piwik no script img

Sportswashing von RheinmetallBorussia Dortmund rüstet auf

Kommentar von Johannes Kopp

Die Borussia Dortmund AG und ihr Vorstandsvorsitzender Watzke verbrämen den Deal mit der Rüstungsindustrie als „Rettung der Demokratie“. Geht's noch?

Öffnet dem Sportswashing Tür und Tor: Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund Foto: Bernd Thissen/dpa

W as könnte einem Rüstungskonzern, der verstärkt nach internationaler Wahrnehmung strebt, denn Besseres passieren? Borussia Dortmund verkündet nur wenige Tage vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid, dem wichtigsten Fußballspiel des Vereins im letzten Jahrzehnt, eine Sponsorenpartnerschaft mit dem Unternehmen Rheinmetall.

Ein besseres Timing, um den Teppich auf die Fußballbühne ausgerollt zu bekommen, kann es nicht geben. Und staatstragender hätte die Begründung vom BVB-Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke kaum ausfallen können. „Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen.“ Gerade in der aktuellen europäischen Lage sei das wichtig. Dass der Verein sich seine große Sorge um diese Eckpfeiler in den nächsten drei Jahren mit einem hohen einstelligen Millionenbetrag pro Saison vergüten lässt, vergaß Watzke an dieser Stelle zu erwähnen.

Erinnern könnte man ebenso daran, dass es sich bei Rheinmetall um ein Unternehmen handelt, dessen Geschäftsgrundlage eben nicht darauf beruht, Demokratien wehrhaft zu machen. Russland war über viele Jahre ein guter Kunde und profitiert noch heute davon. Große Deals mit Saudi-Arabien wickelt der Konzern über Tochtergesellschaften ab, um nicht von der Genehmigungspolitik der Bundesregierung für Rüstungsexporte abhängig zu sein. Es ließen sich etliche weitere schmutzige Geschäfte mit dem Tod aufzählen.

Indem Watzke eine Partnerschaft mit diesem profitorientierten Unternehmen zu einer Dienstleistung für unsere Demokratie hochstilisiert, öffnet er dem Sportswashing, also dem Bestreben, mit Hilfe des Sports sich eine gute Reputation zu verschaffen, Tür und Tor.

Dass derlei Geschäfte unter dem Label „Zeitenwende“ von den eigenen Fans akzeptiert werden, kann nach den ersten massiven Reaktionen der Ablehnung als krasse Fehleinschätzung eingestuft werden. Die anstehende Debatte hätte man besser vor der Entscheidung geführt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • Wie ma so hört/liest, hat die "einzig wahre Borussia" besagten Deal vor ein paar Monaten aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt.......

  • Lasst uns auf Friedrich Küppersbusch zu diesem Thema warten :-)

    • @Janix:

      Oh je, der Arme, da wird's persönlich. :)

      • @Bambus05:

        Ja, ich denke, er schwitzt schon jetzt über der kommenden Kolumne.

  • Ja wie? Vorher diskutieren?!!

    Der Mann ist Unternehmer! Woll



    “Nach mir die Sündflut!“



    “Anfang Januar 2024 gab Watzke bekannt, dass er seinen Vertrag als Geschäftsführer von Borussia Dortmund, der bis Ende 2025 datiert ist, nicht verlängern wird. Er scheidet demnach im Herbst 2025 aus.“

    • @Lowandorder:

      Anschließe mich, aber: Vor dem Finale in Wembley so etwas loszutreten, das ist maximal unprofessionell aus der Sicht vieler AnhängerInnen. Die Stimmung ist durchaus nicht unkritisch. Von meinen Kindern wäre ehedem der Kommentar gewiss mit Worten wie "du bist peinlich" oder "wie arm ist das denn" garniert garantiert gekommen. Und wie oft wurde der Begriff "Familie" strapaziert für die Belange der "echten Liebe"!



      Die Wurzeln des Vereins sind nach meiner Einschätzung inkompatibel mit Zielen eines Konzerns aus der Rüstungsindustrie.

      • @Martin Rees:

        Der Zeitpunkt der Bekanntmachung ist wahrscheinlich den gesetzlichen Vorgaben zur Information der Anteilseigner bei kursrelevanten Vorgängen in der Firma bzw. im Verein geschuldet (Stichwort: Ad-Hoc Information).

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. BVB ist doch eine AG, oder? In einer völlig durchkommerzialisierten Branche. Was juckts da denn noch, wo genau das Geld herkommt? Wie sagte nochmal Christian Streich: "Der Gott des Geldes wird immer größer und irgendwann frisst er alles auf." Oder so ähnlich, glaube ich.

    • @HopeDrone:

      Ja, sehe ich auch so. Geld stinkt nicht. Auch beim Profifußball zählt nur der Profit. Das Spiel ist das Produkt, die Spieler die Produktionsmittel. Die Fans die Käufer und die Sponoren Trittbrettfahrer, die sich einen Anteil am Gewinn versprechen.

    • @HopeDrone:

      Zustimmung, aber dann soll man mit dem „echte Liebe“-Gesülze aufhören. Eine moralfreie Veranstaltung die die Kohle am Ende von jedem nimmt wäre ehrlich, der Fußballfan kann dann entscheiden, ob ihm die Moral wurscht und nur der Fußball wichtig ist oder ob er mit seiner Zeit was anderes anfängt.

    • @HopeDrone:

      Gerade weil da 2 AGs zusammenarbeiten: Take the Money and shut Up.

    • @HopeDrone:

      Auch das haben wir einer extrem überschätzten und offensichtlich auch "neoliberal getriggerten / infizierten" Deal-Combo zu verdanken, die sich selbst später ins Abseits stellte und den Verein fast ruiniert hätte. Hätte Dr Rauball später nicht vermittelt, wären auch ernstere Konsequenzen möglich gewesen.



      Dammals im Pott die "Zeitenwende"



      "Ich konnte, neben meinem eigenen, einige erstaunte Gesichter erkennen, die wohl gerne etwas zum besten gegeben hätten. Wir hatten das Gefühl, daß Kritik weiterhin nicht erwünscht ist, Stimm- und Klatschvieh dagegen sehr."



      Quelle



      www.schwatzgelb.de...uptversammlung2000

  • Danke für den Kommentar! Ich ergänze gern:



    Gut zusammengefasst, so dass ich zitiere:



    Mit Rheinmetall-Waffen werden weltweit Menschen getötet - etwa von Saudi-Arabien im Jemen-Krieg oder im Krieg der Türkei gegen die Kurdinnen und Kurden.



    Dabei kannte das Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf auch in den Jahren davor schon keine Skrupel bei seinen Waffengeschäften: Beispielsweise hat „Rheinmetall“ Russland unter Wladimir Putin mit einem modernen Gefechtsübungszentrum ausgestattet – es besteht sogar der begründete Verdacht, dass das Unternehmen auch noch nach der Krim-Annexion 2014 und den daraufhin erlassenen Sanktionen Geschäfte mit Russland gemacht haben soll. Sicher belegt sind die Geschäfte mit dem Emirat Katar: Das Land, in dem Homosexualität unter Strafe steht und das für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen bekannt ist, wurde u.a. mit „Leopard 2“-Panzern und „Panzerhaubitzen 2000“ ausgerüstet. Saudi-Arabien wiederum wurde lange Zeit mit Bomben aus einem Rheinmetall-Werk auf Sardinien beliefert, mit denen Menschen im Jemen getötet wurden. Und Habeck findet es super! Als ehemaliger Grünenwähler finde ich keine Worte mehr.

    • @NaSchu:

      nicht doch, jetzt verraten Sie doch so etwas nicht. Man soll doch als Deutscher nach außen im Sinne des Selbstmarketing immer vorbildlich, ethisch korrekt und stets für den Frieden und Weltoffenheit dastehen. Wenn man behauptet Rassismus, Verkauf von Waffen und Atomkraftwerken in alle Welt gibt es nicht, dann gibt es den auch nicht - verstanden? Und Sie kommen hier mit sowas Unmöglichem wie der Wahrheit. Ein unerträglicher Verrat.

    • @NaSchu:

      Alles im Detail offenlegen, das stärkt die Argumentation gegen solche unmoralischen Deals. Vielen Dank. Mit schwarz-gelben Grüßen und der Bitte um Ergänzung und Fortsetzung.

  • Mein erster Gedanke war, das ist ungewöhnlich, aber okay, Waffen sind auch zur Abschreckung und Verteidigung nötig, insofern danke für die Hinweise auf fragwürdige Praktiken.

    Sind aber nicht die ersten, siehe Schalke & Gazprom, FC Bayern & Katar.

  • Will der BVB durch diese Partnerschaft kriegstauglich werden? Bleibt bitte besser beim Fußball!

    • @Thomas Brunst:

      Da sind die RB Leipzig Dosen vielleicht doch das kleinere Übel. Aber Hauptsache einen Sündenbock ausgemacht. Lenkt so schön vom eigenen Geschmäckle ab.

  • Ich verstehe die Aufregung gar nicht. Ich finde, ein Rüstungsunternehmen passt doch sehr gut zu einem Fußballverein.



    Viele Wörter der Fußballsprache sind der Sprache des Krieges entlehnt (Taktik, Offensive, Defensive, Schuss, Linie etc.).



    Es gibt Blutgrätschen und jede Menge Verletzte.



    Viele Fans verhalten sich vor, während und nach den Spielen äußerst gewaltbereit oder gewalttätig.



    Und Schlachtenbummler waren ursprünglich, so ab Ende des 18. Jh., Menschen, die zu richtigen Kriegsschauplätzen zogen, um aus der Ferne eine Schlacht zu beobachten oder danach über das noch mit Leichen und Verletzten übersäte Schlachtfeld zu ziehen.



    Ich locke natürlich keinen Küchenpsychologen mehr hinter dem Backofen hervor mit der Erkenntnis, dass Sport die Fortsetzung des Krieges mit anderen sublimeren Mitteln ist.

  • Das hätte eher zu Duisburg oder Düsseldorf gepasst. In Dortmund ist der Rhein recht weit entfernt.



    Und vielleicht nicht nur deshalb.

    In der Zwischenzeit könnte die Fußballsprache ja gerne abrüsten bei "Stürmerkanonen" etc.

  • Die Kommunikation hätte anders gehen können, ja vielleicht. Aber dass eine funktionierende und leistungsstarke Rüstungsindustrie für Europa wichtig und zentral ist, sollte man nach zwei Jahren russischer Invasion in die Ukraine verstanden haben. Versteh daher die Kritik nicht.



    Oder wäre das nur zu schmuddelig für's Trikot?



    Für für Geschäfte müsste man wohl eher die Regierung kritisieren.

    • @Marius:

      Der Werbedeal soll sich wohl auf die Bandenwerbung im Stadion beschränken - fürs Logo auf den Trikots war man sich dann wohl doch zu schade (hoffentlich)!

    • @Marius:

      Ja Unternehmen, die mit dem Tod von Menschen weltweit dicke Rendite machen, sind die Garanten unserer Demokratie.



      Ein Hoch auf Rheinmetall, die moralisch einwandfreien Mörder!

      • @TeeTS:

        Wenn der Verteidigungsfall kommen sollte, etwa in Litauen, werden Sie Rheinmetall zu schätzen lernen ;). Für die anderen Fälle können und sollten Sie die Kritik an das entsprechende Gremium der Bundesregierung richten.



        Die Kritik an Rheinmetall halte ich für berechtigt. Der Handel unterliegt jedoch der gesetzlichen Kontrolle und ein Unternehmen für Hochtechnologie braucht auch Absatzmöglichkeiten im Ausland, wenn der infrage kommende Abnehmer im Inland (Bundeswehr) nicht will, kann oder darf.

  • Oh, da kenne ich aber viele, die jetzt ob ihrer hingebungsvollen Liebe zum BVB arg ins Schwitzen kommen. Das lässt dich ja nun nur noch sehr mühsam schönreden.

    • @Tiene Wiecherts:

      Ich bin zwar hingebungsvoller Fan der Dortmunder (da musste ich mit der Fortuna jüngst fürchterliches durchmachen), aber ich hätte denen im kommenden Endspiel die Daumen gedrückt, jetzt will ich, dass sie einen auf die Mütze kriegen.

      • @guzman:

        Aua, es muss heißen ich bin zwar KEIN hingebungsvoller Fan der Dortmunder (diese Einfingertexteingaben sollte ich lassen)

    • @Tiene Wiecherts:

      und auch die Abgrenzung von dem so ach kommerziellen RB wird immer schwerer.