Vorstoß von Baerbock und Faeser: Erdbebenopfer sollen Visa bekommen
In Deutschland wollen viele Menschen türkische oder syrische Erdbebenopfer aufnehmen. Baerbock und Faeser versprechen ein schnelles Verfahren.
Baerbock erklärte, die Bundesregierung wolle helfen, damit Familien in Deutschland Angehörige, die vom Erdbeben betroffen seien, vorübergehend bei sich aufnehmen könnten. „Ziel ist, Visaverfahren für Betroffene so unbürokratisch wie möglich zu machen.“ Man habe dafür in der Türkei Personal an Auslandsvertretungen und Visastellen verstärkt.
Auch Faeser versprach eine „unbürokratische“ Lösung: „Es geht um Hilfe in der Not.“ Die Visa sollten schnell erteilt und für drei Monate gültig sein, damit Erdbebenopfer hierzulande ein Obdach und medizinische Behandlung fänden.
Am Wochenende konstituierte sich dafür eine Taskforce aus beiden Ministerien, um die genaue Ausgestaltung zu klären. Denn wichtige Fragen blieben zunächst ungeklärt. Einige Erdbebenbetroffene haben keine Papiere mehr – wie können sie dann Visa beantragen? Und welche Auslandsvertretungen können diese momentan zügig bearbeiten? Welcher Personenkreis kann die Visa in Anspruch nehmen?
Aufnahme von Verwandten des 1. und 2. Grades
Für eine Einreise aus der Türkei nach Deutschland ist momentan ein Besuchervisum nötig, das persönlich beantragt werden muss – ein Verfahren, das sich bereits zuletzt schon zog. Nötig dafür sind gültige Papiere, ein Einladungsschreiben sowie der Nachweis ausreichender finanzieller Mittel – die nach dem Erdbeben bei vielen nicht vorliegen dürften.
Laut Auswärtigem Amt soll nun in Deutschland „aus humanitären Gründen“ die Aufnahme von Verwandten des ersten und zweiten Grades möglich sein – also von Kindern und Eltern sowie Großeltern, Enkeln und Geschwistern. Dafür braucht es eine Verpflichtungserklärung der in Deutschland lebenden Verwandten bei der Ausländerbehörde ihres Wohnortes, dass sie für die Betroffenen alle Kosten übernehmen, auch die möglicher medizinischer Behandlungen.
Für Personen, die beim Erdbeben ihre Reisedokumente verloren haben, finde derzeit noch eine Abstimmung mit türkischen Behörden statt, erklärte das Auswärtige Amt. Antragstellende aus Syrien sollten sich wiederum an Auslandsvertretungen in Anrainerstaaten wenden, etwa in Beirut, Amman oder Istanbul. Im Auswärtigen Amt wie im Innenministerium geht man davon aus, dass das Visaangebot breit abgerufen werden könnte, weil die Hilfsbereitschaft derzeit enorm sei.
Aus der Ampel kam Lob für den Vorstoß. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte: „Überlebensnotwendige Hilfe darf nicht an kurzfristigen Visaerleichterungen scheitern.“ Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Reem Alabali-Radovan, sprach von einem „sehr wichtigen Schritt“. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland, die früh Visaerleichterungen gefordert hatte, begrüßte den Vorstoß: „Jetzt braucht es eine schnelle und praktische Umsetzung in den entsprechenden Ministerin.“
Die AfD kritisiert den Vorstoß
Die AfD dagegen ätzte, dass nun „Hunderttausende“ Erdbebenopfer nach Deutschland kommen könnten. Man müsse helfen, aber nur vor Ort, erklärte AfD-Innenpolitiker Martin Hess. Deutschland habe seine „Kapazitätsgrenzen durch die Ukraineflüchtlinge“ längst überschritten.
Faeser sagte dagegen, dass Naturkatastrophen erfahrungsgemäß „vor allem zu Bewegungen in der Region führen“. Die Erdbebenbetroffenen könnten dennoch Thema auf dem Flüchtlingsgipfel werden, den Faeser für diesen Donnerstag einberufen hat. Die Länder sowie der Städte- und Gemeindebund forderten bereits jetzt deutlich mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Geflüchteten und verbindliche Zusagen für eine langfristige Finanzierung.
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