Gleichsetzung von Netanjahu und Sinwar: Die Hamas wird belohnt
Die Welt stellt, ein halbes Jahr nach dem 7. Oktober, nur noch Israel an den Pranger. Das dürfte selbst die kühnsten Träume der Hamas übertreffen.
N och nie ist eine Terrororganisation international so blind aufgewertet worden wie die radikalislamische Hamas. Sie kann sich darüber freuen, dass der barbarischste Massenmord in der Geschichte Israels innerhalb nur weniger Monate dazu geführt hat, dass die Welt auf ihre Propaganda hereinfällt. Allein in dieser Woche hatten die palästinensischen Islamofaschisten gleich mehrfach Grund zu feiern.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, beantragte Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und den Hamas-Anführer in Gaza, Jahia Sinwar, der als Architekt des 7. Oktober gilt. Die Gleichzeitigkeit der Anträge ist politisch gewollt. Sie stellt Netanjahu und Sinwar auf eine Stufe.
Die Vorwürfe unterscheiden sich jedoch fundamental. Völkerrechtlich hat Israel das Recht, sich zu verteidigen. Der Angriff der Hamas war nichts weniger als eine Kriegserklärung. Es stellt sich die Frage, ob Israels Gegenwehr verhältnismäßig ist. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ – eines der am häufigsten missverstandenen Bibelzitate – bedeutet ja gerade, dass für einen Getöteten nicht zehn Gegner umgebracht werden dürfen. Es ist ein Aufruf zur Mäßigung.
Ziele der Hamas und Israels unterscheiden sich
Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der israelischen Kriegsführung ist also ebenso berechtigt wie die nach Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und möglicherweise begangenen Kriegsverbrechen. Gegen Letztere ermittelt die israelische Justiz bereits.
Bei der Hamas dagegen handelt es sich zweifellos um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ein Video von dieser Woche, in dem Hamas-Männer jungen weiblichen Geiseln offen mit Vergewaltigung und Zwangsschwangerschaft drohen – möglicherweise längst umgesetzt –, belegt dies einmal mehr. Das Ziel der Hamas ist die Zivilbevölkerung, während die israelische Armee den Tod von Unbeteiligten allem Anschein nach billigend in Kauf genommen hat – unabhängig von der Zahl der Toten ein gewichtiger Unterschied.
Dennoch stellt die Welt mittlerweile nur noch Israel an den Pranger. Auch wenn die Hamas beispielsweise den Grenzübergang für humanitäre Hilfe mit Raketen beschießt, trägt sie offenbar keinerlei Verantwortung dafür, dass in Gaza gehungert wird. Und es ist dieser Diskussion geschuldet, dass Norwegen, Irland und Spanien nun einen nicht existierenden „palästinensischen Staat“ anerkannt haben – ein Schritt, den es ohne den 7. Oktober nicht gegeben hätte.
Vermutlich hat nicht einmal die Hamas selbst damit gerechnet, dass sie für ihre Verbrechen derart belohnt werden würde. Terror hat sich für Gazas Islamisten ausgezahlt, denn die Welt begreift noch immer nicht, mit wem sie es bei der Hamas zu tun hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies