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Umstrittene WärmewendeHeizungsgesetz auf der Zielgraden

Das umstrittene Gesetz kommt noch diese Woche in den Bundestag. Die Einigung kam nach dem Eingreifen von Scholz, Habeck und Lindner zustande.

Holz zu verbrennen macht Wohnungen wärmer, aber auch auch den Planeten Foto: imago

Berlin taz | Im Heizungsstreit hat es am Dienstagnachmittag überraschend eine Einigung zwischen den Regierungsfraktionen gegeben: Nachdem es noch kurz zuvor so aussah als würde das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt, verständigten sich die Fraktionen schließlich doch darauf, die Novelle ins Parlament einzubringen. Der Durchbruch gelang, nachdem sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gemeinsam in die Verhandlungen eingeschaltet hatten.

Mit der Novellierung des GEG soll in Deutschland die Wärmewende eingeleitet werden. Dem Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zufolge soll ab 1. Januar 2024 der Einbau von Gas- und Ölheizungen in neue Gebäude verboten werden. Fossile Heizungen in Bestandsgebäuden können weiterhin repariert werden, sollen aber bei einem Totalschaden durch klimafreundliche ersetzt werden. Um Härten zu vermeiden, sind etliche Ausnahmen und mehrjährige Übergangszeiten vorgesehen.

Schon im April hat das Bundeskabinett die Novellierung beschlossen. Die FDP-Fraktion hat aber bislang verhindert, dass der Entwurf in den Bundestag eingebracht wurde und die parlamentarische Beratung beginnen konnte – im Zuge derer auch gesellschaftliche Gruppen wie Mie­te­r:in­nen in das Verfahren einbezogen werden. Seit Wochen haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP versucht, einen Ausweg aus der verfahrenen Lage zu finden. Doch die Vize-Fraktionschef:innen konnten sich auch in den jüngsten, seit Tagen andauernden Verhandlungen nicht einigen. Die Folge: Beim Treffen der parlamentarischen Ge­schäfts­füh­re­r:in­nen am Dienstagmittag wurde das Gesetz nicht auf die Tagesordnung für die Woche genommen. Aufgrund der festgefahrenen Lage haben Scholz, Habeck und Lindner danach in die Verhandlungen eingeschaltet – offenbar erfolgreich.

Jetzt soll noch in dieser Woche die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag erfolgen. Es soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Das geht aus dem Papier hervor, auf das sich die drei Fraktionen geeinigt haben. Ziel sei ein Gesetz, „das sowohl den Klimaschutzaspekten Rechnung trägt, die Menschen in ihren unterschiedenen Lebensrealitäten nicht überfordert und gleichzeitig auch wirtschaftlich vernünftig ist“, heißt es in dem Papier.

Kommunale Wärmeplanung

Ein zentraler Punkt der Einigung: Städte und Gemeinden in Deutschland werden dazu verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung einzuführen. Das bedeutet, dass sie Pläne dafür aufstellen müssen, wie Bür­ge­r:in­nen heizen können und welche kommunalen Angebote es für klimafreundliche Lösungen gibt. Diese Wärmeplanung soll der zentrale Bezugspunkt für verpflichtende Maßnahmen in Bestandsgebäuden sein – und den Bür­ge­r:in­nen Planungssicherheit geben. Denn solange die kommunale Wärmeplanung nicht vorliegt, gilt das Gebäudeenergiegesetz nicht. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach von einem Paradigmenwechsel. „Wir haben das Gesetz verbessert“, sagte er. Das sieht auch die grüne Co-Fraktionschefin Katharina Dröge so. „Wir haben ein sehr gutes Gesetz noch besser gemacht“, sagte sie.

Gasheizungen dürfen außerdem weiterhin eingebaut werden, wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind – auch in Neubauten außerhalb von Neubaugebieten. In Neubaugebieten soll das GEG ab dem 1. Januar 2024 gelten.

Gibt es eine kommunale Wärmeplanung für ein klimaneutrales Gasnetz, können neben den dann verfügbaren Optionen auch auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen eingebaut werden. Sieht die Wärmeplanung kein klimaneutrales Gasnetz vor, dürfen Gasheizungen nur dann weiter eingebaut werden, wenn sie zu 65 Prozent mit Biomasse oder Wasserstoff betrieben werden.

Klare Verabredung

Für die Grünen ist die anhaltende und von Union, FDP sowie Springer-Presse aufgeheizte Diskussion um das Gesetz schlecht, sie verlieren in Umfragen an Zustimmung. Deshalb drängten sie auf eine zügige Verabschiedung. „Ich bin weiterhin sehr sicher, dass wir es vor der Sommerpause verabschieden werden“, hatte die grüne Co-Vorsitzende Katharina Dröge noch am Mittag gesagt, als die Einigung der Vize-Fraktionsvorsitzenden gerade gescheitert war. Dazu gäbe es eine klare Verabredung. Käme es nicht, wäre es eine große Belastung für die Handlungsfähigkeit der Koalition.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte sich zuletzt wenig kompromissbereit gezeigt. Wärmepumpen „hier und da“ seien ja ganz schön. Aber insgesamt müsse es darum gehen, dass Gasheizungen in Zukunft mit Wasserstoff betrieben werden könnten, sagte er am Mittag. Am Abend war er zufrieden. Es habe „fundamentale Änderungen gegeben, sagte er.

Weiterhin ungenau sind die angekündigten Regelungen zur sozialen Abfederung der nötigen Investitionen.

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12 Kommentare

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  • Bildunterschrift: "Holz zu verbrennen macht Wohnungen wärmer, aber auch auch den Planeten"



    Holz im Wald vermodern zu lassen macht den Planeten genau so warm. Wenn man es verbrennt, kann dafür fossiler Kohlenstoff im Boden bleiben.

  • Das hat aber gedauert, bis erkannt wurde, dass die Heizungsproblematik nicht allein den privaten Haushalten überlassen darf, sondern sich zuerst um eine gesellschaftliche Lösung kümmern muss, wozu haben wir denn diesen Staat überhaupt, wenn er sich nicht seiner Sorgfaltspflicht bewußt ist ? Leider haben die lokalen Fernwärmeversorger nicht die schlagkräfte Lobby (zum Beispiel die Verbraucherverbände) noch ist die Finanzierbarkeit eines flächendeckenden, im Wesentlichen auf Geothermie beruhendes Versorgungsnetzes ein großes Problem, für das man ein neues auf der Gemeinnützigkeit beruhendes Wirtschaftsmodell benötigt, das im Wesentlichen von etwas vermögenderen Teilen der Gesellschaft (die anteilig auch entschädigt werden und damit eine sicherere Anlage als irgendein Börsenpapier erwarten dürfen) gespeist wird und zwar auf freiwilliger Basis rein aus Überzeugunskraft zum Erhalt eines noch zu verantwortenden Wohlstands für alle. Da sind die Nötigungsabsichten mit einem drohenden Wärmepumpengebot nur die Idee eines vereinsamten Politikers ohne Realitätsbezug.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Grundsätzlich ist es natürlich eine gute Idee, die kommunale Wärmeplanung an den Anfang zu stellen.



    Alleine weil sie verhindern würde, das einzelne Hausbesitzer ihre Technik aufwendig und teuer sanieren und dann nachträglich erfahren, das bei Ihnen eine Wärmenetz gelegt wird.

    Die ganze Diskussion um eine Technologieoffenheit und den Einsatz von extrem verlustbehafteten und daher teurem Wasserstoff zeigt jedoch nach wie vor in Richtung Aufschiebung der notwendigen Wärmewende.

    In Dänemark, die diesen Weg schon seit über 40 Jahren erfolgreich beschreiten, ist man erstaunt, belustigt und besorgt über das, was hier gerade in Deutschland passiert.



    Dort gab es übrigens immer die soziale Komponente – niemand wurde mit dem Thema alleingelassen.



    Trotzdem ist dort der Einbau von Gas- und Ölkesseln mittlerweile verboten.



    Weil das eben "alternativlos" ist.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Ich bin ganz Ihrer Meinung und Frage mich immer besorgter, was dieser Zirkus eigentlich soll - und warum. Was ist das für eine hässliche Profilierungssucht, die die FDP mit sozialer Fürsorge für eine Klientel bemäntelt, der sie ferner nicht stehen könnte? Diese wurde beileibe nicht unterlassen, nur eben nicht erwähnt. Es war noch kein fertiges Gesetz, sondern nur ein ENTWURF!

      Dies auf dem Rücken der Grünen, die offenbar in der Abwehr solcher Taktiken über wenig Erfahrung verfügen, den Ausdruck dafür erspare ich mir.

      Ich wundere mich nur, das Minister Habeck das als Stärke nicht nutzt, was er kann - erklären, wenn es sein muss 100X und in allen möglichen Medien.

      Ich halte mich nicht für einen Propheten, aber was die B...-Zeitung und diverse Parteien so hämisch bemängeln, das habe ich Ende vorigen Jahres bereits gelesen. Wo war das nur? Und Durchstechen hat ein Problem - es bleibt immer etwas an dem hängen, der damit vordergründig sein Ziel erreicht, das Verzögern. Die Zeit wird ihn einholen und die Rechnung folgt.

      Wenn übrigens die Opposition sich über Spionieren bis in den Keller hermacht, dann denkt man doch unwillkürlich daran, dass diese Daten doch längst unwidersprochen in diversen Ämtern ruhen, unter Datenschutz so sicherlich diese auch! Was sollen diese Stürme im Wasserglas?

  • Märchenhaft



    BUMM ! Wasserstofftechnologie ist ein etwas explosives Thema .... H2-Autos dürfen in keine Tiefgarage, aber in mein' Keller führt dann bald ein Rohr mit Wasserstoff ? Danndochlieba Methansynthese: Fragt den alten Sabatjeee ! Wir basteln uns aus Wasserstoff popeliges Erdgas, und gewinnen schon bei der HERSTELLUNG Energie !



    1 CO2 + 4 H2, macht dann exotherm ein Methänchen und zwei Wasser, gelle ? Mit Sahne oder Zitrone ?



    de.wikipedia.org/wiki/Methanisierung

    Woher allerdings der STROM für den ganzen Wasserstoff kommen soll ? Da beginnt sie wieder die FDGrüne Märchenstunde ... Und der tatsächliche Wirkungsgrad der H2-Herstellung ist ziemlich füchterlich - mit Strom zu heizen ist da noch weit effizienter. Wo allerdings der STROM fürs ganze Heizen herkommen soll ? Da beginnt - siehe oben.

    • 4G
      48798 (Profil gelöscht)
      @lesnmachtdumm:

      Ja, das Theama "Energiebilanz" kommt in der ganzen Diskussion viel zu kurz.



      Die seriösen Studien gehen davon aus, das Wasserstoff nur dort eingesetzt wird, wo thermische Prozesse dies erforderlich machen; zB in der Stahlindustrie.



      Aber diesen Sachverstand kann man von einem Politiker, der Tempo 200 auf der Autobahn als demokratisches Grundrecht ansieht, wohl kaum erwarten.

  • “ Weiterhin ungenau sind die angekündigten Regelungen zur sozialen Abfederung der nötigen Investitionen.”

    Typisch.



    Wie der weniger gut situierte Bevölkerungsanteil den höchst kostenaufwendigen Energiewandel samt steigender Lebenshaltungskosten insgesamt bewältigen soll, interessiert Diäten-kassierende “Staatsdiener” nicht, im Gegenteil, die wissen ja à la deutschem Bundeskanzler noch nicht einmal, wie teuer Benzin ist und brauchen das auch nicht wissen, da sie ja ein “ganz ordentliches Einkommen” haben. (O-Ton Olaf Scholz:



    youtu.be/BtezTQv66kM



    Als oberer Mittelständler bezeichnete er sich fälschlicherweise “bescheiden” schon als ehemaliger Finanzminister nicht:



    youtu.be/nfBf9riVWaM

    Verkehrte Welt!



    Da entscheiden also Leute, die offensichtlich vom alltäglichen Lebensbedarf eines “Otto-Normal-Verbrauchers” und den damit verbundenen Kosten so gut wie keine Ahnung haben bzw. in realitätsfernen “Sphären” unterwegs sind.

    Daneben tickt die Schuldenuhr… mit aktuell fast 31.000 € Schulden pro Kopf !



    www.steuerzahler.d...rdeutschlands/?L=0



    …und nur allzu merkwürdig erscheint, dass man für andere “Themen” Millionen und Milliarden “übrig hat”.



    Die Politik nennt es befremdlich anmutend u.a. “Sondervermögen” und will damit wohl zu allem Unfug auch noch “Überfluss” an deutschen Steuergeldern suggerieren.

    Schlimmer geht’s nimmer…

  • Wärmewende? Neue Armutswende!



    Dieses Heizungsgesetz geht zu Lasten niedriger Einkommen, die aber noch über der Armutsgrenze liegen. Es geht zu Lasten der Mieter, da ein Teil auf die Miete aufgeschlagen werden darf. Es geht zu Lasten aller Hausbesitzer, denn für die viel propagierte Unterstützung durch den Staat fallen wohl 99% aller Hausbesitzer raus und weil Gas und Ölpreise wegen der CO2-Aufschläge bald extrem teuer werden, trifft es sie trotzdem.



    Werte Grüne, da habt ihr mal wieder nur an euer schicki micki Clientel gedacht, welche sich eure grüne Wohlstandspolitik leisten kann. Für viele Geringverdiener wird dieses Wärmewende zur Armutswende, sie rutschen nach unten ab. Und mancher Rentner wird wohl sein Häuschen endgültig aufgeben müssen.



    Schade eigentlich, dass die Linke zur Zeit derart verwahrlost ist, dass sie das Problem nicht kompetent aufgreifen kann und somit kein Vertrauen mehr genießt.

    • 4G
      48798 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Die Linke hat aktuell programmatisch den konsequentesten Ansatz zu einer wirkungsvollen Klimapolitik.



      FFF hat dies auch längst gewürdigt und kooperiert nicht mehr mit den "Grünen" sondern mit der Linkspartei.



      Die angesprochene "Verwahrlosung" hat ja noch andere Ursachen; ich hoffe nach wie vor, das die Partei irgendwie noch die Kurve kriegt.

    • @Rudi Hamm:

      Ich gehe davon aus, dass Sie das Gesetz in allen Details bereits kennen und auch, dass Sie sämtliche Änderungen, die im BT beschlossen werden, auch schon berücksichtigt haben. Und die "Schicki.Micky" Grünen-Clientel ist die tatsächlich einzige Gruppe, die sich über bessere Luft, weniger CO2 Ausstoß, weniger Hitzewellen und dergl. freuen kann, während alle anderen Bevölkerungsteile weiter unter den Folgen der Klimakatastrophe leiden müssen. Welch eine bestechende Logik....

    • @Rudi Hamm:

      Zwei Fragen hierzu...



      Zu wessen Lasten sollte ein solches Heizungsgesetz Ihrer Ansicht nach gehen? Wenn Sie Mieter und Hauseigentümer ausschließen, bleibt da nicht viel...



      Sie dreschen sehr einseitig auf die Grünen ein. Ihnen ist schon klar, dass die FDP einen sehr großen Anteil in dieser Debatte eingenommen hat? Dass die SPD in dieser Regierung den Kanzler mit Richtlinienkompetenz stellt, sei ebenfalls erwähnt.

      • @Encantado:

        Ich "dresche" deshalb auf die Grünen ein, weil sie der Initiator dieses Gesetzes sind. Natürlich haben mit der Verabschiedung auch die FDP und die SPD die volle Mitverantwortung.

        @Perkele:



        Wer soll es denn ihrer Meinung nach bezahlen. Eine staatliche Förderung ist doch nichts anderes als "linke Tasche, rechte Tasche" und es kann nicht sein, dass auch die mittleren Einkommen immer mehr belastet werden und nach unten abrutschen, ich kann daran nichts soziales finden.

        Zu wessen Lasten soll es gehen?



        Zu dessen, welcher dort wohnt und es warm will. Er braucht die Energie und die Wärme, nicht der Vermieter.



        Aber der Staat könnte sich mal überlegen, ob über 50% Abgaben am Strompreis (zweit höchster Strompreis der Welt) nicht unsozial sind. will einen Industriestrompreis in Höhe von 6 Cent pro Kilowattstunde einführen, der "kleine Mann" zahlt 33-40Cent/kWh.



        Was ist daran sozial?

        ( www.merkur.de/wirt...-zr-92256599.html)