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ICAN-Vorstand zu deutscher Atombombe„Die Debatte ist Zeitverschwendung“

Nukleare Aufrüstung in Europa führe nicht zu mehr Sicherheit, sagt Florian Eblenkamp vom Bündnis gegen Atomwaffen ICAN. Er warnt vor einem neuen Wettrüsten.

Eine Übung für den nuklearen Ernstfall in Norwegen 1960 Foto: NTB Scanpix/AKG

Herr Eblenkamp, was wäre Ihnen lieber: Eine deutsche Atombombe oder eine gesamteuropäische?

Florian Eblenkamp: Keine der beiden Optionen ist praktikabel – weder technisch noch völkerrechtlich. Politisch wären sie auch nicht opportun. Diese Diskussion ist Zeitverschwendung.

Welche technischen Gründe sprechen gegen die Vorschläge?

Eine eigene Atombombe zu produzieren, würde Jahrzehnte dauern und unfassbare Ressourcen verschlingen. Man kann nicht einfach Uran kaufen und dann schnell so ein Ding bauen, sondern braucht sehr spezielle Technik, die nicht mal eben im Internet verfügbar ist. Dazu kommt die Frage, welche militärischen Fähigkeiten man zusätzlich bräuchte, um die Atomwaffen tatsächlich einzusetzen.

Im Interview: Florian Eblenkamp

Er ist Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland, einer globalen Kampagne gegen Atomwaffen. ICAN setzt sich für eine Welt ohne Atomwaffen ein und erhielt 2017 den Friedensnobelpreis.

In der Diskussion ist auch ein Modell, in dem sich Europa an den französischen Atomwaffen beteiligt. Die gibt es schon.

In dem Fall kämen aber politische Hindernisse dazu. Wer hätte Zugriff auf diese Bombe? Wer zahlt wie viel dafür? Wie viele dieser Bomben werden geteilt? Außerdem hat sich Deutschland im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) völkerrechtlich dazu verpflichtet, keine Kontrolle über Atomwaffen zu erlangen. Man müsste aus diesem Vertrag, der ohnehin schon an Glaubwürdigkeit verloren hat, aussteigen. Das würde sein Ende einläuten. Andere Staaten würden dem Beispiel folgen und man hätte am Ende sicherlich nicht an Sicherheit gewonnen.

Der Vertrag stammt aus den 1960ern. Die Welt ist heute eben eine andere.

Das kann man so sehen. Der Nichtverbreitungsvertrag basierte ja darauf, dass alle Staaten darauf verzichten, sich nuklear zu bewaffnen. Ausgenommen sind nur die USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland, die damals schon Atomwaffen besaßen und diese vorerst behalten durften. Sie haben sich im Gegenzug dazu verpflichtet, perspektivisch vollständig abzurüsten. Das ist aber nicht passiert. Im Gegenteil, die Atomwaffenprogramme werden aktuell modernisiert. Gerade deswegen haben ja auch viele Staaten reagiert und sich vor einigen Jahren zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) zusammengefunden. Darin lehnen sie die Existenz von Atomwaffen kategorisch ab.

Zu atomarer Abrüstung hat dieser Vertrag bisher aber auch nicht geführt.

Er prägt die Agenda der internationalen Nuklearpolitik mittlerweile maßgeblich – weil alle anderen Abkommen zum Thema entweder gekündigt wurden oder im Stillstand verharren. Und es treten immer noch neue Staaten bei. Bis zum Sommer ist wohl der Beitritt Indonesiens und Brasiliens durch, dann sind fünf der zehn größten Länder der Welt dabei. Die aktuellen Kriege machen natürlich alles nicht leichter, aber einen Hoffnungsschimmer gibt es.

Kommt es am Ende nicht auf die Atomwaffenstaaten an? Von denen ist beim AVV keiner dabei.

Absolut, die müssen ins Gespräch einsteigen. Die Frage ist: Wie kriegen wir das hin? Ein schlauer Move wäre, wenn sich mehrere Nato-Staaten dem AVV anschließen oder zumindest konstruktiv mit ihm zusammenarbeiten und damit den Ball zurück an China und Russland spielen.

So wie die Bundesregierung, die als Beobachterin an den jährlichen Konferenzen zum Vertrag teilnimmt?

Ja. Wenn alle Nato-Staaten dem Beispiel folgen würden, hätten sie schon mal einen großen Schritt gemacht. Dann könnten sie glaubwürdig sagen: Wir sind bereit zu reden und die Gegenseite nicht. Dann müssten sich China und Russland eine neue Position ausdenken.

Ganz praktisch machen Atomwaffen im Moment aber einfach einen Unterschied. Auslöser für die aktuelle Debatte ist das drohende Comeback von Donald Trump in den USA. Stellen wir uns vor, die USA treten unter ihm nächstes Jahr aus der Nato aus. Russland greift das Baltikum an und droht gleichzeitig dem Rest Europas mit seinen Atomwaffen. Eingreifen würde dann wohl niemand – weil die nukleare Abschreckung zugunsten Moskaus funktioniert.

Wir sollten nicht jede dumme Aussage von Trump überbewerten. Es ist nicht gesagt, dass er die Wahl gewinnt und nicht, dass er als Präsident wirklich aus der Nato aussteigen würde. Es ist nicht gesagt, dass Putin das Baltikum überfällt und Europa die Füße stillhalten würde, falls doch. Gleichzeitig müssen wir uns fragen, wie weit wir dieses atomare Spiel denn mitspielen würden. Rüstet Europa nuklear auf, führt das ja nicht zu einer Entspannung, sondern zu einer Eskalation. Putin würde entsprechend nachlegen und schon sind wir in einem Überbietungswettbewerb mit Massenvernichtungswaffen.

In der Ukraine sehen wir doch gerade, dass die nukleare Abschreckung funktioniert: Aus Angst vor den russischen Atombomben verzichtet der Westen darauf, an der Seite der Ukraine direkt einzugreifen.

Erstens ist fraglich, wie gut die russische Abschreckung wirklich funktioniert. Waffenlieferungen finden ja trotz russischer Drohungen statt, und zum großen Teil auch aus anderen Atomwaffenstaaten. Auch die Bundesregierung hat, meist nach gründlichem Abwägen, noch jede Waffenart geliefert, vielleicht auch bald Taurus. Das zeigt eigentlich, dass nukleare Abschreckung eben in der Praxis gar nicht so gut funktioniert. Selbst für Russland, das sich ohne Zweifel willens und fähig zeigt, ZivilistInnen im großen Stil zu massakrieren.

Und zweitens?

Zweiten ist es zwar eine berechtigte Sorge, nicht in einen direkten Konflikt mit Russland geraten zu wollen. Es ist aber spekulativ, ob es ohne diese Atomwaffen tatsächlich einen Bodeneinsatz Nato in der Ukraine gäbe. Für viel entscheidender halte ich dabei das konventionelle Abschreckungspotential, das Russland ja auch hat. Ob man sich wirklich auf einen Bodenkrieg mit Russland einlassen würde, ist ja noch mal eine andere Frage als die nach einem Atomkrieg. Diese Ebene wird mir in der Diskussion zu oft übersprungen.

Ihre Organisation setzt sich seit fast 20 Jahren gegen Atomwaffen ein. Zu Beginn war das politische Klima dabei sicherlich noch günstiger als heute. Um wie viel schwieriger ist Ihre Arbeit seit Beginn des Ukraine-Kriegs vor zwei Jahren geworden?

Natürlich nimmt international der Druck zu, den die atomar bewaffneten Verbündeten auf Deutschland machen: Die Bundesregierung soll sich nicht kritisch über Atomwaffen äußern. Das macht es schwieriger, im Inland Fortschritte zu erzielen. Bei meinen Gesprächen im Bundestag und in den Ministerien habe ich aber weiterhin nicht das Gefühl, dass da ernsthaft jemand Atomwaffen gut findet. Man ist dort nicht von deren sicherheitspolitischem Wert überzeugt, sondern will einfach den Eindruck der Geschlossenheit des Westens nicht gefährden.

Auch die innenpolitische Debatte hat sich aber geändert. Anlass für die aktuelle Diskussion war eine Äußerung aus der SPD. Sogar Linksliberale denken heute über europäische Atomwaffen nach.

Ja, dahinter steckt offenbar ein Mix aus Überreaktion nach den Aussagen von Trump, ein bisschen Ratlosigkeit und mangelnde Kenntnis über die rechtlichen, technischen und politischen Grundlagen.

Sehen Sie die Grünen noch an ihrer Seite? Joschka Fischer fordert bereits europäische Atomwaffen.

Insgesamt sind dort sicher nicht alle auf unserer Seite. Grundsätzlich habe ich aber den Eindruck, dass in der Partei mehrheitlich immer noch eine sehr grundsätzliche Haltung gegen Atomwaffen vorherrscht. In der aktuellen Diskussion ist es nur schwer, damit einen Punkt zu machen. Im Wahlprogramm zur Europawahl steht als Forderung immerhin der Beitritt aller europäischen Staaten zum Atomwaffenverbotsvertrag. Ich bin gespannt, wie die Grünen damit im Wahlkampf tatsächlich umgehen werden.

Wie gehen Sie als Organisation strategisch mit der neuen Weltlage und dem Umschwung in der öffentlichen Meinung um?

Früher haben wir stark humanitär argumentiert: Wir müssen den Überlebenden von Hiroshima zuhören und die Opfer von Atomwaffentests entschädigen. Heute sind unsere Argumente stärker auf die sicherheitspolitische Debatte ausgerichtet: Bringen Atomwaffen wirklich Sicherheit? Und wie kann man Sicherheitspolitik ohne sie gestalten? Wir passen uns argumentativ also schon an die neue Lage an. Gleichzeitig versuchen wir, mit neuen Partnern aus der Zivilgesellschaft ins Gespräch zu kommen und eine neue Bewegung aufzubauen. In Deutschland haben sich gerade erst der BUND und verschiedene kleinere Organisation unserer Kampagne angeschlossen.

Hat sich in den vergangenen beiden Jahren nicht auch die Bündnisarbeit erschwert? Einige Gruppen der klassischen Friedensbewegung, zum Teil auch Partner von ICAN, haben sich mit ihren Positionen zum Ukraine-Krieg ins gesellschaftliche Abseits manövriert.

Wir sind nicht in dem Sinne mit der klassischen Friedensbewegung in einer gemeinsamen Struktur, dass wir uns gegenseitig unsere Positionen vorschreiben. Wir arbeiten punktuell zu einem bestimmten Thema zusammen und das auch ganz gut. Natürlich sind bestimmte Äußerungen für unsere politische Kontaktpflege nicht immer hilfreich. Aber als dramatisch empfinde ich das nicht.

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22 Kommentare

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  • Da unser Land jetzt nicht so riesig ist, um irgendwo ein paar Atomwaffen für einen Zweitschlag zu verstecken, bräuchten wir gleich auch ein paar mit Interkontinentalraketen bestückte Atom-Uboote samt Logistik. Da bräuchten wir wahrscheinlich eine verschärfte "Kriegswirtschaft" um das in ein paar Jahren hin zu bekommen. Also eher utopisch oder besser dystopisch.

    • @Axel Schäfer:

      Die Pläne für die Dolphinklasse liegen noch immer bei der Werft wo sie gebaut wurden.

      Wir haben den Israelis zwar versprochen sie nicht an andere Länder zu liefern, aber für uns selbst welche zu bauen war damit sicher nicht gemeint.

    • @Axel Schäfer:

      Die Amerikaner hatten da einen Plan, als Güterzüge getarnte Raktenabschussrampen die konstant durch das Land fuhren, so etwas kann man in Europa auch machen. Und in Skandinavien kann man auch mobile Abschussrampen gut verstecken.

  • Wie andere hier frage ich mich warum Deutschland so lange oder länger für die Entwicklung einer solchen Waffe brauchen sollte als Nordkorea oder der Iran. Nicht weil wir schlauer sind, sondern weil uns keine Sanktionen im Weg sind und wir uns vielleicht von unseren Nachbarn und Verbündeten ein paar Tipps holen könnten.

    • @Waagschale:

      Die Tipps gibt es bereits. 1985 wurde die Rainbow Warrier versenkt. Sie war an Protesten gegen französische Kernwaffentests beteiligt. Vor allem in Deutschland sah man die kritisch. Damit Deutschland die Tests offiziell akzeptiert, soll es eine Vereinbarung gegeben haben, nach der Frankreich die gesammelten Testdaten auch Deutschen zur Verfügung stellt, womit dann Simulationen gerechnet werden können. Das wäre dann ein anderes Niveau als Nordkorea oder Iran.

  • Das vermutete Szenario ist falsch. Bislang hält sich Russland an internationale Übereinkommen und kriegerische Auseinandersetzungen beschränken sich auf die Ukraine. Sollte es jedoch gegen die NATO gehen, weiß Russland von dem Abwehrgürtel, den man in den zwei Jahren aufgebaut hat. Um den zu überwinden würden taktische Bomben eingesetzt. Damit hätte sich das Thema Abschreckung erledigt. Vielmehr würden die Folgen bewertet und die Praktikabilität sichtbar. Wie bewegen sich die russischen Truppen durch das verseuchte Gebiet? Was ist mit den angegriffenen Einheiten? Wären sie kampfunfähig oder wären sie nur punktuell geschwächt? Je nachdem würde man versuchen daraus zu lernen.

    • @mdarge:

      Russland hält sich an internationale Übereinkommen????

      KSZE-Abkommen, Pariser Verträge, Budapester Memorandum, NATO-Russland-Grundakte, die ganzen bilateralen Abkommen mit der Ukraine....alles hat Moskau durch den Überfall auf die Ukraine (seit 2014) in die Tonne getreten...übrigens kann selbsterklärt mit dem Ziel, eine neue völkerrechtliche Ordnung (Was Rußland sagt, ist in Europa Gesetz) zu etablieren.

  • Diejenigen die ggü. Russland auf (einseitige) Abrüstung und das Schaffen von Verständnis setzen, können das ja mal zunächst innenpolitisch im Verhältnis zur AfD probieren. Das sind nämlich Putin geistige Brüder.

    "Kein fußbreit den Faschisten" und "Nieder mit den Waffen" schließt sich aus sobald die Faschisten Waffen haben.

    • @Chris McZott:

      Sofern es in Ordnung ist möchte ich an dieser Stelle ein Zitat aus der Serie "Die Simpsons" anbringen:



      "Their white flags are no match for our muskets!"

      • @Waagschale:

        Gerne. Simpsons-Zitate gehen immer ;)

  • "Ja. Wenn alle Nato-Staaten dem Beispiel folgen würden, hätten sie schon mal einen großen Schritt gemacht. Dann könnten sie glaubwürdig sagen: Wir sind bereit zu reden und die Gegenseite nicht. Dann müssten sich China und Russland eine neue Position ausdenken."

    Schätze mal, das würde denen dann sonst wo vorbeigehen.

    Ich habe selten ein Interview mit so vielen naiven und gefährlichen Äußerungen gelesen wie dieses,

    Gottlob hat der gute Mann nicht so viel zu melden und kann zu Hause in der guten Stube seinen Friedensnobelpreis bewundern.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    1.. Der NVV steht einer . „nuklearen Teilhabe“ nicht entgegen; siehe



    ==



    "" ZweiSchlüssel-Vereinbarungen“"",



    ==



    die festlegen, dass der Kernwaffenstaat und der Staat, in dessen Hoheitsgebiet Kernwaffen stationiert sind, nur gemeinsam über deren Einsatz entscheiden kön-



    nen.

    Eine durch den NVV verbotene Weitergabe von Kernwaffen



    an einen Nichtkernwaffenstaat bzw. die Erlangung der alleinigen Verfügungsgewalt über Kern-



    waffen durch einen Nichtkernwaffenstaat erfolgt weder im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“



    noch im Rahmen einer bloßen Stationierung von Kernwaffen auf dem Territorium eines Nicht-



    kernwaffenstaates.

    Mit dem NVV konform sind Beratung, Planung und Übungen von Mitgliedern eines



    Verteidigungsbündnisses im Bereich der nuklearen Verteidigung sowie die Stationierung von Nuklearwaffen auf dem Territorium eines Nichtkern-waffenstaates.

    Klartext:



    Atomare Teilhabe ist erlaubt - und Statitionierung von Atomwaffen innerhalb eines Verteidigungsbündnisses.

    2.. Große Teile der französischen Force de Frappe sind auf Atom-U-Booten stationiert und Großbritannien setzt auch atomar fast ausschließlich auf seegestützte Systeme.

    Klartext: Herr Eblenkamp hat die Zeitenwende - Debatte nicht verstanden.

    Die Russische Förderation setzt bereits die Drohung vom Einsatz mit Atomwaffen ein um ungehindert einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine führen zu können.

    Die Debatte lautet: Wie kann die Bundesrpublik diese Drohung neutralisieren ohne 2+4 und NVV zu verletzen?

    3. Die Ukraine hat 1994 ihre Atomwaffen an die russische Förderation zurück gegeben mit dramatischen Folgen die den russischen Vernichtungskrieg



    gegen die Ukraine erst ermöglicht hat.

    Nach heutiger Erkenntnis - wenn die Rückgabe an die Russische Förderation kein Fehler war - war es ein Fehler die Ukraine 2008 nicht unter den Schutzschirm der NATO zu lassen?

  • Herrn Eblenkamps Position ist so ein bisschen wie das sprichwörtliche Pfeifen im Wald: Wird schon nicht so schlimm werden!

    Vorausschauende Politik sieht allerdings anders aus. Bei einem weiterhin kriegs- und eroberungslüsternen Putin finde ich es keine beruhigende Perspektive, den Launen eines erratisch agierenden Präsidenten Trump ausgeliefert zu sein, der im Zweifelsfall findet, dass die europäischen Probleme Amerika nichts angehen.

    Nehme ich Herrn Eblenkamp beim Wort, wonach der Aufbau einer eigenen Atommacht "Jahrzehnte" dauert (was ich stark bezweifle), dürfte es dann nämlich zu spät sein. Schlicht naiv ist jedenfalls die Vorstellung, würden sich einige NATO-Staaten dem AVV anschließen, also gewissermaßen in Vorlage treten, kämen Russland und China gewissermaßen ins Grübeln und würden ihrerseits abrüsten. Der Verzicht der Ukraine auf ihre Atomwaffen ist ihr jedenfalls nicht gedankt worden.

    Ich will hier keiner atomaren Aufrüstung der EU das Wort reden, weil damit viele weitere Probleme verbunden wären, aber die Ausführungen von Eblenkamp sind mir dann doch etwas zu unterkomplex.

  • "Erstens ist fraglich, wie gut die russische Abschreckung wirklich funktioniert."

    In der Tat. Man kann trefflich darüber streiten, ob sie gut oder sehr gut funktioniert.

  • Woher kommt die Meinung, dass der Bau Jahrzehnte dauern würde? Deutschland hat sowohl das Wissen als auch die Maschinen dafür bzw. könnte sie relativ schnell bauen.

    Wichtiger aber: das notwendige Material zum Bau einer Nuklearwaffe, Plutonium 239 und Uran 235 ist bereits "gebrauchsfertig" tonnenweise vorhanden. Das ist ein Abfallprodukt der Reaktorflotte, die mal bei uns in Betrieb war.

    Deutschland müsste also nur das Material aus dem Abfall gewinnen, Anreicherung unnötig.

    Das dürfte keinesfalls Jahrzehnte dauern, sondern ein paar Jahre. Und dann hat man die Waffe.

    Die Frage ist aber: wozu? Ein Deutschland mit Nuklearwaffen war im Nachkriegs-Europa immer ein Horrorszenario, die Frage ist, wie das nun heutzutage aussehen würde. Es würde jedenfalls das Mächteverhältnis deutlich verschieben.

  • Jahrzehnte ??

    Sorry, aber da die nötige Technologie



    vorhanden ist, würde der Bau wohl



    unter 2 Jahren liegen vielleicht sogar



    noch schneller wenn Japan einen Teil



    seiner Plutoniumreserven liefert.

  • Es würde Jahrzehnte dauern, bis D eine eigene Atombombe hätte?



    Das bezweifle ich. Insbesondere, wenn Nachbarländer wie F dieser Entwicklung zumindest neutral gegenüberständen. Es wäre dann nicht wie im Iran, bei der die Entwicklung durch Sanktionen und Sabotage erschwert würde.

  • Solange wir uns nicht erpressen lassen, brauchen wir keine Atomwaffen und können auch ganz offiziell dazu stehen. Deswegen sollten die Taurus gerade jetzt geliefert werden, um da keine Zweifel aufkommen zu lassen.

  • Nun wissen wir seit 2014, dass ein einseitiger Atomwaffenverzicht, wie ihn das Budapester Memorandum vorsah, das Papier nicht wert ist.

    Hätte die Ukraine ihre Atomwaffen behalten, wäre Russland kaum einmarschiert.

    Die Spekulationen von Herrn Eblenkamp über Bälle, angeblich neu auszudenkende Positionen und Eskalationen sind mir zu wenig.

  • Ein Traumtänzer.

    Es ist der alte Irrglaube,. dass wenn man selbst seine Waffen zerstört, der Feind es auch tut.

    Nein, der greift dich dann an und unterwirft dich.

    • @Kevin Merkel:

      Als Jahrgang 63 bin ich mit diesem Kalter-Krieger-Gequatsche aufgewachsen. Das heute wieder vermehrt über atomare Aufrüstung geredet wird, ist globales politisches Versagen.

    • @Kevin Merkel:

      Mag sein, dass Eblenkamp unrealistische radikalpazifistische Träumereien vertritt. Aber in der Atomwaffendebatte liegt die Traumtänzerei doch bei denjenigen, die eine "eigene Atombombe" für machbar und wirksam halten.



      Eine wirkungsvolle Abschreckung gegenüber dem russischen Arsenal ist ohne die amerikanischen Atomwaffen schlicht nicht möglich. Die britischen oder französischen Waffen taugen aus technischen Gründen (keine diversifizierten Nuklearfähigkeiten) auf absehbare Zeit nur sehr begrenzt als Gegengewicht; ein noch gar nicht existierendes deutsches oder europäisches Arsenal natürlich noch viel weniger. Eine einzelne "Bombe" ist ohne Diversifizierung und Zweitschlagsfähigkeit völlig nutzlos.