Die Folgen der Trassenpreiserhöhungen: Bahnfahrt nach Absurdistan
Die Nachrichten rund um die Bahn erscheinen wie Realsatire. Beim öffentlichen Verkehr geht es derzeit nur in eine Richtung: abwärts.
E s klingt wie ein Witz aus einer Satiresendung: Ein Tempolimit für ICE soll die Fahrplankrise der Deutschen Bahn lindern, fordert der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft, Martin Burkert. Durch die Drosselung der Geschwindigkeit von 250 auf 200 Stundenkilometer soll so während der Generalsanierung des Schienennetzes das Zeitmanagement der Bahn wieder stabiler werden.
Die Vorschläge für Besserungen bei der angeschlagenen Bahn werden immer absurder. Beim öffentlichen Verkehr in Deutschland geht es abwärts, nicht voran.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und seine Kabinettskolleg:innen sind zwar nicht für das Desaster bei der Deutschen Bahn verantwortlich, das sind frühere Regierungen. Aber mit ihrer Haushaltspolitik verschärft die Ampel sehenden Auges die Krise des Schienenverkehrs.
Weil sich die Spitzen von SPD, Grünen und FDP im Haushaltsstreit nicht einigen können, wollen sie der Bahn statt Zuschüssen Milliarden in Form von Darlehen und einer Eigenkapitalerhöhung geben. Denn das ist nicht schuldenbremsenrelevant. Weil die Bahn eine bestimmte Eigenkapitalverzinsung erreichen muss, droht eine drastische Anhebung der Trassenpreise. Diese Schienenmaut müssen Verkehrsunternehmen für jeden gefahrenen Kilometer an die Bahn-Tochter InfraGo zahlen, auch die Deutsche Bahn selbst.
Grundfalsche Weichenstellung
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will durch Eingriffe in die Vorschriften für die Eigenkapitalverzinsung der Deutschen Bahn die anstehende Erhöhung dämpfen, aber ob das gelingt und reicht, ist offen. Es hilft nur eins: Die Ampel muss wie ursprünglich geplant der Deutschen Bahn Zuschüsse zahlen und die Unsicherheit über die Trassenpreise beenden. Der Kollateralschaden der Haushaltstricksereien wäre zu hoch. Steigt die Schienenmaut, werden auch Ticketpreise und Transportkosten für Güter höher.
Die Konsequenz: Leute werden noch mehr vor dem Bahnfahren zurückschrecken und lieber das Auto nehmen, die Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene wird noch schleppender vorankommen. Angesichts von Klimakrise und Verkehrskollaps auf den Straßen ist diese Weichenstellung grundfalsch.
Dass für den Personentransport auf der Schiene eine Maut fällig wird, für Pkw auf Autobahnen aber nicht, ist ohnehin absurd. Lkw müssen zwar auf Fernstraßen eine Maut zahlen, aber die ist nicht hoch genug. Ihr Wettbewerbsvorteil wird durch weiter steigende Trassengebühren noch größer. Aus gutem Grund sprechen Verkehrsverbände von einem Konjunkturprogramm für den Transport per Lastkraftwagen. Das darf es nicht geben.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen