piwik no script img

Legalisierung von Cannabis wackeltDer lange Weg zur Tüte

Am Freitag könnte der Bundesrat den für Anfang April geplanten Start der Cannabis-Teillegalisierung verzögern. Könnte das Gesetz am Ende ganz scheitern?

Wird das noch was? Die Cannabis-Legalisierung kippelt Foto: Christian Charisius/dpa

Berlin taz | Die eine oder der andere sieht sich am 1. April schon das erste legale Tütchen drehen. Aber eine Hürde ist noch zu nehmen: An diesem Freitag entscheidet sich, ob das im Bundestag bereits beschlossene Cannabis-Gesetz wie geplant in Kraft tritt oder von den Ländern im Bundesrat gestoppt wird. Hinter den Kulissen wird bis zur Abstimmung selbst gerungen. Der Traum mancher Landespolitiker aus CDU und CSU, das Gesetz noch ganz auszuhebeln, scheint aber unrealistisch.

Das Cannabis-Gesetz soll einen Paradigmenwechsel einläuten. Ab dem 1. April sollen der Eigenanbau von bis zu 3 Hanfpflanzen sowie der begrenzte Besitz und Konsum legalisiert, ab 1. Juli auch nichtkommerzielle Anbauvereinigungen erlaubt werden. Mit der Teillegalisierung soll eine rückwirkende Amnestie für Fälle einher­gehen, die nach dem neuen Gesetz nicht strafbar sind.

Bevor das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, steht es allerdings noch auf der Tagesordnung des Bundesrats. Weil es sich nicht um ein Zustimmungsgesetz im Sinne des Grundgesetzes handelt, kann die Länderkammer höchstens Einspruch erheben. Davor müsste eine Mehrheit im Bundesrat für einen Vermittlungsausschuss stimmen.

Bei der nun anstehenden Sitzung kommen zunächst die weitestgehenden Anträge zur Abstimmung, in denen gefordert wird, im Ausschuss über die Aufhebung oder Überarbeitung des ganzen Gesetzes zu sprechen. Absehbar gibt es dafür keine Mehrheit. Mehr Chancen hat eine Anrufung des Vermittlungsausschuss mit weniger weitgehenden Zielen, etwa der Verschiebung des Startbeginns. Im Vorfeld hatten partei­übergreifend Lan­des­po­li­ti­ke­r*in­nen kritisiert, dass das schnelle Inkrafttreten Justiz und Polizei überfordere.Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wittert darin offenbar eine Chance, das Gesetz ganz zu stoppen.

Späte Zugeständnisse an die Länder

„Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem Vermittlungsausschuss herauskommt“, schrieb er am Wochende auf einer Internetplattform. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nahm die Vorlage auf und warnte: Wenn es zum Vermittlungsausschuss komme, werde die Union das Gesetz dort „mit Tricks“ stoppen. Die Befürchtung: CDU und CSU könnten die Beratungen so lange verschleppen, bis die Legislaturperiode vorbei ist.

Einige Grüne und So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen in den Ländern, die eigentlich Änderungen am Gesetz wollten, sind dadurch ins Grübeln geraten: Sollen sie die Legalisierung doch lieber mit Mankos durch den Bundesrat winken, statt das Projekt in Gänze zu gefährden? In Sachsen etwa gingen die mitregierenden Grünen und SPD umgehend auf Kontra zu Kretschmer und erklärten, dass sie eine Blockade nicht mittragen werden – Sachsen müsse sich im Bundesrat enthalten. In anderen Landesregierungen ringt man bis zum Schluss.

In einer mehrseitigen Protokollerklärung hatte Gesundheitsminister Lauterbach zuletzt noch Zugeständnisse an die Länder gemacht – er will Großplantagen verhindern und mehr Geld für die Suchtprävention bereitstellen. Am Start­termin der Strafamnestie will der Minister aber festhalten. Ob die Erklärung ausreicht, um den Vermittlungsausschuss abzuwenden, ist also unklar.

Aber auch wenn nicht, wäre das Vorhaben nicht automatisch tot. Hendrik Hoppenstedt (CDU), Vorsitzender des Vermittlungsausschusses, verweist darauf, dass die Regierungskoalition auch in dem Gremium eine Mehrheit hat. „Die Ampel könnte jederzeit ein ihr genehmes Ergebnis durchstimmen“, sagte er der taz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Diejenigen die einen restriktiveren Umgang mit Cannabis befürworten sollten vielleicht alle Hanfgewächse verbieten.



    Bier ist ja kein Broccoli und Familie ist den beiden C-Parteien ja wichtig.

    Hopfen (Humulus) ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae)



    Quelle: Wikipedia

  • Für mich macht das wirklich den Eindruck von Inkomepetenz.

    Eine Stelle, die irgendwie auch hier nicht ausreichend beleuchtet wird, ist das Weitergelten der 0,0 Grenze des Straßenverkehrsrechtes:



    Es ist doch logisch, dass es eine Erhöhung geben muss, auch über die von Gerichten längst entschiedenen und in der Praxis geltenden etwas höehren Werte. Wie kann es denn sein, dass ich Samstags legal kiffe, um dann Montags früh auf dem Weh zur Arbeit meinen Führerschein zu verlieren?

    Und das ist es, was ich nicht verstehe, diese merkwürdige Unfertigkeit, auch was die rückwirkende Straffreiheit anbetrifft und jüngst die Begrenzung der Anbaufläche. Das weiß man doch bzw. kann es antizipieren, dass da Regelungsbedarf besteht. Und dieses Gesetz wurde ja nicht in drei Wochen erstellt. Als sei kein wirklicher Umsetzungswille vorhanden und das Scheitern quasi gewünscht.

    Als Jahrzehnte lang Kiffender ist mein Fazit: auch ich bin gegen das Gesetz.

  • „Die Ampel könnte jederzeit ein ihr genehmes Ergebnis durchstimmen“, sagte er der taz."



    Na dann...



    /



    Doch Dobrindt droht bei Drogen mit: Rückabwicklung❗



    Genaues im Archiv der "Hauspostille" Vier-Letter-Gazette😱

  • Werte Politikerinnen und Politiker,



    wer Cannabis konsumiert, der tut es auch ohne dieses Gesetz. Man kauft die Ware dann halt im Schwarzmarkt, meist da wo es auch die harten Drogen gibt.



    Wäre es legal, so könnte man es dort kaufen, wo es eben keine anderen Drogen gibt. Die Gefahr so mit härten Drogen in Kontakt zu kommen ist um Faktoren geringer.



    Was also spricht verdammt nochmal dagegen, dass man es legal erwerben kann, ohne in " dunkle Ecken" zu müssen.



    Nur zur Info: Ich rauche seit Jahrzehnten nicht(s) mehr, rede also nicht aus Eigeninteresse.