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Reinigungskräfte beschäftigenHilfe beim Putzen, ein Traum!

Unsere Autorin fordert, dass Alleinerziehende Anspruch auf eine vom Staat bezahlte Reinigungskraft bekommen sollten. Nichts daran wäre verwerflich.

Naturgemäß haben Reinigungskräfte mit Dreck zu tun, aber Putzen ist deshalb keine Drecksarbeit Foto: Zoonar/imago

H ätte ich mehr Geld, würde ich eine Reinigungskraft beschäftigen. Selbstverständlich vorher aufräumen, aber jede zweite oder gar jede Woche jemand, der beim Putzen hilft: ein Traum. Wir kommen kaum hinterher. Dabei sind wir zu zweit und machen halbe-halbe. Trotzdem sind die Fenster dreckig, über den Backofen will ich gar nicht reden und wann haben wir das letzte Mal den Flur gewischt?

Ich finde, Alleinerziehende sollten auf Antrag wöchentlich eine Reinigungskraft vom Staat gestellt bekommen. Wer soll das alles alleine schaffen, ohne ständig am Rande des Burn-outs zu stehen? Es wäre nichts anderes als eine gesundheitliche Präventionsmaßnahme. Doch eine Reinigungskraft zu beschäftigen, ist ein kontroverses Thema. Oft höre ich Menschen sagen, so würde doch nur die eigene Drecksarbeit für ein paar Euro bei anderen abgeladen, um selbst Reichtum oder Selbstverwirklichung zu scheffeln. Und ja, das gibt es.

Meine Mutter hat geputzt, meine Oma auch. Da gab es gute Kund*innen, aber auch Leute, die in Gutsherrenmanier ihre dreckigen Unterhosen haben liegen lassen. Von Bremsstreifen in der Kloschüssel hat mir meine Oma nicht nur einmal erzählt. Eine Zumutung. Ein Stundenlohn, der nicht mindestens um die 20 Euro liegt, ist übrigens auch eine Zumutung.

Naturgemäß haben Reinigungskräfte mit Dreck zu tun, aber Putzen ist deshalb keine Drecksarbeit. Bevor ich zur taz gegangen bin, habe ich viele Jahre lang als Kellnerin gearbeitet. Der Großteil des Jobs war Putzen. Die Tische, das Geschirr, das Klo (hallo Bremsstreifen), die Aschenbecher, die Küche, Essensreste aus dem Geschirrspüler kratzen, den Boden fegen, den Müll wegbringen und Croissantstücke, die Kinder mit viel Ausdauer in die Ritzen der Tischplatte gedrückt haben, wieder rauspulen. Es gibt schönere Dinge – aber ich habe lieber hinter dem Tresen geputzt als Leute bedient. Es hat meine Rechnungen bezahlt und bei der taz hat es Jahre gedauert, bis ich ähnlich verdient habe.

Wenn wir nicht arbeiten, putzen wir

Dass eine Familie von ihrem Haushaltseinkommen oft nicht mehr leben kann, ist ein kapitalistisches Problem. Dass wir die ganze Woche arbeiten müssen, um die Miete zu bezahlen, auch. Und wenn wir nicht arbeiten, dann putzen wir und haben ein schlechtes Gewissen, weil wir mit den Kindern spielen sollten. Wenn wir nicht arbeiten, putzen oder spielen, müssen wir Arzttermine einhalten, Haare schneiden oder neue Garnituren Kleidung ranschaffen, weil die Kinder wachsen und der Frühling kommt.

An eine Reinigungskraft wird ein strukturelles Problem weitergegeben. Wie an viele Dienstleistungskräfte: Paket- und Lebensmittellieferant*innen, Ba­by­sit­te­r*in­nen und der Großteil der Tourismusindustrie leben davon, dass wir Zeit oder Erholung brauchen. Das System ist kaputt, politische Maßnahmen könnten helfen. Was nicht hilft, ist Eltern, meist Mütter, dafür zu kritisieren, dass sie diese Probleme nicht eigenhändig lösen können.

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Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
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20 Kommentare

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  • Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (in Lohnsteuerklasse II eingearbeitet) beträgt 2023 4260 €/ Jahr, also 355€/Monat. Da haushaltsnahe Beschäftigungen zusätzlich steuerlich geltend gemacht werden können, werden die Lohnkosten für die Reinigungskraft zusätzlich steuerlich berücksichtigt.



    Die Autorin stellt eine Forderung, welche längst erfüllt ist!.

    • Saskia Hödl , Autorin des Artikels, Autorin
      @Saccharomyces cerevisiae:

      Der Entlastungsbetrag ist wichtig, ersetzt aber niemals ein zweites Haushaltseinkommen. Deshalb sind über 40 Prozent der Alleinerziehenden Familien von Einkommensarmut betroffen.

      Und geltend machen kann man idR 20 Prozent der Kosten für eine Haushaltshilfe, jeweils nach Beschäftigungsart gedeckelt.

      Abgesehen davon zielen steuerliche Maßnahmen immer auf Leute, die das Geld in dem Moment haben, die sich mit solchen Dingen auskennen und die auch Zeit dafür haben, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn ich kein Geld habe, nützt mir die steuerliche Absetzbarkeit nix. Das ist also nicht mal annähernd, was ich fordere.

      Besten Gruß

  • Zahlen dann die Patchworkfamilien mit ihren fünfeinhalb Müttern und drei Vätern einen Putzfrauenzuschlag für die Alleinerziehenden?

    Der Vorschlag ist spannend, weil er so viele interessante Fragen aufwirft! Bravo!

  • Gar nicht so einfach mit diesen modernen Familienstrukturen. Das hatte man sich in den Sechzigern etwas blumiger vorgestellt. Vielleicht ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden.

  • Wer putzt bei der alleinerziehenden Putzfrau?

    www.youtube.com/watch?v=gBbS5z-kFIU

  • Wieso nur Alleinerziehende? Singles!

    Abgesehen davon: übernehmen die Kinder ab einem bestimmten Alter Teile des Putzens oder wird die Putzfrau bis zu deren 18. Lebensjahr vom Staat bezahlt?

    • @Suryo:

      Wieso jetzt Singles? Die müssen doch nur ihren eigenen Dreck wegmachen...

      • @blutorange:

        Kinder nicht?

        • @Suryo:

          Verstehe ich nicht. Ob Kinder nur ihren eigenen Dreck wegmachen?



          Wohl eher nicht mal den ganzen eigenen Dreck. Soll heißen, Alleinerziehende machen nicht nur den eigenen Dreck weg.



          Erstmal gibt es Jahre, in denen Kinder nur Dreck machen und nicht entfernen. Außerdem sind sie später auch nur eingeschränkt als Haushaltshilfe nutzbar.

  • sicher, putzen ist immer eine Menge Arbeit.

    Es gibt immer noch die Entscheidung es einfach zu lassen.

    An etwas Dreck sterben die wenigsten Leute.

    Ich habe in einem Zimmer zwei nebeneinander befindliche Fenster gleicher Grösse.



    Irgenwann bin ich, aus einer Laune heraus, drauf gekomen nur das eine zu putzen.



    Nach vier Wochen sahen sie wieder gleich aus.



    Ich habs dann auf die Spitze getrieben und immer nur das eine geputzt.



    Mehr als ein Jahr lang.



    Dann habe ich gemerkt dass das ungeputzte gar nicht mehr dreckiger wurde.



    Seit dem putze ich Fenster nur noch selten.



    Übrigens retten dreckige Fenster Vogelleben.



    Es gibt entsprechende empirische Forschungesergebnisse.



    Gegen ungeputzte Fenster fliegen Vögel nur sehr selten.



    Die sehen sie rechtzeitig.

    Ähnliches gilt übrigens auch für ungeputzte Flure und Badezimmer.

    Einzig die Arbeitsflächen in der Küche sollten wirklich hygienisch sauber gehalten werden.



    Alles andere ist nur Kultur.



    Wers braucht solls halt machen.



    Dann aber auf eigene Rechnung und Verantwortung.

    Übrigens sind hygienisch saubere Arbeitsflächen was anderes als diese blitzenden Dinger die man in Katalogen zu sehen bekommt.



    Was sauber aussieht muss noch lange nicht hygienisch in Ordnung sein.



    Wenn ichs mit dem selben Lappen "putze" mit dem ich vorher die Fenster oder das Klo gemacht habe kann ichs gleich lassen.

    • @Friderike Graebert:

      Ungeputzte Flure und Badezimmer retten Vogelleben?



      Je nach Alter und Verhalten der Kinder kann übrigens auch ein Flur ziemlich unhygienisch dreckig sein...



      Und ob Kloputzen nur Kultur ist oder doch auch zur Gesundheit beiträgt, würde ich nochmal überdenken...

  • Habe lange in Privathaushalten geputzt, bin jetzt alleinerziehend und berufstätig. Meinen Frühjahrsputz mache ich häppchenweise. Anstatt einer vom Staat geförderten Putzkraft hätte ich gern weniger Arbeitszeit bei Lohnausgleich. Dann können die Putzkräfte nämlich für ihre Qualifizierung sorgen.

  • Natürlich wird ein Problem an die Reinigungskraft weitergegeben. Aber diese Reinigungskraft leistet etwas während ihrer Erwerbs-Arbeitszeit, was die alleinerziehende Person sonst während ihrer "Freizeit" (aka Nicht-Erwerbsarbeitszeit) leisten müsste. Und die Reinigungskraft leistet dies gegen Vergütung - die alleinerziehende Person nicht.



    Staatliche Förderung dafür fände ich gut - und das sage ich nur als Steuerzahlerin, Kinder hab und will ich keine.

  • Nichts gegen das Putzen. Nur wieso sollte der Steuerzahler dafür aufkommen müssen? Wer die Unterhaltsreinigung an Dritte vergibt sollte dafür auch zahlen.

  • "Wir kommen kaum hinterher. Dabei sind wir zu zweit und machen halbe-halbe. Trotzdem sind die Fenster dreckig, über den Backofen will ich gar nicht reden und wann haben wir das letzte Mal den Flur gewischt?"

    Man glaubt es kaum, aber man kommt hinterher wenn man sich ein System zulegt.



    Fenster müssen nicht wöchentlich/monatlich geputzt werden. 3-4 x jährlich sollte genügen, davon 1 x mit Rahmen. Man muss auch nicht alle Fenster an einem Tag machen, je nach Zeit halt 1-2. Ausser man hat halt eine Villa. Bei mir dauert 1 Fenster mit Abzieher ca. 2 Minuten, ohne Rahmen, der dauert nochmal die gleiche Zeit.



    Der Backofen sollte auch nicht das Problem sein, wenn man beim backen nicht einschläft. Wenn was verkrustet ist dann über Nacht mit Backofenspray einsprühen und am nächsten Tag rauswischen.



    Und der Flur dürfte mit einem Mopp den man 2-3 Mal per Hand in Wasser mit Universalreiniger auschwäscht und auswringt sauber durchgewischt sein. Ausser man hat halt eine Villa. Aber dann dürfte man sich eine qualifizierte Putzkraft auch selber leisten können.

    • @Furth im Wald:

      Wieviele Kinder haben Sie ?



      Waren Sie für die Kinder zuständig und haben gleichzeitig den Haushalt geschmissen?



      Ich habe das gemacht und schlaue Sprüche von anderen, wie man es besser machen könnte empfand ich immer als besonders wohltuend....

      • @nutzer:

        Na gut, ich fand und finde schlaue Sprüche wie man es besser machen könnte eigentlich immer gut, vor allem wenn sie einem helfen ein Problem schneller und unkomplizierter zu lösen.



        Das soll nicht heissen dass mein Beitrag beonders schlau war.



        Aber wenn Sie meinen man sollte bedürftige (nicht pflegebedürftige) alleinerziehende Haushalte eine ständige Putzkraft zur Seite stellen muss das natürlich finanziert werden.



        Vielleicht hälfe ja dann in Anlehnung an die Pflegeversicherung eine Putzversicherung für Alleinerziehende.



        Alleinerziehend kann ,muss nicht, ja praktisch jeder werden, genauso wie pflegebedürftig.

        • @Furth im Wald:

          Ich sehe da genauso Probleme wie Sie und bin überhaupt nicht für staatliche Putzhilfen. Aber ich kann den Wunsch nach einer Haushaltshilfe sehr gut nachvollziehen...

  • "Unsere Autorin fordert, dass Alleinerziehende Anspruch auf eine vom Staat bezahlte Reinigungskraft bekommen sollten. Nichts daran wäre verwerflich."

    Doch. Es wäre eine Zumutung für die Reinigungskräfte. Meine Frau reinigt aus gutem Grund keine Privathaushalte mehr, sondern nur noch Gewerbeflächen und Ferienhäuser. Dort wird a) immer pünktlich bezahlt b) mehr pro Stunde bezahlt c) nicht die Angewohnheit entwickelt, im Haushalt überhaupt nichts mehr selbst zu machen, weils ja die "Putze" macht.

    Wie kam die Menschheit und die Single, Alleinerzieher-, Familienhaushalte nur bisher ohne Reinigungskräfte aus...

    • @SeppW:

      Punkt a und b würden durch eine staatliche finanzierung obsolet.