piwik no script img

Russische Propaganda gegen UkraineAnti-Logik als stabiles Fundament

Propaganda ist nicht einfach nur Täuschung. Das lässt sich gut an der russischen Vorgehensweise in Bezug auf den Ukraine-Krieg zeigen.

Die russische Propaganda verfängt auch außerhalb Russlands: Prorussischer Autokorso in Berlin Foto: Carsten Koall/dpa

Wenn man wissen möchte, wie Propaganda funktioniert – spätestens die Bilder aus dem ukrainischen Butscha und die russische Reaktion darauf haben das eindringlich vor Augen geführt. Propaganda ist nicht „Priesterbetrug“ – also eine Lüge, die man den Menschen auftischt. Sie ist nicht einfach Vernebelung der Massen durch eine Elite.

Propaganda bedeutet vielmehr, dass der Blick auf die Dinge nicht ausreicht. Auch der Blick auf ein Massaker. Propaganda bedeutet, dass die Wahrnehmung nicht geleitet wird von dem, was man sieht. Man sieht vielmehr das, was man vorher schon geglaubt hat. Das ist der zentrale Moment der Propaganda: die Fantasie, an die man kollektiv glaubt. Eine kollektive Verschwörungstheorie gewissermaßen.

Im Krieg findet sich Propaganda auf allen Seiten, aber die russische Propaganda ist eine besondere. Sie ist die Wiederbelebung einer alten theologischen Überzeugung: „Credo quia absurdum est.“ Zu Deutsch: Ich glaube, weil es der Vernunft zuwiderläuft. Schon die theologischen Meister der Propaganda hatten erkannt, dass genau der Widerspruch, die Antilogik, das stabilste Fundament des Glaubens ist.

Kesselargument und Verkehrung

Diese Antilogik tritt derzeit in zwei Formen auf. Zum einen als sogenanntes Kesselargument, wo einander widersprechende Aussagen verbunden werden: Die Toten seien eine westliche Inszenierung. Es handele sich um Schauspieler. Die eine „Leiche“ habe gewunken. Und zugleich: Die Täter seien keine Russen gewesen. Die Menschen seien erst nach dem russischen Abzug getötet worden.

Zum anderen tritt die Propaganda als Verkehrung, als Umcodierung auf. Putin hat den Krieg von Anfang an unter die Parole einer „Entnazifizierung“ der Ukraine gestellt. Dazu musste der Begriff „Nazi“ aber umcodiert werden. Nazis sind nun nicht mehr Rechtsextreme, von denen es in der Ukraine einige gibt. In der russischen Version heißt Nazi einfach: Ukrainer. Oder wie der Historiker Timothy Snyder schreibt: Nazi ist ein Ukrainer, der sich weigert zuzugeben, dass er ein Russe ist.

Warum verwendet aber ein unzweifelbar autoritäres Regime, das Rechtsextreme weltweit finanziert – ein Regime, das vom „guten alten Putin’schen Autoritarismus zu einer neuen Art von totalitärem Staat übergegangen ist“, so der kritische russische Soziologe Greg Yudin –, warum verwendet so ein Regime ausgerechnet diese Parole? Weil sie einen propagandistischen Idealfall darstellt: die Verbindung der zwei Antilogiken.

Helden und Opfer

Zum einen wird damit die Erinnerung an die russische Heldengeschichte des Kampfes gegen die Nazis geweckt. Das russische Handeln heute wird damit geadelt – es wird zu einer Wiederholung, zu einer Fortsetzung dieser glorreichen Vergangenheit.

Zum anderen aber ermöglicht es den genau gegenteiligen Diskurs der Russen als Opfer eines Genozids, der Russen als neue Juden, die von den ukrainischen Nazis bedroht werden. Der Holocaust-Diskurs ist die eindeutigste Gut-böse-Zuordnung der Geschichte. Dieser wird herangezogen und die Rollen mit Russen und Ukrainern neu besetzt. Damit hat man eine moralische Bestimmung, die garantieren soll, dass man das Richtige tut.

Das ist die hohe Kunst der Propaganda: Kesselargument und Umcodierung in einem. In aller Absurdität. Die zentrale Frage aber ist: Warum funktioniert das? Dass es funktioniert, zeigen all jene Russen, die dem folgen. Das sind sicherlich nicht alle. Aber es sind viele. Das zeigen etwa die Botschafter, die diesen Diskurs weitertragen. Und die Politiker, die dabei mitmachen. Die vielen, die Putin nicht nur aus Zwang folgen. Kein Regime kann sich alleine durch Repression halten.

Nein, Propaganda ist nicht einfach „Priesterbetrug“ – Falschinformation, Täuschung, Manipulation. Sie ist vielmehr Schutz der kollektiven Fantasie. Sie ist Abwehr, Schutzschild, wenn dieser Glaube eine Erschütterung erfährt. Etwa einen Einspruch durch die Realität. Deshalb ist Propaganda für die Gemeinten plausibel, wie absurd sie auch sein mag. Für Außenstehende ist sie jedoch völlig unnachvollziehbar.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

34 Kommentare

 / 
  • @INGO BERNABLE

    Sag' ich doch: keine Zeit zum Innehalten. ES IST KRIEG! HURRA! *Fahneschwenk*.

    Ich kann ja durchaus verstehen, dass jemand der/die in Ukraine sitzt jetzt so handelt. Aber wir?

    • @tomás zerolo:

      Ich halte das mit Verlaub für Polemik. Es ist Krieg. Ja, richtig. Aber die von ihnen suggerierte Euphorie halte ich im Wesentlichen für eine Unterstellung und zwar für eine die auch nur solange trägt wie man die Frage nach Alternativen ausblendet. Etwa die danach wie die Situation in der Ukraine ohne die Unterstützung aus dem Westen aussehen würde? Oder die welche Pläne man für ein Szenario einer von Russland annektierten Ukraine hat? Welche wenn der Kreml seine Truppen dann in ein paar Jahren in Moldau, im Baltikum oder in Polen einmarschieren lässt?



      Oder man stellt sich eben der Einsicht, dass die Realität derzeit eben nun mal so ist wie sie ist. Die sich daraus ergebenden Schlüsse sind weder patriotische Euphorie noch Kriegslüsternheit, sondern Notwendigkeiten um noch Schlimmeres zu verhindern.

  • @INGO BERNABLE

    Worauf das Argument abzielt?

    Auf das besoffene "RAH RAH RAH! Wir die Guten! Die die Bösen". Auch nicht ein Argument, sondern eine Erinnerung.

    Mögen ein Paar Subalterne in der Sache Abu Ghraib Ärger bekommen haben. Die Leute von Blackwater, die 2007 in Baghdad ein Blutbad anrichteten wurden z.B. von Trump begnadigt. Der Drohnenkrieg hat ganz still unzählige Tote und Verletzte produziert. Und, und.

    Ich bin ja dafür, dass die Gräueltaten der russischen Armee verurteilt werden. Aber ich bin auch dafür, dass wir dabei nicht vergessen, uns dafür einzusetzen, dass auch "wir" endlich unseren Standards halbwegs genügen.

    Wann tritt die USA /endlich/ dem IGMR bei? Na?

    Bis dann klingt das "Kriegsverbrecher" Gejaule Bidens lediglich Theater. Mir bleibt's jedenfalls im Hals stecken, wenn ich versuche, mitzujaulen.

    • @tomás zerolo:

      "Wir die Guten! Die die Bösen"



      Wer behauptet das denn? Natürlich ist auch der Westen nicht das absolute, reine Gute. Die Idee allerdings, dass beide Seiten gleichermaßen Grau sind, ist allerdings ebenso abwegig. Und welche Konsequenzen daraus nun zu ziehen wären haben sie noch immer nicht erklärt. Soll man nun den Krieg nicht mehr Krieg und die Kriegsverbrechen nicht mehr Kriegsverbrechen nennen und Putin eben gewähren lassen wegen Vietnam, wegen Abu Ghraib, ... ???



      "Ich bin ja dafür, dass die Gräueltaten der russischen Armee verurteilt werden."



      Wenn man dann aber diese Gräueltaten die genau jetzt passieren und die deshalb auch genau jetzt gestoppt werden müssen eben nicht in den Fokus stellt, sondern primär darauf abhebt was sich die USA denn in den letzten Dekaden so alles haben zu Schulden kommen lassen wirkt das aber eben doch sehr relativierend.

  • Propaganda ist ein Mittel der Autorität, die autoritären Charakter im Opfereismus, zu dem Letztere neigen, in Zeiten ihrer Schwäche wieder unter und hinter sich zu scharen.

  • Propaganda soll den Menschen nur einen Vorwand geben, nichts tun zu muessen. Deswegen konnte Russlands Propaganda die Menschen auch nicht zum Impfen aktivieren. Sehr wohl aber zum Rueckzug ins Private

    • @Charlie Foxtrot:

      Die Handlungen der russischen Soldaten in der Ukraine sind alles andere als "nichts tun". Die Entmenschlichung des Feindes hat eben auch andere Funktionen, die man aus brutalen Kriegen der Vergangenheut kennt.

  • Spannend.



    Fast wie eine Droge also.



    So und nicht nur bei "Russen", sondern bei sämtlichen antiwestlichen Putinverstehern.

  • "Sie (die Propaganda) ist vielmehr Schutz der kollektiven Fantasie."



    Ein Satz für die Lehrbücher, der die Wirkungslosigkeit von Fakten erklärt.



    Danke.

  • Vergessen wir aber nicht die Propaganda, die wir weniger sehen: die die so dicht an unserer Nase ist. Die, die einen unmerklichen Übergang zwischen kommerzieller Werbung und politischer Propaganda darstellt (ein Beispiel: die lange währende Liebesgeschichte zwischen den Libertären, Big Tobacco und den Koch Brothers. Ein anderes: Musk kauft gerade Twitter).

    Nein, ich will keineswegs das, was gerade in Russland läuft mit dem, was bei uns los ist vergleichen. Wäre ich in Russland so oft auf 'ne Demo gegangen wie hier, dann wäre ich nicht (wie hier) "nur" festgehalten worden, weil ich Sekundenkleber an den Fingern hatte, sondern vermutlich zusammengeschlagen worden -- oder schlimmer.

    Dennoch: wenn unsereiner jetzt irgendwohin zeigt und "Kriegsverbrechen" sagt, dann sollten wir Abu Ghraib oder Guantánamo nicht vergessen. Nicht Vietnam. Nicht Assange oder Snowden. Nicht die Pushbacks auf dem Mittelmer oder Frontex.

    • @tomás zerolo:

      "Nein, ich will keineswegs das, was gerade in Russland läuft mit dem, was bei uns los ist vergleichen."

      Es ist aber ein Vergleich. Und im Hinblick auf das Thema des Artikels, das such der Faschist Putin als Entnazifizierer geriert und Russen wie Juden bedroht sieht, ist es ein doppelt unpassender Vergleich.

    • @tomás zerolo:

      Leider bleibt mir unklar worauf genau das Argument abzielt. Die Ereignisse in Abu Ghraib wurden allgemein als unerträglicher Skandal wahrgenommen, die Beiteiligten sind längst verurteilt. Wird Butscha im russischen Diskurs auch nur annähernd ähnlich wahrgenommen? Die längst überfällige Schließung von Guantanamo scheitert primär daran, dass die dort Inhaftierten offenbar in keinem Land der Welt Aufnahme finden. Für die unsägliche Behandlung von Assange, Snowden und anderen finden regelmäßig Demos statt, während in Russland mittlerweile nahezu jedes ziviligesellschaftliche Engagement verboten ist.



      Was also bedeutet der Umstand, dass auch die Zustände im Westen nicht in jeder Hinsicht perfekt sind und ihre Forderung das nicht zu vergessen konkret? Die russischen Kriegsverbrechen nicht als solche zu benennen weil auch die USA in Vietnam Zivilisten mordeten und Frontex illegale Pushbacks durchführt?

      • @Ingo Bernable:

        Sie bringen hier, vermutlich völlig ungewollt, einen entscheidenden Punkt ins Spiel:



        Wir dürfen fast jederzeit auf der Straße lautstark alles mögliche skandieren. Ohne Angst davor haben zu müssen, daß wir direkt verhaftet werden (wobei auch das nicht immer und für alle gilt…siehe aktuell etliche Baumbesetzer).



        In Russland riskiert man bei solchen Aktionen fraglos viel und ändern tut sich nichts oder nur wenig.



        Nur bei uns ändert sich durch das ganze Protestieren auch nichts oder fast nichts.



        Es ist für mein Dafürhalten ein sehr fadenscheiniges Demonstrationsrecht. Aber es stellt halt auch die Leute ruhig. Frei nach dem Motto ….. wir dürfen ja laut und öffentlich unsere Meinung kundtun, also alles gut…

    • @tomás zerolo:

      Sicher, daran denke ich auch. Diese sind für mich nicht vergessen.

  • Seh gute Analyse, vielen Dank

  • Was für rhetorische Verrenkungen, nur um davon abzulenken, dass man stramm auf NATO-Linie ist.

    • @Rezadi:

      Das muss man jetzt nicht verstehen oder ?

  • "Sie ist nicht einfach Vernebelung der Massen durch eine Elite.



    Propaganda bedeutet vielmehr, dass der Blick auf die Dinge nicht ausreicht."



    Glaubwürdige analyse.



    Ich würde aber daran festhalten, das Geld zu folgen um zu verstehen warum sie (die Propaganda) gemacht wird. Das Geld führt wiederum zu den Eliten, ob in Russland, China, USA, Deutschland, Frankreich, Saudiarabien, Brasilien oder anderswo.



    Die abolute Mehrheit der Menschen werden ganz sicher vom Krieg nicht reich und wollen ihn dewegen auch nicht. Die Eliten die vom Krieg reich werden wollen den Krieg schon.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Wenn Sie an der Frage nach dem Geldfluss festhalten wollen, werden Ihnen manche Entwicklungen nicht nachvollziehbar bleiben.

      Was den Menschen zum Menschen macht, ist nicht die Gier nach Reichtum, sondern seine Fähigkeit zur flexiblen Kooperation auf Grund von Narrativen.

      Warum Propaganda gemacht wird, also Narrative mit frei erfundenen Fakten, liegt nicht darin begründet, dass jemand dabei verdient.

      Das ist, sofern es zutrifft, ein Nebenaspekt.

      Ja, Putin ist als faschistischer Staatschef mehrfacher Milliardär geworden. Dennoch hat er offenbar eine Mission.

      Die Antwort auf das "Warum" lautet: So sind Menschen strukturiert.

      Nietzsche formulierte es so: "Wer ein WARUM zum Leben hat, erträgt fast jedes WIE.“

      Im Kern geht es um Lebenssinn.

      Deshalb folgen viele Menschen, ob wohl nur wenige verdienen.

      • @rero:

        Das bleibt für mich eine Glaubensfrage auch wenn Nietzsche sich dazu geäußert hat.



        Ich glaube nach wie vor, dass die menschlichen Erfahrungen von Frieden, Gerechtigkeit und eine intakte Umwelt, am Ende weit über identitätsbildenden und "lebenssinnstiftende" Narrativen aus gelungenen Propagandainstanzen stehen werden.



        Das glaube ich.



        Aktuelle Narrative werden aus meiner Sicht von Eliten im Interesse der Eliten konstruiert und kommuniziert. Dabei geht es aus meiner Sicht, höchstens um einen stilisierten Lebenssinn dieser Eliten - reale Gemeinnützlichkeit der Menschheit und Schutz der Umwelt liefern diese Narrative kaum.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Also meinen Sie, nicht Russland sei an dem Krieg schuld, sondern die Eliten der von Ihnen genannten Länder?

      • @Ingo Knito:

        Ja, so ungefähr. Im Artikel ging es ja darum, wie ausgefeilt Propaganda angelegt wird. Das heißt für mich dann, dass jemand diese Propaganda bestellt und dafür auch bezahlt. Deswegen mein Ansatz, das Geld zu folgen, weil das Geld zu den Auftraggeber:innen führt und das wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine zahlungsstarke Elite im jeweiligen Land sein.



        Was würden man denn eigentlich damit meinen, dass "Russland Schuld ist"?

        • @Nilsson Samuelsson:

          Naja, russische Soldaten sind in die Urkaine eingefallen, zerstören Infrastruktur, bombardieren Krankenhäuser, vergewaltigen, morden, stehlen - das meint man damit, dass Russland schuld ist. So wie das 3. Reich am 2. Weltkrieg schuld war.

          Die Propaganda stammt aus dem Kremel, dem Geld zu folgen bringt da gar nichts, die Fixierung auf Geldflüsse ist hier völlig unergiebig, da Geld hier nicht kausal ist. Außer Sie wollen das ganz große Faß aufmachen, dass geopolitisch im Kapitalismus Kriege zwangsläufig entstehen, sobald die Drohung mit Krieg nicht mehr ausreicht, aber auch da helfen Geldflüsse nicht weiter.

          • @BluesBrothers:

            Sehe ich etwas anders.



            Das "Geld zu folgen" ist für mich nicht "das ganz große Fass aufzumachen" sondern eher eine Selbstverständlichkeit um unsere (kapitalistische (ohne Wertung)) Welt zu verstehen.



            Wer von Waffen Reich wird, wird auch die Anwendung von Waffen unterstützen - ist für mich logisch und nachvollziehbar.



            Für mich sind die Soldat:innen die "Infrastruktur zerstören , Krankenhäuser bombardieren, vergewaltigen, morden, stehlen" Menschen (wenn auch durch Propaganda und oder Geld verleitet oder gekauft) und nicht "Russland".

  • Zum Zitat "Nazis sind nun nicht mehr Rechtsextreme, von denen es in der Ukraine einige gibt."

    Bei den Parlamentswahlen 2019 haben 3% der Wähler das rechtsextreme Parteienbündnis gewählt. Das heisst, im Deutschen Bundestag sitzen mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich mehr Nazis als in der ukrainische Werchowna Rada.

    Nur, weil die Ukrainer Stepan Bandera eher in seiner Rolle als Freiheitskämpfer gegen die Sowjets sehen und weniger in seiner Rolle als Nazi-Kollaborateur und Antisemit, und nur weil es in den ukrainischen Streitkräften rechtsextreme Kämpfer gibt, heißt das noch lange nicht, dass die Ukraine insgesamt ein Staat der Rechtsextremen ist.

  • Gute Analyse der russischen Propaganda und ihrer Funktion, nur wäre es angebracht auch die westliche Propaganda unter die Lupe zu nehmen, denn die konstruiert ebenso eine eindeutige "Gut-böse-Zuordnung der Geschichte". So werden die politischen Kräfte, die für einen Ausgleich westlicher Interessen mit denen Russland eintreten, als Appeasementpolitiker der Vorweltkriegsjahre denunziert, Putin zum neuen Hitler zum absoluten Gegner erklärt, Russland zum unhinterfragbaren Agressor. Auch der westlichen Propaganda geht es um Eindeutigkeiten, darum, die eigenen Interessen ins moralische, universale Recht zu setzen, die eigenen Brutalität als unhinterfragbare Notwendigkeit auf tönerne Füße zu stellen.

    • @Colonel Ernesto Bella:

      Versteh ich nicht. Russland hat Truppen zusammengezogen und hat die Ukraine überfallen. Kann man das wirklich anders deuten?

    • @Colonel Ernesto Bella:

      Es ist also Russland nicht in die Ukraine eingefallen? Russische Soldten morden und vergewaltigen dort nicht? Tja das Interesse russischer Frauen nicht ermordet und vergewaltigt zu werden und sich zu wehren steht nicht auf tönernen Füßen, da können Sie "hinterfragen" was Sie wollen und ruhig weiter von der "eigenen Brutalität" schwadronieren.

      • @BluesBrothers:

        Naja, Ihre Antwort bestätigt doch genau, was der der @Colonel beschreibt. Man blendet einfach den "eigenen" Anteil aus, um wütender auf den "Feind" zu werden. Das ist der Zweck von Propaganda.

        Dass in diesem Fall die Rollen des Aggressors und des Opfers tatsächlich sehr eindeutig verteilt sind, macht es nur noch verführerischer und leichter, auf Propaganda reinzufallen oder sie gar nicht erst als solche wahrzunehmen.

        • @Günter Picart:

          Wenn die Fakten eindeutig sind, braucht es keine Propaganda. Russland IST der Aggressor, Ukraine das Opfer. Da gibt es nicht zu beschönigen oder zu verdrehen.



          Sich bei jeder Entscheidung 25x zu hinterfragen und alle Konflikte der letzten 1000 Jahre in eine Analyse einzubeziehen ist da nicht zielführend. Das Verwässert das, was man analysieren will. Angenommen es kam zu einem Auffahrunfall. Dann werden einige Parameter überprüft: wie war der Abstand, die Geschwindigkeit, das Wetter, waren Drogen im Spiel....und da endet es. Ob der eine Fahrer sein Fahrzeug schon seit 5 Jahren hat, es grün ist, er die SPD wählt, ein yT-Shirt trug und eine Kiste Selters im Kofferraum hatte sind keine relevanten Fakten. Auch nicht, ob er schon einmal wegen KV angeklagt war oder ob der Unfallzeuge 54 Jahre alt ist. Würde man all diese Dinge, die in anders gelagerten Fragestellungen sicherlich wichtig sind, hier mitdiskutieren, käme man schnell vom Weg ab. Das ist, was man Whataboutism nennt. Das Ablenken von der eigentlichen Fragestellung durch Einbringen von anderen, für sich genommen sicherlich wichtigen Themen, die aber für diesen Fall von untergeordneter Bedeutung sind. Auch Mörder darf man nicht bestehlen. Daher dürfen die USA auch trotz ihrer eigenen Verfehlungen die Aggression Russlands anprangern. Whataboutism ist BTW ein Propagandainstrument.

  • Sehr feine Analyse.



    Solange wir die tollen Autobahnen der Vergangenheit nutzen können, müssen wir nicht mehr berg ab berg auf fahren. Wir kommen schnell ans Ziel.



    jetzt können wir die Zerstörung der Natur durch den Bau so vieler neuer Autobahnen kritisieren.



    Wenn wiri noch zu Fuß laufen müßten, würden wir uns Autobahnen wünschen und ein Auto, egal welches.



    Heute würden wir uns ein E-Auto wünschen.



    Und zurück zur Natur, in einem Baumhaus ohne jeden Luxus leben.



    Spenden machen das möglich.



    ich denke das mit der Propaganda ist noch nicht zu Ende gedacht...

  • Vielen Dank für diese klare Analyse - ich erinnere auch psychologische Untersuchungen darüber, dass die meisten Menschen auch bei zwingender Argumentation ihre Überzeugen nicht aufgeben wollen, selbst wenn diese offensichtlich falsch sind. In Russland kommt noch dazu, dass die Mechanismen des Stalinismus, wie sie z.B. G. Orwell beschreibt, nicht ausreichend reflektiert wurden und die Bevölkerung unter Putin spätestens nach der Schließung von Memorial ohne jede Immunität gegenüber einem Stalinismus ZweiPunktNull dasteht und lieber mit den Haifischen mitschwimmt, als von ihnen gefressen zu werden.

  • Sich über russische Propaganda mokieren: Warum zum x-ten Mal auf den Pappkameraden einschlagen? Und was denn ist die "Realität"? Ist die denn etwa nicht VERMITTELT? Die Rede ist hier von "Bildern", als seien sie bereits die Realität selber. Was sind tatsächlich die kompletten (Vor-)Geschichten dazu? Wer war ein Zivilist, wer eigentlich ein Kombattant in Zivil (wie offiziell von jedem verlangt), wer ein "Kollaborateur" (denen wurde immer wieder offen der Tod angedroht, ohne dass es hierzulande wen stört). Wie viele dieser Fälle sind tatsächlich so geklärt, wie man es sich bei einem Tatort-Krimi erwarten würde? Noch etwas: Priesterbetrug ist nicht einfach "eine Lüge, die man den Menschen auftischt", sondern ein "frommer Betrug". Ein solcher wie immer wieder mit Händen zu greifen angesichts der uns distanzlos als reine Wahrheit aufgetischten Propaganda der anderen ("verteidigenden") Seite, die man wohl deshalb so wohlwollend amplifiziert, weil sie eben vermeintlich nur der guten Sache und unserer Einigkeit punkto Waffenlieferungen dient. Gleichzeitig werden Skepsis, Kritik, Differenzierung als fies, unanständig und unmoralisch verunglimpft. So wagt dann kaum noch jemand einen Einspruch, und was man postet, wird natürlich als Teufels-, nein, Trollenwerk "identifiziert" und gekübelt.

    • @Menilmontant:

      Ja klar wenn sich Mord- und Vergewaltigungsopfer wehren ist dies eine "vermeintlich nur gute Sache" und die Mordopfer von butcha nicht Realität sondern vermittelte Realität, >die haben sich ja noch bewegt im Fenster