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Gefährdete RaubtiereKlöckner will mehr Wölfe abschießen

Die CDU-Agrarministerin klagt über zu viele Schäden durch Wölfe, die Nutztiere reißen. Sie stellt den Schutzstatus der Raubtiere teils infrage.

Es gibt wieder Wölfe in Deutschland, dieser hier lebt allerdings im Wolfscenter von Dörverden Foto: Ingo Wagner/picture alliance/dpa

Osnabrück/Berlin AFP/taz | Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich für einen gezielten Abschuss einzelner Wölfe ausgesprochen. In einigen Bundesländern wie etwa Niedersachsen sei ein „guter Erhaltungszustand beim Wolf erreicht“, sagte Klöckner der Neuen Osnabrücker Zeitung (Montagausgabe). Ihre Partei setze sich deswegen für ein „regionales Bestandsmanagement“ ein.

„2019 hatten wir durch Wolfsrisse fast 3.000 tote oder verletze Nutztiere“, sagte die Ministerin. „Wo soll das enden, wenn man es einfach ließe“. Sie könne sehr gut nachvollziehen, dass Eltern um ihre Kinder besorgt seien, sagte Klöckner. Es gehe dabei aber keineswegs darum, den Wolf komplett auszurotten.

Die 2019 von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Verschärfung des Bundesnaturschutzgesetzes, auch Lex Wolf genannt, habe nicht gereicht. Mittlerweile bekomme sie selbst von SPD-Politikern aus Niedersachsen Briefe, die schärfere Gegenmaßnahmen forderten, sagte Klöckner. Die „Blockadehaltung“ von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) halte sie für „weltfremd“.

Die hatte in der Vergangenheit darauf verwiesen, dass der Wolf immer noch gefährdet ist, und will vor allem auf Schutzmaßnahmen wie Zäune setzen. Das Abschießen einzelner Wölfe, die solche Hürden mehrfach überwunden haben, sei zudem schon jetzt per Ausnahmegenehmigung möglich.

Schutzstatus der Wölfe umstritten

2019/2020 lag die Zahl der frei lebenden Wolfsrudel in Deutschland laut Bundesamt für Naturschutz bei 128, 23 Rudel mehr als 2018/2019. Nach wie vor lebte der allergrößte Teil der Wölfe in einem breiten Gebietsstreifen, der in der Mitte Deutschlands von Brandenburg und Sachsen-Anhalt über Mecklenburg-Vorpommern bis nach Niedersachsen reicht. In Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen konzentrierten sich 98 der insgesamt 128 Rudel.

Der in Deutschland einst ausgerottete Wolf breitet sich seit rund 20 Jahren wieder erheblich aus, was zu Konflikten vor allem mit Nutztierhaltern führt. Das streng geschützte Tier darf nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Genehmigung gejagt oder eingefangen werden. Seit Langem gibt es deshalb heftigen politischen Streit über die Frage, ob der Schutz der Raubtiere abgeschwächt und die Bejagung erleichtert werden sollte.

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25 Kommentare

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  • Wenn sich über "Tierrisse" beklagt wird, geht es meist um Tierhalter~innen/Kapitalinteressen weniger um "Tierschutz". So die gehaltenen Tiere der Tierausbeutung dienen, an dessen Ende deren Tod steht, geht es also keineswegs um deren Interessen - bspw. nach Leben. Statt in die Mägen der Wölfe sollen sie in Mägen der Menschen.

  • Über kurz oder lang wird man nicht um die Regulierung der Wolfspopulation herumkommen !! 128 Rudel hört sich zwar nach wenig an, es sind aber 1200 - 1500 Tiere. Wölfe haben eine Reproduktionsrate von ca. 30%, d.h. alle drei Jahre verdoppelt sich der Wolfsbestand. Wenn es jetzt schon massive Probleme mit Tierrissen gibt, wie schaut das dann bei 10000 oder 20000 Wölfen aus ??

    • @Günter Witte:

      Eben. Und wie erst bei 100.000 oder einer Million ... ;-)



      Zu den Fakten:



      " Insgesamt leben derzeit mehr als 17.000 Wölfe in Europa (ohne Russland)."



      www.wwf.at/de/menu577/



      Nun ist Deutschland ja stark be- und zersiedelt und bietet entsprechend begrenzt Lebensraum für Wölfe. Dass die Zunahme stetig weiterginge, darf also bezweifelt werden. Massive Probleme bereitet nicht der Wolf sondern der Mensch mit seiner gigantischen Tierproduktion - 763 Millionen Tötungen von Landtieren pro Jahr!

      • @Uranus:

        In Deutschland hat sich die Wolfs-Population in den letzten Jahren erheblich vermehrt. Die offiziellen Zahlen bilden das gar nicht ab. Nur 1.500 Tiere in Deutschland? Es werden vermutlich bald 10.000 sein ...

        • @TazTiz:

          Dass es mehr werden, bezweifle ich ja nicht. Was ich bezweifle, ist stetiges Wachstum bzw. großes Wachstum, dass impliziert wurde. Und dafür habe ich ein Argument genannt. Zumal durch effektive Herdenschutzmaßnahmen Tierisse reduziert werden können und so ein Wachstum niedriger ausfallen würde. Auf der anderen Seite gibt es ja noch das Interesse der Jäger*innen, sowohl "Rotwild"-Bestand u.ä. hoch zu halten und Jagdkonkurrenz durch den Wolf kleinzuhalten, als auch darum, selbst Wölfe jagen zu dürfen. Diese Interessen sollten nicht vergessen werden. Letztlich wies ich darauf hin, wie 'mörderisch' der Mensch hierzulande mit anderen Tieren umgeht und dass ein massives Problem offenbar nicht der Wolf ist.

          • @Uranus:

            Kennen Sie irgendeinen Jäger persönlich? Wahrscheinlich nicht, sonst hätten Sie nicht solche Vermutungen.

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    "Klöckner will mehr Wölfe abschießen" Schutzmaßnahmen wie Zäune und Hunde kosten schlicht Geld - hier sind die Bundesländer in der Pflicht. Dass durch Abschüsse Nutztierisse sogar zunehmen können oder die Tötung anderer Tiere wie Biber oder Fischotter erleichtert wird - geschenkt.

    • @75787 (Profil gelöscht):

      In vielen Bereichen verdient der Schäfer kaum Geld mit dem Verkauf der Tiere.



      Sondern er wird für die Landschaftspflege bezahlt. Ohne Schafe würde aus der Heide ein Wald, und das Einzäumen weiter Teile der Lüneburger Heide ist weder gewollt noch möglich. Oder der Deiche an der Nordsee.

  • Die Zäune sind doch nicht mal 2 Meter hoch. Baut bessere Zäune. Stellt Aufpasser ein. Mit Hunden. Wer Geld verdienen will, muß auch investieren. Man kann die Schafe nicht einfach auf eine Wiese stellen und dann hoffen, daß nix passiert. Die Tiere sind quasi unwiderstehliche Snacks für so einiges, was da kreucht und fleucht.

    Die Vorstellung, daß Wölfe kleine Kinder fressen, ist weltfremd.

    • @kditd:

      Da wirkt offenbar Märchen wie Rotkäppchen und der Wolf" nach ...

  • Wenn ein Schafbesitzer ein Schaf verkauft, dann bekommt er 70 Euro dafür. Wenn ein Wolf ein Schaf reißt, dann zahlt der Staat dem Besitzer 220 Euro für das Schaf. Die Schafbesitzer haben also bei diesem Differenzbetrag sicherlich nichts gegen Wölfe. Ich habe keine Ahnung was Julia Klöckner (CDU) sich da wieder ausgedacht hat, aber ich weiß, dass solche "Politiker" wie Klöckner und Scheuer sehr gut von unseren Steuergeldern leben, ihre politische Arbeit für das Allgemeinwohl der Bürger aber gegen Null geht. Vielleicht sollte der Bürger bei der nächsten Wahl mal kein Schaf sein und solche "Politiker" endlich abwählen.

    • @Ricky-13:

      Ja Klar ! Wenn der Schäfer 40 seiner Tiere zerrissen auf der Weide findet hat er sofort die Dollarzeichen in den Augen.



      Was für eine absurde Vorstellung !



      Die meisten Schäfer sind Idealisten und leiden mit jeden ihrer Tiere mit.



      Im übrigen ist es ja grade ein Gegenentwurf zur Massentierhaltung, und eine artgerechte Haltung wie ansonsten immer gefordert.

      • @Ritchie:

        In diesem Sinne wäre ich für Freilauf-Schafe und umzäunte Wölfe.

  • Die Klöcknerrechnung würde bedeuten, dass die Hälfte des Fleischbedarfes eines Rudels mit etwa 10 Tieren über die Nutztierhaltung gerissen wird. Entweder sind die lanciert Zahlen falsch oder die Nutztiere, hier vor allem die Schafe, sind nicht ausreichend geschützt.



    Mich würde hier die Position der Wolfsberaters interessieren.



    Naja, und ein Kommentar zur Gefährdung der Kinder erübrigt sich. Mehr entblöden kann sich diese Ministerin nicht.

  • Frau Klöckner setzt sich dafür aber bestimmt für Tierschutz in anderen Regionen dieser Welt ein, vielleicht für den bedrohten Amur-Tiger. Ob die Menschen dort sich wohl auch um ihre Kinder sorgen? Trotzdem kommen die anscheinend nicht auf die Idee, alles abzuballern.

  • "Sie stellt den Schutzstatus der Raubtiere teils infrage."

    Ich Stelle die Besoldungsgruppe von Frau Klöckner in Frage.

  • " Seit Langem gibt es deshalb heftigen politischen Streit ..." Nicht zu vergessen, dass es mittlerweile auch einiges an Infrastruktur zum Wolfmanagement gibt. Das möchte man auch nicht aufgeben. Am Besten ist aber die

    "Großkarnivoren-Hotline"

    in Rheinland-Pfalz. Die umfasst auch Bedrohungen durch T.Rex .

  • die wölfin oder der wolf ist in aller unschuld alternativlos eine fleischfresserin beziehungsweise ein fleischfresser



    es sind auch nicht die wölf*innen und wölfe die durch exzessiven fleischkonsum die biodiversität des planeten bedrohen und sein klima destabilisieren sondern vielmehr die fleischfresser*innen und fleischfresser unter uns menschen







    es ist für die tiere die von wölfinnen und wölfen getötet werden sicher leidvoll totgebissen zu werden

    aber die wölf*innen und wölfe und andere raubtiere quälen ihre beutetiere anders als die menschen die billiges fleisch aus der massentierhaltung kaufen nur sehr kurz und nicht lebenslänglich







    in jeder hinsicht haben die wölf*innen und wölfe und andere raubtiere ein grösseres recht fleisch zu fressen als die menschen

    allenfalls in einer situation der notwehr hat ein homo sapiens sapiens das recht ein raubtier zu töten



    und auch dann nur wenn die erfolgreiche gefahrenabwehr anders nicht möglich ist

    in einer gesellschaft in der der dharma -das universale moralgesetz beachtet wird-würde das töten von tieren vermieden soweit das möglich ist

    die schafe würden nur noch so sanft wie möglich geschoren und mässig gemolken aber nicht mehr geschlachtet



    sie wären keine ware mehr



    als gegenleistung für wolle und einen nicht zu grossen teil der milch gäbe es tiermedizinische leistungen und schutz vor raubtieren



    nach ihrem friedlichen versterben an altersschwäche würde das fleisch der schafe den aasgeiern und anderen aasfressern zur verfügung gestellt

    der schutz der schafe vor wölf*innen könnte durch für diese zu dichte hecken von denen es sowieso viel zu wenige gibt,realisiert werden.

    das würde auch die biodiversität fördern und der bodenerosion entgegenwirken.

  • Nichts außer Peinlichkeiten zustande gebracht. Dringend Überfälliges blockiert und/oder ausgebremst. Offensichtlichste Lobbyhörigkeit.

    Da muss zum Ende der Legislaturperiode natürlich noch mal eine Gesetzesinitiative auf Bild-Zeitungsniveau her (Wolf Kind), damit man im Jahrbuch auch unter ihr Foto was schreiben kann...

    • @Nifty_Monkey:

      die Anzahl von CDU-angehörigen Lobbysprechpuppen in der Regierung ist schon auffällig hoch.



      Wobei ich diesen Ministern auch zutraue, dass diese Äußerungen ihren geistigen Horizont in etwa widerspiegeln, sozusagen Win-Win für die Lobby. Muß doch gar nicht erst argumentativ nachgeholfen werden...

  • Wir wohnen hier ja im Wolfsland und bei meinem Vater kommen die Rehe inzwischen mit den Kitzen bis 10 Meter an den Hof ran, da sich die Wölfe nicht in die Nähe der Siedlungen trauen. Keiner fürchtet hier um das Wohl seiner Kinder von den Rehen mal abgesehen. Wo kommen bloß diese Märchen her? Ich habe erst einmal in Jahrzehnten überhaupt einen Wolf nur ganz kurz zu Gesicht bekommen. Die Nutztierhalter müssen einfach nur wieder anfangen die Herden zu beschützen wie es jahrtausendelang Usus war.

    • @Šarru-kīnu:

      Dürfen denn die Kinder alleine 100 oder 1000m vom Hof spielen?

      Oder haben die Siedlungen, wie früher, eine Umrandung?

      • @fly:

        Sie meinen ob wir Mauern gebaut haben? Da muss ich schon etwas lachen. Wölfe sind so scheu die kriegen sie im Leben nicht zu Gesicht. Wie gesagt ich wohne im Wolfsland und habe in Jahrzehnten nur einen Wolf gesehen. Es gibt kein Risiko für Kinder. Das ist alles Panikmache.

    • @Šarru-kīnu:

      Nun, der Schutz der Herde beinhaltete allerdings früher auch den Angreifer (Wolf) zu töten.

    • @Šarru-kīnu:

      Zum Schutz hat auch jahrhundertelang die Bejagung gehört, ist Ihr Argument also Pro oder Kontra Wolf?

      Ich stimme Ihnen in der Sache zu, die direkte Gefahr des Wolfes wird übertrieben. Die indirekte Konsequenz dürfte aber sein dass das Konzept der Weidehaltung einen deutlichen Rücklauf erleben dürfte. Und das halte ich für ausgesprochen bedauerlich.

      Insgesamt ist die Diskussion über den Wolf oftmals extrem dogmatisch, wenn man sich im Gegenzug mal die Debatte um die Reintegration der Wiesent anschaut wird das ziemlich offensichtlich. Der Wolf ist da und eine erneute Ausrottung ist nicht vorstellbar, ebensowenig vorstellbar ist die Aufrechthaltung des extremen Schutzstatus bei zunehmender Populationsdichte. Der Weg wird irgendwo dazwischen liegen und muss verhandelt werden, idealerweise auf Grundlage der Forschung und nicht der Verdammung oder Heiligsprechung des Wolfes