Positiv bleiben: Juhu, das Patriarchat ist am Ende
Manchmal erscheint alles hoffnungslos. Doch es gibt jeden Tag Gründe, aufs Neue zu entscheiden, optimistisch zu bleiben.
E s gab dieses kleine Rinnsal bei uns in Gonsenheim, den Gonsbach. Als ich sieben Jahre alt war und mich mit einem Köcher bewaffnet auf den Weg dorthin machte, lachten mich alle aus. Meine Eltern glaubten nicht im Traum daran, dass they siebenjährige Maurice dort einen Fisch fangen könnte. Auch die Anwohner*innen vor Ort kommentierten mein geplantes Abenteuer lächelnd: „Da gibt’s kei’ Fisch.“
Da stand ich nun, mit meinem Köcher und einer kleinen Wasserschale in der Hand, auf der Suche nach meinem ersten kleinen Haustier. Ich hatte Glück. Und ich werde den staunenden Blick eines Bachanwohners nie vergessen, als ich ihm triumphierend meinen kleinen neuen Begleiter zeigte.
Ich bin Optimist*in. Und ich sage das nicht nur so, ich meine das wirklich. Ich war es schon immer irgendwie. Nur gerade frage ich mich manchmal: Mit welchem Recht? Wir verfehlen wahrscheinlich das 1,5-Grad-Ziel. In unserer Gesellschaft brechen die Dämme nach rechtsaußen, Antisemitismus wird zur Jugendsünde erklärt und ich spüre, wie der Hass auf queere Menschen jedes Jahr wächst. Diese Welt bietet keinen Grund, optimistisch zu sein, oder? Schlimmer noch: Ist Optimismus nicht irgendwie verhöhnend gegenüber dieser brutalen Realität? Ist es Realitätsverweigerung oder ist es Arroganz?
Woher mein Optimismus kommt, weiß ich nicht. Und er macht auch mal Pausen. Ich weiß noch, wie wütend ich war, als die Bundesregierung ankündigte, die Sektorziele beim Klimaschutz abzuschaffen, um sich nicht mit dem eigenen Scheitern auseinanderzusetzen. Kurz schien es, als wäre auch mir der Optimismus abhandengekommen. Oft dachte ich, das ist vielleicht meine Bewältigungsstrategie, um nicht aufzugeben. Aber dann denke ich darüber nach und merke: Ich glaube wirklich an ein gutes Ende.
Auf lange Sicht wurde die Welt immer besser
Ich glaube, dass es einen Wendepunkt in der Klimadebatte geben wird. Keinen plötzlichen, keinen, der alle Probleme auf einmal löst, aber doch einen, den man hinterher als solchen erkennen wird. Ich glaube, dass die Gesellschaft irgendwann nicht mehr nach rechts rucken wird, dass Menschen aufhören werden, schlecht zueinander zu sein.
Ich glaube, dass die Kämpfe gegen queere Menschen und ihre Existenz ein letztes Aufbäumen des Patriarchats sind. Dass queere Menschen deshalb so bedroht werden, weil es für das Patriarchat zum ersten Mal richtig ernst wird.
Solange wir wie ein paar verwirrte Paradiesvögel gesehen wurden, die maximal in der Kunst und Kulturszene auffielen, hat sich dieses System nie bedroht gefühlt. Aber jetzt, da eine Generation Z heranwächst, die emanzipatorische Fragen neu aufrollt und sie gemeinsam mit queeren Menschen formuliert, wird es ernst.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Wenn ich das so aufschreibe, fällt mir auf, dass man das als Verharmlosung dieser Kämpfe sehen könnte. So, als wäre das alles halb so wild, weil am Ende ja alles gut wird. Aber das will ich nicht sagen, im Gegenteil: Es ist schrecklich. Aber ich bin eben Optimist*in. Und wenn man es statistisch betrachtet, habe ich dafür gute Gründe.
Denn die Welt wurde bis jetzt auf lange Sicht immer besser. Klar, mit großen Rückschlägen, aber es ging doch kontinuierlich bergauf. Und irgendwas in mir glaubt, dass diese Kontinuität anhalten wird. Ich weiß, dafür muss man vieles ignorieren, was im Hier und Jetzt stattfindet. Aber ich glaube, es ist richtig. Weil ohne Optimismus würde ich für nichts mehr kämpfen wollen. Gut, dass ich da also tatsächlich dran glaube.
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