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Hetzplakate an der WohnungstürNachbarn bedrohen Schwarze Familie

In dem links-bürgerlichen Hamburger Stadtteil Ottensen bedrohten Nachbarn eine Schwarze Familie, ein Kinderwagen ging in Flammen auf.

Der benachbarte Fußballverein Altona 93 unterstützt die angegriffene Familie Foto: Christophe Gateau/dpa

Eine Schwarze Familie ist in dem zu Hamburg-Altona gehörenden Stadtteil Ottensen aus ihrer Nachbarschaft bedroht worden. „Sie waren erst vor ein paar Monaten eingezogen“, sagt Klaus-Peter Berndt von der Linken Altona, aber von Anfang an seien sie von mehreren Seiten rassistisch angegangen worden. „Sie sagen, wir seien Tiere, ich käme aus dem Busch“, erzählte die Mutter der Hamburger Morgenpost. Inzwischen ist sie mit den Kindern abgetaucht.

An ihrer Wohnungstür fand die Familie Plakate vor mit Slogans wie „Das Pack erschießen oder zurück nach Afrika prügeln“, dazu das Logo der AfD. Ein Bild zeigt einen leeren Abschiebeflieger mit der Botschaft „Es sind noch Plätze frei“. Auf die Fußmatte der Familie wurde Müll gekippt, und in der Nacht zum Montag brannte vor der Haustür in der Griegstraße der Kinderwagen ab. Der Reporter des Hamburger Abendblatts fand nur noch einen „Haufen Asche und ein verkohltes Metallgestell“ vor.

Für Ärger bei der Nachbarschaft sorgte wohl, dass eines der Kinder nicht zur Kita gegangen und „sehr lebhaft“ gewesen sei, so Linken-Mann Klaus-Peter Berndt, der von der Geschichte selbst über soziale Netzwerke erfahren hat. „Aber das rechtfertigt doch nicht so was!“

Die Instagram-Gruppe ottensen.hamburg berichtete von dem Vorfall mit einer „Triggerwarnung“, in drei Tagen gab es 119 Kommentare: „hatte die Hoffnung das wir sowas hinter uns gelassen haben, aber offensichtlich leider nicht“, schreibt ein User, und eine andere wünscht „Ganz viel Kraft an die Familie!“

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Die Linke in Altona hat zusammen mit anderen Parteien, Geschäftsleuten, Stadtteilkitas und Kirchengemeinden am Freitag um 16 Uhr zu einer Demo aufgerufen, die vom Bahnhof Altona aus durch Ottensen ziehen soll, Motto: „Ottensen bleibt bunt – Alle zusammen gegen Faschismus!“

Unterstützung vom Vermieter

Dabei ist auch der Fußballverein Altona 93, der in der Griegstraße sein kleines Stadion mit Vereinsheim hat. Es ist eine ruhige Straße, keine protzigen Altbauwohnungen, eher einfacher Rotklinker. Die Wohnung der angegriffenen Familie gehört der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga, die angekündigt hat, die Familie bei der Suche nach einer anderen Wohnung zu unterstützen und, falls sich der Verdacht gegen Nachbarn bestätigen sollte, mietrechtlich gegen diese vorzugehen.

Unter dem mehrsprachigen Motto „Come together – Wir stehen zusammen“ gibt es am Sonntag um 14 Uhr eine weitere Kundgebung, zu der migrantische Organisationen aus der Black Community aufrufen. Treffpunkt ist die Ecke Friesenweg/Griegstraße, gegenüber dem Fußballplatz von Altona 93.

Der Verein hat den Aufruf zur Kundgebung auf seine Homepage gestellt. „Solche Angriffe nehmen wir nicht schweigend und tatenlos hin“, steht da, „wir lassen die Betroffenen nicht alleine!“ Laut NDR, der als erster im dem Fall berichtete, ermittelt die Polizei wegen Hasskriminalität. Der Staatsschutz ist eingeschaltet.

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26 Kommentare

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  • @RUDI HAMM

    Sie haben mich missverstanden. Nicht die Wählerwanderung sind es: das Ping-Pong der Ideen ist das gefährliche.

    Die etablierten Parteien sind die, die Migration zum Problem erklären. Die AfD verkauft dann die "Lösung".

  • Es tut sich was in Deutschland. Gut, in Hamburg hätte es diese Proteste und die Unterstützung für die Familie vielleicht auch früher gegeben. Generell glaube ich aber, die Menschen schauen mehr hin und sind eher bereit sich gegen Faschismus aktiv einzusetzen.

  • Nicht jeder Straßenzug in Ottensen ist dem links-alternativen Milieu zuzurechnen. Mittendrin stehen nämlich gesichtlose Backsteinbauten, Bausünden der 60er, die aber erschwinglich sind. In den schmucken, geduckten weißen Hausreihen wohnen vor allem Studenten und haben afghanische Reparaturbetriebe und türkische Pizzalieferdienste ihren Standort. Das ist das eigentlich links-alternative Ottensen. AfD-Brüllaffen würde da eine steife Brise ins Gesicht wehen.

    Grüße



    ein ehemaliger Ottensen-Mittendrin-Bewohner.

  • Der Hass und die Fremdenfeindlichkeit waren immer da - nur hat die AfD vor langem damit angefangen, die Grenzen des Sag- und Machbaren zu verschieben - ohne wirkliche Gegenwehr von Parteien, Organisationen und der Masse der Bürger.



    Nun, nachdem es lange zu spät ist, kommen die gut 30% der „Schranknazis“ langsam aber sicher ins Offene. Ja, aus Worten folgen irgendwann immer Taten!

  • @PERKELE

    Sehr richtig. Die AfD wäre bei weitem nicht so gefährlich (und nicht so stark) wenn sie nicht ständig von der selbsternannten "Mitte" gehegt und gefüttert würde.

    • @tomás zerolo:

      Dann schauen sie sich mal die Wählerwanderung von den Linke zur AfD an - das relativiert ihre Aussage.



      www.tagesschau.de/...se-wanderung.shtml

      • @Rudi Hamm:

        Die Wählerwanderungen von der LINKEN zu AfD sehe ich als Bereinigungsprozess an. Da haben 90.000 Wähler:innen mal LINKE gewählt und wussten nicht warum. Und dann wählten sie antilinke AfD und zeigen damit, dass sie selbst antilinks ticken.

        Aber das war 2021 Aktuelle Wählerwanderungen zur letzten Wahl in Bayern zeigen, dass die AfD hier vor allem Stimmen von der CSU (80.000), FDP (40.000) und Freien Wählern (30.000) bekommen hat, also von Wähler:innen politisch ähnlicher Parteien.

        • @Uns Uwe:

          Von der Linke konnten in Bayern auch kaum Stimmen kommen, die gibt es in Bayern praktisch so gut wie gar nicht.

        • @Uns Uwe:

          Naja, die FDP als AfD-ähnlich zu bezeichnen ist schon dick aufgetragen.



          Bei den freien Wählern in Bayern könnte ich es ja noch verstehen.



          Nicht jeder, der nicht links ist, ist automatisch weit rechts.

          • @Rudi Hamm:

            "Von der Linke konnten in Bayern auch kaum Stimmen kommen, die gibt es in Bayern praktisch so gut wie gar nicht."

            Stimmt. Aber wer in Bayern angesichts des erzrechtskonservativen Umfelds die LINKE wählt, ist auch wirklich links und nicht pseudolinks. Pseudolinke können natürlich die Fahrtrichtung um 180° umkehren.

            "Naja, die FDP als AfD-ähnlich zu bezeichnen ist schon dick aufgetragen."

            Es sind beides extrem neoliberale Parteien mit Fokus auf den deutschen Mittelstand. Beide vertreten insbesondere massive Aufrüstung und Sozialabbau.

            Dazu möchte ich auf folgenden Artikel hinweisen:

            taz.de/Die-FDP-in-...egierung/!5935571/

  • Da sind kommunale, kirchcliche, nachbarschaftlich Wohnungsbaugenossenschaft aufsuchede Betreungs-, Konflikt Deeskaltionsteams, daneben organisierte Anlaufstellen gefordert

  • Das ist, was man in der AfD unter "bürgerlich", oder "konservativ" oder auch "Mitte" versteht.

    • @Kaboom:

      Ich kenn mich mit der Meinungsbildung "in der AfD" weniger gut aus als Sie. Allerdings wollen ja alle zur bürgerlichen Mitte gehören mit ihren "Angeboten" zur schnellen, "geregelten" und massenhaften Abschiebung. Da scheint die AfD ja die Messlatte vorzulegen.

    • @Kaboom:

      Nicht nur die AfD sieht das so. Es gibt Stimmen, die Gewaltanwendung auch gegen Geflüchtete nicht ausschließen, so Jens Spahn vor Kurzem. Seehofer wollte bis zur letzten Patrone kämpfen. All' diese Aussagen bereiten den direkten Weg zu solchen Exzessen. Mich wundert das nicht.

  • Ist das nicht auch ein Versagen der Nachbarschaft und der Saga.



    Irgendjemand müsste doch von dem Konflikt etwas mitbekommen haben

    • @Joen:

      Ja, die Medien, der Fußballverein, Anwohner , die Polizei und der Staatsschutz haben sich dem ganzen angenommen. In dem Fall läuft anscheinend alles richtig, außer das es halt gewaltbereite Nazis gibt.

  • Furchtbar. Feiges Pack, diese Hetzer.

  • Solche faschistischen Parolen waren ja seit den 90ern (!) aus Ostdeutschland bekannt. Aber in Hamburg? Nicht, dass es dort keine Rechten gäbe, aber solche von Fremdenhass getriebenen, rassistisch geprägte Niederträchtigkeiten? Das hätte ich nicht erwartet.

    Vielleicht sollte man sie, um ihnen den kategorischen Imperativ zu veranschaulichen, auch mal nach Afrika schicken, z.B. nach Kivu, DR Kongo.

    • @Trolliver:

      Mölln und Solingen waren auch schon immer Westdeutschland. Die Faschisten-Dichte dürfte übrigens weltweit in etwa gleich sein. Wenn die aufgrund von Diskursverschiebung und Begriffsprägung und -normalisierung der Meinung sind, sie könnten aus ihren Löchern kommen, dann wird es schlimm.



      Ich war Ende 1979 mal auf einer Hochzeit, da waren "bürgerliche", "biodeutsche" Gäste aus Lübeck und alte Ostpreussen-Flüchtlinge aus Kassel, da gingen auch ständig Arme nach oben und es wurden spezielle Lieder. Meine Eltern konnte mir am praktischen Beispiel zeigen das die Nazis nicht verschwunden sind und man wachsam sein muss.

    • @Trolliver:

      Die Saat der Afd geht auch im Westen auf....

    • @Trolliver:

      Die Gesellschaft ist schon toll. Anstatt Solidargemeinschaften zu bilden geht es eher in die Richtung "Lieber wir als die".

    • @Trolliver:

      Oft sind die schlimmsten "Rechten" sogar selber Geringverdiener. Da spielt schnell Neid alá "Wir müssen arbeiten und die bekommen alles(!) geschenkt". Keine Ahnung, wie man auf sowas kommt, aber es passiert oft.

      • @Bunte Kuh:

        Das sind häufige Alltagsgespräche, wenn keine öffentliche Medien dabei sind.



        In den "sozialen" Medien gehts ähnlich zu.

    • @Trolliver:

      Na klar auch in Hamburg. Es ist Deutschlands zweitgrößte Stadt mit ca. 1,8 Mio Einwohnern. Also ist die Wahrscheinlichkeit dort auf A...löcher zu treffen eben signifikant höher.

      Gerade in Hamburg! Das einzige Bundesland mit NSU-Opfer und Rot-Grünem Senat aber bis jetzt ohne einen einzigen Untersuchungsausschuss, während übliche Verdächtige wie Bayern deren zwei mit rot-grüner Hilfe hatten.

    • @Trolliver:

      so funktioniert kategorischer Imperativ zwar nicht, aber sei es drum. Bei Auge um Auge bin ich auch gern dabei

      • @Paul Anther:

        Ich komme auch mit!