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AfD-nahe Erasmus-StiftungDemokratie-TÜV gefordert

40.000 Mails sind bei Politikern eingegangen, um eine Finanzierung der AfD-nahen Erasmus-Stiftung zu verhindern. Ob nun was passiert, ist unklar.

Haben ohne Stiftungsgesetz gut lachen: Alice Weidel und Erika Steinbach von der Erasmus-Stiftung Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | 40.000 Mails sind in den ersten zehn Tagen der Kampagne „Kein Geld für die AfD“ bei Po­li­ti­ke­r*in­nen und Abgeordneten eingegangen. In den Schrei­ben bitten die Bür­ge­r*in­nen, eine Förderung aus Steuergeldern für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zu verhindern. Vor Kurzem sei der Server wegen Überlastung zusammengebrochen, heißt es von der Kampagne.

Die Botschaft dürfte trotzdem angekommen sein: Viele Menschen haben ein Problem damit, dass der AfD nach einem Wiedereinzug in den Bundestag eine Millionenförderung für ihre parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zusteht – jedenfalls nach bisheriger Praxis. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis hatte deswegen ein transparentes Stiftungsgesetz gefordert, das auch eine Art von Demokratie-TÜV enthalten und sicherstellen soll, dass kein Geld für politische Bildung in antidemokratische Strukturen fließt.

Bisher werden die Förderungen für parteinahe Stiftungen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) oder die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) vom Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen – ohne klare Gesetzesgrundlage oder Kriterien für einen Bildungsauftrag, obwohl es immerhin um jährlich eine halbe Milliarde Euro geht. Ändert sich nichts, könnte die AfD-Stiftung pro Jahr zweistellige Millionenbeträge erhalten. Zum Vergleich: Durch die Parteienförderung bekam die AfD 2020 11,8 Millionen Euro.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat es trotz Forderungen der Grünen, der Linken und der Zivilgesellschaft versäumt, ein Stiftungsgesetz zu forcieren. Spätestens nach der Bundestagswahl jedoch müsste das angegangen werden, wenn die Stiftung der ehemaligen CDUlerin Erika Steinbach keine Millionen erhalten soll.

Jeder Tag, den die Stiftung kein Geld bekommt, ist ein gewonnener Tag.

Ruprecht Polenz, CDU

Auch Konservativen bereitet das durchaus Sorgen: Der langjährige CDU-Abgeordnete und ehemalige Generalsekretär Ruprecht Polenz kennt die Stiftungschefin Steinbach noch aus der gemeinsamen Zeit in der CDU-Fraktion. „Steinbach selbst ist der typische Fall für die Vorfeldstrategie der Rechtsextremen“, sagte er der taz. Die Erasmus-Stiftung und die AfD-nahe Zeitung Junge Freiheit zähle er ebenso dazu.

„Die arbeiten planmäßig daran, die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus zu verwischen“, so Polenz, „damit kein tiefer Graben dazwischen ist, sondern eine schiefe Ebene.“ Leute wie Steinbach wollten „die schiefe Ebene mit Seife einschmieren, damit der Diskurs abrutscht“, sagt Polenz. „Das Problem bekommt man nur durch harte Ausgrenzung in den Griff.“ Die Finanzierung der Stiftung gelte es um jeden Preis zu verhindern – laut Polenz notfalls in einem langen Rechtsstreit: „Jeder Tag, den die Stiftung kein Geld bekommt, ist ein gewonnener Tag.“

Martina Renner (Linke) sieht das ähnlich. „Die Stiftung wird sich um Einfluss im Bildungsbereich an Schulen und Unis bemühen, um dort Rassismus, Sexismus und andere Ungleichheitsideologien zu verbreiten“, so Renner. Die AfD sei keine normale demokratische Partei und das gelte auch für ihre Stiftung. „Deshalb muss eine Unterstützung mit Steuergeldern verhindert werden.“

Umsetzung ist unklar

Wie das konkret gelingen soll, ist allerdings umstritten. Ein von Volker Beck (Grüne) vorgeschlagenes Gesetz richtet den Demokratie-TÜV an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus. Aber in der Linken gibt es die Befürchtung, dass bei einem Gesetz auf Basis der wissenschaftlich umstrittenen Extremismusdoktrin möglicherweise auch die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Die Linke würde lieber ein Gesetz auf Basis von Wilhelm Heitmeyers Definition der Ideologien der Ungleichwertigkeit stricken.

Grünenpolitiker Konstantin Notz sagte der taz, dass seine Partei weiter auf ein Gesetz drängen werde: „Der Handlungsbedarf ist offenkundig und ein Gesetz überfällig. CDU/CSU und SPD haben diese Reform leider auf die lange Bank geschoben“, so Notz. In der nächsten Wahlperiode müssten die Bremser ihren Widerstand endlich aufgeben.

Kai Gehring, Bildungssprecher der Grünen, fand mit Blick auf die Erasmus-Stiftung bereits im Frühjahr klare Worte: „Mit ihren Begabtenförderungswerken fördern politische Stiftungen unter anderem Studierende und Promovierende finanziell und ideell, so dass mit dieser AfD-nahen Stiftung unter pseudobürgerlichem Antlitz eine rechtsradikale Kaderschmiede droht“. Mit dieser sollten menschenverachtende Ideologien in wissenschaftlich-intellektuelle Milieus vordringen.

Von der FDP darf man sich in dieser Frage offenbar nicht allzu viel Hilfe ausrechnen. Deren Bundesvize Wolfgang Kubicki blieb auf Anfrage der taz schwammig. Es sei der Wille des Gesetzgebers, dass die AfD-Stiftung gefördert werde, insofern sie die Voraussetzungen erfülle, sagte er. Man müsse dagegen alles dafür tun, dass die AfD aus dem Bundestag verschwinde. Die SPD-Fraktion antwortete auf Anfrage der taz bisher nicht, ebenso blieb die CDU-Fraktion eine Antwort schuldig.

Die sich als bürgerlich inszenierende Erasmus-Stiftung hat mit Erika Steinbach nicht nur eine problematische Chefin, sondern auch eine Reihe weiterer Personalien, die inhaltlich und personell mit dem als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften Institut für Staatspolitik verstrickt sind. Die Förderung hätte entsprechend weitreichende Folgen und würde möglicherweise einen bildungspolitischen Rechtsrutsch nach sich ziehen, wie die Kampagne „Kein Geld für die AfD“ befürchtet.

Tatsächlich will die AfD-Stiftung ab dem nächsten Jahr ein Stipendienprogramm auflegen und rechte Karrieren befördern. Ebenso plant die Stiftung „Bildungsarbeit“ an Hochschulen, Universitäten und Schulen, sowie Auslandskontakte zu pflegen.

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6 Kommentare

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  • Vielleicht braucht es eine Extremismusklausel

  • Man plant hoffentlich jetzt nicht den wichtigsten Grundsatz eines Rechtstaates "über Bord zu werfen", nämlich die Idee, daß Gesetze grundsätzlich für alle gleich gelten müssen.



    Prinzipiell muss also für die AfD das gleiche gelten wie für jede andere Partei auch.

    • @Paul Rabe:

      Die Frage ist, ob eine Demokratie eine Institution unterstützen muss, die klar antidemokratisch ist.

  • Keine Demokratie ohne Opposition. "Harte Kante" ist sehr viel schlimmer.

  • "Ohne gesetzliche Grundlage" - also nach Gutwillen und Nasenfaktor.

    Oder um es kurz zu sagen: Die Parteien haben (über den Haushaltsausschuss) ihren Stiftungen immer schön einen "guten Schluck aus der Pulle" zugeschanzt.

    Gut, dass das mal diskutiert wird.

  • Herr Polenz ist möglicherweise in der falschen Partei, wenn er Demokratie gut findet.