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Übernahme von WärmepumpenherstellerViessmann ist allein zu klein

Ist die Regierung durch ihre Klimapläne schuld daran, dass der deutsche Heizungsbauer Viessmann an einen US-Konzern verkauft wird? Eine Analyse.

Hier wird an Viessmann-Wärmepumpen gewerkelt Foto: Fabian Bimmer

Berlin taz | Selten kommt es vor, dass so aufgeregt über den Verkauf eines deutschen Unternehmens diskutiert wird. Die Eigentümer der Heiztechnikfirma Viessmann aus Allendorf in Hessen haben beschlossen, den größten Teil des Unternehmens, vor allem das Geschäft mit den Wärmepumpen, für 12 Milliarden Euro an den US-Konzern Carrier zu veräußern.

Nun werfen Politikerinnen und Politiker wie Jens Spahn, Julia Klöckner (beide CDU) und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vor allem den Grünen vor, die Bürger und die Wirtschaft mit der schnellen Transformation zur Klimaneutralität zu überfordern. Das Gebäudeenergiegesetz zum Heizungstausch sei daran schuld, dass ausländische Konzerne auf den deutschen Markt drängten, einen Mittelständler wie Viessmann unter Druck setzten und die Amerikaner ihn schluckten. Spahn sprach vom „Ausverkauf der deutschen Wärmepumpe“.

Die Wärmepumpe ist nicht deutsch. Der Wärmepumpenmarkt ist global. Die größten Hersteller sitzen unter anderem in Japan und Südkorea. Viessmann, Bosch und Vaillant haben zwar teilweise Vorteile bei Know-how und Qualität, aber den Nachteil, dass sie im globalen Wettbewerb mit kapitalstarken Massenherstellern konkurrieren müssen.

Diesen globalen Markt hat nicht das deutsche Gebäudeenergiegesetz gemacht, das Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nur teilweise mit Unterstützung seiner Koalitionäre von SPD und FDP vorantreibt, teilweise auch gegen deren Vorbehalte. Der hat sich schon früher entwickelt. Sonst gäbe es die großen asiatischen Anbieter nicht.

Nicht vergleichbar mit dem Ausverkauf der Solarindustrie

Der Weltmarkt dehnt sich nun aus, weil die internationale Klimapolitik, etwa in Gestalt des Pariser Weltklimaabkommens, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen vermindern will. Elektrische Wärmepumpen sind eine Technik, um diesem politischen Konsens wirtschaftlich nachzukommen. Mit Ökostrom angetrieben verursachen sie kein klimaschädliches Kohlendioxid und stellen eine sehr effiziente Heizungstechnik dar.

Neue Gesetze für den Klimaschutz in Deutschland, aber auch der europäische Green Deal, laut dem die Europäischen Union bis 2050 klimaneutral werden will, bewirken jetzt Folgendes: Sie vergrößern den deutschen und europäischen Markt für klimafreundliche Technologien – wie eben Wärmepumpen. Damit machen sie ihn für ausländische Firmen interessanter, als er es vorher war.

Das kann man als Fehler der Regierung betrachten. Doch das Gebäudeenergiegesetz tut nichts anderes, als den internationalen politischen Konsens hierzulande umzusetzen und eine Technik zu begünstigen, die dabei hilft.

Nun steht Viessmann vor dem Problem, dass beispielsweise der Marktführer Daikin aus Japan so viel Umsatz macht wie die drei größten deutschen Wärmepumpenhersteller zusammen. Man kann sagen: Viessmann ist zu klein, um auf dem umkämpften Weltmarkt sicher zu überleben. Also holen sich die Deutschen einen Partner herein – die US-Firma Carrier.

Geht Viessmann also den unheilvollen Weg der Solarfirmen Q-Cells und Solarworld, wie die Union der Bundesregierung nun vorwirft? Vor zehn Jahren brach die deutsche Solarindustrie zusammen, wurde teilweise international aufgekauft. Damit ist der Fall Viessmann aber nicht zu vergleichen.

Der Exitus damals hatte zwei Ursachen: Die Bundesregierungen unter Führung der Union kürzten die Förderung für die Ökoenergie. Außerdem subventionierte China seine Solarindustrie massiv. Dumpingkonkurrenz und wegbrechender Heimatmarkt machten hiesigen Unternehmen damals den Garaus.

Die Lage im Falle Viessmann ist eine andere: Wegen der unterstützenden politischen Regulierung wächst der deutsche und europäische Markt, die Förderung nimmt zu. Das US-Unternehmen Carrier ist im Übrigen nicht subventionsgetrieben, es ist kein unfairer Wettbewerber. Die Aussichten sind deshalb nicht schlecht, dass Viessmann und Carrier zusammen den deutschen, den europäischen und auch den Weltmarkt von hier aus mit großen Zahlen von Wärmepumpen versorgen werden.

Dass Viessmann das nicht allein zu schaffen meint, liegt nicht an der aktuellen, vermeintlich zu schnellen Gesetzgebung. Wenn man schon einen Zusammenhang herstellen will zwischen Regulierung und Unternehmen, wirkt er in diesem Fall eher umgekehrt: Hätten die unionsgeführten Bundesregierungen mit FDP und SPD früher auf Klimapolitik gesetzt, wäre der hiesige Wärmepumpenmarkt nun weiter entwickelt, Viessmann wäre wahrscheinlich größer und bräuchte vielleicht keinen Partner.

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23 Kommentare

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  • 6G
    676595 (Profil gelöscht)

    Was ist denn mit Linde nach dem Kauf durch Carrier geschehen?

    • @676595 (Profil gelöscht):

      Linde ist seit dem Zusammenschluss mit Praxair (USA) kräftig gewachsen und wird jetzt nur noch an der New-Yorker Börse notiert. Die Übernahme hat neue Märkte erschlossen, allerdings mussten aufgrund von Auflagen der Kartellbehörden Geschäftsbereiche verkauft werden. Linde ist Weltmarktführer im Bereich Industriegase.



      Von Carrier ist bei Linde nichts zu hören. 12:25 h

  • "Nicht vergleichbar mit dem Ausverkauf der Solarindustrie"

    Wie wahr - denn Das ist der wahre Skandal.

    Ein Fanal des Versagens deutscher Wirtschafts- und Klimapolitik !

    • @Bolzkopf:

      oder Gier eines Mittelständlers ???

  • Ja, Viessmann allein wäre zu klein und das ist in diesem Artikel sehr gut dargestellt. Dieser Teilverkauf (immerhin ist Viessmann jetzt der größte Einzelaktionär von Carrier) hilft dem Unternehmen und besonders dem deutschen Markt. Nach Analyse aller Fachinformationen gehe ich davon aus, dass diese Sparte auch in D wachsen wird und die Zahl der Arbeitnehmer in D damit auch (sofern sie zu finden sind).



    Der europäische Markt ist riesig und den von D aus zu bedienen ist auch für Carrier günstiger, als aus den USA.



    Manche, las ich, mussten hier ihren Frust über grüne Politik auslassen, vergessen aber dabei, dass es längst europäische Politik ist.

  • Das die deutsche Industrie UND POLITIK seit über 70 jahren eher "konservativ" besser gesagt, sozial ineffizient agiert und ihre eigene wirtschaft totspart, sowohl finanziel als auch ideologisch, ist gewiss nicht die schuld der grünen!!!

    Das von USA und China riesige (soll heißen billionenschwere und sozial ungleiche) konzerne die welt erobern, ist gewiss nicht die schuld der grünen!



    Das die grünen keine protektionistische nationalistische wirtschaftspolitk betreiben, so wie die "konservativen", sozial ineffizienten, ist auch eher ne gute sache.

    Und wiedereinmal wird völlig vergessen von unseren sogenannten wirtschaftseliten, das die rationalisierung des elends kein profitgeschäft ist!!!!



    Und es muss JETZT gemacht werden - nicht erst irgendwann wenn ein paar reiche darin gewinn sehen!!!!



    Aber sowas blenden unsere tolldreisten normalobürger und wirtschafsteliten halt am liebsten aus gelle. hauptsache der nächste urlaub in mallorca ist nicht gefährdet. über die genauen ursachen der ineffizienten rationalisierung, von allen seiten!!!, besonders der arbeitgeber selbst, denkt natürlich keiner genau nach, wie auch bei der ideologischen talfahrt in deutschland!

    wo wir nach 50 jahren digitalisierung und strukturfunktionalismus immer noch im analogland ohne effiziente kommunikation leben und viele menschcen mehr zugang zu gott als zur wahrheit haben. es lebe die trägheit der masse!

    • @Christian Will:

      Ja, genau, wir brauchen genau jetzt die Wärmepumpen, wo wir unseren Strom immer noch oder sogar wieder mehr aus Kohle prduzieren, meinen Sie?



      Speziell im Winter, wenn die Tage kurz und die Nächte lang sind?



      Kohlekraftwerke mit Wirkungsgrad 35% und Wärmepumpen mit einer JAZ von 3 im teilsanierten Altbau bringen's voll. Das ist in den nächsten 2 bis 3 Jahren allenfalls ein CO2-neutrales Wohlstandsvernichtungsprogramm.

  • Herzlichen Dank für diese klare und unprätentiöse Analyse. Wohingegen man den genannten Kritikerinnen aus Opposition und Ampelkoalition wohl mt einigem Recht Wichtigtuerei und Verschleierungstaktik vorwerfen dürfte...



    "Nun werfen Politikerinnen und Politiker wie Jens Spahn, Julia Klöckner (beide CDU) und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vor allem den Grünen vor (...)", das "Gebäudeenergiegesetz zum Heizungstausch sei daran schuld, dass ausländische Konzerne auf den deutschen Markt drängten, einen Mittelständler wie Viessmann unter Druck setzten und die Amerikaner ihn schluckten." "Wenn man schon einen Zusammenhang herstellen will (...), wirkt er in diesem Fall eher umgekehrt: Hätten die unionsgeführten Bundesregierungen mit FDP und SPD früher auf Klimapolitik gesetzt, wäre der hiesige Wärmepumpenmarkt nun weiter entwickelt, Viessmann wäre wahrscheinlich größer und bräuchte vielleicht keinen Partner."

  • Viessmann Verkauf ist Resultat grüner Politik



    Habeck haut eine Wärmepumpen-Pflicht raus, die schon in 7 Monaten für Neubauten verbindlich ist. So schnell kann kein mittelständischer Betrieb seine Produktion logistisch und finanziell einstellen, dass man genug Wärmepumpen produzieren kann. Ist die Produktionsmenge zu klein, so kann man preislich nicht gegen die massive Konkurrenz aus Asien bestehen, welche jetzt den deutschen Markt mit Wärmepumpen fluten wird.



    Und bevor man zuschaut, wie die Marktanteile mehr und mehr schwinden, und somit der Wert von Viessmann, verkauft man diese Sparte an einen "big player".



    Ich kann Viessmann verstehen, aber diese dauernden Hau-Ruck Aktionen von Herrn Habeck nicht. Ob teures Frackinggas oder Braunkohle, alles immer im Hau Ruck-Verfahren zu Lasten von Qualität, Umwelt und dem Geldbeutel der Bürger.



    Ich werde aus der Politik der Grünen nicht mehr schlau, eine sozial denkende oder gar Umweltpartei ist es definitiv nicht mehr.

    • @Rudi Hamm:

      Allein das Geschwafel grüner



      Politiker, dass die WP-Technologie



      eine Zukunftstechnologie sei, zeigt,



      dass sie keine Ahnung haben.



      Die Tatsachen, dass WP in D das



      vorherrschende Wärmesystem qua



      Gesetz sein wird, macht die Technologie



      nicht zur Zukunftstechnologie.



      Und der deutsche Markt ist im wesentlichen durch Subventionen



      und gesetzlich verordnetem Nachfrage-



      boom bei schwach ausgebildeten



      Produktionskapazitäten attraktiv.

    • @Rudi Hamm:

      So ein Käse,aktuell verdienen sich die Wärmepumpenhersteller eine goldene Nase mit jeder Pumpe die sie verkaufen.



      Viessmann hätte als kleinerer Hersteller sicher eine Weile überleben und weitere Produktionskapazitäten aufbauen können. Der Boston Consulting geschlulte junge Herr Viessmann hat sich aber für den maximalen Gewinn entschieden.



      Aber Habeck und die Grünen sind demnächst an Corona, dem Klimawandel dem Krieg in der Ukraine und einfach an allem Schuld..

      • @Opossum:

        Wenn der Markt schneller wächst als man selbst, verliert man Anteile und fällt im Wettbewerb zurück. Da muss man aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Notbremse ziehen - selbst wenn die Wärmepumpen erst einmal mit Kohlestrom laufen.

      • @Opossum:

        Natürlich verändert das GEG die



        Markt- u. Wettbewerbsverhältnisse



        für Viessmann gravierend, die cash-



        cow, das Geschäft mit den fossilen



        Heizungen stirbt, das Geschäftsfeld



        WP mit dem Aufbau wettbewerbsfähiger Produktions-u. Vertriebsstrukturen erfordert im



        hohem Maße cash-Abflüsse, mit



        GOLDENE NASE VERDIENEN ist



        da erst mal nichts. Die cash-Flow-Situation wird sich dramatisch verschlechtern.

    • @Rudi Hamm:

      Der Markt für Wärmepumpen besteht bei Weitem nicht nur aus Neubauten.

      Das "Hauruck" ist eher eine Folge der Verschnarchtheit der Merkel-Zeit.

      Ob eine langsamere Steigerung an den Verhältnissen viel geändert hätte ist auch nicht sicher.



      Mitsubishi verkauft seine Klimanalagen hier schon länger und für Daichi wäre ein Markteinstieg auch ohne Habeck keine große Sache.

      • @Sonntagssegler:

        "Das "Hauruck" ist eher eine Folge der Verschnarchtheit der Merkel-Zeit."



        Da gebe ich ihnen recht.

  • Leider falsche Analyse: "Also holen sich die Deutschen einen Partner herein – die US-Firma Carrier." Nein, Viessmann hat das Wärmepumpengeschäft an Carrier verkauft.

    Der politische Termin 1.1.2024 hat sehr wohl etwas mit dem Verkauf zu tun. Viessmann hat NULL Chance die Kapazitäten selbst aufzubauen.

  • Ich denke, dass in der Diskussion zur Zeit gerne übersehen wird, dass Vissmann in erster Linie ein (Fossil-)Heizungsanlagenbauer ist. Sie haben in diesem Bereich eine gute Marktposition und können die Anlagen zu Preisen verkaufen, die eine Produktion im „teuren“ Deutschland erlauben. Bei den Wärmepumpen sieht das, wie im Artikel beschrieben, mit der internationalen Konkurrenz anders aus.



    Insofern sehe ich den Grund nicht bei dem wachsenden Wärmepumpenmarkt sondern beim schrumpfenden Gasheizungsmarkt. In weiser Voraussicht also jetzt den Laden verkauft, wo er noch etwas Wert ist (vor allem der noch bestehende Marktzugang über die Fachhandwerker), als in 10-20 Jahren die Trümmer zu verwalten. Und ja, nach der vereinbarten Schonfrist werden die Arbeitsplätze in Deutschland größtenteils wegfallen.

    Und für das viele Geld kann sich Herr Vissmann jetzt für die nächsten 300 Jahre jeden Tag ein neues Luxusauto kaufen. Oder die nächsten 100.000 Jahre im Drei-Sterne-Restaurant essen gehen. Toll.

  • Verstehe. Die gekürzten Förderungen brachten in Verbindung mit den Milliarden-Subventionen in Fernost unsere Solarwirtschaft zum Einsturz. Nun wird die Subventionsmaschine wieder in Berlin angeworfen...und Viessmann will seine ganze Klimasparte trotzem abstossen.Trotz der großen Wachstums- und Gewinnprognosen. Unabhängig von einer Übernahme durch Carrier....was trotzdem ein Ausverkauf von technischem Know How bedeutet, egal wie man es dreht oder wendet.

    Sorry, ich lese hier keine klare Begründung heraus sondern lediglich den Versuch, Habeck von jeglicher Schuld freizusprechen und den vorangegangenen Regierungsparteien in die Schuhe zu schieben.

    • @SeppW:

      Klar Habeck ist immer an allem Schuld ..

    • @SeppW:

      Hä?



      Wenn eine Unternehmerfamilie sich entscheidet, ihr Unternehmen teilweise zu verkaufen, weil sie lieber den hohen Sofortgewinn aus dem Verkauf haben möchte anstatt die laufenden Gewinne der Zukunft, ist Habeck schuld?



      Wie irre ist das denn?



      Solange wir in einer Marktwirtschaft leben ist das die freie Entscheidung der Unternehmerfamilie.

      • @Life is Life:

        Ja. Weil Habeck nicht dafür sorgt das dieses Geschäft priorisiert deutschen Unternehmen zu Gute kommt sondern Fernost die per Gesetz verordnete explodierende Nachfrage bedienen wird. Mit Preisen, die Viessmann auf Grund seines Standortes gar nicht aufrufen könnte.

    • @SeppW:

      "Wärmepumpen sind etwas größere Klimaanalagen oder Kühlschränke.

      Wo bitte ist da das deutsche "Know-How"? Ich sehe da keines.

      • @Sonntagssegler:

        u.a. beim DPMA. Aber keine Sorge, auf Dauer ist das Know-How nun beim großen Bruder zu finden ;)