Abschiebung von Straftätern: Wie einst Horst Seehofer
Straffällig gewordene Geflüchtete zurück nach Afghanistan? Der Untersuchungsausschuss zum Debakel am Hindukusch beschert ein Déjà-vu.
Und doch will das aktuelle Innenministerium – inzwischen SPD-geführt – genau da weitermachen, wo Seehofer 2021 aufhören musste. Und das, obwohl die Taliban inzwischen ganz Afghanistan kontrollieren. Bundeskanzler Olaf Scholz hat letzte Woche verkündet, künftig Straftäter*innen, Gefährder und Terrorsympathisanten wieder nach Afghanistan und auch nach Syrien abschieben zu wollen.
Hintergrund ist der mutmaßlich islamistische Messerangriff von Mannheim, bei dem ein Afghane einen Polizisten erstach. Wenn Abteilungsleiter Weinbrenner in seiner Antwort dann vom „Handlungsdruck“ spricht, der sich 2021 aus der Zahl der ausreisepflichtigen Afghan*innen in Deutschland ergeben habe, dann darf man davon ausgehen, dass den auch die aktuelle Bundesregierung verspürt.
Lob für die deutschen Pläne gab es am Donnerstag von Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Der Welt sagte er: „Dieses Thema werden wir beim Rat der Innenminister weiter vorantreiben. Am besten wäre eine europäische Lösung in dieser Frage.“
Das deutsche Auswärtige Amt sperrt sich bisher aber gegen die Abschiebepläne und verweist dabei auf die fehlenden diplomatischen Beziehungen zu den Regimen in beiden Ländern. Zu Afghanistan sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schon letzte Woche: „Wie will man mit einem islamischen Terrorregime zusammenarbeiten, mit dem wir gar keine Beziehungen haben?“ Auch andere Grüne sind kritisch, sie führen vor allem humanitäre Gründe an.
Menschenrechtsorganisationen lehnen die Pläne der Bundesregierung ohnehin ab. Wiebke Judith, Rechtsexpertin bei Pro Asyl, sagte der taz, das syrische Regime sei „berechtigterweise international geächtet“. Daran dürfe Deutschland nicht rütteln, genauso wenig dürfe die Isolation der Taliban in Afghanistan beendet werden. In beiden Ländern drohten Abgeschobenen Folter und Tod, die Pläne verstießen deswegen gegen das Völkerrecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Berliner Kurator verurteilt
Er verbreitete Hass-Collagen nach dem 7. Oktober
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar