, wenn die bislang die einzig ernst zu nehmende Einnahme war, an seinen Konkurrenten und schönt mit der letzten Zahlung nur seine Jahresbilanz 2024 damit, obgleich es genug zu sanieren gibt um überhaupt ernsthaft wettbewerbsfähig zu werden. So handelt doch nur jemand, der sicher sein kann, das nötige Geld von uns Steuerzahlern über gute politische Seile zu bekommen. Abwrackmanagement.

      • @Sonnenhaus:

        Wir schneiden dem lukrativsten Zweig ab, der auch ein Beitrag für die Transportwende werden gekonnt hätte und die Politiker finden das gut.... Wahrscheinlich fehlt mir es an ausreichend Logik und Weitblick, dass ich das nicht verstehe.

      • @Sonnenhaus:

        Weil sich das Management nicht auf seine lokale Rolle reduzieren will. Es ist einfach prestigeträchiger, wenn auch verlustbringend , global player zu sein. Üblicher Egotrip.

      • @Sonnenhaus:

        ne, kein Ausruhen auf Steuergeldern, sowas wächst rein auf dem Mist von BWLern. Macht Lindner doch auch, kurzfristig schlägt langfristig...