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CDU-Vorstoß gegen AsylrechtUnion schürt Vorurteile

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Unions-Geschäftsführer Thorsten Frei schlägt vor, das individuelle Recht auf Asyl durch Kontingente zu ersetzen. Seine Idee beruht auf zwei groben Denkfehlern.

Unterkünfte für ankommende Mi­gran­t:in­nen, wie hier in Dresden, sind rar in deutschen Kommunen Foto: Sylvio Dittrich/imago

T horsten Frei verspricht das Blaue vom Himmel. Endlich sollen in Europa die wirklich Hilfsbedürftigen Zuflucht bekommen, die illegale Migration wäre unterbunden und den Rechts­po­pu­lis­t:in­nen der Boden entzogen. Dies alles will der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion erreichen, indem das individuelle Asylrecht abgeschafft und durch Kontingente ersetzt wird.

Er hat damit sofort eine veritable Debatte ausgelöst und viel Kritik erfahren. Viele sehen etwa das Grundrecht auf Asyl in Gefahr. Diese Kri­ti­ke­r:in­nen haben allerdings vergessen, dass das deutsche Grundrecht auf Asyl bereits 1993 weitgehend abgeschafft wurde. Unser Asylrecht beruht heute auf EU-Recht.

Thorsten Frei weiß das, er fordert die Abschaffung des Individualrechts auf Asyl in der EU. Die Hürde hierzu ist zwar hoch. Denn die EU-Grundrechte-Charta müsste einstimmig geändert werden. Aber wenn es gegen Flüchtlinge geht, ist das inzwischen leider nicht undenkbar.

Frei hat auch einen bedenkenswerten Punkt: Solange die EU zwar einen Individualanspruch auf Asyl gewährt, aber gleichzeitig den Zugang erschwert, kommen vor allem starke und zahlungskräftige Flüchtlinge nach Europa, so Frei. Wer zu schwach oder arm ist, sei chancenlos. Die EU solle deshalb pro Jahr bis zu 400.000 wirklich hilfsbedürftige Flüchtlinge aufnehmen.

Die liquiden Flüchtlinge kommen trotzdem

Der Vorschlag beruht auf zwei groben Denkfehlern. Auch wenn sich die EU für eine Kontingentlösung entscheidet, kommen die starken und zahlungskräftigen Flüchtlinge und Mi­gran­t:in­nen dennoch illegal nach Europa. Sie erhielten nach Freis Lösung nur keine Unterstützung mehr und dürften auch nicht arbeiten. Das macht Europa wohl nicht sicherer.

Auch die Zahl an Kontingentflüchtlingen pro Jahr ist völlig illusorisch. Wer die Aufnahmebereitschaft der EU-Staaten kennt, würde schon 30.000 bis 40.000 Personen als Erfolg betrachten. Humanitär wäre das nicht der versprochene Fortschritt.

Doch ist der Status quo wirklich so problematisch? Die meisten Flüchtlinge kommen immer noch aus Syrien und Afghanistan. Nur 20 Prozent der Asylanträge werden aus inhaltlichen Gründen abgelehnt. Der Anteil von Frauen und Kindern unter den Asylantragstellenden beträgt 43,6 Prozent. Dazu befinden wir uns in einer Phase zunehmender Arbeitskräfteknappheit.

Der Vorwurf, dass das EU-Asylrecht die Falschen schütze, ist vor allem geeignet, Vorurteile gegenüber den hier lebenden Flüchtlingen zu legitimieren. Indem man Hilfe für andere Flüchtlinge fordert, kann man guten Gewissens Stimmung gegen die real hier lebenden Flüchtlinge machen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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8 Kommentare

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  • Also einerseits sind die Geflüchteten zu "wohlhabend" für den Westen, andererseits haben sie schlagartig in Europa auf einmal kein Geld und können nur von Stütze oder Kriminalität leben. Sorry wer kommt denn bitte auf solche marginale Bretter. Wieder ein tolles Schauspiel von ich gestalte mir den Geflüchteten wie es mir gefällt.

    Hauptsache menschenfeindlich, dass muss so sein bei der CDU/CSU...*ekelhAfD*

  • "Diese Kri­ti­ke­r:in­nen haben allerdings vergessen, dass das deutsche Grundrecht auf Asyl bereits 1993 weitgehend abgeschafft wurde."

    Danke! Ich dachte schon, ich wäre der Einzige, der die xenophoben Umtriebe der CDU von früher nicht vergessen hat.



    Das mag in die Kerbe der AfD schlagen, ist aber leider schon lange braunes CDU-Gedanken"gut". Alle tun jetzt entrüstet und überrascht. Tatsächlich erinnert sich noch nicht mal jemand an den "atmenden Deckel" des debilen Innenministers Seehofer. Das war im Prinzip ja nichts anderes, nur weniger radikal formuliert.

    Die CDU/CSU ist einfach eine Partei, die nunmal nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, speziell der Menschenrechte, steht. Da sollte man sich nichts vormachen.

  • Die Bevölkerung auf der Erde wächst nach wie vor. Durch die Klimakatastrophe wird der für Menschen bewohnbare Teil immer kleiner. Nationalstaaten und Grenzen sind dank Globalisierung im Grunde illusorisch.Wir müssen also teilen lernen, oder uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Viele finden den zweiten Punkt attraktiver. Das wirkt auch dem Bevölkerungswachstum entgegen und kann zur Deindustrialsierung führen. Die Industrie ist wiederum nicht nur der Motor für den "Wohlstand" einer Minderheit der Bevölkerung, sondern heizt den Planeten auf. Auch die Reichen können dem nicht entgehen, fühlen sich aber unverwundbar!

  • Letztlich ist das nur die deutsche Fassung des Trumpschen "Build the Wall" oder des Truss'schen und Sunakschen "Stop the Boats".

    Widerlicher Stimmenfang auf Kosten der Schwächsten -- und der letztlich nur den Rechtspopulisten nutzt.

    Bedrückend nur, dass es sich in einem demokratischen Rechtsstaat damit Mehrheiten machen lassen.

  • Nehmen wir die Alte Oper in Frankfurt und verprechen jedem, dass er ein Anrecht hat eingelassen zu werden.



    Da die Alte Oper dafuer aber viel zu klein ist, begrenzen wir den Zugang, indem wir Burggraeben, Fallen und automatische Schiesseinrichtungen um die Alte Oper bauen und wundern uns dann, dass auf dem Weg zur Alten Oper Menschen sterben.

  • "Wer zu schwach oder arm ist, sei chancenlos."

    Aber das liegt nicht an der EU-Politik, sondern an der Notwendigkeit, die Sahara zu durchqueren.

    Von einer deutschen Wander-Seite:



    "Der Teilnahmebeitrag für die Sahara Tour ist 2.275 € [...] Hohe körperliche Belastbarkeit, Gelassenheit in unbekannten Situationen und Teamfähigkeit werden vorausgesetzt."

    Und solche Voraussetzungen gelten unabhängig davon, ob man sich freiwillig oder notgedrungen an einen der lebensfeindlichsten Orte des Planeten begibt.

  • Der Frei irrt doch nicht, das ist Vorsatz, er quatscht bewusst Blödsinn, damit Menschen andere Denkräume verschlossen bleiben.

  • Empfehle unbedingt, sich den gestrigen Kommentar von Stefan Detjen im DLF dazu anzuhören, sehr sachkundig und klar, sagt dasselbe wie Rath.



    www.deutschlandfun...-180828d6-100.html