Präventionsprojekte gegen Antisemitismus: Berlins SPD-Chef will draufsatteln
Die Hauptstadt-CDU will Projekte gegen Antisemitismus auf den Prüfstand stellen. SPD-Chef Saleh stärkt den Initiativen nun demonstrativ den Rücken.
Vor allem um Letzteres ging es bei einer vorangegangen „Runde für Zusammenhalt und gegen Antisemitismus“, zu der Saleh am Vormittag ins Abgeordnetenhaus eingeladen hatte. Rund 20 Expert:innen aus dem Bereich Präventionsarbeit, aber auch Vertreter:innen der jüdischen und der muslimischen Gemeinschaft nahmen daran teil. Das erklärte Ziel des Treffens: eine engere Zusammenarbeit aller Organisationen, die sich in der Hauptstadt gegen Antisemitismus und Rassismus engagieren.
Saleh selbst will dafür mit den verschiedenen Trägern ein „Forum der Berliner Brückenbauer und Brückenbauerinnen“ ins Leben rufen. Gedacht als regelmäßige Plattform, um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Es brauche „einen Raum, wo diese Vereine, Strukturen, Institutionen zusammenkommen können, über diesen Tag hinaus“, das hätten die Teilnehmer:innen des Treffens ihm gegenüber betont, so Saleh.
Klar ist: Die Präventionsprojekte stehen aktuell extrem unter Druck. Wie Derviş Hızarcı von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus berichtete, arbeite man seit dem 7. Oktober am Limit. Über 500 Lehrkräfte habe die Initiative seither mit ihrer Arbeit erreicht. „Ich spüre das bei mir: Meine Reserven gehen langsam aus“, sagte Hızarcı. Zugleich sehe sich die Präventionsarbeit massiven Angriffen seitens der CDU ausgesetzt: „Das ist wie ein Schlag ins Gesicht.“
„Sehr schwierige Gespräche“ mit der CDU
Führende CDU-Politiker hatten im Zusammenhang mit den antiisraelischen Demonstrationen und antisemitischen Straftaten der vergangenen Wochen die vermeintliche Nutzlosigkeit der Präventionsprogramme beklagt. Den Anfang hatte der innenpolitische CDU-Hardliner Burkard Dregger gemacht, der im Tagesspiegel eine „vollständige Kehrtwende in der Präventionspolitik“ forderte.
CDU-Fraktionschef Dirk Stettner wollte daraufhin zwar „nicht pauschal behaupten, dass alle Antisemitismus-Programme gescheitert sind“. Gleichwohl war es ihm ein dringendes Anliegen, darauf hinzuweisen, dass man ja mal genauer nachschauen könne, „ob unter dem Deckmantel vermeintlicher Antisemitismus-Arbeit auch Organisationen tätig sind, die gar nichts für den Dialog der Religionen machen wollen, sondern andere Ziele haben“. Welche Organisationen er meint, ließ Stettner offen.
Orkan Özdemir, der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, hatte Stettner unmittelbar danach Ahnungslosigkeit attestiert. Die CDU, so Özdemir, haue schon wieder Thesen heraus, die sie nicht belegen könne. Am Freitag legte er nach. Es gebe einen „Mentalitätsunterschied“ zwischen CDU und SPD, sagte er. Und ja, er sehe „sehr schwierige Gespräche mit unserem Koalitionspartner auf uns zukommen“.
Auch Raed Saleh nutzte die Gelegenheit freilich, um gegen die CDU auszuteilen. „Ich finde es wenig hilfreich, wenn ich vom Koalitionspartner höre, dass Präventionsprojekte gestrichen werden müssen“, sagte der SPD-Landes- und Fraktionschef. Die Projekte, die man in den vergangenen Jahren aufgebaut habe, „komplett infrage zu stellen, das wird es mit der Berliner Sozialdemokratie nicht geben“. Die SPD werde die Arbeit der Initiativen sichern und bei der Finanzierung in den abschließenden Haushaltsverhandlungen noch „draufsatteln“ – „wenn der Koalitionspartner bereit ist“.
Das dürfte nach den Äußerungen der CDU zu bezweifeln sein. Saleh und die SPD wollen den Druck dennoch erhöhen. In der kommenden Woche soll es ein weiteres, noch größeres Vernetzungstreffen der Initiativen und Vereine geben, an dem auch Innensenatorin Iris Spranger und Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (beide SPD) teilnehmen sollen.
Idealerweise, so Saleh, sollte das noch zu gründende „Forum der Berliner Brückenbauer und Brückenbauerinnen“ dann auch in der Senatsverwaltung von Kiziltepe angesiedelt werden. Er habe das so „angeregt“. Falls das von Kiziltepe abgelehnt werde, stehe er „bereit, dass Forum auch selbst zu leiten“. Sozusagen als Chefsache.
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