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Bundestagsausschuss tagt zu DocumentaKassels OB meidet Berlin

Ein Bundestagsausschuss beschäftigte sich mit Antisemitismus auf der Documenta. Generaldirektorin und Aufsichtsrat schicken Kurator alleine vor.

Kassel am Tag nach der Demontage des umstrittenen Großbanners Foto: Uwe Zucchi/dpa

Die Debatte um Antisemitismus auf der documenta geht weiter. Am Mittwoch tagte dazu der Bundestagsausschuss für Kultur und Medien in Berlin. Unter Vorsitz von Katrin Budde (SPD) wollte das Gremium über Konsequenzen nach dem Kassler Skandal sprechen. Doch zwei der Hauptdarsteller des Desasters erschienen nicht.

Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann ließ sich krankheitsbedingt entschuldigen. Kassels Oberbürgermeister und documenta-Aufsichtsratsvorsitzender Christian Geselle (SPD) ließ mitteilen, der Ausschuss könne gerne zu ihm nach Kassel kommen. Er habe gerade andere Verpflichtungen.

Geselle und Schormann spielen weiter auf Zeit. Sie suchen den Skandal um Bildmotive von Uniformierten mit Schweinsrüssel und Davidstern kleinzureden. Tatsächlich muss die documenta fifteen 12,5 Mil­lionen Euro an Eintrittsgelder erwirtschaften, soll das veranschlagte Budget von 42,2 Mil­lio­­nen Euro gedeckt werden. Die Lokalmedien trommeln weiter für die „Weltkunstschau“, markieren trotzig lokale Geschlossenheit.

Auf Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und ihr „dünnes Scheckheft“, so Geselle auf einem SPD-Parteitag in Kassel, könne man verzichten. Und aus Kassel tönt es, wenn man auswärtige Expertise brauche, könne man sich an das MoMA in New York wenden.

In Kassel groß, in Berlin klein

Die in Nordhessen zur Schau gestellte Hybris erscheint nun im Bundestag eher kleinlaut. Im Fachausschuss blieb es einzig Ade Darmawan vorbehalten, das Prinzip dieser documenta zu verteidigen. Darmawan ist Sprecher des indonesischen Kuratorenkollektivs Ruangrupa, das im Februar 2019 zu den Chefkuratoren der documenta fifteen ernannt wurde. Diejenigen, die Ruangrupa einsetzten, sprechen weiter nicht.

Das Goethe-Institut in Jakarta ließ 2019 in einem Auftragstext die Wahl Ruangrupas bejubeln. Ruangrupa würde in Kassel dafür sorgen, „dass man Kunst wieder leben und erleben darf, anstatt sie lediglich anzusehen.“ Frühere Kassler Kunstschauen seien „schwer zu erfassen, kaum verständlich“ gewesen.

Ade Darmawan entschuldigte sich nun erneut für die antisemitischen Motive auf dem Banner „People’'s Justice“ von Taring Padi. Dafür, dass weder sie noch das indonesische Kollektiv Taring Padi die antisemitische Bildsprache erkannten. Das riesige Banner war erst nach der Presse-Vorbesichtigung auf dem zentralen Friedrichsplatz zu sehen.

Als Rechtfertigung bemühte Darmawan erneut das Mantra, es wären die europäischen Kolonialherren gewesen, die den Antisemitismus nach Indonesien brachten. Sie selber hätten als Indonesier keinen Erfahrungshintergrund mit Antisemitismus.

Dem hingegen würden sie auf die Gemeinschaftsvorstellungen des dörflichen „Lumbung“ setzen, Kulturpraktiken, die auf die Zeit vor der von Europa ausgehenden Globalisierung zurückgehen. Ein „vormoderner Kollektivismus“, wie Darwaman sagt. Kassel, die Kunst und die Welt soll nach Ruangrupa also sein Heil in vermeintlich harmlosen, ursprünglichen und ländlichen Traditionen suchen.

Israelis, die keine Israelis sein wollen?

Darmawan sagte, dass Teilnehmer der documenta fifteen nun unmittelbar und im Internet bedroht würden. Berichte, nach denen es einen „stillen Boykott“ gegen Israelis oder Juden auf der documenta fifteen gäbe, wies er zurück. Einen solchen befürchtete etwa Daniel Botmann vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Er kritisierte den Einfluss der Israel-Boykott-Bewegung BDS auf deutsche Kulturmanager, wie etwa im Berliner Haus der Kulturen der Welt.

Darmawan hingegen unterstrich, dass auch Künstler mit jüdischem und israelischem Hintergrund an der documenta beteiligt seien. Diese würden im Kollektiv aber anonym bleiben wollen, sich so „nationalen Zuordnungen“ und der „Gewalt des Kapitalismus“ wiedersetzen. Lässt sich daraus also folgern, dass nur Israelis, die keine Israelis sein wollen, in Kassel dabei sein können?

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat zu Beginn der Ausschusssitzung der documenta Versagen vorgeworfen. Die Verantwortlichen hätten ihr versichert, dass für Antisemitismus kein Platz auf der Kunstschau sei. Das Brechen des Versprechens müsse „Konsequenzen haben“. Ebenso wie Hessens Kunstministerin Angela Dorn sieht Roth „strukturelle Schwächen“ bei der documenta. Seit Januar stand diese wegen Israelfeindlichkeit und Antisemitismus in der Kritik.

Vorwürfe vonseiten der Opposition, selber zu zögerlich agiert zu haben, konterten beide Grünen-Ministerinnen. Aufsichtsratschef Geselle und Generaldirektorin Schormann hätten Angebote einer zusätzlichen auswärtigen Expertise abgelehnt. Da der Bund nicht im Aufsichtsrat vertreten sei, so Roth, habe er kein Mitspracherecht. Dies müsse sich ändern. Ginge es doch darum, den Ruf der documenta als Weltkunstschau wiederherzustellen, um sie zu retten.

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57 Kommentare

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  • Bei aller Aufregung sollte man sich immer überlegen: Cui Bono?



    Wird die documenta weiter skandalisiert, zieht man immer weiter den Fokus weg



    von der dort immanenten Kapitalismus und Herrschaftskritik, an Aufarbeitung von Spätfolgen des Kolonialismus und der Möglichkeiten Alternativen für 100 Tag zu praktizieren. Zieht man den Fokus immer mehr auf die Antisemitimusdebatte, statt zu sehen, was im Schatten der Documenta blüht: Zukunftsdorf 22, Rheinmetall entwaffnen, Klimacamp, VerkehrswendeTage, antirassistische Festivals und ein genereller Aufbruchsgeist in diesen traurigen Zeiten- was gewinnt man als aufgeklärter humanistischer Kritiker?



    Vielleicht gemeinsam mit reaktionären Kräften das Ende eine einzigartigen, weltoffenen und sehr wichtigen Kunstveranstaltung im Herzen der Republik, wo immer wieder ganz im demokratischen Sinne Kontorversen der Zeit öffentlich ausgehandelt werden.



    Das einzige was mich tröstet ist, dass dieser Tage, zehntausende Menschen täglich aus der ganzen Welt sich vor Ort ein anderes Bild machen, miteinander eine gute Zeit haben und auch den Raum für Kontorversen im Sinne einer emanzipatorischen Debatte und nicht im Sinne der Cancel Culture zelebrieren. Es gruselt bei manchen Vorstellungen vor „Gesinnungsprüfungen“. Wer führt sie im Auftrag von wem, wie durch?



    All die moralisierenden Schreiberlinge hier, die noch nicht dort waren: Schnappt euch euer Neun Euro Ticket und kommt selbst vorbei, es wird euch und eurer Debatte sicher gut tun.



    Gleiches gilt auch für den Bundestag und wichtigesRegierungspersönlichkeiten- warum müssen eigentlich immer alle in Berlin vorsprechen- anstatt selbst in die Provinz zu fahren Kassel hat dieser Tage sicher mehr zu bieten, als die abgehalfterte Hauptstadt auf Sand gebaut.

  • "Lässt sich daraus also folgern, dass nur Israelis, die keine Israelis sein wollen, in Kassel dabei sein können?"

    Nö.

    Zurück gefragt: Aber bedeutet die Frage die Forderung, dass man sich bei einer documenta zukünftig national zuordnen muss?

  • "Er kritisierte den Einfluss der Israel-Boykott-Bewegung BDS auf deutsche Kulturmanager, wie etwa im Berliner Haus der Kulturen der Welt"

    Hat das Berliner Haus der Kulturen der Welt etwa die documenta in Kassel organisiert. Das Berliner Häuschen wirkt irgendwie an den Haaren herbei nach Kassel gezogen um als Beweis dafür, dass "es einen 'stillen Boykott' gegen Israelis oder Juden auf der documenta fifteen gäbe"

    • @Rudolf Fissner:

      Hat keiner behauptet.

      Herr Botmann wünscht sich, dass die documenta nicht das wird, was das HKW bereits ist.

      Mehr nicht.

      Alles andere konstruieren Sie hinein.

      • @rero:

        Dann sollte doch die frohe Botschaft lauten, dass es gemäß Herr Botmann an der documenta ansonsten nichts zu mäkeln gibt!

        • @Rudolf Fissner:

          Sie meinen, Sie wollen den zentralen Kritikpunkt nicht zur Kenntnis nehmen?

    • @Rudolf Fissner:

      ich wandle mal Adorno ab: der anti-anti-semitismus ist das gerücht über BDS.

      • @christine rölke-sommer:

        Und nu?



        Wohl was fixiert?

      • @christine rölke-sommer:

        BDS - die Juden von heute?



        Es wird ja immer abstruser.

  • Herzlichen Dank für den interessanten Bericht! Man versucht nun alles auszusitzen und unter den Teppich zu kehren. Die einen sind krank, die anderen haben wichtigeres zu tun. Sie haben gut gezeigt, wie extrem entblößend der braune Sumpf deutscher Kulturschaffenden und deutscher Politik sich hier präsentiert. So übel war's lange nicht mehr. Was einem aber die Knie zittern lässt, ist die Erkenntnis, dass Antisemitismus im deutschen Milieu immer noch zum guten Ton gehört. Die Ignoranz über die Geschichte,

    www.yadvashem.org/...-battalion-67.html

    der elende Paternalismus, mit Begriffen wie, Meinungsfreiheit, Diskursvielfalt, offene Debattenkultur, belehrend das Gedenken an die Opfer marginalisieren zu wollen ist unfassbar.

    • @Günter:

      Meron Mendel hat die Brocken als Berater auch schon wieder hingeschmissen:

      www.hessenschau.de...t-zurueck-100.html

      Er war nun wirklich der wohlwollendste Kritiker und nimmt zumindest den allergrößten Teil der Künstler in Schutz.

      Kritisiert allerdings heftig die Leitung.

      Mit jedem Tag, an dem die im Amt bleibt, wird der Skandal größer und unangenehmer.

      • @Jim Hawkins:

        Wundert mich ja irgendwie, Mit der extremistischen Interventionistischen Linken, die sich explizit nicht von BDS distanzieren will, hat Mendel keine Berührungsängste. Und dort bei der BDS geht es nicht um Kunst, sondern um terroristische Gruppen.

      • @Jim Hawkins:

        Auch Meron Mendel hat sich nun offenbar zu der ernüchternden Erkenntnis durchringen müssen, dass man bei den Verantwortlichen der documenta die Antisemitismus-Vorwürfe zu keinem Zeitpunkt ernstgenommen hat. Sein Vorwurf, man versuche, auf Zeit zu spielen, entspricht ja ganz dem Eindruck, den unabhängig von ihm auch Andreas Fanizadeh gewonnen hat.

      • @Jim Hawkins:

        Ja, die letzte Hoffnung von einem wohlwollenden externen Berater einen Persilschein in die Tasche gesteckt zu bekommen ist gescheitert. Haben sich noch die Zähne an ihm ausgebissen. Na, da wirft man ihm dann Untätigkeit vor, wenn er den ganzen Schund nicht einfach wegzaubern kann, sich von dem ganzen Gewürge nicht anstecken lassen will.

        • @Günter:

          Und es geht weiter. Einer der Top Acts der documenta, Hito Steyerl, zieht ihre Kunstwerke zurück.

          Das ehrt sie und meines Wissens gab es so etwas noch nie.

          www.zeit.de/kultur...o-steyerl-rueckzug

  • "Dafür, dass weder sie noch das indonesische Kollektiv Taring Padi die antisemitische Bildsprache erkannten......Als Rechtfertigung bemühte Darmawan erneut das Mantra, es wären die europäischen Kolonialherren gewesen, die den Antisemitismus nach Indonesien brachten. Sie selber hätten als Indonesier keinen Erfahrungshintergrund mit Antisemitismus."

    Sorry, das kann ich nur noch als lächerlich und dummdreist bezeichnen. Das können die doch nicht ernst meinen.

    Wir leben im 21 Jahrhundert. Indonesien ist keine abgelegene Mondkolonie ohne Bildung und Internetzugang.

    Und es ist auch völlig wurscht, wer Antisemitismus irgenwann wohin geschleppt hat. Spiel ich mit der Bildsprache des Klu Klux Klan und red mich damit raus, dass das ja irgend so ein Ami Ding ist und ich ja gar nicht wissen konnnte, dass das was mit Rassismus zu tun hat?

    Was sind denn das für infantile Ausreden?

  • die bislang klügste einlassung zur causa: www.berliner-zeitu...chleiert-li.243351

    • @christine rölke-sommer:

      Nein, ist es nicht.

    • @christine rölke-sommer:

      Der wievielte antisemitismusrelativierende Artikel von Berliner Zeitung ist das mittlerweile?

      • @h3h3y0:

        Die haben mindestens einen in der Woche.

        • @Jim Hawkins:

          ist schon klar,dass Sie lieber Jongen-style lesen.

          • @christine rölke-sommer:

            Und wie meistens, liegen Sie falsch. Ich bin kein Nazi, ich mag keine Nazis, also auch nicht Jongen. Und deswegen gefällt mir auch nicht, was die denken und schreiben.

            • @Jim Hawkins:

              Die Putinisten glauben ja auch Sie wären Antifaschisten.

              • @ingrid werner:

                Wollen Sie damit sagen, dass ich doch ein Nazi bin?

                • @Jim Hawkins:

                  naja, sagen wir links, demokratisch und auf Seiten der Menschenrechte befindet man sich jedenfalls nicht wenn man auf Gedeih und Verderb eine kolonialistische, rechtsnationale Politik verteidigt. Nur eine andere Variation der selben Verwirrung wie bei einigen Linksparteianhängern, die immer noch glauben alles Gute und richtige komme aus Moskau. Irgendwie scheinen immer wieder nur Linke zu meinen Lechts und Rinks nicht verwechsern zu können und tun es dann doch. Letztlich fügt sich dann aber doch wieder alles wie das Beispiel einiger Antideutscher der ersten Stunde zeigt, die konsequent den Weg von der Jungen Welt über die Jungle World nach Rechts außen gegangen sind. Muss am Berliner Umfeld liegen, vielleicht doch damals in den wilden 90er zu viel Drogen genommen. Ich hoffe für sie, dass Sie da nicht landen werden.

                  • @ingrid werner:

                    Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ihre Bleiwüsten voller Diffamierungen und persönlicher Angriffe etwas anstrengend sind.

                    Wollen Sie nicht einmal versuchen, von ihrer Seite, zumindest ein wenig Sachlichkeit in die Debatte zu bringen?

                    • @Jim Hawkins:

                      ach, ich finde schon, dass ich sachlich bin. Und kommen Sie mir nicht mit Obsession oder was treibt Sie an, hier über Jahre zu diesem Thema die immer selben Propagandaphrasen zu repetieren. Sie wollen eben nur Ihre Wahrheit sehen. Diffamierung, persönliche Angriffe? - wie's in den Wald reinschallt, woll? Die Hamas? hässlich, ohne Frage, genauso hässlich eben wie die Besatzung – Die Hamas gibt es, weil es die Besatzung gibt. Ich bin da ganz sachlich. nein ich hasse Israel nicht (ihre Diffamierung) aber Israel braucht sich eben auch nicht beklagen, wenn es viele Palästinenser hassen, sie haben objektive Gründe dafür. Dass es unter den Begründungen einiger Palästinenser auch weniger objektive, rassistische gibt, Vernichtungsphantasien etc ist eine unter den gegebenen Umständen beinahe natürlich zu nennende Radikalisierung (die ich sebstverständlich nicht teile) und ihr gegenüber stehen jede Menge radikale, rassistische Spinner auf der anderen Seite, in der Regierung, unter den Siedlern, die ihre Denke jeden Tag von aller Welt geduldet in die Praxis umsetzen. Ja, ich mache häufig zuviel Worte, Erklärungen brauchen eben manchmal ein paar mehr Worte, aber man muss auch verstehen wollen. Zum Propagandaslogans dreschen braucht es nicht vieler Worte: aber die Hamas; aber sie haben doch immer nur nein gesagt; sie hassen Juden, weil sie Juden sind – Nein! Das Problem ist die Besatzung und die Siedlungen, die zeigen, dass Israel da nie abziehen will. Es zeigt, dass es auf israel. Seite keinen Willen zum Frieden gibt (außer vielleicht bei einigen minoritären Meretz- Anhängern). für kein Land eben kein Frieden.

                      • @ingrid werner:

                        Hamas ist antisemitisch und möchte Israel vernichten. Ein Rückzug aus den besetzten Gebieten wird daran nichts ändern.



                        Ihr Kommentar liest sich wie "Juden sind am Antisemitismus selbst schuld" bzw. ein Hamas-Presserelease, wo die Schuld allein bei Israel liegen soll und Antisemitismus relativiert, verharmlost oder gar bestritten wird.

                      • @ingrid werner:

                        Ich stimme Ihnen ja insofern bei, als ein nicht unerheblicher Teil der israelischen Gesellschaft die besetzten Gebiete de facto als israelisches Territorium betrachtet. Die israelische Siedlungspolitik auf den Westbanks ist fatal und schafft Fakten, die einer friedlichen Lösung diametral entgegenstehen. Man muss leider konstatieren, dass eine solche friedliche Lösung, die eine Rückgabe dieser Gebiete beinhaltete, auch auf isralischer Seite auf erheblichen Widerstand stoßen würde. Und von den Unterstützern der Siedlerbewegung ist dies politisch genau so gewollt. Keine Frage, es gibt radikale, nicht versöhnungswillige Gruppen auf israelischer Seite.

                        Wenn Sie allerdings von Radikalisierung auf palästinensischer Seite schreiben, liegen Sie eindeutig falsch. Die Politik der Palästinenser zielte von Beginn an auf Vernichtung des Staates Israels; die bis heute aufrecht erhaltene Forderung nach Rückkehr aller "Flüchtlinge" (also inklusive derjenigen, die nie in Israel gelebt haben), läuft auf nichts anderes hinaus. Insofern machen Sie es sich doch schlicht zu einfach, wenn Sie denn Eindruck erwecken, Israel brauche nur die besetzen Gebiete zu räumen und alles wäre in Butter.

                        Und noch eine Bemerkung: Die Gleichsetzung einer Terrororganisation wie der Hamas mit einem - bei allen Fehlern - demokratischen Staat wie Israel ist in meinen Augen schlicht daneben.

                      • @ingrid werner:

                        Die Existenz der Hamas ist auch Israel geschuldet. Nur Objekte israelischer Gewalt, keinesfalls Subjekte, die für Verhalten verantwortlich sind.

                        Ich gebe auf.

                        Wie hätten Sie es gern? Zwei Staaten, ein Staat, kein Staat?

                  • @ingrid werner:

                    Heilige Obsession.

                    Was hassen Sie eigentlich an Israel am meisten?

                    Und wie nehmen Sie die Hamas als dominante Kraft auf der anderen Seite wahr?

  • Chapeau Ade Darmawan!

    Sich einem Scherbengericht zu stellen, dass in kleinster Weise zuständig ist, zeigt Größe.

    • @Phineas:

      Sein eigenes Versagen auf irgendwelche Kolonialherren abwälzen zu wollen, zeugt aber eher von Kleinheit.

  • "Sie selber hätten als Indonesier keinen Erfahrungshintergrund mit Antisemitismus."

    Natürlich nicht, schuld sind die anderen.

    Und im Koranunterricht haben alle Ruangrupa-Mitglieder auch nicht aufgepasst.

    Dass im Koran Juden zur Strafe in Schweine verwandelt worden sind, wussten sie deshalb nicht und waren über die Übereinstimmung mit dem Kunstwerk total überrascht.

    Diese Art, sich zu entschuldigen, macht es nicht wirklich besser.

    • @rero:

      "Und im Koranunterricht haben alle Ruangrupa-Mitglieder auch nicht aufgepasst."

      Sie spielen mit Stereotypen. Antiislamischen Stereotypen.

      • @Rudolf Fissner:

        Ich spiele mit gar keinen Stereotypen.

        Hier gibt es eine Gruppe, die sich rausredet.

        Die steht nur für sich.

        Nicht für "alle Muslime", nicht für "alle Indonesier".

        Und es gibt Koranzitate und deren Interpretation.

        Und am schlimmsten finde ich wirklich diese Pseudo-Entschuldigung à la "Ihr seid doch schuld."

        Ob fehlendes Rückgrat nun ein antiislamisches Stereotyp ist, weiß ich nicht. Wäre mir neu.

    • @rero:

      "Dass im Koran Juden zur Strafe in Schweine verwandelt worden sind"

      Quelle bitte.

      • @Devil's Advocate:

        z. B.



        Sure 2, Verse 65-66



        Sure 5, Verse 59-60



        Verwandlung von Israeliten in Affen und Schweine. Am Ende kommt es darauf an, wie man liest. Dass es solche Stellen gibt, ist trotzdem eine Tatsache

      • @Devil's Advocate:

        www.deutschlandfun...n-gemacht-100.html

        Dass Religionen Andersgläubige von Gott bestraft sehen (wollen), ist nichts Besonderes, das gehört quasi zum guten Ton.

        Wenn man religiös-muslimisch ist und mit diesen Suren sozialisiert worden wäre, könnte man die Anspielung auf dem Kunstwerk so verstehen, dass die Mossadagenten für ihr verwerfliches Verhalten von Gott ebenfalls bestraft worden sind.

        Da auf dem Kunstwerk nicht "alle Juden" dargestellt werden, sondern nur die Mossad-Agenten, müsste man das nicht unter Antisemitismus subsumieren.

        So argumentieren sie aber nicht.

        Sie sagen nur, die Europäer sind schuld.

        • @rero:

          "Wenn man religiös-muslimisch ist und mit diesen Suren sozialisiert worden wäre, könnte man die Anspielung auf dem Kunstwerk so verstehen, dass die Mossadagenten für ihr verwerfliches Verhalten von Gott ebenfalls bestraft worden sind."

          Was haben Sie im Koran zur Zusammenarbeit des Mossads bei der Verfolgung von Kommunisten gelesen? ( taz.de/!5859643/#bb_message_4342441 ) Sie wissen, dass Suharto je nach Schätzung 500.000 bis 3 Millionen Menschen, vor allem Kommunisten und Chinesen ermorden ließ? Vielleicht könnten Die ja die relevanten Stellen nennen, wo der Koran auf Massenmorde 1200 Jahre später Bezug nimmt.

          "Da auf dem Kunstwerk nicht "alle Juden" dargestellt werden, sondern nur die Mossad-Agenten, ...."

          Wissen Sie wirklich nicht, dass auf dem Plakat eine weitere Figur, kein Mossad Agent, vorhanden ist, die sehr wohl eindeutige antisemitische Züge hat?

    • @rero:

      Genauso ist das. Man muss kein KZ geleitet haben, um einen Erfahrungshintergrund mit Antisemitismus zu haben.

      Die Aussage der Kuratoren ist so hohl, wie wenn ich sagen würde, ich habe keinen Erfahrungshintergrund mit Rassismus und erkenne ihn deshalb auch dann nicht, wenn ein Schwarzer neben mir rassistisch attackiert wird.

      Wenn man als international vernetzter Künstler und Intellektueller davon keinen Dunst hat, sollte man sich vielleicht auf die Reisscheune konzentrieren und die documenta wieder Weltschau im universalistischen Sinn werden lassen.

      • @Jim Hawkins:

        Der Holocaust ist eine historische Singularität. Erfahrungen mit diesem haben insbesondere Deutsche und Juden. Diese sind nicht vergleichbar mit den Erfahrungen mit Antisemitismus in Indonesien, wo es zu keiner Zeit mehr als wenige Tausend Menschen gab mit dieser Religion.

        Erfahrungen mit dem Holocaust sind auch null vergleichbar mit dem Alltagsrasssismus, dem Sie begegnen. Auch nicht mit Sexismus oder Islamfeindlichkeit (siehe oben "im Koranunterricht nicht aufgepasst").

        Die historische Schuld wird Deutschland nicht dadurch los, dass es sie nun allen Ländern der Welt in gleicher Weise aufbürdet und sich entlastet.

        Es war Aufgabe der Auftraggeber eine korrekte Abnahme durchzuführen, gerade weil die Erfahrungen mit Antisemitismus so unterschiedlich sind.

        • @Rudolf Fissner:

          "Der Holocaust ist eine historische Singularität. Erfahrungen mit diesem haben insbesondere Deutsche und Juden."

          Diesen Satz kann man sich wirklich auf der Zunge vergehen lassen.

          Das hier ist allerdings auch eine schräge Idee:

          "Die historische Schuld wird Deutschland nicht dadurch los, dass es sie nun allen Ländern der Welt in gleicher Weise aufbürdet und sich entlastet."

          Diese Künstler sind ja keine Bauern ohne Bildung. Jeder Gebildete, jeder Intellektuelle sowieso weiß, was Antisemitismus ist, welche Formen er hat und welcher Chiffre er sich bedient.

          Genauso wie er weiß, was Rassismus, Sexismus und Homophobie sind.

          Oder würde Sie entsprechende Exponate



          genauso relativieren und durchwinken?

          Natürlich nicht, so verfährt man gemeinhin nur beim Antisemitismus, der ja immer gleich mit einer Keule daherkommt.

          • @Jim Hawkins:

            "Oder würde Sie entsprechende Exponate genauso relativieren und durchwinken?"

            Eas haben Sie daran nicht verstanden, dass es die Aufgabe der Auftraggeber war das zu kontrollieren! Was haben Sie daran nicht verstanden, dass gerade uns Deutschen eine besondere Verantwortung zukommt.

            Sehen Sie das nicht so? Und stecken se mal ihre Keule weg. Bin ja auch ohne gekommen.

            • @Rudolf Fissner:

              Nur mal so am Rande.

              Verfolgen Sie gelegentlich jüdische Medien in Deutschland?

              Oder interessiert Sie diese Perspektive weniger?

              Vielleicht kennen Sie ja keine Medien dieser Provenienz?

              Wie sieht's aus?

              • @Jim Hawkins:

                Nur mal so am Rande.

                Warum können Sie auf die einfache Frage, ob Deutschland eine besondere Verantwortung hat wegen des Holocausts nicht mit eine klaren Antwort reagieren?

            • @Rudolf Fissner:

              Die Auftraggeber haben es nicht kontrolliert, weil sie darauf bauten, dass die Beauftragten das artikulieren, was man selbst nicht sagen kann und es deswegen an den "Globalen Süden" delegiert.

              Der liefert und jetzt muss man lavieren und die Sache irgendwie aussitzen.

              Es ist eben ein Test, um zu sehen, wie weit man es mittlerweile mit dem Antisemitismus treiben kann.

              Es dauert wohl noch eine Weile, bis das Ergebnis feststeht.

  • So ist das eben.

    Man druckst herum, wiegelt ab, relativiert, redet sich heraus, meldet sich krank, weil the show must go on.

    Dass die beiden die documenta in die Tonne getreten haben, ist ihnen nicht ansatzweise bewusst.

    Andererseits sind sie auf der Höhe der Zeit. Kunst ist ohne BDS, ohne Antisemitismus eben einfach nicht denkbar.

    Wie sollte da die größte Kunstschau der Welt zurückstehen?

  • Hauptsache Melnyk kann den lieben Bandera propagieren, wird befördert und die Politik weiter mit den Asows kuscheln. In der BRD messen wir sehr gerne mit unterschiedlichen Massen. Heben wir den Zeigefinger und sehen nicht den Baumstamm in unserem eigenen Auge.

  • Was für eine gräßliche Theateraufführung.

    Letztlich hat die dokumenta das Kuratorium an ein sehr entferntes Künstlerkollektiv vergeben, und es unterlassen, jedes einzelne Mitglied vorher gesinnungsprüfen zu lassen.

    Und bei der Größe der Schau hat man auch nicht jedes Kunstwerk vorab "geprüft."



    Und jetzt heißt es, "das hätte nicht passieren dürfen". Natürlich nicht, kann aber.

    Das passiert nun einmal, wenn man die Kontrolle abgibt und manchmal ist das ja auch gewünscht - und das Ergebnis ganz interessant.

    Manchmal sind die Ergebnisse auch unerwünscht und dann sollte man eigentlich dazu stehen, das man nicht alles unter Kontrolle hat.

    Wer totale Kontrolle haben will, der sollte mal nach China blicken. Da passiert so etwas nicht.

    • @Sonntagssegler:

      Die Veranstalter der documenta waren wohl von Vorstellung getrieben, dass die Kuratoren des "Globalen Süden" das artikulieren, was man sich selbst nicht traut.

      Und weil die Akteure als Opfer von Kolonialismus und Rassismus eine Art Welpenschutz genießen, ist Kritik an ihnen notwendig rassistisch.

      Das hat jetzt alles etwas geruckelt, aber der Testballon ist in der Luft.

      Und keiner ist für irgendetwas verantwortlich.

      Und das reaktionäre Hohelied rurales Leben gegen globalisierten Weltkapitalismus wird noch eine Weile gesungen.

      • @Jim Hawkins:

        Das Konzept, die documenta frei von Gruppen aus den globalen Süden gestalten zu lassen, halten Sie also für falsch?

        Zudem sind für Sie die Menschen dort auch noch hinterwäldlerisch ( "das reaktionäre Hohelied rurales Leben" ) ?

        • @Rudolf Fissner:

          Nein, falsch verstanden, für die dok-Leitung sind die Menschen "des globalen Südens " hnterwäldlerisch. Und sie romantisieren und verkitschen das.

          • @dites-mois:

            Sie fanden es kitschig, dass künstlerisch auf die Massenmorde durch Suharto verwiesen wurde?

            Solange Sie keinen Beleg anbringen können für ihre Unterstellung, gehe ich davon aus, dass das ihre Sicht und die meines Vorredners ist. Ich hallte das für eine arrogante koloniale Position.

      • @Jim Hawkins:

        Patriarchale Sichtweise der Postkolonialisten: ohne die Kolonialisierer hätten die Kolonialisierten keinen g‘scheiten Rassismus hingebracht. Jaja, der edle Wilde oder wie auch immer Karl May das ausgedrückt hat…

        • @YeahYeah:

          Ja genau, Postkolonialismus, Antiimp und Antizionismus präsentieren uns hier die gemütslinke Version des "edlen Wilden".



          "Der Globale Süden ist Opfer, er ist ursprünglich, widerständig und authentisch, hören wir ihm zu!"