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Carbon Capture and Storage (CCS)Warnung vor Kohlenstoff-Speicherung

Ein Bündnis mehrerer Umweltverbände warnt vor Kohlenstoff-Speichertechnologie. Die Organisationen warnen vor giftigen Ablagerungen.

So sieht es aus, wenn CO2 aus der Luft gewonnen wird und dann im Boden gespeichert: die Anlage Petra Nova in Richmond, Texas (USA) Foto: Trish Badger / X03793

Berlin taz | Fossile Emissionen nicht verhindern, sondern im Nachhinein unschädlich machen? Das ist die Idee hinter CCS, kurz für Carbon Capture and Storage und zu Deutsch Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Das klimaschädliche CO2 wird etwa aus Abgasen gelöst und unterirdisch gelagert. Während Bundesregierung und Europäische Union an Strategien zum Umgang damit arbeiten, hat ein Bündnis mehrerer Umweltverbände davor gewarnt: „CCS ist das Gegenteil von Klimaschutz“, heißt es von den Gruppen, darunter BUND, Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe. „Es verhindert den Ausstieg aus fossilen Energien, gibt der Öl- und Gasindustrie noch mehr Macht und belastet kommende Generationen mit der Ewigkeitslast von CO2-Deponien.“ Kurz zuvor hatten sich die Umweltorganisationen Nabu und WWF gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Deutschen Gewerkschaftsbund für eine begrenzte Nutzung von CCS ausgesprochen.

Viele Wis­sen­schaft­le­r:in­nen halten die Technologie für notwendig. „Das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 lässt sich nur erreichen, wenn zur Mitte des Jahrhunderts mehrere Hundert Millionen Tonnen CO2 industriell abgeschieden und dann entweder gespeichert oder weiterverwendet werden“, sagt etwa Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Sprich: Für Kohlekraftwerke gibt es mit Windkraft und Photovoltaik Ersatz. In der Industrie fehlen die Alternativen – dort wird CCS gebraucht.

Doch das birgt Risiken, vor denen die Um­welt­schüt­ze­r*in­nen von BUND und Co. jetzt warnen: „CCS gefährdet unser Trinkwasser, hat einen gewaltigen Flächenverbrauch, zerstört natürliche Landschaften und braucht enorm viel Energie und Material.

Jede CO2-Verpressung an Land oder unter dem Meeresboden kann Erdbeben auslösen und giftige Ablagerungen in den Böden hervorrufen“, schreiben sie. Wirklich unschädlich sind CO2-Emissionen demnach nur, wenn sie vollständig vermieden werden.

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16 Kommentare

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  • Fleißig bastelt man an Möglichkeiten, unseren Dreck quasi unterm Teppich verschwinden zu lassen. Tief in den Boden - oder gleich in die Tiefsee?



    Es wäre schön, wenn stattdessen endlich ernsthaft mit der CO2-Einsparung begonnen würde.

  • Bitte ab sofort die Hausordnung der Natur und die eigenen Beine benutzen.



    Das hält übrigens kern-gesund !

  • @SOLLNDAS

    Solange es nicht so läuft wie beim Vorzeigeprojekt von der FDP und Porsche [1], bei dem zwei Tankschiffe mit "grünem" Methanol von Chile 40 begegnen, die Erdöl nach Chile bringen -- und sich selbst das als Marketinglüge erweist [2]... solange soll's mir recht sein.

    Ich habe Ihren Link überflogen, und es sieht mir mehr nach Marketing als nach Handfestem aus.

    Sehen Sie -- technologisch ist die Sache relativ klar, aber sie ist auch enorm energieaufwändig. Bevor wir im grossen Stil [3] die Sache ausrollen sollten wir einen belastbaren Plan für unseren Primärenergiebedarf haben.

    Alles andere ist Hokuspokus der Fossilindustrie, um die nötige Transfrmation so weit wie möglich hinauszuzögern.

    [1] www.kontextwochenz...chwindel-8638.html



    [2] www.kontextwochenz...nstsprit-8805.html



    [3] Da ist es wieder. Mein Unwort des Jahres.

  • CO2 ist doch viel zu Schade zum Verpressen. Man kann daraus mit E-Wasserstoff z.B. E-Methan herstellen [1] und es dadurch einer Zweitnutzung zuführen.



    [1] tes-h2.com/de/blog...-entscheidend-sein

    • @sollndas:

      Wenn das dann verbrannt wird, fällt allerdings wieder CO2 an, das man eigentlich loswerden wollte.

      • @Trollator:

        Ja, aber insgesamt (Erst- plus Zweitnutzung) nur die Hälfte.



        Irgendwie sind mir 50%-Lösungen, die funktionieren, lieber als 100%-Lösungen, die nicht funktionieren.

  • Setzt doch einfach mehr Bäume, statt immer mehr abzuholzen. Verzichtet auf Verbrennungsprozesse und nutzt vermehrt erneuerbare Energien uvm.

  • Ich hatte diesen Artikel mit hohen Erwartungen geöffnet. Schließlich wollte ich wissen, was genau gegen CCS spricht. Als Ökologe sind mir wage Andeutungen von "Vergiftungsgefahr" zu wenig und offen gestanden sind es genau solche Formulierungen, die die nächsten Protestierer*innen auf die Straße bringen! Mein Vorschlag: erläutern Sie doch mal genau, was passieren kann. Und nicht in einem Satz oder zweien.

    • @Marco Bünger:

      Mir ist dazu die Geschichte vom "Lake Nyos Disaster" in Kamerun 1986 eingefallen



      "On 21 August 1986, a limnic eruption at Lake Nyos in northwestern Cameroon killed 1,746 people and 3,500 livestock.

      The eruption triggered the sudden release of about 100,000–300,000 tons (1.6 million tons, according to some sources) of carbon dioxide (CO2)"

      en.wikipedia.org/w...Lake_Nyos_disaster

  • @VIELDENKER

    Wenn Sie sich mal die Zahlen anschauen, dann stellen Sie fest: pragmatisch ist das mit dem CCS überhaupt nicht. Es ist magisches Denken.

    Der einzige Kontext, in dem das nur annähernd skalierbar funktioniert ist bei sehr hohen CO₂-Konzentrationen: bei der Abluft fossiler Anlagen!

    Deshalb pushen das die fossilen Propagandisten.

    • @tomás zerolo:

      Dass fossilen Kraftwerksbetreibern das gefällt heißt ja nicht dass es falsch ist.

      Im kanadischen Boundary Dam Power Station Projekt wurde ein Braunkohlekraftwerk damit nachgerüstet, und steht damit trotz massiver technischer Schwächen dieses Prototypen heute schon besser da als eines mit Erdgas, was die Grünen zahlreich neu bauen wollen obwohl es noch problematischer ist (hohe Kosten, Abhängigkeit von Russland oder LNG-Import, mit grünem Wasserstoff noch viel teurer und nur in fernster Zukunft wenn überhaupt).

      en.wikipedia.org/w..._Dam_Power_Station

      • @Descartes:

        Ja, schön wärs. Leider sondert Boundary Dam in Saskatchewan nicht mehr als 65% des CO2 ab. Es ist extrem teuer und hat noch nie so funktioniert, wie versprochen wurde. Kein gutes Beispiel.

  • Das Problem ist doch: Eine wirkliche zeitnahe, realisierbare Alternative haben die Umwelthelfer auch nicht. Insofern bitte Beides: So schnell wie wirklich möglich reduzieren und gleichzeitig möglichst viel einlagern. Wundere mich etwas über das praxisferne Wunschsenken des BUND, die sind doch ansonsten viel pragmatischer als die DUH

    • @vieldenker:

      Siehe Link unten: "so schnell wie möglich" können Sie vergessen bei CCS.

      Allenfalls das CCS direkt beim Emittenten könnte funktionieren, weil deutlich höherer Wirkungsgrad...aber da ist das Problem: wohin damit?

  • Zu undifferenziert.

    Für CCS gibt es etliche Möglichkeiten. Auf Island wird z.B. Gestein umgewandelt in Carbonat, das ist wohl völlig harmlos und sicher, nach aktueller Kenntnislage.

    Weiterhin kann man das an Land irgendwo in die Tiefe bringen - oder auch auf hoher See in Tiefen, in denen ein ausreichender Druck herrscht.

    Allerdings halte ich das Gesamtkonzept für lächerlich unwirksam und eine windige Ausrede, weniger CO2 anfallen zu lassen.



    Selbst o.g. Anlagenbetreiber in Island halten das für undurchführbar in absehbarer Zeit:

    www.spektrum.de/vi...en-koennen/2123772

    Grösstes Problem ist, dass das nur mit grüner Energie Sinn macht - und damit wird diese für andere unumgängliche Nutzung kannibalisiert. Also ist das ziemlich kontraproduktiv.

    • @Mitch Miller:

      Eine Zweite Sache noch: es gibt erhebliche Wiekungsgradunterschiede beim Capturing direkt beim EMittenten oder einfach so aus der Luft.

      Letzteres macht nur Sinn bei idealen Umgebungsbeindungnen wie in Island.

      Das DCC z.B. an Zementwerken ist jedoch wesentlich effzienter, weil da die Konzentration deutlich höher ist.



      D.h. pro kWh Strom, den man da reinpumpt, wird wesentlich mehr eingefangen (weiss die Zahl leider nicht, aber vom Prinzip her ist das unstrittig).