Deutschlands Emissionsbilanz 2023: Nicht ganz saubere Rechnung

Deutschland scheint seine Klimaziele bis 2030 schaffen zu können. Das ist super – lohnt aber einen Blick ins Kleingedruckte.

Stau auf einer Autobahn.

Zu viele Autos mit Benzinantrieb: Stau auf der Autobahn A59 im Feierabendverkehr in Duisburg Foto: Funke Foto Services/imago

Moment mal, gute Nachrichten in der Klimapolitik? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat verkündet, Deutschland sei „auf Kurs“ zu den Klimazielen für 2030. Bis zum Ende des Jahrzehnts müssen die klimaschädlichen Emissionen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent sinken, so schreibt es das deutsche Klimaschutzgesetz vor. Jetzt hat das Umweltbundesamt seine jährliche Klimabilanz gezogen. Bis 2030, schätzt die Behörde, werde es zu einer Reduktion um 64 Prozent kommen, wenn es im bisherigen Tempo weitergeht. Durch Übererreichen der Klimaziele in den Jahren bis 2030 werde Deutschland im Prinzip sogar den einen fehlenden Prozentpunkt zum Ende des Jahrzehnts ausgleichen.

Es läuft gut bei der Energiewende und das ist toll. Ein genauerer Blick in die Daten lässt aber auch Zweifel aufkommen: Erstens sind die Projektionen des Umweltbundesamts nicht auf dem neuesten Stand. Die Behörde hat die Haushaltskrise noch nicht berücksichtigt. Die hat dazu geführt, dass dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes 60 Milliarden Euro fehlen. Wenn Habeck argumentiert, bei den Sparmaßnahmen habe die Regierung zentrale Klimaschutz-Projekte verschont, stimmt das nur halb.

Es fallen zum Beispiel durchaus Gelder für die Gebäudesanierung weg. Und dass Deutschlands Häuser zu viel Heizenergie brauchen, ist eines der großen Probleme beim Klimaschutz. Auch das zeigt die aktuelle Bilanz des Umweltbundesamts: Die Gebäude haben 2023 schon wieder mehr Emissionen verursacht als erlaubt. In der Gesamtschau wird das überdeckt, weil es zum Beispiel erfreulich wenig Kohlestrom gab und die Industrie durch die schwache Wirtschaft wenig Güter und entsprechend auch wenig Emissionen produziert hat.

Deutschlands viele Autos stehen im Weg

Zweitens ist es mit dem Klimaschutz ja 2030 nicht vorbei. Im Gegenteil: Dann muss es in den Endspurt bis zur Klimaneutralität 2045 gehen. Irgendwann klappt es nicht mehr, Emissionsmengen zwischen den Sektoren wie Energiewirtschaft und Verkehr hin und her zu jonglieren – weil schlicht überall schon fast eine Null stehen muss. Dem stehen auch die vielen Autos in Deutschland im Weg, die nach wie vor größtenteils mit Benzin und Diesel laufen. Auch im Verkehr wurden die gesetzlichen CO2-Grenzwerte mal wieder gerissen. Generationen von Re­gie­rungs­po­li­ti­ke­r*in­nen haben es verweigert, das Problem anzugehen – und die Ampelkoalition und ihr Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sind da kaum eine Ausnahme. Das verschärft übrigens nicht nur die Klimakrise, sondern auch wirtschaftliche Nöte vieler Menschen: Schließlich ist von enorm steigenden CO2-Preisen auszugehen. Wer noch auf fossile Gerätschaften angewiesen ist, seien es Autos oder Heizungen, für den wird es bald teuer.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.