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Unbeliebtheit der Ampel-KoalitionNegatives Anreizsystem

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Bundesregierungen sind in der Mitte der Legislaturperiode meistens unbeliebt. Neu sind die Stärke der AfD und eine dauerblockierende FDP.

Ihre Krise ist keine Ausnahme: Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz im Bundestag Foto: Political Moments/imago

D ie Stimmung ist mies. In den Umfragen bekommt die Regierung 13 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl. Es knirscht in der Koalition. Das war 2019 so. Die letzte Groko – die sich manche Vergessliche derzeit als Rettung herbeisehnen – war nach knapp zwei Jahren spektakulär unbeliebt. 2004 galt Rot-Grün als unpopuläre Chaos-Koalition. Auch die Kohl-Regierungen steckten nach zwei Jahren meist im Schlamm.

Kurzum: Die derzeitige Ampel-Krise ist keine Ausnahme, sie ist eher die Regel. In der Mitte zwischen zwei Wahlen ist das „Volk, der große Lümmel“ (Heinrich Heine) immer besonders schlecht gelaunt und ungnädig. Wer im Bund regiert, wird belächelt, gehasst, ignoriert. Es scheint eine Art Gesetzmäßigkeit zu sein.

Also alles normal? Muss man, wie es Kanzler Scholz sieht, gelassen auf die lange Linie schauen, vertrauen, dass sich die Affekte schon wieder dämpfen werden und das Urteil der WählerInnen am Ende gerechter und milder ausfallen wird?

Es gibt zwei Phänomene, die bei allen Ähnlichkeiten zu vergangenen Koalitionskrisen neu sind. Ein Fünftel würde derzeit AfD wählen. Das mag eine europäische Normalisierung, das Gros mögen ProtestwählerInnen sein. Doch Selbstberuhigung wäre fatal. Noch nie hielten so viele Deutsche rechtsextremen, xenophoben Provinzialismus für wählbar. Das ist ein Alarmsignal.

Die Ampel wirkt da nicht bloß ratlos. Sie ist für den AfD-Aufstieg mitverantwortlich. Das chaotisch inszenierte Heizungsgesetz ist Treibstoff für das Gefühl: Grüne, urbane Eliten wollen uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Den Grünen ist es nicht gelungen, zu verhindern, dass Klimaschutz zum Kulturkampf umdefiniert wurde.

Kulturkampf ums Heizen

Diesen Kulturkampf haben Bild und AfD, Union und FDP katalysiert. Die Vorlage dafür aber kam aus Habecks Ministerium, das mit handwerklichen Mängeln und Blindheit für sozialen Ausgleich den Boden dafür bereitete. Habeck & Co müssen daraus sehr schnell das Richtige lernen.

Das zweite Problem lautet: Die FDP lernt gerade das Falsche. Auch das Heizungsgesetz bekräftigt die Liberalen darin, die tapfere Opposition in der Regierung zu spielen. Eigene positive Ziele hat die FDP sowieso kaum. Damit ist in der Ampel ein negatives Anreizsystem etabliert, das die innere Zerstrittenheit auf Dauer stellt. Eine Regierung, die sich permanent selbst bekriegt, nutzt der rechten Opposition.

Im ersten Jahr schweißten Ukraine-Krieg und Inflation die Ampel eher zusammen. Jetzt treiben die Krisen sie auseinander. Ein Kanzler, der den Verdruss mit Achselzucken quittiert, die FDP, die auf die nächste Blockade wartet und Grüne, die sich sehr unverstanden fühlen, werden diese Dynamik nicht umkehren.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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35 Kommentare

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  • "Die Ampel wirkt da nicht bloß ratlos. Sie ist für den AfD-Aufstieg mitverantwortlich." - das scheint mir auch so. Leute gehen gar nicht mehr zur Wahl oder setzen Gegenzeichen. Ich sehe in den etablierten Parteien auch keine Alternative. Das macht mich nicht zur Rechten, aber es bereitet mir zunehmend Bauchschmerzen.

    Das "Vorbeiregieren" an den Bedürfnissen vieler Menschen ist fatal: Kindergärten ohne Erzieher, Schulen, in denen der Unterricht ausfällt oder so gestaltet ist, dass man einfach nur noch mit dem Kopf schüttelt, dann aber Fachkräftemangel beklagen und aufrüsten bei gleichzeitiger Schließung von Krankenhäusern?

    Zu bedenken ist auch, dass die Leute, die das trifft, eben oft keine Wahl haben - die können sich nicht für die schicke Elternkita oder die reizende Privatschule entscheiden. Die haben kein ökologisch saniertes Ferienhaus und keine 100-qm-Eigentumsaltbauwohnung. Die werden einfach zwischen mäßigem Lohn und steigenden Kosten zerquetscht und fragen sich jetzt , ob Hartz-IV nicht die bessere Option ist - da werden wenigstens Miete und Nebenkosten übernommen. Beschimpft werden sie ja sowieso. Und da setzt die AfD an, die ihnen wenigstens das Gefühl von Würde vermittelt.

    • @Niemals:

      schrieb: "Zu bedenken ist auch, dass die Leute, die das trifft, eben oft keine Wahl haben - die können sich nicht für die schicke Elternkita oder die reizende Privatschule entscheiden. Die haben kein ökologisch saniertes Ferienhaus und keine 100-qm-Eigentumsaltbauwohnung. Die werden einfach zwischen mäßigem Lohn und steigenden Kosten zerquetscht und fragen sich jetzt , ob Hartz-IV nicht die bessere Option ist - da werden wenigstens Miete und Nebenkosten übernommen. "

      Wer aufgrund seines auch nur minimal zu hohen Arbeitseinkommens keinen Anspruch auf Bürgergeld (früher "Hartz IV") hat, hat oft einen Anspruch auf das neue verbesserte "Wohngeld Plus" und den seit 01.01.2023 ebenfalls erhöhten Kinderzuschlag (zusätzlich zum üblichen Kindergeld - sofern Kinder im eigenen Haushalt leben).

      Mit diesen ergänzenden staatlichen Sozialleistungen lebt es sich als Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor finanziell wesentlich besser als mit der Alternative Bürgergeld - zumal es bei Wohngeld und Kinderzuschlag keinerlei Bewerbungszwang für besser bezahlte Arbeitsstellen gibt (Bürgergeld-Bezieher sind hingegen stets dazu gezwungen, sich für besser bezahlte Jobs zu bewerben)!

      • @Jessica:

        Die Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld kann je nach Region bis zu 22 Wochen dauern.

        • @aujau:

          Das Wohngeld wird dann in jedem Fall rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung nachbezahlt.

          Außerdem haben Wohngeldstellen bei absehbaren längeren Bearbeitungszeiten die Möglichkeit einer vorläufigen Bewilligung. Manche machen dies, andere nicht.

  • Das schlechte Erscheinungsbild der Ampel nur der FDP in die Schuhe zu schieben, erscheint mir ein ziemlich schlichtes Bild zu sein. Es ist ja nicht so, dass Habeck wegen der Machart des Gesetzes nicht gewarnt worden wäre. Und trotzdem haben die Grünen die ersten Entwürfe sehr streitig verteidigt.



    Besser wäre gewesen, einfach mal auch zuzuhören und dem Koalitionspartner nicht immer gleich immer Bösartigkeit zu unterstellen. Ich sehe daher das schlechte Erscheinungsbild der Ampel zu großen Anteilen in der Verantwortung der Grünen.

    • @Bommel:

      Die handwerklichen Mängel und fehlender Fokus auf soziale Belange wurden doch im Artikel thematisiert?



      Und das Achselzucken des Kanzlers auch.



      Ein Großes Problem war eben auch, dass das Heizungsgesetz mit seinen Fehlern an die Presse durchgestochen wurde, statt intern erstmal zu bügeln, bis man sich einig sein kann. Da kann man schon verstehen, dass man im ersten Moment erstmal in den Verteidigungsmodus kommt.

      • @Herma Huhn:

        Das Gesetz wurde 5 Tage vor der geplanten Veröffentlichung geleakt. 3 Monate später gibt es noch immer kein schlüssiges Soziales Konzept zum GEG.



        Die Grünen können gerne behaupten, dass das Leaken das Problem war, allerdings ist das eher gelogen, denn dann hätte Habeck mittlerweile auch ein Konzept haben müssen.



        Hat er nicht.

        Das ist ein reines Ablenkungsmanöver um vom eigenen Versagen abzulenken.



        Das Leaken war schlecht, aber die Grünen haben keinen sozialen Plan und Kompass. Die Grüne Bubble spiegelt halt nicht die Realität ab.

        • @Walterismus:

          Weil ab dem Moment kein rationales und vertrauensvolles Verhandeln mehr möglich war

  • So ist das halt in einer repräsentativen Demokratie. Da gibt es für das Stimmvolk nur wenige Möglichkeiten, seinen Unwillen wirksam auszudrücken. Und nachdem seit Kanzlerin Merkel und den diversen Koalitionen zwischen CDU und den Grünen der Eindruck entstehen kann, dass es eh wurscht ist, wen man von den Traditionsparteien wählt, scheint die AfD die einzige echte Opposition zu sein. Noch dazu mit den Schlagern „früher war alles besser“ und „Ausländer raus“.

    • @YeahYeah:

      "So ist das halt in einer repräsentativen Demokratie. Da gibt es für das Stimmvolk nur wenige Möglichkeiten, seinen Unwillen wirksam auszudrücken."



      Ich würde eher nicht davon ausgehen, dass die Optionen seinen Unwillen zum Ausdruck zu bringen in einem völkisch-autoritären System wie es Höcke und Co wollen wesentlich besser wären.



      "dass es eh wurscht ist, wen man von den Traditionsparteien wählt"



      Das ist eben die übliche Selbstverharmlosungserzählung der AfD die gern so tut als ob sie lediglich die Positon der unter Merkel mittiger gewordenen und unter Merz/Söder nun wieder nach rechts rückenden Union einnehmen würde. Tatsächlich aber gehörten NS-Relativierung und SA-Referenzen auf offener Bühne nie zum Markenkern der Union und selbst die Hassfiguren der Linken aus der Stahlhelmfraktion besaßen ein Mindestmaß an Gespür für die Grenzen des Demokratischen.



      „früher war alles besser“



      Um welches Früher geht es denn dabei, zumal im Osten der Republik? Um die vielfach als traumatisch wahrgenommenen Nachwendejahre, die Zeit unter dem SED-Regime oder gar die Jahre von ´33-´45? Nie waren Freiheit und Wohlstand größer als heute und doch will man zurück in eine Vergangenheit die es nie gab.

      • @Ingo Bernable:

        Es gibt ja nicht nur die Repräsentative Demokratie und den völkischen Autoritarismus.

        Denkbar wäre auch, die Repräsentative Demokratie um direktdemokratische Elemente zu erweitern und außerdem die Bevölkerung viel stärker in die Fragen des Gemeinwesens einzubeziehen (Bürgerräte etc.).



        Siehe meine Bundestagspetition von 2007: www.politik-werkstatt.de/petition2.htm

      • @Ingo Bernable:

        Natürlich werden die Optionen, seinen politischen Willen kundzutun, in einem System à la Höcke nicht besser sein.

        Wer sich im derzeitigen Parteiensystem nicht wiederfindet, hofft eben.

        Das tun übrigens nach meiner Wahrnehmung erstaunlich viele.

        Auf Youtube finden Sie Interviews mit Lafontaine, in denen er den Politikern der etablierten Parteien vorwirft, nicht die „Volksinteressen“ zu vertreten.

        Ersetzen Sie „Volksinteressen“ durch „Volkswillen“, könnten die Aussagen auch von einem AfD-Vertreter stammen.

        Ich habe im Verwandtenkreis überzeugte Grünen-Anhänger, die finden, Klimaschutz- und Verkehrsmaßnahmen sollten nicht von demokratisch gewählten Politikern, sondern von einem Expertenrat beschlossen werden.



        Die Letzte Generation fordert zum Klimaschutz eine Art Volksrat, der nicht gewählt wird.

        Auch hier sind wir wieder bei den „Volksinteressen“.

        Das ist im Kern antidemokratisch.

        „Das ist eh wurscht.“ als Selbstverharmlosungserzählungen der AfD zu deklarieren, greift viel zu kurz.

        Der Hang zum Autoritarismus hat aktuell viele Gesichter, von denen die AfD nur das größte und vielleicht markanteste ist.

        • @rero:

          "Auch hier sind wir wieder bei den „Volksinteressen“. Das ist im Kern antidemokratisch."



          Wenn eine Gruppe oder Partei für sich reklamiert als einzige den wirklich wahren "Volkswillen" zu kennen und zu vertreten ist das ganz sicher problematisch allein schon weil es in völkischer Manier von einem monolithisch homogenen Volk, statt von einem heterogen pluralistischen Demos ausgeht.



          Das Konzept von gelosten, statt gewählten Gremien ist demgegenüber mE demokratietheoretisch durchaus vertretbar weil die Repräsentativität einer solchen Stichprobe tendenziell sogar höher sein dürfte als die professioneller Berufspolitiker*innen.



          Und beim Klimaschutz stellt sich die Frage demokratischer Entscheidungsspielräume ebenfalls recht speziell. Die Verfassung schützt das Leben des Einzelnen aus gutem Grund vor dem Zugriff des Staates. Auch mit absoluter Mehrheit in der Legislative darf kein Gesetz beschlossen werden, in dessen Folge Menschen getötet werden, sei es als Strafe oder als Verwaltungsakt. Entsprechend sollte man doch meinen, dass es auch bei Fragen die nicht nur das Leben Einzelner, sondern ganzer zukünftiger Generationen bedrohen dem Zugriff per demokratischer Mehrheitsentscheidung entzogen sein sollten und das Verfassungsgericht hat ja auch bereits in diesem Sinne geurteilt.

          • @Ingo Bernable:

            Die Argumentation, daß gravierende Eingriffe nicht mit absoluter (sondern nur mit 2/3) Mehrheit beschlossen werden können, steht der "Vertretbarkeit" geloster Gremien entgegen, ober?

  • Wahlprognosen sind keine Wahl. Natürlich sind die Leute unzufrieden, aber ich bezweifle such das sie afd am Ende wählen. Wenn der fdp grüne Zwist aber non stop bis zur Wahl weiter geht, dann kann das schon sein.

  • Das ist, mal wieder, ein sehr treffender Zustandsbericht!

  • "Sie ist für den AfD-Aufstieg mitverantwortlich. Das chaotisch inszenierte Heizungsgesetz"



    Mittlerweile scheint es ja common sense zu sein, dass die Wahl einer proto-faschistischen Partei die logische oder zumindest doch naheliegende Reaktion der Leute darauf ist, dass man sie mit den Folgekosten der Klimakatastrophe konfrontiert, die durch Aufweichung und Verschiebung der Wärmewende übrigens kaum geringer werden. Allerdings hätte ja auch wer seinen Unmut über dieses unfertig und unvollständig durchgestochene Gesetz zum Ausdruck bringen wollte durchaus ebenfalls die Möglichkeit die Union, irgendeine andere demokratische Partei oder auch gar nicht zu wählen.



    Man muss endlich mal aufhören die Wahl von Rechtsradikalen als Protest zu entschuldigen und zu verharmlosen, wer so wählt tut das mit dem Ziel Rechtsradikale an die Macht zu bringen und diese Entscheidung muss man den Leuten auch zurechnen weil sie eben selbst durch die denkbar dümmste und unfähigste Regierung nicht zu rechtfertigen ist.

    • @Ingo Bernable:

      1. Mich ärgern nicht die Folgekosten der Klimakrise, sondern dass diese ohne einen spürbaren Effekt in die Höhe getrieben werden. Was bringt eine kohlestrombetriebene (35% Wirkungsgrad) Wärmepumpe im Altbau (jAZ 3 bis 4)?



      2. Das Aus für fossil betriebene Heizungen war für 2025 beschlossen. Was bringt eine Vorverlegung, wenn es am Strom fehlt?



      3. Beim aktuellen Energieengpass ist ein Atomausstieg unmöglich. Wir importieren derzeit faktisch den Strom eines grossen KKW. Wenn diese so gefährlich sind, sind sie es auch im Ausland.



      4. Eine Strategie braucht Planungssicherheit.



      Schnellschüsse wie die Vorverlegung des Öl- und Gasverbots schaden nur, zerstören vertrauen und beschäftigen die ohnehin gut ausgelasteten Handwerker mit (kontraproduktiven) Anfragen "jetzt noch schnell eine Gasheizung" einzubauen.



      5. Angebotsverknappung im Stromsektor führt natürlich zu steigenden Preisen, die sich nicht jeder leisten kann.



      ...

      • @Carsten S.:

        1. Das sind halt falsche Prämissen. Der Anteil des Kohlestroms beträgt aktuell noch 17%. Der Ausstieg läuft und die Zukunft des Wohnens in ungedämmten Altbauten dürfte wohl auch keine allzu große Zukunft mehr haben.



        2. "Deutschland war im Jahr 2022 erneut Netto-Stromexporteur mit insgesamt 26,28 TWh. Dabei betrug der Export 62,05 TWh (2021: 56,99 TWh) und der Import 35,77 TWh (2021: 39,60 TWh). Der Nettoexport ist im Vergleich zu 2021 (17,39 TWh) um 51,1 Prozent gestiegen." www.bundesnetzagen...0230104_smard.html



        Wenn mehr Strom ex- als importiert wird besteht daran wohl kein Mangel.



        3. Der Atomausstieg ist durch. Offensichtlich war er also nicht unmöglich.



        4. Ein banaler Satz mit dem sich gegen jegliche Neuregelung und Veränderung agitieren lässt. Alternativ könnte man sich auch mal die Zeichen der Zeit zu Gemüte führen und dann sehr sicher damit planen, dass fossile Energie eben nicht das Modell ist auf das man setzen sollte.



        5. Auf einem endlichen Planeten können wir uns eben keinen endlosen billigen Energieverbrauch leisten. Und die Antwort auf die soziale Frage kann wohl offensichtlich nicht in der weitere Zerstörung unserer Lebensgrundlage bestehen weil auch das extrem unsozial ist. Wenn also die marktförmige Allokation von Energie ein Gerechtigkeitsproblem darstellt wird man darauf andere Antworten finden müssen und es gibt ja bereits längst Überlegungen in dieser Richtung wie das Klimageld.

      • @Carsten S.:

        Punkt1: Eine Gasheizung, die in diesem Jahr iengebaut wird, wird aller Voraussicht nach auch 2045 noch laufen. Diesen Blick nach vorne vergessen alle, die über den heutigen Strommix meckern.



        Punkt2: Das Aus für fossile Heizungen war für 2025 beschlossen. Warum wird wegen einem einzigen Jahr so ein Wind gemacht?



        Punkt 3: Die Atomkraftwerke, die in Deutschland dieses Jahr abgeschaltet wurden, haben ihre Zeit hinter sich. Die wurden aufgrund des vor Jahren von einer Union-Regierung festgelegten Ausstiegs nicht mehr gewartet. Ob die nach einer Abschaltung je wieder ans Netz gegangen wären, ist ohnehin fraglich. Die Abschaltung wäre aber schon fürs Neubefüllen notwendig geworden.



        Punkt4: Eine Strategie braucht Planungssicherheit. Deswegen müssen Klimaschutzziele, die seit Paris beschlossen sind, auch in Gesetze gefasst werden, damit die Unternehmen bereit sind sich daran zu halten.



        Punkt5: Unsere Strompreise sind tatsächlich zu hoch. Aber nicht erst seit der Ampel. Die Strombörse funktioniert nach Prinzipien, welche Speichertechnologien unwirtschaftlich machen. Die Steuern sind ungerecht verteilt. Da muss etwas dran geändert werden. Die Ursachen liegen aber nicht in den Krisen der letzten beiden Jahre.

        • @Herma Huhn:

          Warum um ein Jahr so ein Wind gemacht wird? Ganz einfach: Weil Material und Personal nicht auf Bäumen wachsen. Oder glauben Sie, dass die technischen Anlagen, deren Teile weltweit produziert werden müssen, eben mal schneller vom Band laufen, weil in der VR China jemand auf einen Knopf drücken kann, der das Produktionssoll für die internationalen Lieferketten verdopppelt?

          • @Markus Wendt:

            Niemand verlangt, dass 2024 alle Gasheizungen in Deutschland ausgetauscht werden.



            Es geht einzig und allein um die Heizungen, die NEU eingebaut werden.



            Es ist ohnehin unverständlich, warum überhaupt jemand 2023 noch ernsthaft über eine neue Gasheizung nachdenkt.

    • @Ingo Bernable:

      Zitat "Noch nie hielten so viele Deutsche rechtsextremen, xenophoben Provinzialismus für wählbar. Das ist ein Alarmsignal."

      Auch hier gehört eine Korrektur angebracht: Rechtsextreme und Xenophobie nur in der Provinz? Die Erneuerung der xenophoben Front ging 2014 von Dresden aus! Ist Dresden Provinz?

      • @Uwe Kulick:

        Die mit einer solchen Wahlentscheidung verbundene Mentalität ist provinziell und man kann auch in Metropolen oder im ganzen Land, zumal in einer globalisierten Welt, provinzielle Politik betreiben.

    • @Ingo Bernable:

      Das Ding ist halt, die Menschen sind halt gegen die Politik, welche hier betrieben wird. Den Leuten geht es halt immer schlechter. Warum, also Klimaschutz, ist dabei aber völlig egal, den Leuten geht es schlechter und das wird nicht honoriert. Erst recht, wenn man das Gefühl hat, Deutschland + 3-4 andere Staaten wären die einzigen die gegen den Klimaschutz kämpfen. Dann ist der Klimakampf halt wirklich Sinnlos.

      Und wenn man so empfindet, dann ist auch echt nur wenig da, was man Wählen kann.



      Die meisten Parteien, würden wenn sie könnten die Politik der Ampel fortführen. Zwar mit Unterschiedlichen Akzenten, aber die Politik wäre ähnlich/gleich. Egal ob CDU, Linkspartei oder viele Kleinstparteien.

      Nicht zu wählen ist für diese Menschen auch keine Option, die Menschen haben doch schon das Gefühl, dass sie der Politik egal sind, also ist das für sie auch kein angemessener Protest.



      Die letzte Generation würde an ihren Protestformen auch nicht festhalten, wenn die Protestform der Politik und Öffentlichkeit egal wäre.

      Für solche Menschen erscheint die AFD Alternativlos, denn es gibt keine Nicht-Faschistische Partei, welche eine Zusammenarbeit mit bspw den Grünen ausschließt.



      Deshalb ist Wagenknecht auch in dem Millieu erfolgreich, weil sie als die Grünen größte Gefahr sieht.

      Letzteres gilt als Beispiel. Aber die Politik der etablierten Parteien muss sich ändern, auch inhaltlich wenn man die AFD zurückdrängen will

      • @Walterismus:

        "Den Leuten geht es halt immer schlechter."



        Wann ging es den Leuten denn besser? In welche Vergangenheit genau wollen sie zurück? Wenn man erklärt, dass Klimaneutralität auf dem Lebenestandard der 1970er-Jahre möglich wäre, wird das gemeinhin als Drohung und als unzumutbar empfunden.



        Unterm Strich läuft es also darauf hinaus, dass die Menschen sich abseits aller Faktizität abgehängt und von Verlustängsten geplagt fühlen auch wenn sie mehr Wohlstand und Freiheit genießen als jemals zuvor. Wie also sollte sich die Politik der demokratischen Parteien ändern um diesem kollektiven Realitätsverlust entgegenzutreten? Und würde eine dezidiert anti-grüne Positionierung etwa der CDU tatsächlich dem Wohlergehen der Menschen dienen oder würde es die Folgen und Folgekosten der Klimakatastrophe nicht noch weiter eskalieren lassen wenn man das notwendige Umsteuern um weitere Jahrzehnte verschleppt?

        • @Ingo Bernable:

          Danke für diesen sehr guten Kommentar! Im Jammern auf hohem Niveau sind wir Deutschen eben auch Weltmeister.

        • @Ingo Bernable:

          schrieb: "Wenn man erklärt, dass Klimaneutralität auf dem Lebenestandard der 1970er-Jahre möglich wäre, wird das gemeinhin als Drohung und als unzumutbar empfunden."

          Weil die Jüngeren diese 70er Jahre nicht real miterlebt haben.

          Für mich selbst wäre ein "Rückfall" in die 70er Jahre überhaupt kein Problem! Denn die moderne Technik hat nämlich erfahrungsgemäß auch ihre Tücken ("gläserner Bürger", Cyberangriffe auf unsere IT-Infrastruktur und damit auf unsere persönlichen Daten etc.).

          • @Jessica:

            Die 70er waren zweifelsohne in vielerlei Hinsicht einfacher und kuscheliger, die Welt war aber auch eine andere. Die einfachen Zeiten Westen = gut, Osten = böse mit nichts dazwischen gibt es nicht mehr. Die Gesellschaft hat sich deutlich weiter entwickelt und es ist normal geworden, Informationen, Waren und Dienstleistungen von überall aus der Welt per Mausklick ins eigene Wohnzimmer zu bekommen. Eine derartige Weiterentwicklung der globalen Gesellschaften ins 70er Jahre Flair der Abgeschottenheit halte ich für ausgeschlossen.

      • @Walterismus:

        schrieb: "Aber die Politik der etablierten Parteien muss sich ändern, auch inhaltlich wenn man die AFD zurückdrängen will"

        ... damit wegen demographiebedingt anhaltendem Arbeitskräftemangel (durch die bereits begonnene Verrentung der Babyboomer, die in den nächsten Jahren weiter anhält) unsere Wirtschaft mangels Zuwanderung irgendwann aufs Abstellgleich gerät.

        ... damit wir in nicht allzu vielen Jahren wettertechnisch auch noch die 50-Grad-Marke erreichen (die 40-Grad-Marke haben wir ja in den letzten Jahren schon häufiger überschritten).

        @Walterismus schrieb: "Deshalb ist Wagenknecht auch in dem Millieu erfolgreich, weil sie als die Grünen größte Gefahr sieht."

        Wagenknecht steht sozialpolitisch den Linken, von denen sie herkommt und die sozialpolitisch mit den Grünen mehr Gemeinsamkeiten haben als manchem recht ist, noch immer sehr nahe. Das ist bei der AfD nicht der Fall.

        Weshalb man die AfD mit einer zukünftigen Wagenknecht-Partei - Gott sei Dank! - inhaltlich nicht 1 : 1 vergleichen kann. Aber inhaltliche Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.

      • @Walterismus:

        "Den Menschen geht es immer schlechter" — ja. Und sie haben sich in Informationsblasen hineintreiben lassen, in denen sie mit ständigem Grünen-Hass überschüttet werden, so dass sie nicht mitbekommen, dass es gerade die Grünen sind, die dafür kämpfen, dass es Wenigverdienern besser geht.

        • @Arne Babenhauserheide:

          Bitte Ironie als sólche kennzeichnen :D :D :D

        • @Arne Babenhauserheide:

          Selten so gelacht…

          • @YeahYeah:

            @Arne Babenhauserheide hat völlig Recht:

            Die Grünen haben aus ihren Fehlern bei der "Agenda 2010" gelernt. Anders als hier von vielen Mitschreibern gepostet, präsentieren sich die Grünen innerhalb der Ampel-Koaltion sozialer als die SPD:

            Die bisherigen Verbesserungen beim Bürger- und Wohngeld gehen den Grünen nicht weit genug, die SPD schweigt diesbezüglich, die in der Ampel mitregierende FDP und - im Bundesrat - die Unionsparteien blockieren Derartiges.

            Bei der geplanten Kindergrundsicherung haben die Grünen die bisher weitreichendsten Vorschläge eingebracht. Die FDP blockiert auch hier wieder, die SPD bleibt hier vage.

            Die angesichts der aktuellen Inflation durch die Decke gehenden Indexmieten wollen Grüne und SPD gemeinsam begrenzen, die mitregierende FDP verweigert sich dem bis heute.

            • @Jessica:

              Ist der "weitreichende Vorschlag" der Grünen bei der Kindergrundsicherung nach wie vor, einfach bei "reichen" Familien Freibeträge zu kürzen, um die Umverteilung zu finanzieren? Das war der Punkt, wo ich ausgestiegen bin...