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Rechtliche Fragen zum „Compact“-VerbotEs geht nicht um Straftaten

Nach welchem Gesetz wurde der „Compact“-Verlag verboten? Wie kann er gegen das Verbot vorgehen? Fragen und Antworten.

„Deutschland den Deutschen“ und „Compact“ für den Müll: ein Kiosk sortiert nach dem Verbot das Heft aus dem Sortiment Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

In welchem Gesetz sind Vereinsverbote geregelt?

Im Vereinsgesetz. Das Vereinsgesetz regelt ausschließlich, wie man Vereine verbietet.

Wer kann in Deutschland Vereine verbieten?

Für bundesweit aktive Organisationen ist das Bundesinnenministerium zuständig, derzeit also Ministerin Nancy Faeser (SPD). Bei örtlichen und regionalen Organisationen müssen die Länder handeln. Bei Parteien ist das Bundesverfassungsgericht zuständig, aber nur wenn es einen Antrag gibt.

Welche Voraussetzungen be­stehen für ein Vereinsverbot?

Laut Vereinsgesetz gibt es drei Verbotsgründe: 1. der Verein begeht strafbare Handlungen, 2. der Verein richtet sich gegen die Völkerverständigung, 3. der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Faeser stützt das Verbot von Compact auf Letzteres. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob Compact-Chef Jürgen Elsässer bereits strafrechtlich verurteilt wurde.

Die Verfassungsfeindlichkeit von Compact ergibt sich laut Faeser daraus, dass die Publikation offen den Umsturz der Verfassungsordnung propagiert und gegen arabische, muslimische und jüdische Menschen hetzt. Compact vertrete ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept, das „ethnisch Fremde“ aus dem Staatsvolk ausschließen will, was deren Menschenwürde verletze.

Wie kann das Compact-Magazin als „Verein“ verboten werden?

Das Vereinsgesetz gilt nicht nur für eingetragene Vereine, sondern für alle Personenzusammenschlüsse, auch für Unternehmen wie die Compact Magazin GmbH.

Wie verträgt sich das Compact-Verbot mit der Pressefreiheit?

Die Herausgabe einer Zeitschrift oder eines Onlinemagazins ist durch die Pressefreiheit geschützt. Das heißt: Eingriffe in die Pressefreiheit sind nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung möglich, die verhältnismäßig ist und im Einzelfall in verhältnismäßiger Weise angewandt wird.

Die Vereinsverbote sind gesetzlich geregelt und grundsätzlich verhältnismäßig. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass die Pressefreheit zurückstehen muss, wenn eine Publikation verbotswürdige Zwecke verfolgt. Ob sich auch das konkrete Verbot von Compact in Abwägung mit der Pressefreiheit rechtfertigen lässt, wird sich vor Gericht zeigen. Das Innenministerium hat in seiner 79-seitigen Verbotsverfügung ausführlich Indizien gegen Compact zusammengetragen.

Kann Compact gegen das Verbot klagen?

Natürlich. Gegen bundesweite Vereinsverbote gibt es aber nur eine Instanz, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Klage hat dabei keine aufschiebende Wirkung. Gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen, etwa Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, kann auch bei den Verwaltungsgerichten vor Ort geklagt werden. Wenn der normale Rechtsweg erschöpft ist, kann auch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen werden.

Welche Strafe droht Compact-Chef Elsässer?

Zunächst keine. Das Vereinsverbot ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und nicht mit Sanktionen für vergangenes Verhalten verbunden. Compact wurde auch nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft wie die Letzte Generation. Nur wenn Elsässer Compact fortführt oder eine Ersatzorganisation gründet, macht er sich strafbar.

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24 Kommentare

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  • juhu das Faschisten Magazin ist Verboten XDD sorry böse Schadenfreude.

    Aber eins muss ich erwähnen, ob es wirklich so sinnvoll war "Compact Magazin usw" zuverbieten?



    Das wird sich zeigen.

    ähm



    anti-spiegel.ru/ muss unbedingt weg das ist übelste Russische faschistoide Hass/Hetze/Lügen Propaganda die reinsten Verschwörungsmythen (Hardcore Bullshit)

  • Wer dieses Compact Magazin für seriösen Journalismus hält, der steht ausserhalb unserer demokratischen Grundordnung, so wie die gesamte AfD.



    Es gibt keine größere Gefahr für unsere Freiheit, da diese Übeltäter im Sinne Putins handeln.

  • Vielleicht verbieten wir dann Faschismus und Extremismus wenn wir keine Demokratie mehr haben, dann ist es aber schon zu spät! Manche Kommentare hier sind wirklich ein sonderbarer Witz, die Faschisten wollen die Demokratie abschaffen, aber auf den Weg der Abschaffung berufen sie sich auf die Demokratie, um sie abschaffen zu können. Die Demokraten sollten die Samthandschuhe ausziehen, gegen das Gift und die destruktive Strömung der Verfassungsfeinde die um sich greift, nicht das wir wieder in einer Diktatur aufwachen in der eine Demokratie das wieder zugelassen hat.

  • Fühle mich etwas unwohl dabei, das ist ein Blueprint, jegliches Medium jederzeit ohne Gerichtsbeschluss auf Eis zu legen.

    Das Bademantel-Foto, aufgenommen von vorab einbestellten Dschornos, mag zwar das kurzfristige "Recht so!!" befriedigen, dennoch hinterlässt diese prangerhafte Art von Machtdemonstration des Staates bei mir einen sehr schalen Nachgeschmack, völlig egal, welcher Seite des Hufeisens dies widerfährt.

    • @Expat:

      100 % Zustimmung.

    • @Expat:

      Hufeisen kann es bei Pferden (und Eseln) geben, nicht jedoch als denk-ersetzende Metapher in der Politik.



      Wer den Unterschied zwischen Lefties und Neonazis nicht deutlich sieht, mag noch mal hinsehen.

  • Hr Elsässer gehört zu den bemerkenswerten Menschen, die es geschafft haben, von ganz links nach ganz rechts zu driften. So wie z.B. auch Horst Mahler (ehemaliger Rechtsanwalt, Linksterrorist und heutiger Neonazi, Antisemit und Holocaustleugner).

    Offenbar geht es diesen Akteuren also vordringlich gar nicht um politische Inhalte, sondern um die Abrechnung mit "Vater Staat" und seinen als übermächtig empfundenen Politikern und Institutionen. Sprich eigentlich geht es allem Anschein nach eher um die Auseinandersetzung mit ihren (vermutlich Übermächtigen, Emapthielsoen - eben gnadenlos Autoritären) Vätern.!!

    Leider machen es die modernen Medien solchen Charakteren aber besonders einfach Gleichgesinnte zu finden, die sie in ihrer Projektion auf den "bösen Staat" bestätigen. (ein Problem was weit über diese Causa hinaus reicht)..

    Was aber einer der entscheidenden Gründe für die Folgerichtigkeit des Verbots von Compact ist.

    Denn eiegentlich gehören solche Menschenverachter in Therapie und nicht in die Öffentlichkeit. Deren Reichweite zu beschränken..darauf hat die demokratische Gesellschaft also geradezu ein Anrecht.

    • @Wunderwelt:

      Diese Persönlichkeiten sind mit ein Grund, warum die Hufeisentheorie immer noch Anhänger hat. Links- wie Rechtsextrem vertritt autoritäre Herrschaftsformen, bei denen man auf lästige Kritiker nicht hören muss. Der Staat ist also nur solange böse, wie er nicht unter der eigenen Herrschaft steht. Dann nämlich muss der Staat überall horchen, gucken und verurteilen.

      Deshalb sind sich Links- und Rechtsextreme ähnlicher als viele denken.

  • Hätte da ned scho länger ne Indizierung gereicht (also keine Werbung und öffentliche Auslage; Verkauf "unterm Tisch" gegen Altersnachweis)?

  • Schöne sachliche Darstellung. Mir als juristischen Laien kommt es etwas spanisch vor, dass eine GmbH über das Vereinrecht verbote wird.

    Interessant wäre zu erfahren, was eine Ersatzorganisation eines Journoaktivisten wäre. Das ganze ist ja kein Berufsverbot. Und wie balanziert sich das mit der Publikationsfreiheit, wenn eine Vereinigung aufgrund des Publiationsorgans verboten wird, nicht aufgrund der anderen Aktivitäten.

    Das war ja schon bei Linksunten merkwürdig, obwohl Linksunten quasi eine Plattform für Bekennerschreiben war, also etwas anderer Fall.

    In der Presse wurde zum Fall nur ein bisschen Kraftmeierei zum Regimewechsel lanziert. Streng genommen ist aber der Regimewechsel die Aufgabe jeder Opposition, und damit wohl auch für außerparlamentarische Medien statthaft. Beim Antisemitismus fällt Herrn Elsässer wohl seine eigene 90er Jahre Propaganda vom strukturierten Antisemitismus auf die Füße, die es in den letzten Jahren bis in die Verfassungsbehörden geschafft hat. Also Antisemitismus ohne Juden, nur irgendwie strukturähnlich zu etwas, das mal gegen Juden vorgebracht wurde.

    Bei aller Sympathie für's Verbot, ich fürchte, da kommt bald mehr.

    • @Ansgar Reb:

      "Regimewechsel" meint bei Elsässer + Co. nicht Regierungswechsel (wie sie hier - hoffentlich nicht bewusst - missverstehen), sondern Wechsel des Regierungssystems.

      • @Plewka Jürgen:

        Keine Ahnung, ich verfolge seine Medien kaum, das gerichtsfest nachzuweisen ist gewiss nicht ganz einfach.

        Fun Fact, die einzige Person, von der ich je gehört habe, dass sie gegen das Grundgesetz ist, war die Jutta Ditfurth auf dem Tazkongress im Haus der Kulturen, wo sie im Vortrag vor Elsässer warnte, von dem ich nur seine laute antideutsche Phase in den 90ern in Erinnerung hatte, aber damals schon nach rechts schwenkte.

        Die neue Rechte weiss genau, dass man vieldeutig formulieren muss, dog whistling. Regimewrchsel ist nicht eindeutig genug.

  • Ich habe wieder etwas gelernt, danke!



    Eben weil es nicht im BGB, sondern erst im VereinsG steht

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    merci

  • Endlich. War schon lange fällig.

  • „Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass die Pressefreheit zurückstehen muss, wenn eine Publikation verbotswürdige Zwecke verfolgt. Ob sich auch das konkrete Verbot von Compact in Abwägung mit der Pressefreiheit rechtfertigen lässt, wird sich vor Gericht zeigen.“

    Das ist korrekt. Es ist allerdings umstritten, ob das Presserecht als Zuständigkeit der Länder ein „Presseverbot über ein Vereinsverbot“ nicht sperrt.

  • Die rechtliche Einordnung ist interessant, verstärkt aber eher mein Unbehagen an diesem Vorgehen. Gerade durch die weit gefasste Definition von Verein und die sehr allgemein gehaltenen Kriterien kann ein Ministerium (!!!) beinahe nach Belieben und ohne Gerichtsbeschluss Medien verbieten. Dass die sich wiederum gerichtlich wehren können, hilft wenig: solche Prozesse können sich jahrelang hinziehen und dann ist der Schaden bereits getan. Es ist natürlich verlockend, das hinzunehmen, wenn es einen Rechtsextremen wie Elsässer trifft, aber man muss sich doch einem vor Augen führen, was hier passiert: in einem Land, in dem es angeblich keine Zensur gibt, wird eine ganze Zeitung dichtgemacht, deren Inhalte fragwürdig, aber eben nicht strafrechtlich relevant sind (dann hätte man ja einfach klagen können). Meinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit wird das jedenfalls nicht gerecht.

    • @O.F.:

      100% Zustimmung.

  • Na ob das Verbot mehr bringt als das von Indymedia? Letztere sind einfach ne Domain weitergezogen. Auf jeden Fall gibts ein paar Schlagzeilen.

    • @elektrozwerg:

      Das ist so nicht ganz korrekt. Verboten wurde linksunten, quasi ein Ableger aus dem Südwesten.



      Indymedia an sich war davon nicht betroffen.

  • Danke für die aufschlussreiche Erklärung - hilft enorm bei der Einordnung der Massnahme!

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Ja, die Sache scheint auf tönernen Füßen zu stehen. Bietet Stoff für Heldenerzählungen.