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Krise der ImmobilienkonzerneHolt Euch Vonovia & Co!

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die Immobilienkonzerne sind in der Krise, die Aktien im Keller. Es ist die Chance für den Staat, Einfluss zu erlangen oder Wohnungen zurückzukaufen.

Ramschware Vonovia Foto: dpa

D ass Wohnungen nicht an die Börse gehören, war zumindest Mie­te­r:in­nen schon lange klar. In den vergangenen Monaten dürften auch einige Ak­tio­nä­r:in­nen zu dieser Einschätzung gekommen sein. Unisono sind die Aktien der großen Immobilienkonzerne in den Keller gerauscht: Vonovia, Aroundtown, LEG, Adler. Die Kapitalvernichtung gewinnt dabei immer weiter an Fahrt. Bauprojekte liegen auf Eis, an Sanierungen wird gespart, Immobilien werden abgewertet, Dividenden zusammengestrichen.

Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt frohlockte diese Woche in einer Mitteilung: „Die Luft bei deutschen Immobilienkonzernen ist raus – die Euphorie verflogen: Wohnungen sind die falsche Handelsware für die Börse.“ Größten Problem für die Konzerne sind die zuletzt stark gestiegenen Zinsen. Das macht Kredite teuer und die eh schon teils riesige Schuldenlast schwerer. Wachstumspotenziale sind kaum noch vorhanden. Zu allem Überfluss sinken in vielen Segmenten und Regionen die Immobilienpreise.

Für einen Einstieg oder gar die Übernahme dieser Konzerne war die Zeit nie günstiger. Wie lohnend das Geschäft wäre, zeigt ein Blick auf Vonovia. Im Zuge der Übernahme der Deutschen Wohnen verkaufte der Immobilienriese im September 2021 knapp 15.000 Wohnungen an das Land Berlin – für etwa 2,5 Milliarden Euro. Der Aktienkurs des Konzerns betrug damals etwa 53 Euro, nur knapp unter seinem Allzeithoch.

Anderthalb Jahre später ist Vonovias Aktienkurs überschaubarer: In dieser Woche hat er sich nach starken Verlusten bei etwa 17 Euro eingependelt. Der Wertverlust von 68 Prozent hat den Börsenwert des Unternehmens minimiert. Sämtliche Aktien des Unternehmens mit seinen bundesweit 550.000 Wohnungen sind gerade noch 13,5 Milliarden Euro wert.

Günstige Sperrminorität

Für noch nicht einmal 3,5 Milliarden Euro könnte der Staat jetzt also 25 Prozent plus eine Aktie des Unternehmens erwerben und damit eine Sperrminorität erlangen. So fordert es nun die IG BAU. Möglich wäre damit ein Einfluss auf die Strategie des Konzerns bei Neubau, Modernisierungen und Mietpreisentwicklung. „Nie war die Chance des Staates, seine Fehler wettzumachen, so günstig“ wie jetzt, so die Gewerkschaft. Selbst eine Komplettübernahme würde finanziell nicht übermäßig ins Gewicht schlagen und dem Staat auf Dauer eine solide Einnahmebasis bescheren.

Aber auch der Ankauf einzelner, großer Immobilienpakte, etwa in Berlin, könnte sich nun lohnen, zu Preisen, an die vor wenigen Monaten noch niemand zu hoffen wagte. Die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat immer wieder betont – zuletzt in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU –, dass dies der wirksamste Weg sei, um den kommunalen Bestand zu erhöhen.

Daneben gibt es selbstverständlich noch einen Weg, die Wohnungen den Konzernen zu entreißen: Die Enteignung. Mit sinkendem Unternehmenswert sinken auch die Entschädigungszahlungen, die, wie die Expertenkommission in ihrem Zwischenbericht bereits festgestellt hat, unter dem jeweiligen Marktpreis anzusiedeln sind. Doch die ideologischen Vorbehalte gegen diese günstigste Variante sind groß bei SPD und CDU.

Für die Mie­te­r:in­nen ist es letztlich zweitrangig, wie die Wohnungen wieder dem Markt entzogen werden. Die Konzerne liegen am Boden. Es ist an der Zeit, das auszunutzen.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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22 Kommentare

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  • Habe ich richtig gerechnet, das Land Berlin hat von Vonovia 15.000 Wohnungen im Durchschnittswert von 166.666€ /Wohnung abgekauft, aber Aktien der Fa. für einen Wohnungsbestand von 550.000 Wohnungen mit einem Durchschnittspreis von 24.545€/Wohnung zu erwerben, da tut sich das Land schwer?



    Ggf. existiert ein Sanierungsstau, interessant wäre, ob dieser tatsächlich bei den bereits abgekauften 15.000 Wohnungen nicht vorh. war.

  • Insdertyp: Wohnngen in Ostdeutschland!

    10% und mehr der Wohnungen und n Ostdeutschen außerhalb der Speckgürtel der Metropolen stehen leer! www.deutschlandatl...ungsleerstand.html

    Dort hat der Staat nach Kauf der selbigen Wohnungen zu einem Spottpreis nicht nur die Möglichkeit Einfluss zu erlangen, er kann auch die vielen Wohnungen bereit stellen, die vor der Wahl versprochen wurden.🤪

  • Ah, holt lieber mal beim rbb den Sendebeitrag aus dem Archiv, wo seitens des Senats potenzielle Immobilienkäufer in VIP-Bussen und mit Sekt durch die Stadt gekurvt wurden. Das hat ja Erfolg gezeitigt. Falls Fragen offen sind, wie Konzerne und ausländische Investmentfonds (ja sogar Staatsfonds) an Berliner Wohnimmobilien gekommen sind.



    Pssst, keiner war es! Und kein Berliner Stadtvater „ahnte“, dass so ein ausländischer (Staats-)Fonds Rendite abwerfen muss und Dividende; nicht mein Bier. Nur Unterschriften beurkunden das noch heute.



    Der heutige Ruf nach Enteignung und Verstaatlichung hat Geschmäckle ...

  • "Selbst eine Komplettübernahme würde finanziell nicht übermäßig ins Gewicht schlagen und dem Staat auf Dauer eine solide Einnahmebasis bescheren."

    na ja vielleicht, zu dumm nur, dass Vonovia neben den Wohnungen auch 43 Milliaraden Euro Schulden in den Büchern hat. Bei 3 % macht das 1.2 Milliarden Zinsen jählich mit schönen Steigerungspotential bei 3.2 Mrd Umsatz. Es winken auch viele Zusatzkosten für neue Heizungen und Dämmungen.

    Der gesunkene Aktienkurs ist nicht vom Himmel gefallen. Wer unbedingt einm Schnäppchen machen will, nur zu. Aber hinterher nicht jammern....

  • Wenn nun also 46 Millionen Leute (Anzahl der Steuerzahler in Deutschland), den aktuellen Besitzern der Vonovia-Aktien (~800 Millionen Aktien, von den ~72% im Streubesitz sind, also z.B. bei ein paar Millionen kleinen Fondssparern) ihre Vonovia-Aktien abkaufen, entstehen dadurch nochmal wieviele neue Wohnungen genau?

  • Wenn ich eine der betroffenen Firmen währe würde ich sofort, zu Marktüblichen Preisen, an den Staat verkaufen. Umbau der Heizungen, Isolieren der Gebäude müsste somit der Staat finanzieren, am besten ohne das die Mieten steigen. Soll doch der Staat den schwarzen Peter in der Hand halten und zum Feindbild werden.

  • 6G
    668253 (Profil gelöscht)

    Psssst...nicht diese gute Idee ausplaudern! Bereits vergangenen Woche, zum Allzeittief der Aktie, wollte ich Teile des Unternehmens aufkaufen. Ich hätte gleich 30 Prozent übernommen. Funktioniert hat das leider nicht. Ich konnte immer nur ein paar 1000 Stück kaufen und auch das war schon gar nicht so einfach ohne einen Kursausbruch nach oben zu provozieren.



    Wohlmöglich kann man gar nicht mal so nebenbei, 1/4 der Aktien eines so großen Unternehmens kaufen.

    Ich werde noch einmal "googeln" wie das gehen könnte und dann am Montag weiter kaufen,...immer weiter...kaufen...

    Upps, heute ist ja der 1.April. Jetzt ist alles klar..!!!

  • Tolle Rechnung, weil der Börsenwert gesunken ist, sind die Immobilien weniger Wert?



    Wohl kaum in dem Umfang, in dem der Börsenwert gesunken ist. Der Marktpreis der Wohnung hat erst einmal wenig bis nichts mit dem Börsenwert zu tun.



    Selbst wenn die Wohnungenzum Verkauf stehen würden, müssten wohl die Schulden (teil-)weise mit übernommen werden. War übrigens beim Verkauf vom Land auch nicht anders.



    Bei einer Enteignung richtet sich die Entschädigung nach dem Unternehmenswert? Sorry, daß ist völliger Unsinn. Sich allerdings mal für "billig" 25-30 % der Firmenanteile zu sichern warum denn nicht. Sollte aber dann nicht die Schuldenquote außer acht lassen.

  • Da der Staat kein Aktienpaket von Vonovia kaufen wird, rate ich den Lesern der taz, jetzt selber Vonovia-Aktien zu kaufen. Jeder der bis drei zählen kann weiß, daß der Aktienkurs wieder steigen wird.

    • @Gerd Hundsberger:

      Also risikolose Gewinne an der Börse? Weiß auch jeder der bis Drei zählen kann was weitere Zinsschritte der EZB (die Inflation hält sich ja doch recht hartnäckig) für Kapitalkosten und Cashflow bedeuten, zumal in einem Unternehmen, dessen Einnahmen als Mieten recht stark reglementiert sind und deshalb kaum flexibel an das veränderte Marktumfeld angepasst werden können? Der Kurs ist ja nicht ohne Grund in den Keller gegangen. Der Laden schreibt Verluste und der Ausblick ist nicht allzu rosig. Woher also die Gewissheit, dass morgen die Profitabilität winkt und nicht die Insolvenz?

  • Mir wäre kein Land bekannt indem staatlicher Immobilienbesitz gut funktionieren würde mit Ausnahme Singapur wo ganz massiv Eigentumgswohnungen vom Staat an die Bürger verkauft werden..



    Ansonsten führt das immer zu: Vergammelten runter gekommen Wohnblöcken in denen niemand wohnen will bzw. Gettobildung. Weil Miete muss ja Billig sein für das Wahlvolk, Investitionen sind nicht möglich.

    • @Wombat:

      Das vergammeln kam erst mit der Privatisierung.

      • @Andreas J:

        Ja, genau deswegen waren die Wohnungen in der DDR stets top in Schuss. Schade, nach der Wende gings dann den Bach runter und das Vergammeln nahm seinen Lauf.

    • @Wombat:

      "Ausnahme Singapur wo ganz massiv Eigentumgswohnungen vom Staat an die Bürger verkauft werden."



      Genau: verkauft. Nicht vermietet.

    • @Wombat:

      Zumindest Wien ist in dieser Hinsicht eine oft löblich erwähnte Ausnahme.

  • dem Staat auf Dauer eine solide Einnahmebasis beschweren [w-SIC!]



    Freudscher ?

  • Berlin hat beim Verkauf vor zwei Jahren 167.000 Euro pro Wohnung erzielt.

    Eine Vonovia-Wohnung ist derzeit 24.500 Euro wert.

    Falls meine Milchmädchenrechnung stimmt und die öffentliche Hand die Firma jetzt nicht aufkauft, wäre sie schön blöd.

    • @Limonadengrundstoff:

      Berlin hat beim KAUF vor zwei Jahren ca. 167.000 pro Whg gezahlt.



      Wenn man jetzt Aktien für die gleiche Summe kauft, hätte man zwar keine Wohnung, aber Mitspracherechte im Konzern. Bei dem skizzierten Szenario (ca. 3,5 Milliarden) sogar eine Sperrminorität.

    • @Limonadengrundstoff:

      Der Aktienwert von Tesla ist in deinem Jahr von 350 € auf 190 € gesunken. Jetzt muss ich mir schnell einen Tesla kaufen, kostet jetzt 40 % weniger. Oder?

    • @Limonadengrundstoff:

      Der Aktienkurs hat überhaupt nichts mit dem Verkehrswert von Wohnungen zu tun. auch die Miete nicht.

      PDS und SPD Berrlin haben seinerzet 60000 Sozialwohnungen an Heuschrecken zu 1/2 Verkehrswert verschleudert. Hat der SPD/Linke/GrüneSenat diese zum 4 fachen Preis zurück gekauft

  • Boah - wenn ich sehe, wie mit Millardensummen rumhantiert wird in unserem Land, teils Geldern, die noch nicht mal richtig fließen, weil zuviel deutsche Bürokratie (s. Bundeswehr), dann frage ich mich:

    Wo sind dann die ganzen Milliarden für



    - Bildung



    - Schulen



    - Krankenhäuser



    - Pflege



    usw....

    Da wird überall gedruckst, "...mmhh...schwierig...MiMiMi..." und angeblich sei kein Geld da...(haha)

    Da bekommt man fast Lust, auszuwandern.

    • @Juhmandra:

      Zustimmung! Und die Herrschenden scheinen sich hierzulande sehr sicher zu sein, daß die Bürgerinnen und Bürger a.) nicht auswandern und b.) nicht aufmucken (erste Bürgerpfllicht: Ruhe bewahren und weiterhin arbeiten gehen, Steuern generieren, Rechnungen bezahlen...). Klappt doch, die Menschen in 'schland funktionieren und sind vielfach bescheiden. Nur die VW-Vorstände wollen mehr Geld ;-)