Strommarktreform: Dem EEG-Konto fehlen 7,8 Milliarden
Übertragungsnetzbetreiber warnen: Ökostrom-Förderung wird deutlich teurer als bislang angenommen.
Im Oktober waren die vier Unternehmen – diese sind 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW – noch von einem Finanzierungsbedarf des EEG für 2024 in Höhe von 10,6 Milliarden Euro ausgegangen. Doch nun rechnen sie offensichtlich bereits mit mehr als 18 Milliarden Euro an Steuergeldern, die nötig sind, um das EEG-Konto im laufenden Jahr auszugleichen. Das Handelsblatt zitiert aus dem Schreiben an die Bundesregierung, es bestehe „die sehr dringende Notwendigkeit zur Anpassung der Abschlagszahlungen auf die kurze Sicht“, nämlich bereits für Februar und März. Andernfalls drohten den Infrastruktur-Unternehmen Liquiditätsprobleme.
Unterdessen verweist der BDEW, der Branchenverband der Energiewirtschaft, darauf, dass nach Gesetzeslage der Staat verpflichtet sei, für ein ausgeglichenes EEG-Konto zu sorgen. Schließlich verwalten die Netzbetreiber das EEG-Konto nur treuhänderisch im Auftrag des Staates. „Wir gehen daher davon aus, dass die Bundesregierung für die notwendige Liquidität auf dem EEG-Konto sorgt“, sagt BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae. Bis Mitte 2022 mussten die Stromkunden die Kosten der Einspeisevergütungen noch per EEG-Umlage bezahlen, inzwischen werden die Ausgaben aus dem Bundeshaushalt finanziert.
Der Anstieg der EEG-Kosten resultiert vor allem aus den gesunkenen Großhandelspreisen, weil dadurch der Ökostrom bei der Vermarktung an der Strombörse erheblich weniger Erlös bringt. Da der Staat die Differenz zwischen dem Marktwert des erzeugten Ökostroms und den gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen begleichen muss, steigt die Belastung für den Bundeshaushalt.
Finanzierungslücke zeichnete sich ab
Dass die angepeilte Summe an Steuergeld nicht ausreichen wird, hatte sich angedeutet. Die Prognosen von Oktober waren davon ausgegangen, dass Anfang 2024 ein Guthaben aus dem Vorjahr von 1,8 Milliarden Euro auf dem EEG-Konto liegen werde. Faktisch lag der Betrag – obwohl die Prognose zu diesem Zeitpunkt erst wenige Monate alt war – fast eine Milliarde niedriger.
Die explodierenden Kosten des EEG sind anhand der Preisentwicklung an der Strombörse nachvollziehbar: Die ursprüngliche Prognose für 2024 hatte noch einen mittleren Börsenpreis von fast 138 Euro je Megawattstunde angesetzt, doch im bisherigen Verlauf des neuen Jahres erreichte der Preis im Mittel keine 80 Euro mehr. Auch für die kommenden Monate und Quartale lassen die Börsennotierungen am Terminmarkt deutlich geringere Erlöse für den Ökostrom erwarten als im Herbst prognostiziert – was nun die Steuerzahler trifft.
Kannibalisierung der Erneuerbaren
Zudem treibt ein weiteres Phänomen die Kosten des EEG in die Höhe: die sogenannte Kannibalisierung der Erneuerbaren. Um das am Beispiel der Photovoltaik zu erklären: Da die Solaranlagen im Land weitgehend zeitgleich ihren Strom liefern, ist an sonnigen Sommertagen das Angebot an Strom inzwischen so groß, dass dieser in den betreffenden Stunden am Markt weitgehend wertlos ist. Trotzdem bekommen die Anlagen ihre garantierte Vergütung. Ähnlich ist es beim Windstrom, wobei hier die erzeugten Mengen nicht ganz so einheitlich anfallen.
Entsprechend nimmt durch den Ausbau der Erneuerbaren die Zahl jener Stunden zu, in denen der Strom nichts mehr wert ist. Das schlägt dann massiv auf die EEG-Kosten durch. 2023 gab es bereits 301 Stunden mit negativen Strompreisen und weitere 24 Stunden, in denen der Wert des Stroms im Großhandel bei exakt null lag. Diese Zahlen waren ein historischer Höchststand, der jedoch in den nächsten Jahren abermals übertroffen werden dürfte – mit entsprechend weiteren Konsequenzen für den Finanzbedarf des EEG.
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